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VCI fordert Ausbau der Verkehrsinfrastruktur

Wirtschaft stärken und das Klima schonen

10.09.2019 -

Die Infrastruktur in Deutschland lebt nach wie vor von der Substanz, auch wenn die Bundesregierung ihre Investitionsmittel für Straßen, Schienen und Binnenwasserwege erheblich erhöht hat. Aber das reicht nicht aus. Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) hat Vorschläge erarbeitet, wie man die drei Verkehrsträger attraktiver für die Branche machen kann.

Eine wettbewerbsfähige erfolgreiche Wirtschaft braucht optimale Mobilität. Das setzt ein starkes logistisches System voraus, in dem neben Lkw auch Bahn und Binnenschiff als umweltfreundliche, sichere Transportmittel eine wichtige Rolle spielen müssen. Doch die Realität in Deutschland sieht anders aus: Das Schienennetz ist überlastet, die Schleusen und Kanäle sind marode. Um die Vorteile beider Verkehrsträger voll nutzen zu können, müssen deren Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit nicht nur sichergestellt, sondern auch verbessert werden. Nur dann kann man der zu erwartenden Steigerung des Verkehrsaufkommens in den nächsten Jahren gerecht werden, die politisch gewollte Verlagerung von Transporten von der Straße auf Eisenbahn und Binnenschiff vorantreiben und gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten.
 

Ausbau für 740 m lange Züge
Insgesamt zwölf Forderungen hat der VCI aufgestellt, damit die Eisenbahn an Wettbewerbsfähigkeit gewinnt. Dazu zählen bspw. höhere Transportkapazitäten und der Ausbau des Schienennetzes, eine bessere Zusammenarbeit von Infrastruktur und Eisenbahnverkehrsunternehmen, beschleunigte Planungsverfahren sowie ein besseres Informations- und Baustellenmanagement. Zusätzlich müssen die Voraussetzungen für durchgängige 740 m lange Züge geschaffen werden. Erstrebenswert ist auch eine höhere Durchschnittsgeschwindigkeit der Güterzüge. Ebenso stärker vorangetrieben werden müssen die Automatisierung und Digitalisierung, bspw. durch automatische Kupplungssysteme, Sensorik für Güterwagen und Ladung sowie die Einführung erster Pilotstrecken für autonomes Fahren. Und es gibt noch einen zusätzlichen Aspekt: Wir müssen an die Anwohner der stark befahrenen Strecken im Schienengüterverkehr denken, der erhebliche Lärmbelästigungen für sie mitbringt. Daher setzen wir uns für geeignete Maßnahmen wie eine Kombination aktiver und passiver Lärmschutzmaßnahmen ein. An der Ausrüstung der Güterwagen mit lärmreduzierten Bremssystemen, denen dabei eine besonders wichtige Rolle zukommt, wird bereits mit Hochdruck gearbeitet.

Binnenwasserwege modernisieren
So wie die Eisenbahn ist auch das Binnenschiff für den Transport chemischer Massengüter, die über längere Distanzen transportiert werden müssen, besonders geeignet. Doch um die Leistungsfähigkeit der Binnenwasserstraßen ist es ebenfalls schlecht bestellt. So sind bspw. die Schleusen in die Jahre gekommen: Rund 30 % dieser Wasserwerke müssen zügig saniert und ausgebaut werden. Die Staus und langen Wartezeiten gefährden die Versorgungssicherheit der Industrie. Auch immer länger andauernde Niedrigwasserperioden beeinträchtigen die Produktion. Daher muss die Schiffbarkeit des Rheins durch eine Vertiefung der Fahrrinne an den Engstellen am Mittel- und Niederrhein verbessert werden. Mit dem 8-Punkte-Plan, den der Bundesverkehrsminister u.a. mit Vertretern der Stahl-, Chemie- und Mineralöl­industrie erarbeitet hat, ist ein guter Anfang gemacht. Das Ziel ist, zuverlässig kalkulierbare Transportbedingungen auch bei extremem Niedrigwasser sicherzustellen.

Neben der Verbesserung der Schiffbarkeit des Rheins und der dringenden Sanierung von Schleusen und Kanälen, sind auch Abstell- und Lagerflächen für Container in den Binnenschiffterminals zu schaffen bzw. zu erweitern. Auch mit Blick auf die deutschen und europäischen Klimaschutzziele muss die Leistungsfähigkeit und Sicherheit der Binnenwasserwege erhöht werden. Denn auch die chemische Industrie möchte noch stärker als bisher das Binnenschiff für ihre Transporte einsetzen. Daher schlagen wir u. a. vor, zusätzliche moderne Umschlagpunkte für den kombinierten Verkehr zu realisieren und die Durchfahrtshöhe für Schiffe unter den Brücken in den Kanälen zu erhöhen und so einen doppellagigen Containertransport zu ermöglichen. Positive Effekte erwarten wir auch von einer zunehmenden Automatisierung und Digitalisierung – angefangen vom papierlosen Transportdokument bis hin zur Nutzung digitaler Daten in der gesamten logistischen Transportkette.

Damit der Lkw-Verkehr besser rollt: ­Infrastrukturgesellschaft zügig aufbauen
Laut „Verkehrsprognose 2030“ des Bundesverkehrsministeriums wird der Lkw-Güterverkehr um knapp 40 % zunehmen. Auf diese Zunahme des Güterverkehrs sind die Straßen in Deutschland nicht ausreichend vorbereitet. Umso wichtiger ist, die beschlossene Infrastrukturgesellschaft jetzt rasch aufzubauen und innerhalb dieser Gesellschaft ein zentrales Planungskompetenzzentrum einzurichten. So könnte die Politik vor allem überregionale Vorhaben mit weniger Bürokratieaufwand zügig voranbringen. Die Planungskostenvorschüsse für den Bau von Bundesfernstraßen auf Landesebene sollten deutlich erhöht werden und dem Niveau bei der Bahn entsprechen.

Die Verkehrsinfrastruktur in Deutschland muss wieder in einen leistungsfähigen Zustand gebracht werden, damit das Premium-Prädikat „Made in Germany“ nicht durch unzuverlässige Transporte gefährdet wird. Langfristig muss die Politik daher den Ausbau aller Verkehrsträger konsequent vorantreiben − und zwar entsprechend dem Sanierungsbedarf und dem Verkehrsaufkommen. Dabei dürfen nicht einzelne Verkehrs-mittel oder Einzelmaßnahmen im Fokus stehen, sondern alle Verkehrswege müssen gleichberechtigt gefördert und intelligent miteinander verknüpft werden.

Dringender Handlungsbedarf

Der Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur hat mit Vertretern der Stahl-, Chemie- und Mineralölindustrie, den Produzenten mineralischer Massenrohstoffe und des Binnenschifffahrtsgewerbes einen „8-Punkte-Plan“ erarbeitet. Das Ziel ist, zuverlässig kalkulierbare Transportbedingungen am Rhein bei extremem Niedrigwasser sicherzustellen. Der Rhein ist einer der wichtigsten Transportwege in Deutschland – sechs der zehn größten deutschen Binnenhäfen liegen an diesem Wasserweg.
Zum 8-Punkte-Plan sagt Utz Tillmann, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Chemischen Indus­trie (VCI): „Damit ist ein guter Anfang gemacht, um bei langen und ungewöhnlich niedrigen Wasserständen des Rheins Transportausfälle zu verkürzen. Jetzt kommt es vor allem darauf an, diese Maßnahmen zügig umzusetzen. Die Situation des Jahres 2018 war für viele Unternehmen kritisch. Denn die großen Mengen, die im Warenein- und -ausgang auf dem Binnenschiff befördert werden, lassen sich nicht ohne Weiteres auf Lkw oder Eisenbahn verlagern“. Dringenden Handlungsbedarf sieht die chemische Industrie seit Langem bei der Abladeoptimierung der Engstellen am Mittel- und Niederrhein, etwa durch eine Vertiefung der Fahrrinne.
Der Plan enthält kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen in verschiedenen Bereichen. So sollen auch die Wasserstandsvorhersage verbessert und neue Transportkonzepte mit Schiffstypen entwickelt werden, die für Niedrigwasser geeignet sind.
In den Bundesländern Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sind zahlreiche Chemieunternehmen angesiedelt, die auf eine bessere Schiffbarkeit des Rheins zwingend angewiesen sind.
Hans-Jürgen Mittelstaedt, Geschäftsführer VCI NRW: „Die Versorgung über Binnenschiffe ist nicht im Bewusstsein der Bürger. Wenn wir sie aus dem Autofenster über den Rhein fahren sehen, dann erfreuen wir uns an ihrem Anblick, aber sehen nicht die bis zu 180 Lkw, welche jedes Binnenschiff im Straßenverkehr ersetzen.“
Die chemische Industrie verantwortet 10 % der gesamten Beförderungsmenge im deutschen Binnenschiffsverkehr. Das entspricht rund 223 Mio. t. Für die Branche ist der Rhein die wichtigste Binnenwasserstraße. Die Betriebe im Westen und Südwesten Deutschlands sind durch sie mit Überseehäfen wie Rotterdam verbunden.

Kontakt

VCI - Verband der Chemischen Industrie e.V

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