Drug Delivery Devices: Vereinfachung des Patientenalltags
07.01.2014 -
Medikamenten-Verabreichungssysteme, sogenannte Drug Delivery Devices, liegen derzeit stark im Trend. Ihre Optimierung wird maßgeblich von der pharmazeutischen Industrie, Ärzten und Patienten beeinflusst. Neue Devices werden zunehmend auf die Bedürfnisse der Patienten abgestimmt. Einfachere Handhabung, weniger Schmerzen, umfassende Dokumentation und leichtere Einhaltung von Einnahmeintervallen haben dabei oberste Priorität.
Eine exakte Definition von Drug Delivery Devices (DDD) zu finden, ist nahezu unmöglich. Grundsätzlich unterstützen DDDs die Beförderung aktiver Wirkstoffe zu der Stelle des Körpers, an der sie benötigt werden und stellen damit eine Applikationshilfe dar. Ob sie nun als Arzneimittel oder als Medizinprodukte definiert werden, hängt von ihrem Anwendungszweck ab. Ein Pulver-Inhalator wird beispielsweise als Arzneimittel gewertet, während ein mit Heparin präpierter Katheter als Medizinprodukt klassifiziert wird.
Parenterale Systeme: nahe an der Perfektion
Aufgrund erheblicher Verbesserungen der meisten DDDs in den letzten Jahren besteht bei manchen Anwendungen aktuell nur noch wenig Optimierungsbedarf. Die Markteinführung der Insulin-Pens 1985 brachte für Patienten eine enorme Verbesserung ihrer Lebensqualität mit sich. Die Pens werden mit Kartuschen beladen und gewöhnlich als Mehrfach-Applikationssysteme verwendet. Bestimmte funktionale Eigenschaften wie Füllstandanzeige und Haptik der Pens wurden bereits optimiert. Darüber hinaus können Pen-Systeme heute elektronische Komponenten wie eine Speicherfunktion aufweisen, die insbesondere bei Kindern Verwendung finden.
Künftige Verbesserungen werden vor allem eine einfachere und sicherere Handhabung betreffen, wie zum Beispiel optimierten Nadelschutz zur Vorbeugung von Verletzungen und unbeabsichtigter Applikation. Die Optimierung weiterer parenteraler Systeme setzt ebenfalls bei den Bedürfnissen des Patienten an und bezieht beispielsweise Ängste wie Nadelphobie mit ein. Autoinjektoren werden mit Fertigspritzen beladen und besitzen einen Nadelschutz, der die Nadel so lange wie möglich verdeckt hält. Dies ist für die Überwindung bestimmter, mit Eigeninjektion verbundener Ängste besonders hilfreich. Typische Anwendungsgebiete für Autoinjektoren sind Krankheiten wie Multiple Sklerose, Osteoporose, Hepatitis, Rheuma und Anämie.
Die aus Sicht der Industrie lukrativen Therapien erfordern eine einmalige Dosierung oder regelmäßige Applikationen in längeren zeitlichen Intervallen. Daher ist die intensive Weiterentwicklung von Autoinjektoren sowohl unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten als auch zur Verbesserung der Lebensqualität gerechtfertigt. Weitere Fortschritte betreffen vornehmlich die Produktionsbedingungen.
Aufgrund optimierter Werkstoffe und Designs verringern sich die Produktionskosten. Folglich sind die Devices heute nicht mehr zu teuer für eine Verwendung als Mehrwegartikel. Nach Ansicht einiger Experten werden nadelfreie Injektionen schon bald einen Durchbruch erzielen. Einer der Gründe für diese Einschätzung ist die Impfstoffkampagne der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Der Pharmamarkt bleibt jedoch vorerst zurückhaltend, da nadelfreie Injektionen ähnliche Schmerzen wie Einstiche verursachen sollen.
Transdermale Systeme: höhere Benutzerfreundlichkeit
Transdermale Systeme sind Pflaster, die aktive Wirkstoffe beispielsweise in Matrizen beinhalten und diese über die Hautschichten diffundieren. In jüngster Vergangenheit wurden hauptsächlich die Pflastergrößen sowie die Klebeeigenschaften der Pflaster für eine bessere Hautverträglichkeit optimiert. In der westlichen Welt kann ein genereller Trend hin zu der Verwendung von elektronischem Zubehör beobachtet werden, der auch die Anwendungen im pharmazeutischen Bereich beeinflusst.
Besonders interessant sind Neuentwicklungen, die eine Kombination von Pflastern und Pumpen darstellen: sogenannte „patch pumps". Ein Beispiel dafür ist die Pancreum BetaWedge Insulinpumpe. Das kleine Gerät mit einem Personal Diabetes Analyzer (PDA), der über eine Bluetooth- Schnittstelle verfügt, wird auf die Haut geklebt und gibt aus seinem Speicher den Insulinbedarf für drei Tage frei. Elektronisches Zubehör wie anschließbare MP3-Player und Speicherkarten ermöglichen eine einfache und komfortable Messung des Blutzuckerspiegels.
Mit „MyDose" entwickelt Roche gegenwärtig einen Einwegartikel für Infusionen. Dieser ermöglicht die subkutane Verabreichung neuer Medikamente, die monoklonale Antikörper wie Herceptin oder MabThera beinhalten. Die subkutane Applikation basiert auf dem individuellen Körpergewicht oder der Körperoberfläche des Patienten. Die Hauptkomponente dieser Entwicklung ist der „Vartridge", ein hybrider Behälter, der die Eigenschaften von Glasvials und Kartuschen kombiniert und über die Elektronik in der Pumpe gesteuert wird. Im Gegensatz zu einer intravenösen Verabreichung müssen Patienten sich nicht mehr stationär behandeln lassen und können ihren Alltag unabhängiger gestalten.
Pulmonale Systeme: Fokus auf Asthma und COPD
Inhalierbares Insulin machte zuerst einen vielversprechenden Eindruck. Die Größe des Inhalators, hohe Therapiekosten und ein erheblich höherer Insulinbedarf entkräfteten diesen jedoch. Der Markt für pulmonale Systeme hat sich seither in den industrialisierten Ländern deutlich verlangsamt, während in den Entwicklungsländern weiteres Wachstum zu verzeichnen ist. Dennoch wird die Entwicklung dieser Systeme, vor allem im Hinblick auf Asthma und COPD (chronisch obstruktive pulmonale Krankheit) fortgesetzt. Es gibt drei verschiedene Sorten pulmonaler Systeme.
Dosierinhalatoren (Metered Dose Inhaler - MDI) gehören zu den am häufigsten angewendeten Technologien auf niedrigem Kostenniveau, insbesondere bei der Notfallanwendung. Dosieraerosole führen der Lunge die erforderliche Menge Medizin zu. Allerdings werden neue Produkte aus ökologischen und Compliance-Gründen selten in Form von MDIs entwickelt. Ein weiterer Grund hierfür sind Koordinationsprobleme der Patienten zwischen Atmung und Betätigung. Sofern keine oralen Darreichungsformen zur Verfügung stehen, stellen die kleineren und benutzerfreundlichen Pulverinhalatoren (Dry Powder Inhaler - DPI) die Technik der Zukunft dar.
Die Medizin wird in Form von trockenem Pulver, das die Patienten ohne Zusatz von Lösungsmitteln inhalieren, zur Lunge befördert. Die dritte Kategorie pulmonaler Systeme ist der Nebulisator, der die Inhalationsflüssigkeit in Form von feinen Tröpfchen verabreicht. Der Patient atmet einen Nebel ein, der anhand verschiedener Techniken wie Ultraschall, Piezokristalle oder vibrierender Membrantechnologie erzeugt wird.
DDD - Schlüssel zum Erfolg eines neuen Medikaments
Viele etablierte DDDs und insbesondere Anwendungen für Kinder wurden in den letzten Jahren erheblich optimiert. Vom heutigen Standpunkt aus betrachtet stoßen einige Devices bereits an ihre Verbesserungsgrenzen, während andere noch deutliches Optimierungspotenzial aufweisen. Grundsätzlich werden die Verabreichungssysteme immer kleiner, ihre Handhabung wird dabei sicherer, einfacher und anwenderfreundlicher. Gleichzeitig sinken die Entwicklungskosten für jene Devices, die kaum weiterer Verbesserung bedürfen. In vielen Bereichen wird der Markt ohne DDDs nicht auskommen.
Die Kompatibilität eines Pens, Autoinjektors oder einer Pumpe mit einem neuen Medikament ist vor allem in den Industrieländern eine wichtige Voraussetzung für dessen Markterfolg. Die sogenannten „pharmerging markets" verlangen nach günstigeren Basistechnologien. Sobald die durchschnittlichen Stückkosten zurückgehen, können die optimierten Devices auch in diesen Märkten in großer Anzahl erfolgreich eingeführt werden. Die rasante Entwicklung hin zu mehr Benutzerfreundlichkeit und Patientenorientierung wird sich auch künftig fortsetzen.
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Dr. Jérôme Freissmuth
Bosch Packaging Technology,
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