Strategie & Management

Bewusstsein und Innovation

Erhard Meyer-Galow über die Rolle von Forschern für die Innovationsfähigkeit von Unternehmen

14.02.2019 -

Innovationen sind die Werttreiber in jedem Unternehmen. Werden die Innovationen weniger und wird nur noch verwaltet, geht das Unternehmen langsam dem Ende zu. Beispiele gibt es genug. Den Niedergang merkt man nicht so schnell. Diejenigen, die die Innovationen verhindert haben, sind dann oft schon in Pension. Die besten Führungskräfte haben das Unternehmen verlassen. Der Aufsichtsrat ist zu weit vom Geschehen weg, um rechtzeitig einzugreifen.

Die Bedeutung der Innovation ist natürlich schon vielen Unternehmensführungen und den Führungskräften bewusst. Deshalb geben sich auch viele Unternehmen große Mühe, zu mehr Innovationen zu kommen. Auf die Frage, was Unternehmensführungen veranlassen, werden häufig die Forschungsquote (F&E-Budget in Prozent vom Umsatz) und/oder die Innovationsquote (Umsatzanteil von Neuprodukten in Prozent) aufgeführt. Man sollte sich besser die Ergebnisentwicklung aus Innovationen anschauen. In der Realität ist viel Wunschdenken dabei.
Nach meiner Erfahrung sind in den Unternehmen lediglich 15 % der Beschäftigten kreativ tätig. Dieser Teil hat eine natürliche Begabung für Bewusstseinserweiterung. 25 % haben innerlich gekündigt und der Rest sind Verwalter. Die Unterstützung dieser 15 % ist oberste Aufgabe der Unternehmensführungen. Das sind die Fackelträger der Innova­tion. Sie müssen stetig gefördert und vor den Behinderungen durch die restlichen 85 % beschützt werden. Diese Mehrheit versucht ständig den Fackelträgern die Flamme auszublasen. Warum? Damit es nicht auffällt, dass sie nicht kreativ und wertsteigernd tätig sind.

„Teamarbeit wird völlig überschätzt.
Einzelne schaffen doch stets große Sprünge.“

Angst abbauen, Innovation fördern
Warum tun sich die Unternehmen so schwer, die Innovation zu steigern. Viele Unternehmensführungen wissen überhaupt nicht, was die Innovation fördert oder einschränkt. Der schlimmste Feind der Innovation ist erstens Performance-Angst. Je größer der Druck von oben wird, umso mehr steigt die Angst bei den Mitarbeitern zu versagen und bestraft zu werden. In einer Atmosphäre der Angst entsteht nichts Gutes. Jeder Zweite hat heute Angst vor seinem Chef. Man beginnt, sich nur noch – menschlich verständlich – vor Vorwürfen zu schützen. Wer kennt nicht die stundenlangen Meetings, in denen nur noch erläutert wird, warum etwas nicht klappt und was man tun müsste, damit es klappt. Teamarbeit wird völlig überschätzt. Einzelne schaffen doch stets große Sprünge.
Die zweite Einschränkung ist, dass wir uns nur auf unserer intellektuellen Ebene des Wissens bemühen. Auch das ist tragisch, weil wir selbst gar nicht merken, dass wir uns einschränken. Aber so haben wir es gelernt, so sind wir konditioniert und belohnt worden. Es zählt nur, was wir wissen, können, machen, erreichen. Je mehr wir danach streben, umso mehr steigt in uns die Angst, etwas nicht zu wissen, nicht zu können, nicht machen zu können und das Erreichte zu verlieren.
Zusätzlich zur Angst, die von oben kommt, generieren wir also auch noch selbst unsere eigene innere Angst. Diese Angst zu nehmen, ist oberste Führungsaufgabe. Sie kommt aus unserem Ego, aus unserem durch unser Denken begrenzten individuellen Bewusstsein, das auch unsere Innovationsfähigkeit einengt. „Wir erfahren viel mehr als wir wissen“ sagt der Quantenphysiker Hans Peter Dürr. Wir müssen uns also viel mehr damit beschäftigen, Zugang zu dem Erfahrungsraum zu finden, den man auch unbegrenztes Bewusstsein nennen kann. Wir ahnen zwar, dass es dieses Bewusstseinsfeld außerhalb unseres Intellekts gibt, nutzen es aber nicht. „Dem Wissen geht stets ein Ahnen voraus“, betonte schon Alexander von Humboldt.

„Bewusstsein ist Information und
kann Zufallsgeneratoren beeinflussen.“

Bewusstsein, Datenstrom und Innovation
Nun, wie finden wir Zugang zu dem Unbegrenzten Bewusstsein? Wenn ich spirituelle Zugänge außer Acht lasse und mich eher auf die neuesten naturwissenschaftlichen Erkenntnisse konzentriere, helfen uns die Forschungen an der Princeton University im Princeton Engineering Anomalies Research (PEAR) Laboratory unter der Leitung von Roger D. Nelson und die Erkenntnisse des Kernphysikers und Bewusstseinsforschers Thomas Campbell.
Die Experimente von Nelson im Rahmen des Global Consciousness Projects zeigen, dass unser begrenztes Bewusstsein fähig ist, Raum und Zeit zu überwinden, um sich mit dem großen unbegrenzten Bewusstsein auszutauschen, Intuitionen zu erhalten und unsere Welt zu verändern. Übrigens, auch er hat herausgefunden, dass nur 15 % der Versuchspersonen dazu in der Lage sind. Dieses unbegrenzte Bewusstsein sitzt nicht im Gehirn, sondern scheint ein Informationsfeld zu sein, dass alles im Universum verbindet. Es ist fundamentaler als Materie. Die Quantenphysik stützt diese These. Bewusstsein ist Information und kann Zufallsgeneratoren beeinflussen. Physikalisch messbar. Der Zugang zu diesem Informationsfeld fördert Intuition, Inspiration, Erfindungen und Innovationen.

Thomas Campbell zeigt uns einen Zugang dazu. Im aktiven Wachbewusstsein schwingt das Corpus Calosum zwischen beiden Gehirnhälften mit 8 Hz, im Schlaf mit 2 Hz. Auf dem Weg vom Tag in die Nacht durchschreiten wir das Niveau von 4 Hz. Diese Frequenz kann man im Gehirn von erleuchteten Zen-Mönchen messen. Campbell nennt das „Being Level“, verglichen mit dem limitierten „Intellectual Level“. Vom Being Level kann man Kontakt aufnehmen zu dem Informationsfeld, das er Larger Consciousness System(LCS) nennt. Dieses Feld ist ein Datenspeicher mit allen Daten der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Der Kontakt wird erleichtert durch sog. Binaural Beats. Der akustische Input über zwei Kopfhörer auf den wechselnden Frequenzen 32-64-128-256-512 Hz unterscheidet sich zwischen beiden Ohren um 4 Hz. So ist man relativ leicht auf dem Being Level und kann  z. B. Fragen zu Intuitionen und Innovationen an das LCS stellen. Die Antworten können Bilder, Filme, Gefühle oder auch Schriften sein. Wie beim Videospiel sind sie Manifestationen eines Datenstroms aus dem LCS. Bei manchem reicht auch eine Meditation, er braucht die Binaural Beats nicht. Die Daten sind die eigentliche Realität. Was wir als Realität sehen, wäre dann virtuelle Realität.

Viele Nobelpreisträger wie Heisenberg, Pauli, Müller, Binnig, Köhler, Poincare, Liebig oder Hell berichten von bahnbrechenden Erkenntnissen, die nicht aus dem Neocortex kamen, sondern aus einer Art Erleuchtungserfahrung.
Es lassen sich also wesentlich mehr Innovationen erreichen, wenn möglichst viele im Unternehmen geübt haben, Kontakt zu dem unbegrenzten Bewusstsein aufzunehmen und Datenströme zu empfangen, die zu Intuition führen. Es braucht Aufgeschlossenheit in den Unternehmensführungen und eine angstfreie Atmosphäre. Innovationen hängen also direkt von der Bewusstseinsentwicklung aller Menschen im Unternehmen ab. Ich sehe die Zeit kommen, in der Unternehmen Mitarbeiter nach Bewusstsein einstellen. Das sind die Gewinner der Zukunft, hochkreativ, angstfrei und innovationsstark in der Umsetzung der Ideen im Markt. In der New Economy gibt es bereits viele Beispiele.

Zur Person
Erhard Meyer-Galow
, 1942 in Frankfurt/Main geboren, war in führenden Positionen der deutschen Wirtschaft tätig, u.a. als Vorstandsvorsitzender von Hüls und Stinnes. Während seiner Amtszeit als Präsident der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) 1998/1999 hat er sich für die Gründung der Vereinigung Chemie und Wirtschaft (VCW) sowie für die Einrichtung eines Studienganges Wirtschaftschemie an deutschen Hochschulen eingesetzt. Der promovierte Chemiker und Honorarprofessor wurde 1998 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Meyer-Galow ist u.a. Autor und Redner sowie Stifter des Meyer-Galow-Preises für Wirtschaftschemie, mit dem Wissenschaftler im deutschsprachigen Raum ausgezeichnet werden, die eine aktuelle Innovation der Chemie erfolgreich in den Markt eingeführt haben. Seit Januar ist er Präsident der Humboldt-Gesellschaft.

Kontakt

Prof. Erhard Meyer-Galow

Schauinsland 8
45133 Essen
Deutschland