Prozessverbesserungen in der Produktion
Trebing & Himstedt: Rapid Historian macht aus Big Data Produkt- und Prozessverbesserungen
In der Prozessindustrie entstehen sekündlich tausende von Messdaten über Verarbeitungsschritte, Produktqualitäten und Maschinenzustände. Diese werden mittels Zeitstempel sicher abgelegt. Aber wie können aus diesem Big Data wertvolle Informationen für Produkt- und Prozessverbesserungen gewonnen werden? Leistungsfähige Analysesoftware bietet heute intuitive Tools zur Aufbereitung und Auswertung der relevanten Daten.
Fast schon visionär wirkt rückblickend die Entscheidung aus dem Jahre 2003, als man sich bei Drewsen Spezialpapiere - seit über 475 Jahren Anbieter von Papierprodukten für ganz spezifischen Anwendungen wie Briefmarken, Papiere mit Sicherheitsmerkmalen und Wasserzeichen - damals für die Einführung eines Prozessdatenspeicher-Systems ausgesprochen hat.
Prozess zur Maschinenanalyse
Eigentlich ging es anfangs nur darum, Fehlerquellen an den Maschinen zu finden, um diese dann beheben zu können. Lagen technische Defekte vor oder haben Fehlbedienungen ein Problem verursacht? Entschieden hat man sich dann gemeinsam mit den Prozessoptimierungs-Experten von Trebing + Himstedt für das Rapid Historian System des Prozessdatenspeicher-Anbieters Automsoft. Das System hat seinen Ursprung in der Prozessdatenspeicherung in der Pharmaindustrie und verspricht somit hohe Prozesssicherheit und das fälschungssichere Ablegen von Daten.
„Damals hätte es sicherlich auch ein einfacheres System getan.", erinnert sich Detlef Kubisch, zuständig für die Automatisierungstechnik bei Drewsen. Kubisch war bereits bei der Einführung des Systems beteiligt und ist heute froh, dass man sich für ein System mit einem zukunftsorientierten Funktionsumfang entschieden hat. Denn mit der Einführung und den positiven Ergebnisse kamen immer weitere Wünsche und Anregungen nicht nur aus der Produktionsabteilung, sondern genauso aus den kaufmännischen Bereichen.
Nachdem nun also Maschinenfehler zuverlässig analysiert und behoben werden konnten, wurde die Software dann von den Werkern gerne dazu genutzt, um Produktionsaufträge der gleichen Zusammensetzung mit den historischen Daten zu vergleichen. Bestellt ein Kunde z.B. eine Papierqualität nach, kann zu Vergleichszwecken der vorherige Auftrag nochmal aufgerufen werden. Alle gespeicherten Daten werden drei Jahre vorgehalten.
Basis für kaufmännische Kennzahlen
Carsten Bette, Leiter IT & Prozessentwicklung, erinnert sich noch gut an den Wunsch der Geschäftsführung, auch die kaufmännischen Abteilungen an den gesammelten Daten partizipieren zu lassen: „Wir haben doch alle Daten!", hieß es. Das Ziel war, die bis dahin per Hand aufgeschriebenen Daten für das Controlling aus den Rapid-Daten zu generieren. Dafür wurden an die 70 Kenngrößen definiert, die für die Fertigungsabrechnung relevant sind. Über diese Daten wird dann ein Mittelwert gebildet und diese Mittelwerte dem Controlling zur Verfügung gestellt. Über die Zeitstempel können die Daten dann auch der jeweiligen Papierrolle exakt zugeordnet werden. Somit sind sehr genaue Auftrags-Nachkalkulationen aber auch Angebotskalkulationen auf einer verlässlichen Datenbasis möglich.
Auch im Rahmen von kontinuierlichen Verbesserungsmaßnahmen kommen die historischen Daten als Referenzwerte zum Einsatz. So muss man sich nach einer umgesetzten Optimierungsmaßnahme nicht auf das Bauchgefühl verlassen, sondern kann die Daten ganz objektiv im Vorher-Nachher- Vergleich analysieren und bewerten.
Energiemanagement und Optimierung
Besonders im Bereich Energiemanagement wurde richtig Geld eingespart. Da die Papierproduktion eine sehr energieintensive Branche ist, wurde sehr früh angefangen, auch hier entsprechende Daten zu erfassen, nicht zuletzt um die eigene Stromerzeugung über Kraft-Wärmekopplung der werkseigenen Gas-/Dampfturbine zu optimieren und die verbrauchte Dampfmenge pro Tonne Papier berechnen zu können. Für das 2013 eingeführte Energiemanagementsystem nach ISO 50001 waren diese Daten eine besonders hilfreiche Basis. Als die eigenen erzeugten 15 MW nicht mehr ausgereicht haben und Energie extern hinzugekauft werden musste, stützte man sich auf die Analyse der mittels Rapid gesammelten Daten und konnte dadurch Optimierungsmaßnahmen ableiten, die den Verbrauch innerhalb eines Jahres um 1 MW reduzierten.
Kontinuierliches Qualitätsmonitoring
Gemessen bzw. detektiert werden neben den Prozessdaten vor allem auch laufende Qualitätsdaten wie Flächengewicht, Dicke und Feuchte sowie Fehler des Papiers, um sie gegenüber den Kunden dokumentieren zu können.
Technisch wird konsequent versucht, das System auf einheitlichen Schnittstellen basieren zu lassen; daher sind ausnahmslos alle Datenlieferanten per OPC angebunden. „Dabei war es manchmal schon sehr aufwändig, für ältere Maschinen OPC Server zu bekommen, die die Daten liefern.", resümiert Detlef Kubisch, „doch bisher haben wir noch alle benötigten Maschinen und Endgeräte per OPC anbinden können."
Der Zugriff auf die Daten geschieht mittels HDA Client und ODBC-Schnittstellen. Power-User importieren die Daten auch direkt über ein Plugin in Excel, um Ihre Auswertungen automatisiert zu fahren.
Die Akzeptanz bei den Nutzern war von Anfang an sehr hoch, da direkt ein Nutzen für die eigene Arbeit gezogen werden konnte. Zu Beginn war sicherlich noch ein wenig Schulung notwendig, damit Anwender mit Ihren Abfragen direkt auf dem Rapid System nicht den Server in die Knie zwingen.
Aktuell werden bereits über 6.000 Datenpunkte gemessen und mit den weiteren Anforderungen wird die Zahl sicherlich noch steigen. Nicht nur, dass so gut wie alle Analysen auf dieser Datenbasis beruhen, so sorgt auch das monatliche Datenaufkommen von rund 30 GB dafür, dass das Rapid Historian mittlerweile bei Drewsen ein sehr „mächtiges Tool ist."
Bei einem anstehenden Systemupgrade wird untersucht werden müssen, wie weit eine Virtualisierung der Systemlandschaft vorangetrieben werden kann, um auch hier für die Zukunft gerüstet zu sein.
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