Anlagenbau & Prozesstechnik

Nassdampferkennung

Mehr Sicherheit und höherer Wirkungsgrad von Dampfsystemen

30.09.2016 -

Die neuen Proline Wirbelzähler sind ausgesprochen robuste Durchfluss-Messgeräte und eignen sich besonders für Dampfanwendungen.
Eine optimale Funktion ermöglicht die kontinuierliche Erkennung von Nassdampf.

Für die Prozessheizung wird üblicherweise Dampf eingesetzt. Der erforderliche Sattdampf dazu wird in der Regel in Feuerrohr-Rauchrohrkesseln produziert. Die Vorteile dieses Verfahrens liegen auf der Hand: Neben einem großen Wärmegehalt kann die Temperatur durch Einstellen des Drucks geregelt werden. Sattdampf stellt entsprechend seiner Eigenschaften den genauen Grenzzustand zwischen flüssigem Wasser und gasförmigem Wasserdampf dar.
Gibt trockener Sattdampf seine Energie an einen Prozess ab, wird „latente“ Energie frei. In Dampftabellen ist diese Energie als Enthalpie (hfg) angegeben. Während der Dampf diese Energie abgibt, wird er nasser und der Dampfgehalt (x) sinkt von 1 auf 0. Was sich jedoch während dieses Prozesses nicht ändert ist die Kombination aus Druck und Temperatur. Idealerweise bedeutet dies, dass beispielweise ein +144 °C heißer Dampf mit 3 bar Druck in einen Wärmetauscher eintritt und am Ausgang Kondensat mit genau dem gleichen Druck und der gleichen Temperatur vorliegt. Dazwischen hat der Dampf jedoch 2138 kJ/kg latente Wärmeenergie verloren. Das Problem dabei ist Folgendes: Wenn unter gleichen Temperatur- und Druckbedingungen Flüssigkeit und Dampf sowie alle Zwischenzustände koexistieren können, ist es unmöglich, durch reine Druck- und Temperaturmessungen den Dampfgehalt zu bestimmen. Aus diesem Grund gibt es bis heute keine Lösung, mit der sich einfach feststellen ließe, ob sich in der Dampfleitung Wasser befindet oder nicht.

Überschäumen von Kesseln
Das Überschäumen von Kesseln ist ein häufig auftretendes Sicherheitsproblem in Prozessheizsystemen. Der Begriff „Überschäumen“ steht für einen ungewollten Übertrag von flüssigem Wasser aus dem Kessel in das Dampfsystem. Das Überschäumen eines Kessels kann hervorgerufen werden durch:

  • schlechte Zusammensetzung des Speisewassers oder nicht ausreichende Absalzung, was zu einem „Übersalzen“ innerhalb des Kessels führt.
  • zu viele Benutzer, die gleichzeitig Dampf verbrauchen oder durch eine falsche Dimensionierung des Kessels (für die entsprechende Anwendung unterdimensioniert).

Im ersten Fall wird auch dann Wasser in das Dampfsystem übertragen, wenn der Kessel mit der Last betrieben wird, für die er ausgelegt ist. Im zweiten Fall kann zu viel Wasser auf einmal aus dem Kessel entnommen werden, wodurch der Füllstandsalarm ausgelöst und der Kessel automatisch ausgeschaltet wird.
Das Überschäumen von Kesselwasser führt üblicherweise zu weiteren Problemen:

  • Kesselwasser mit einem hohen Anteil gelöster Feststoffe gelangt in die Haupt-Dampfleitung und sogar in die Wärmetauscher. Dies kann zu Korrosion, z. B. zu Spannungsrisskorrosion und Rissbildung führen.
  • das in die Dampfleitung eintretende Wasser kann zu Wasserschlägen und Schwallströmungen führen.
  • der Wirkungsgrad des Dampfsystems ist reduziert, da Nassdampf weniger Energie enthält als trockener Sattdampf.
  • Nassdampf ist aber auch an der Verbrauchsstelle problematisch. Wenn der Kondensatabscheider am Auslass des Kessels nicht funktioniert, kann der Wärmetauscher volllaufen, was den Wirkungsgrad des Wärmeübergangs dramatisch verschlechtert.

Ein weiteres mögliches Problem entsteht, wenn der Abscheider für die Produktion von trockenem Sattdampf nicht richtig funktioniert, wodurch ebenfalls Nassdampf entstehen und der Wirkungsgrad entsprechend abfallen kann. Alle diese Beispiele zeigen: Nassdampf kann überall im Prozessheizsystem entstehen – auch wenn davon ausgegangen wird, dass Heißdampf produziert wird! In den vergangenen Jahren haben immer mehr Kunden ihre Sorgen zu diesem Problemkreis gegenüber Endress+Hauser geäußert. Meist wurden folgende Fragen gestellt:

  • Wie kann ich ein Überschäumen des Kessels erkennen?
  • Wie kann ich herausfinden, ob Nassdampf vorliegt?

Grundlagenforschung – eine Investition in die Zukunft
Die oben genannten, immer wieder geäußerten Fragen haben Endress+Hauser bewogen, gemeinsam mit der Fachhochschule Nordwestschweiz in Windisch in eine Dampf-Testanlage zu investieren. Auf dieser Testanlage konnten wir Dampf mit unterschiedlichem Dampfgehalt herstellen und die Auswirkungen des Feuchtigkeitsgehalts im Dampf auf unsere neuen Proline Wirbelzähler untersuchen. Für die Nennweiten DN 25 (1“), DN 40 (1½“), DN 50 (2“), DN 80 (3“) und DN 100 (4“) lassen sich Dampfgehalte zwischen 80 % und 100 % realisieren. Dabei sind Dampfdrücke bis zu 10 bar rel. möglich. Der Nassdampf wurde auf verschiedene Arten erzeugt, indem Wasser als „flüssige Strömung“, „Sprühnebel“ oder mittels eines Kühlrohrs zugeführt wurde. In allen drei Fällen zeigten die Untersuchungen, dass zunehmend nasser Dampf in horizontal verlaufenden Leitungen zunächst eine „kanalartige Strömung“ am Boden der Leitung bildete, die sich dann in den oberen Bereich der Leitungswände „verschmierte“. Dieses Verhalten war unabhängig von der Zuführungsart des flüssigen Wassers zu beobachten.
90 % Dampfgehalt bedeutet, dass 10 % (der Masse) des gesamten Wassergehalts als Wasser vorliegt, das weitaus weniger Energie enthält als gasförmiger Dampf. Daher stehen 10 % weniger Energie zur Verfügung.

Warnmeldungen durch Überschäumen
Bei weiteren Untersuchungen zeigte sich, dass die oben erwähnte „flüssige Strömung“ bei der Installation eines Prowirl 200 Wirbelzählers in eine horizontale Rohrleitung – wobei der Elektronikkopf in der „6-Uhr-Position“ angebracht war – das Signal des Sensors deutlich beeinflusste. Dessen Kurtosis, also die Steilheit der Amplitude, änderte sich infolge des Zustandswechsels des Mediums. Diese einfache Tatsache führte zu einem äußerst spannenden Ergebnis: Das Messgerät kann „unterscheiden“, ob der Dampf im Rohr trocken oder nass ist. Es ist sogar möglich, einen Grenzwert in das Gerät einzugeben, unterhalb dessen das Gerät eine Warnmeldung bei ungenügender „Dampfqualität“ ausgibt.

Die beste Lösung für Dampfanwendungen
Endress+Hauser stellt seit beinahe 30 Jahren Wirbelzähler her. In dieser Zeit konnten wir wertvolle Erfahrungen in mehr als 300 000 Anwendungen sammeln; über die Hälfte davon mit Dampf. Vor etwa zehn Jahren führten wir den Proline Prowirl 73 Wirbelzähler in Zweileitertechnik ein, mit dem mehrere Prozessvariablen gleichzeitig gemessen werden konnten. Auch heute noch ist Prowirl – mit Prowirl 200 als derzeitige Gerätegeneration – die einzige, multivariable Wirbelzähler-Messgerätefamilie, die mehrere einzigartige Vorteile auf sich vereint:

  • Zweileitertechnologie mit den besten sicherheitstechnischen Werten für eigensichere Verkabelung in explosionsgefährdeten Bereichen
  • Ausgabe von Masse und Energie, z. B. für Dampf und Kondensat gemäß internationalem Standard IAPWS-IF97
  • Einlesemöglichkeit für einen externen Druckwert für Heißdampf – oder auf Wunsch gesättigten Dampf – über Stromeingang, Hart, Profibus PA oder Foundation Fieldbus
  • Einlesemöglichkeit für einen externen Temperaturwert zur Berechnung der dem Kesselspeisewasser zugeführten Energie über Stromeingang, Hart, Profibus PA oder Foundation Fieldbus
  • Größte Widerstandsfähigkeit aller marktgängigen Geräte gegenüber Temperaturschocks, Wasserschlägen und Rohrleitungsvibrationen – dadurch lange Lebensdauer
  • Lebenslange Kalibrierung der Messgeräte

Der multivariable Wirbelzähler Prowirl ist auf Wunsch nun auch mit „Nassdampferkennung“ erhältlich. Wir haben von mehreren Kunden bereits die positive Rückmeldung erhalten, dass die Nassdampffunktion die Position von Prowirl als die auf dem Markt beste verfügbare Lösung zur Dampfmessung in Prozessheizsystemen weiter stärken wird und auch zu mehr Sicherheit sowie einem höheren Wirkungsgrad beiträgt.