NIR-Spektroskopie zum Detektieren von Inhaltsstoffen
Senorics entwickelt innovative, miniaturisierte Nahinfrarotspektroskopie-Sensoren
Das im Jahr 2017 gegründete Start-up Senorics will mit seinen winzigen Sensoren auf Basis der Nahinfrarotspektroskopie (kurz: NIR-Spektroskopie oder NIRS) ganz neue Erkenntnisse liefern. Die Industrie zeigt großes Interesse. Ronny Timmreck und Robert Brückner, zwei der vier Gründer von Senorics, erläutern ihre Idee und die Strategie zur Umsetzung.
CHEManager: Auf dem Sensorikmarkt tummeln sich namhafte Unternehmen. Kann ein Start-up wie Senorics da überhaupt mitmischen?
Ronny Timmreck: Ja, weil wir etwas können, das kein Wettbewerber kann. Die Grundlage für die Ausgründung von Senorics im Jahr 2017 war eine einzigartige spektroskopische Sensortechnologie, die an der TU Dresden entwickelt wurde. Dabei wird eine Probe mit nahinfrarotem Licht bestrahlt. Anhand der Wellenlängenverteilung des reflektierten Lichts können Inhaltsstoffe erkannt und ihre enthaltene Menge bestimmt werden. Im Labor ist das schon seit Jahrzehnten Standard, aber im Alltag noch nicht angekommen. Unser Ziel ist es, die Nahinfrarotspektroskopie massenmarkttauglich zu machen.
Die NIR-Spektroskopie ist doch aber nicht neu. Was macht Ihre Technologie besonders?
Robert Brückner: Bisherige Lösungen auf dem Markt waren entweder preisgünstig oder leistungsfähig. Beides gleichzeitig funktionierte nicht. Unser Ansatz ermöglicht nun Sensoren, die diese beiden wichtigen Eigenschaften kombinieren. So können sie in Zukunft ganz einfach in Alltagsprodukten eingesetzt werden. Zudem sind sie extrem klein, kleiner als ein 1-Cent-Stück. Ein wichtiger Punkt, wenn es um die Frage der Anwendung geht.
Welche Einsatzmöglichkeiten wären denn denkbar?
R. Brückner: Unsere Zielgruppe sind Anbieter von B2C- oder B2B-Produkten, die ihren Kunden das Detektieren von Inhaltsstoffen als Mehrwert anbieten wollen. Unsere Sensoren liefern direkte Messwerte und präzise Aussagen zu Inhalten von Kühlflüssigkeiten, Schmierstoffen, Tensiden oder Rohstoffen aller Art, um nur einige Beispiele zu nennen. Gemessen werden können auch Zusammensetzungen von Gemischen. Unsere Technologie vereinfacht damit Entscheidungsprozesse und ermöglicht die Automatisierung.
Können Sie Beispiele nennen?
R. Brückner: Denkbar wäre der Einsatz bei der Qualitäts- und Reinheitskontrolle von Rohstoffen oder Gemischen. Die Sensoren könnten auch ermitteln, ob die Rezepturen von Endprodukten, wie etwa Pellets oder Flüssigkeiten, korrekt umgesetzt wurden. Nach Reinigungsprozeduren wären sie in der Lage, übrig gebliebene Verunreinigungen durch Fette oder Tenside zu erkennen. Aber auch das nachprüfbare Einhalten von definierten Grenzwerten, wie zum Beispiel im Umgang mit gefährlichen oder teuren Zutaten, wäre ein Anwendungsszenario.
Woran arbeiten Sie aktuell?
R. Timmreck: Anfang des Jahres kam unser erstes Evaluation Kit für feste Stoffe auf den Markt. Damit können Kunden die Technologie testen. Das handliche Gerät analysiert voreingestellt schon einmal Textilien. Wir arbeiten gerade am Evaluation Kit für Flüssigkeiten. Auch das Software- und Serviceangebot bauen wir weiter aus. Damit wollen wir auch unseren Kundenkreis von derzeit bereits 30 Auftraggebern noch deutlich erweitern. Vor allem international, denn wir sehen nicht nur in Europa, sondern auch in Nordamerika und Asien großes Interesse an unserer Technologie.
Wie soll es mit Senorics weitergehen?
R. Timmreck: Die Vision, NIR-Spektroskopie in den Massenmarkt zu bringen, soll Realität werden. Mit unseren Kunden suchen wir deshalb nach innovativen Einsatzmöglichkeiten für unsere Sensoren. Eines ist ganz klar: Wir wollen wachsen.
Business Idea
Detect. Know. Decide.
Senorics ist Spezialist für neuartige Nahinfrarotspektroskopie-(NIRS)-Sensoren, die das Hightech-Start-up aus Dresden selbst entwickelt und produziert. Die alltagstauglichen Sensoren sind dabei klein, leistungsstark und gleichzeitig preisgünstig. Sie erkennen Inhaltsstoffe und Zusammensetzungen (Material Sensing) und erleichtern Unternehmen die Integration der Technologie in ihre Prozesse und Produkte. Interessant ist die Lösung auch für das Detektieren von möglichen Verunreinigungen in flüssigen und festen Stoffen.
Wellenlängen verraten Art und Menge der Inhaltsstoffe
Schon seit vielen Jahrzehnten wird das Prinzip der NIRS in Laboren genutzt. Dafür waren dort allerdings große und teure Geräte notwendig. Senorics hat diese Technologie miniaturisiert und nutzt organische Halbleiter als Basis. Die entstandenen „Spektrometer auf Chip-Level“ sind ideal geeignet, um Material Sensing in eine breite Palette von B2B- und B2C-Alltagsanwendungen zu integrieren.
Werkzeugkasten für gezielten Einsatz der neuen Technologie
Die patentierten Sensoren sind der Hardware-Anteil in der Senorics-Toolbox, die darüber hinaus auch Software- und Servicekomponenten beinhaltet. Das Konzept dabei: Dem Kunden alles Notwendige an die Hand geben, sodass die Integration von Material Sensing in Produkte und Prozesse zum Kinderspiel wird. Der resultierende Nutzen im Alltag besteht in exakten Messwerten, aus deren Daten neues Wissen generiert wird und so Entscheidungsprozesse verbessert werden. Getreu dem Slogan: detect. know. decide.
Handliche Testgeräte zeigen Potenzial des Verfahrens
Damit Kunden, die noch keine Erfahrung mit der NIR-Spektroskopie haben, das Verfahren testen können, gibt es ein Evaluation Kit. Das handliche Messgerät ermöglicht voreingestellt die Analyse von Textilien und erkennt Seide, Polyester, Wolle und Baumwolle. Kundenspezifische Anwendungsfälle können im Nachgang integriert werden. Als nächster Schritt soll ein Testgerät für Flüssigkeiten auf den Markt kommen.
Elevator Pitch
Erfolge, Auszeichnungen, Pläne
Senorics ist eine Ausgründung aus dem Institut für Angewandte Photophysik (IAPP) der Exzellenzuniversität TU Dresden. Dort wird schon lange an organischer Elektronik geforscht, der Grundlage für die Technologie des Start-ups. Gegründet wurde das Start-up Mitte 2017 von den drei Physikern Ronny Timmreck, Robert Brückner und Matthias Jahnel sowie dem Wirtschaftsinformatiker Robert Langer. Aktuell umfasst das Team bereits 35 Personen. Physiker, Chemiker, Ingenieure, Softwareentwickler und BWLer arbeiten gemeinsam an der Weiterentwicklung der Toolbox-Komponenten. Senorics unterstützt bereits ca. 30 Kunden aus diversen Branchen (Automotive, Home Appliance, AgriFood, etc.) beim Aufbau eigener Material-Sensing-Lösungen oder durch Auftragsentwicklung. Mit Zeiss gibt es seit Anfang 2019 eine Entwicklungskooperation.
Meilensteine
- Seed-Finanzierungsrunde im November 2018
- Chip Miniaturisierung auf 100 mm² im Juni 2019
- Markteinführung des Evaluation Kit im Januar 2020
- Bis dato 9 Patent Familien in 48 Ländern
Auszeichnungen
- Gewinner des futureSAX Ideenwettbewerbs Sachsen 2016
- LOPEC Start-up Competition: Most Impactful Technology 2017
- AMA Innovationspreis 2019
- 1. Platz Feed the Future by Lely 2019
Roadmap
- Ausbau der Toolbox hin zum „One-stop Shop“ für Material-Sensing-Lösungen
- Markteinführung eines Evaluation Kit für Flüssigkeiten
- Aufbau eines weltweiten Partnernetzwerks
ZUR PERSON
Ronny Timmreck ist einer der vier Gründer von Senorics und CEO des Start-ups. Er studierte Physik an der TU Dresden und promovierte auf dem Gebiet der organischen Elektronik am dortigen Integrated Center for Applied Physics and Photonic Materials (IAPP). Senorics ist nicht das erste Unternehmen des heute 40-Jährigen. 2003 gründete er das Start-up LeXsolar, dessen CEO er bis heute ist. Die Dresdner Firma stellt innovative Bildungssysteme zum Thema Erneuerbare Energien her, die Schülern, Studenten und auch Erwachsenen interessante Experimente zu diesem Schwerpunkt ermöglicht.
ZUR PERSON
Robert Brückner ist Mitgründer und heutiger CTO von Senorics. Nach dem Physikstudium an der TU Dresden promovierte der heute 35-Jährige auf dem Gebiet der organischen Elektronik. Im Anschluss an seine Zeit am Integrated Center for Applied Physics and Photonic Materials (IAPP) koordinierte er wissenschaftliche Aktivitäten am Center of Advancing Electronics Dresden (CFAED), einem Exzellenzcluster der TU Dresden. Während dieser Zeit beschäftigte er sich u.a. mit Themen wie organischen Festkörperlasern, Metalloptik, Halbleiterphysik oder Festkörperphysik mit Licht.