Gekoppelte Physik einfach simulieren
Bessere Verfahren für das Heizen oder Kühlen von Gebäuden
Forscher am Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE) nutzen die multiphysikalische Simulation zur Entwicklung neuer Adsorptionskälteanlagen, Wärmepumpen und Wärmespeicher.
Nahezu 50 % des Energieverbrauchs in Europa werden für das Heizen und Klimatisieren von Gebäuden aufgewendet. Dieser enorme Wert ist für die Forscher eine große Motivation, um Alternativen zu den konventionellen Technologien zu finden. Eine reizvolle Variante ist es hier, adsorptionsbasierende Heizungs- und Klimasysteme zu nutzen, die nicht elektrisch, sondern mittels Wärme betrieben werden.
Da die Wärme aus Solarkollektoren, aus Abwärme von Industrieanlagen oder aus Blockheizkraftwerken bezogen werden kann, ermöglicht die Adsorptionstechnologie, den Stromverbrauch und den damit verbundenen CO2 Ausstoß signifikant zu reduzieren. Diese Technologie dient nicht nur als hocheffizientes Heizungssystem, das mit gasbefeuerten Wärmepumpen die gelieferte Wärmemenge für ein Gebäude vervielfacht. Es kann darüber hinaus zur kompakten Energiespeicherung über einen langen Zeitraum eingesetzt werden. Heizungs- und Klimasysteme, die auf dieser Basis arbeiten, verwenden in einem Adsorptions-/Desorptionskreislauf eine Arbeitsflüssigkeit, deren Aggregatszustand während des Kreislaufs mehrfach zwischen flüssig und gasförmig wechselt.
Mit dieser Technologie können spezielle Wärmetauscher gebaut werden, die als thermische Kompressoren agieren, indem sie das Adsorptionsmaterial bei verschiedenen Temperaturen und Drücken in regelmäßigen Abständen erwärmen und abkühlen. Diese Systeme können elektrisch betriebene mechanische Kompressoren in Wärmepumpen und Kälteanlagen ersetzen und bieten den zusätzlichen Vorteil einer Wärmespeicherkapazität, die bis zu dreimal so hoch sein kann wie bei der Verwendung traditioneller Warmwassersysteme.
Optimierung von Wärmetransfer und -speicherung
Die Entwicklung adsorptionsbasierender Heizungs- und Klimasysteme ist kompliziert, da sie diskontinuierliche Betriebszyklen und variierende Spitzen-Energieflüsse aufweisen und ihr dynamisches Verhalten durch komplexe, gekoppelte Wärme- und Massentransportphänomene bestimmt wird. Zwar sind bereits einige adsorptionsbasierende Systeme kommerziell verfügbar, die Technologie muss allerdings noch wesentlich effizienter, kompakter und günstiger in der Herstellung werden, um das ganze Potenzial solcher Systeme in größerem Rahmen nutzen zu können.
Eines der weltweit führenden Forschungsinstitute in diesem Bereich ist das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg. Das Institut beschäftigt etwa 1.200 Mitarbeiter und erforscht sämtliche Facetten solarer Energieumwandung, Speicherung und Nutzung. Es ist Teil eines größeren Netzwerkes von 66 Fraunhofer Forschungsinstituten in Deutschland, die sich auf verschiedene Aspekte angewandter Wissenschaft spezialisiert haben. Eric Laurenz und Hannes Fugmann, Forscher beim Fraunhofer ISE, gehören zu einer von Lena Schnabel geleiteten 20-köpfigen Gruppe, die effizientere Wärmetauscher für Adsorptionssysteme entwickelt. Laurenz untersucht Wasserdampf- und Wärmeströme durch poröse Strukturen mit der Zielsetzung der Systemoptimierung in Bezug auf Größe und Effizienz, während Fugmann Designstudien mit nicht-isothermen Flüssigkeitsströmen und Wärmeleitung in Festkörpern durchführt, um bessere Wärmetauscher-Architekturen zu entwickeln.
„Analytische Methoden sind aufgrund der starken nichtlinearen Kopplungen des vorherrschenden Wärme- und Massentransports für unsere Arbeit unzureichend“, sagte Laurenz. „Wir müssen auf numerische Werkzeuge wie Comsol Multiphysics zurückgreifen, um die zyklische Be- und Entlastung des Sorptionsmittels zu simulieren und dabei die Temperatur- und Massenverteilung räumlich und zeitlich zu berücksichtigen. Mit diesen Werkzeugen können wir sicherstellen, dass die Simulation die Dynamik von Adsorption und Desorption korrekt erfasst.“
Das Team verfolgt den Ansatz einer Kombination aus Simulation und genau definierten, kleineren Experimenten. So sollen großformatige Modelle aufgebaut werden, die das komplexe Verhalten der zu untersuchenden Physik präzise und realitätsgetreu vorhersagen. Mit kleinen Modellen kann das Team die physikalischen Mechanismen vollständig und detailliert modellieren, während bei den größeren Modellen die Komplexität reduziert werden kann, um die Rechenzeit zu verkürzen. Dieser Ansatz kann den Bedarf an physikalischen Prototypen in Originalgröße signifikant reduzieren und dadurch sowohl Zeit als auch Geld einsparen.
Validierung des Adsorptionsprozesses
Zu den wichtigsten Zielen zur Verbesserung von Adsorptionswärmetauschern gehört die Optimierung der Aufnahmegeschwindigkeit und der Kapazität der dünnen Sorptionsschichten des Systems. In einer ihrer Untersuchungen setzten Lena Schnabel und Gerrit Füldner Simulation ein, um mit einem Modell das dynamische Zusammenspiel von Wärme- und Massentransport in den Sorptionsschichten zu erfassen. Dieses Modell ermöglichte es der Gruppe, die aus dem experimentellen Versuchsaufbau erhaltenen Messungen vollständig zu verstehen.
„Nur indem wir die Ergebnisse aus Versuch und Simulation verglichen, konnten wir durch Parameterabschätzung die Transportkoeffizienten bestimmen, da eine direkte Messung nicht möglich war“, beschreibt Laurenz. „Diese Daten wurden anschließend in unseren komplexeren Simulationen des Systems verwendet.“
Schnabels Gruppe arbeitet seit nahezu zehn Jahren mit Comsol Multiphysics. Vor kurzem hat die Gruppe damit begonnen, Modelle mit verschiedenen Detaillierungsgraden einzusetzen, um Transportparameter abzuschätzen sowie das zyklische Verhalten kompletter Systeme unter sich dynamisch verändernden Betriebsbedingungen zu simulieren. Die Fähigkeit, gekoppelte Physik in komplexen dynamischen Systemen einfach zu simulieren, hat sich für zahlreiche Forschungsarbeiten am Fraunhofer ISE als unverzichtbar erwiesen.
Verbessertes Wärmetauscher-Design
Bei seiner Arbeit zur Optimierung von Wärmetauscher-Architekturen führt Fugmann Grundlagenforschung an Wärmetauscher-Designs durch, darunter an Kältemaschinen und Wärmepumpen. Einige seiner Geometrien sind darauf ausgelegt, mittels Drahtstrukturen die Wärmetauscherfläche im Vergleich zu den traditionellen Rippenrohrwärmetauschern zu vergrößern. Bei diesen neuen Architekturen wird eine Drahtstruktur um eine Reihe von Rohren, die die beiden Flüssigkeiten im Wärmetauscher trennen, gewoben oder gewunden. In einem Versuchsaufbau für einen Gasverflüssigungs-Drahtwärmetauscher fließt heißes Wasser in den Rohren, während kalte Luft zwischen den Rohren hindurch und über die Drähte strömt.
„Wir haben herausgefunden, dass wir einen höheren Wärmetransferkoeffizient mit einer größeren Oberfläche sowie einen signifikant geringeren Materialeinsatz erzielen, wenn wir Drahtstrukturen verwenden“, sagte Fugmann. „Und wir können dies ohne merkliche Erhöhung des Druckabfalls umsetzen. Die Flexibilität der Drahtstruktur eröffnet uns die Möglichkeit, die Geometrie entsprechend der Betriebsparameter des Designs einfach anzupassen.“ Fugmann untersuchte mit der Comsol Software in Parameterstudien spezifische Druckverluste, Wärmetransferkoeffizienten sowie den Materialeinsatz und führte noch weitere Analysen der Geometrie des Designs durch. Abb. 4 zeigt die Temperaturverteilung und den Geschwindigkeitsbetrag in einer optimierten Geometrie der Drahtstruktur und der Rohre. Fugman beschreibt die Komponente folgendermaßen: „Die Messungen haben uns gezeigt, dass die Verbindungen zwischen den Drähten und Rohren eine hohe und dominierende Wärmebeständigkeit verursachen. Wenn wir die Beschränkungen des Wärmetransports in den Drahtstrukturen besser verstehen, können wir das Design weiter optimieren.“ Aufgrund der größeren Wärmeaustauschfläche pro Volumen wurden die Drahtstrukturen außerdem experimentell und numerisch beim Fraunhofer ISE analysiert, um sie als sorptiv beschichtete Strukturen und als Oberflächenvergrößerung für Wärmetauscher in Wärmespeichern zu nutzen.
Ausblick
„Unser unmittelbares Ziel ist es, unsere Kenntnisse zu vertiefen und Kompetenz in diesen Bereichen aufzubauen, damit wir sowohl Kunden als auch Kollegen beim Fraunhofer ISE, die verschiedene Aspekte adsorptiver Klimaregelungssysteme entwickeln, unterstützen können“, sagte Laurenz. „Langfristig gesehen freuen wir uns auf den Tag, an dem solche Technologien in der Gesellschaft breit genutzt werden und dadurch dazu beitragen, die Lasten des elektrischen Netzes zu verringern und die Ressourcen der Erde zu bewahren.“
Referenzen
1 Füldner, G. & Schnabel, L., 2008. Non-Isothermal Kinetics of Water Adsorption in Compact Adsorbent Layers on a Metal Support. In den Proceedings der Comsol Konferenz 2008 Hannover.
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