Lean-Management-Tools und CAPA gezielt einsetzen
Der professionelle Umgang mit Fehlern und Schwachstellen erhöht die Kundenzufriedenheit
Kundenzufriedenheit und Kundenbindung sind zwei miteinander eng verwobene Abhängigkeiten. Das Erzeugen und die Sicherung von Qualität finden ihren Anfang bei der Erfassung des Kundenwunsches, setzen sich bei dessen prozessualer Umsetzung fort und nutzen auf der Ergebnisebene das Feedback der Kunden zur kontinuierlichen Verbesserung. Wesentliche Ausgangsgröße dieses kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP) ist die Erfassung des Kundenwunsches. Häufig ist dieser unspezifisch und kaum messbar formuliert.
Um den Kundenwunsch in eine messbare Größe zu überführen, hilft eine Logik aus der Welt von Six Sigma: Dabei wird der Kundenwunsch (VOC, Voice of Customer) durch Transformation der Aussage in einen messbare Größe (CTQ/CTB, Critical to Quality/Business) überführt. Äußert der Kunde z.B., dass er nicht so lange auf die Bestätigung seines Auftrags warten möchte, so könnte der CTQ/CTB lauten: „Jeder Auftrag wird binnen X Stunden nach Eingang gegenüber dem Kunden bestätigt“. Durch die Überführung von VOCs in CTQs wird eine messbare Größe erzeugt und damit wird die Grundlage der Steuerung von Qualität über Kennzahlen gelegt.
Einflüsse auf die Kundenzufriedenheit
Um herauszufinden, wodurch die Kundenzufriedenheit maßgeblich beeinflusst wird, hilft das Kano-Modell (benannt nach Noriaki Kano, Professor an der Universität Tokio). Die Kundenzufriedenheit wird in diesem Modell durch den Erfüllungsgrad von drei wesentlichen Faktoren bestimmt:
1.) Basis- oder Hygienefaktoren
(implizite Qualitätsanforderungen):
Diese empfindet der Kunde als selbstverständlich. Eine Erfüllung wird daher vom Kunden nicht wahrgenommen, eine Nichterfüllung dagegen mit übermäßiger Unzufriedenheit des Kunden „bestraft“.
Beispielsweise wird die respektvolle und verständige Ansprache eines Kunden durch Verkaufsmitarbeiter als selbstverständlich erachtet. Über den bisweilen wahrzunehmenden Erfüllungsgrad im Alltag mag sich jeder Leser selbst ein Bild machen.
2.) Leistungsfaktoren
(explizite Qualitätsanforderung):
Diese empfindet der Kunde als mit dem Lieferanten fest vereinbart und erwartet die vollständige Erfüllung. Je höher der Erfüllungsgrad der Leistungsfaktoren, desto höher die Kundenzufriedenheit, und umgekehrt.
Beispielsweise wird eine vollständige und fristgerechte Vertragserfüllung erwartet. Fehlende oder verzögerte Leistungserbringung führt zur Unzufriedenheit des Kunden.
3.) Begeisterungsfaktoren
(„Wow“-Faktoren):
Mit der Erfüllung dieser Faktoren rechnet der Kunde nicht. Umso größer ist die Begeisterung des Kunden bei Erfüllung. Mehr noch: Begeisterte Kunden berichten anderen über ihre positiven Erfahrungen und machen so ganz nebenbei kostenfreie Werbung.
Beispielsweise kann Kulanz zur Kundenbegeisterung führen. Diese hat natürlich Grenzen. Es lohnt sich trotzdem, darüber nachzudenken, wie hoch der Aufwand dafür und der Nutzen durch begeisterte Kunden in Relation zueinander stehen.
Aber: Was den Kunden heute begeistert, ist für ihn morgen fester Bestandteil der erwarteten Leistung und übermorgen selbstverständlich.
Damit stellt das Kano-Modell die Basis für den KVP dar: Stetige Innovation und Fokussierung auf das, was den Kunden morgen begeistern könnte, ist der Schlüssel zur Kundenbindung und Neukundengewinnung. Kommt der KVP ins Stocken, so ist das wie Schwimmen gegen den Strom: Wer aufhört sich anzustrengen, treibt zurück.
CAPA, oder Lernen aus Fehlern
Nach Betrachtung der Bedeutung der Kundenzufriedenheit auf den Erfolg eines Unternehmens, wird im Folgenden auf die Bedeutung einer aus Fehlern lernenden Organisation eingegangen werden. Auf den Aspekt einer guten „Fehlerkultur“ soll hier zu Gunsten einer methodischen Annäherung an die Thematik verzichtet werden.
In der Regel haftet Fehlern etwas Negatives oder Unnützes an. Dies ist aber nur auf den ersten Blick so. Der Satz „Aus Schaden/Fehlern wird man klug.“ hat durchaus seine Berechtigung. Inwiefern Fehler positiv in den KVP einfließen, hängt maßgeblich von der methodischen Vorgehensweise ab. Wird auf Fehler nur reagiert, statt sich den Ursachen der Fehler zu nähern, diese abzustellen und damit eine zukünftige Prozessverbesserung herbeizuführen, werden wichtige Chancen für den KVP vergeben.
Der Prozess CAPA (Corrective Actions, Preventive Actions) kann hier hilfreich unterstützen. Er wird dabei prinzipiell in drei Phasen unterschieden:
Phase 1: Die Sofortmaßnahme
In dieser ersten Phase des CAPA-Prozesses soll eine unmittelbare Gefahr, die durch den Fehler eintreten könnte, abgewendet werden. Hier kommt es auf Schnelligkeit und nicht unbedingt auf Akribie an. Typische Sofortmaßnahmen sind z.B. das Stoppen der Produktion durch den „Not-Aus“, oder das sofortige Separieren möglicherweise fehlerhaft hergestellter Produkte.
Phase 2: Die Korrekturmaßnahme
In dieser Phase wird der konkret eingetretene Fehler und dessen Auswirkung (Fehlerfolge) untersucht. Dabei steht im Vordergrund, die Auswirkungen des Fehlers zu minimieren oder im Idealfall zu eliminieren. Diese wichtige Phase ist vollständig reaktiv und zunächst auf den Einzelfall bezogen. Lediglich im Bereich der Investigation möglicher Fehlerfolgen findet eine Ausweitung des betrachteten Gegenstandes auf das Umfeld statt. Auch hier steht zunächst die Aufarbeitung des Geschehens im Sinne einer Fehlerminimierung im Vordergrund.
Phase 3: Die Vorbeugemaßnahme
Diese Phase ist zugleich auch die methodisch aufwändigste. In der Praxis zeigt sich, dass der Vorbeugung nicht die Aufmerksamkeit gewidmet wird, die diese verdient hätte. Es gilt, die Ursachen des Fehlers genau zu analysieren und durch geeignete Maßnahmen einen Wiedereintritt des Fehlers – und damit ein neuerliches Wirken der auslösenden Ursache – sicher zu verhindern. Häufiger Praxisfehler hierbei: Die Fehlersuche erfolgt unsystematisch, die vermeintliche Fehlerursache wird viel zu schnell als zutreffend vermutet und damit wird die Ursachenforschung eingestellt. Dies wird noch unterstützt, wenn die Ursachenanalysen ausschließlich durch Prozessbetroffene quasi im Alleingang und damit mit einer gewissen Betriebsblindheit durchgeführt werden.
Das Finden einer wirksamen Vorbeugemaßnahme ist auf eine methodisch saubere, gründliche und angemessene Herangehensweise angewiesen. Dazu können allseits bekannte Techniken eingesetzt werden.
So bieten sich das Brainstorming oder sonstige Kreativtechniken an, um mit möglichst breitem und unverstelltem Blick Mutmaßungen über die möglichen auslösenden Ursachen des Fehlers zu finden. Unterstützt wird dies durch den auch als Fischgratmodell bekannten „Ishikawa-Ansatz“. Hierbei werden die vermuteten Ursachen den fünf Kategorien Mensch, Maschine, Material, Methode, Mitwelt – manchmal noch ergänzt um die Ursachenfelder Messung und Management – zugeordnet, was eine Ableitung wirksam verhütender Maßnahmen später erheblich erleichtern kann. Abgerundet wird die Ursachenermittlung durch eine CNX-Analyse. Hierbei werden die vermuteten Ursachen noch in „Constants“ (unbeeinflussbare Rahmenbedingungen), „Noise“ (sehr seltene Konstellationen) und „Xchangables“ (beeinflussbare Kernursachen) gefiltert. In der Ableitung von Vorbeugemaßnahmen spielen dann die Xchangables eine entscheidende Rolle, da durch Eliminierung der Kernursachen auch der Eintritt des Fehlers verhindert werden kann.
Lean Management-Tools und CAPA (Corrective Actions, Preventive Actions)
26. September 2016, Frankfurt am Main
GDCh-Kurs: 943/16
Leitung: Jürgen Ortlepp
Weitere Informationen und Anmeldung über:
Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh), Fortbildung
Tel.: +49 69 7917 291 oder +49 69 7917 364
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