Sicherheitsbetrachtungen für Prozessanlagen
Mit überschaubarem Aufwand auf der sicheren Seite
Um schwere Unfälle zu verhindern und deren Auswirkungen zu begrenzen, müssen Prozessanlagen der chemischen Industrie während ihres gesamten Lebenszyklus umfassend auf ihre Sicherheit geprüft werden. Viele Anlagenbetreiber verfügen jedoch im Tagesgeschäft nicht über ausreichend Zeit und fachkundiges Personal, um die komplexen Anforderungen der dafür notwendigen Sicherheitsbetrachtungen voll zu erfüllen. Infraserv Knapsack hat ein systematisches Konzept zur Gefahrenanalyse entwickelt, das den Aufwand überschaubar hält und gleichzeitig modernen Gesichtspunkten des Risikomanagements entspricht.
Fällt eine Anlage unter die Störfallverordnung, ist der Betreiber verpflichtet, die von seiner Anlage ausgehenden Gefahren für Menschen, Umwelt und Sachgüter zu ermitteln, zu bewerten und entsprechende Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Dabei muss der Betreiber juristisch nachvollziehbar nachweisen, dass er seinen Sorgfaltspflichten im Hinblick auf die Verhinderung von Störfällen und der Begrenzung ihrer Auswirkungen jederzeit nachkommt. Diese Pflichten gelten daher nicht nur für die Planung von neuen Verfahren und Anlagen, sondern greifen auch bei der Änderung bestehender Anlagen sowie deren Instandhaltung. Betreiber sind außerdem verpflichtet, den Stand der Technik der Anlage durch Gefahrenanalysen zu bewerten und fortzuschreiben. Darüber hinaus können Störungen des Anlagenbetriebs – bspw. durch technisches Versagen, Bedienungsfehler oder auch umgebungsbedingte Gefahrenquellen – eine Sicherheitsbetrachtung erforderlich machen.
Maßgeschneiderte Sicherheitsrichtlinien
Während Sicherheitsbetrachtungen bei Betreibern von Großanlagen der Prozessindustrie grundsätzlich zum Tagesgeschäft gehören, sieht die Lage bei Betreibern ohne eigene Fachabteilungen im Bereich Anlagensicherheit häufig anders aus. Hier kann es in der Praxis dazu kommen, dass nötige Sicherheitsbetrachtungen nicht oder nicht ausführlich genug vorgenommen werden. Deshalb existiert für solche Anlagenbetreiber mit den Infraserv Knapsack-„Sicherheitsrichtlinien“ ein umfassendes Rahmenwerk, das die gesetzlichen Regelungen konkretisiert und es ermöglicht, die nötige Gefahrenanalyse neben dem Tagesgeschäft umzusetzen. Dieses Regelwerk wird bereits seit einiger Zeit von vielen Unternehmen am Standort Hürth-Knapsack angewendet – u.a. bei einem der führenden PVC-Rohstoffhersteller in Europa. Der Kunststoffproduzent nutzt das standardisierte Werkzeug zur Vorbereitung, Durchführung und Dokumentation seiner Sicherheitsbetrachtungen für verschiedene Prozesse und Anlagen. Er analysiert damit die betrieblichen Gefahren nach dem Stand der Technik und übernimmt die Informationen in seinen bestehenden Sicherheitsbericht.
Die Sicherheitsrichtlinie 5 von Infraserv Knapsack greift dabei auf die Methoden der systematischen Gefahrenermittlung zurück. Diese Methoden eignen sich insbesondere für die Betrachtung von Prozessanlagen der chemischen und petrochemischen Industrie, sowohl für Großanlagen als auch für kleinere Einheiten, wie Technika. Bei ihrer Entwicklung war besonders wichtig, dass die Richtlinie den Anforderungen eines modernen Risikomanagements entspricht und dabei standardisierte und gut handhabbare Werkzeuge nutzt. Gleichzeitig sollte der Aufwand in der Praxis selbst bei komplexen Anlagen transparent und überschaubar bleiben. Ebenfalls verbreitete Screening-Methoden, wie z.B. Sicherheitschecklisten, lassen sich zwar mit geringerem Aufwand realisieren, gleichzeitig erhält der Betreiber jedoch auch wesentlich weniger Detailinformationen zu den Gefahren seiner Anlage. Die höchste Betrachtungstiefe versprechen quantitative Methoden. Sie sind jedoch in vielen Fällen mit einem so hohen Aufwand verbunden, dass sich ihr Einsatz in der Praxis häufig nicht rechnet.
Schrittweise Betrachtung im Expertenkreis
Sicherheitsbetrachtungen nach der Sicherheitsrichtlinie 5 von Infraserv Knapsack orientieren sich bei der Ermittlung der Gefahren an der Vorgehensweise von HAZOP. HAZOP (für „Hazard and operability study“), in Deutschland auch unter der Abkürzung PAAG bekannt, ist eine Methode der Gefahrenermittlung von bestehenden oder existierenden Chemieanlagen. PAAG steht für Prognose, Auffinden der Ursache, Abschätzen der Auswirkungen, Gegenmaßnahmen. Dabei analysiert ein interdisziplinäres Team von Experten aus den Bereichen Anlagenplanung, Produktion und Technik gemeinsam mit einem Moderator aus dem Genehmigungsmanagement von Infraserv Knapsack in mehreren Schritten verschiedene Bereiche einer Anlage und ermittelt systematisch alle relevanten Gefahren. Dabei ist insbesondere die Erfahrung der Betriebsmannschaft bei der Analyse der Gefahren ein wichtiger Vorteil. Im Mittelpunkt der gemeinsamen Analysen stehen vor allem folgende Fragen: Welche Störungen an der Anlage sind möglich und wie können sie verhindert werden? Und: Welche Maßnahmen ergreift der Betreiber, damit sich Auswirkungen schwerer Unfälle begrenzen lassen?
Kontinuierliche Risikoanalyse
Dazu werden mögliche Störungen, deren vernünftigerweise nicht auszuschließende Ursachen und die daraus resultierenden Auswirkungen in einer Sicherheitstabelle aufgelistet. In die Sicherheitsrichtlinie ist eine ausführliche Sammlung möglicher Störungsursachen integriert, was die Arbeit erleichtert. Auf Basis der gesammelten Informationen bewertet das Expertenteam die Risikoparameter der verschiedenen Szenarien nach einer semiquantitativen Methode. Dabei legen die Beteiligten die Eintrittswahrscheinlichkeit der Szenarien anhand der Erfahrungen aus der betrieblichen Praxis fest und ermitteln das jeweilige Risiko mit einer Risikomatrix, die sich an die VDI/VDE Richtlinie 2180 Blatt 1 anlehnt. Die so ermittelte Risikoklasse wird im Anschluss mit den bereits bestehenden technischen, organisatorischen und PLT-Schutzmaßnahmen verglichen. Um ein ausreichendes Sicherheitsniveau zu gewährleisten muss dabei eine Sicherheitsklasse gewählt werden, die der ermittelten Risikoklasse entspricht oder sie sogar übertrifft.
Für die Auslegung der Sicherheitsklassen wurde eine umfangreiche Tabelle mit möglichen Maßnahmen in die Richtlinie integriert. Aus dem Vergleich der Risikoklasse mit der Sicherheitsklasse lässt sich dann direkt der notwendige Handlungsbedarf ableiten und in einer übersichtlichen Aktionsliste festhalten. Sind alle noch ausstehenden Arbeiten erledigt, kann die Aktionsliste einfach von der restlichen Tabelle getrennt werden. So ist die Gefahrenanalyse direkt als Dokumentation des Standes der Sicherheitstechnik im Sicherheitsbericht für die Behörden verwendbar. Darüber hinaus können Betreiber die Ergebnisse nutzen, um ihre Gefahrenanalysen für die Sicherheitsberichte im geforderten 5-Jahres-Rhythmus kontinuierlich fortzuschreiben und so die Erstellung des Sicherheitsberichts und der hierfür erforderlichen Gefahrenanalysen entzerren.
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