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Shell treibt Energiewende in Deutschland voran

Das Energieunternehmen will Deutschland zu einem Land mit netto null Emissionen machen

08.12.2020 - Der Umbau des Energiesystems kann nicht pausieren.

An das Jahr 2020  werden wir uns alle für den Rest unseres Lebens erinnern – ein Jahr der Verunsicherung, ein Jahr der Herausforderungen, ein Jahr einschneidender Veränderung. Die Pandemie hat unser Leben und die Welt, wie wir sie kannten, ausgebremst. Den Klimawandel hat sie nicht aufgehalten. Der Umbau des Energiesystems kann nicht pausieren. Im Gegenteil.

Shell hat stets gesagt, dass die Transformation des Energiesystems sich in unterschiedlichen Ländern und in unterschiedlichen Sektoren unterschiedlich schnell vollziehen wird. Das Energieunternehmen glaubt, dass Deutschland und seine Bestrebungen in Deutschland das Zeug haben, voran zu gehen. Daher lautet das Motto in der Firmenzentrale: „Wir bauen um“.

„Was wir in Deutschland tun ist relevant und signifikant“, meint der Vorsitzende der Geschäftsführung, Fabian Ziegler. Als Betreiber des zweitgrößten Tankstellengeschäfts, eines großen Geschäfts mit Schmierstoffen und anderen Spezialprodukten sowie Strom und Gas, und nicht zuletzt als Betreiber der größten Raffinerie ist es der Ansporn, mit Kunden, Gesellschaft und Politik gemeinsam ein Zehntel der gesamtdeutschen CO2 Minderungsziele schaffen können. „Wir wollen Deutschland also massiv unterstützen, ein Land mit netto null Emissionen zu werden.“

Im ersten Schritt will der Raffineriebetreiber bis 2030 in Deutschland mehr als ein Drittel der Emissionen aus seinen Betrieben und im Bereich der von Kunden verbrauchten Produkte reduzieren oder kompensieren. Dazu gehören der Umbau des Angebots, der Aufbau eines Wasserstoff- und Stromgeschäfts basierend auf Erneuerbaren sowie die Transformation der Raffinerie in Köln. Das werde auch ein spürbarer Beitrag zu der globalen Ambition sein, im Gleichschritt mit der Gesellschaft bis 2050 oder früher ein Netto-Null-Emissionen-Geschäft zu betreiben, prophezeit Ziegler.

Die Rheinland Raffinerie ist Motor und Herzstück der Konzernaktivitäten in Deutschland und soll eine Schlüsselrolle spielen, um die Produkte bereitzustellen, die die Kunden wollen – und die werden sich zusehends vom heutigen rohöldominierten Angebot unterscheiden und mehr und mehr zu regenerativen Lösungen wandeln. „Wir wollen nicht die letzte Raffinerie in der alten, sondern eine erfolgreich transformierte Raffinerie in der neuen Energiewelt sein – eben ein nachhaltiger Energiewende- und Spezialchemiestandort. Dafür stellen wir schon heute die Weichen,“ verspricht man in der Deutschlandzentrale in Hamburg.

Der Kraftwerksneubau im Werksteil Godorf und die damit verbundenen Umstellung von Öl- auf Gasbefeuerung führt zu einer Emissionsbilanz von 30 % weniger Stickoxiden, 80 % weniger Schwefeloxiden und etwa 100.000 t/a weniger CO2.

In Wesseling baut das Energie­unternehmen die weltweit größte PEM-Wasserstoffelektrolyse („proton exchange membrane“). Der Strombedarf der 10-MW-Anlage soll vollständig aus erneuerbaren Energien gedeckt werden, und der erzeugte grüne Wasserstoff – rund 1.300 t/a – kann komplett in Raffinerieprozesse integriert werden, z.B. für die Entschwefelung konventioneller Brennstoffe. Bei dem sog. Refhyne-Projekt handelt es sich um eine Pilotanlage. Für den Raum Köln trägt das Projekt außerdem zum Aufbau einer neuen Wasserstoff-Modellregion bei, die auf Aktivitäten rund um Tankstellen, Auto- und Buseinsatz aufbauen soll und die gemeinsam das Potenzial von Wasserstoff in der Energiewende zeigen kann. Mit dem Projekt einer Erweiterung der Wasserstoffelektrolyse auf 100 MW hat sich das Unternehmen jüngst bei einer Ausschreibung des Innovation Funds der Europäischen Union beworben.

CO2-Fußabdruck minimieren

Erfolgreiche Praxis in Wesseling ist bereits das Co-Processing, also die Mit-Verarbeitung von pflanzlichen Ölen im Raffinerieprozess. Durch die Beimischung dieser Bio-Komponenten wird der ökologischen Fußabdruck der Produkte reduziert, ohne dass die Qualität darunter leidet. Mit diesem Co-Processing sammelt die Raffinerie Erfahrungen, die sich perspektivisch auch für die alleinstehende Konversion von Pflanzenölen zu Biokraftstoffen nutzen lassen – anstatt nur für die Beimischung zu fossilen Kraftstoffen.

Parallel zum Ausbau des LNG-Stationsnetzes auf 35 – 40 Stationen wird an einer vollständigen Lieferkette für CO2 neutrales LNG in Deutschland auf Basis verflüssigten Biomethans gearbeitet. Das CO2 neutrale LNG soll in einer 100.000-t-Gasverflüssigungsanlage in der Rheinland Raffinerie hergestellt werden. Dafür hat der Konzern jüngst einen Vertrag mit einem namhaften Anlagenbauer unterzeichnet. Die Anlage soll – vorbehaltlich der notwendigen Genehmigungen – im Herbst 2022 in Betrieb gehen. Das Ziel ist, dazu beizutragen, innerhalb weniger Jahre im deutschen Schwerlastverkehr jährlich bis zu 1 Mio. t CO2 einzusparen. Für die Raffinerie ist die geplante LNG-Anlage Teil der Ausrichtung auf nachhaltige, kohlenstoffärmere Energielösungen.

Der Trend ist klar: Weniger Rohölverarbeitung, mehr Einsatz regenerativer Eingangsstoffe, klarerer Fokus auf zukunftsorientierte Energielösungen und Spezialchemieprodukte. Mit Bio-Komponenten, Öko-Strom und grünem Wasserstoff wird eine substanzielle und richtungsweisende Veränderung des heutigen Produktoutputs angestrebt.

Dabei liegt das Augenmerk auch auf der Petrochemie. Nicht zuletzt auch deshalb, weil die Petrochemie eine Schlüsselrolle für die Dekarbonisierung der Weltwirtschaft und damit für eine erfolgreiche Energiewende spielt. Sie ist im Vergleich weniger ressourcenintensiv und leichter, was eine höhere Energieeffizienz ermöglicht. Chemikalien werden von Kunden zur Herstellung von Tausenden von Endprodukten wie Möbeln, Kleidung, Haushaltsgeräten und Verpackungen, Shampoo und Smartphones verwendet. Viele von ihnen verbrauchen weniger Ressourcen und haben einen geringeren CO2-Fußabdruck als die Glas-, Papier- oder Metallprodukte, die sie ersetzen.

Rohstoffe aus Recycling

In Hamburg macht man sich aber nicht nur Gedanken, welche Produkte hergestellt, sondern auch, aus welchen Rohstoffen sie erzeugt werden sollen. Bereits vergangenes Jahr konnten Erfolg bei der Herstellung hochwertiger Chemikalien mit einem flüssigen Rohstoff aus Kunststoffabfällen vermeldet werden. Die als Pyrolyse bekannte Technik gilt als Durchbruch für schwer recycel­bare Kunststoffe und treibt die Strebsamkeit voran, bis 2025 jährlich 1 Mio. t Kunststoffabfälle in den weltweiten Anlagen des Unternehmens zu verwenden.

Das ist nicht nur ökologisch sondern auch ökonomisch sinnvoll. Ziel ist es, Kunststoffabfälle, die mit traditionellen Methoden schwer zu recyceln sind, wieder in Chemikalien zu verwandeln – und so einen Kreislauf zu bilden. Shell ist Mitglied der weltweiten „Alliance to end plastic waste“ und arbeitet mit mehreren Unternehmen, die Kunststoffabfälle sammeln und behandeln, zusammen, um diese Recycling-Lösung in Anlagen in Asien, Europa und Nordamerika im industriellen und profitablen Maßstab zu entwickeln.

Neben dem Wandel von Prozessen und Produkten prüft das Unternehmen Optionen, die Lage und den Verbund in der Chemieregion Rheinland noch stärker zu nutzen. In diesem Zuge entwickelt sich die Raffinerie zum Rheinland Energy & Chemicals Park – also zu einem geöffneten Industriestandort für andere Chemie- und Energieunternehmen, die vom Produktionsverbund, der Genehmigungssituation auf den bestehenden Flächen und dem Know-how profitieren können. Dieser Raum für Zusammenarbeit endet nicht am Werkszaun: In Wesseling wird an der Entwicklung eines „Energy Campus“ gearbeitet, auf dem andere Unternehmen, Start-ups, Forschungseinrichtungen und sonstige Player aus dem Bereich der Energiewende gemeinsam eine kollaborative Wirkungsstätte finden.

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