Anlagenbau & Prozesstechnik

Zauberwort White Biotech Investitionen in neue Trends

18.05.2013 -

Zauberwort White Biotech Investitionen in neue Trends – Für junge Wachstumsunternehmen ist Venture Capital nach wie vor eine der wenigen Finanzierungsmöglichkeiten.

Doch der Risikokapitalmarkt unterliegt starken Schwankungen. Viele Investoren vertrauen auf aktuelle Trends und Moden. Cleantech war zuletzt eines der Zauberwörter, um Risikokapitalgeber zu begeistern.

White Biotech hat das Potential für eine ähnliche Karriere. Doch was ist tatsächlich dran am neuen Aufsehen um die weiße Biotechnologie?

Seitdem wir das erste Closing unseres dritten Venture Capital- Fonds zur Finanzierung wachstumsstarker Unternehmen aus dem Bereich Life- Sciences und Healthcare bekannt gegeben haben, erreichen uns viele Anfragen interessierter Gründer.

Als Venture Capital- Gesellschaft prüfen wir mögliche Beteiligungen allerdings sehr genau. Schließlich müssen wir unsere Investitionsentscheidungen vor unseren eigenen Investoren rechtfertigen, die eine dem Risiko angemessene Rendite auf ihr eingesetztes Kapital erwarten.

 


Aufschwung der weißen Biotechnologie

Gerade bei jungen Unternehmen, die nur wenige belastbare Zahlen vorweisen können, spielen während der Investitionsentscheidung die Abschätzung zukünftiger Erfolge anhand langfristiger Trends und Marktentwicklungen sowie Branchenzugehörigkeiten eine entscheidende Rolle.

Noch vor wenigen Jahren befand sich dabei, verglichen mit der roten Biotechnologie, die weiße Biotechnologie kaum im Blickfeld und war deshalb für die meisten Investoren praktisch nicht existent. Das beginnt sich nun zu ändern.

Die Fraunhofer-Gesellschaft definiert weiße Biotechnologie als „die industrielle Produktion von organischen Grund- und Feinchemikalien sowie Wirkstoffen mithilfe optimierter Enzyme, Zellen oder Mikroorganismen".

Während die rote Biotechnologie also auf den Einsatz biologischer Mechanismen in der Medizin und die grüne Biotechnologie auf die Landwirtschaft abzielen, steht der Begriff der weißen Biotechnologie für den Einsatz biologischer Mechanismen in der gesamten Breite der Industrieproduktion.

Zwar spielten biologische Prozesse in der Industrie von Anfang an eine zentrale Rolle, doch das große Potential der weißen Biotechnologie als Innovationstechnologie wurde erst vor ungefähr zehn Jahren sichtbar.

Früher kannte man die biologischen Mechanismen, die sich industriell verwerten lassen, aus der Überlieferung oder man entdeckte sie zufällig.

Mit der Gentechnik und der Entwicklung moderner Laborausrüstung und Softwaretools wurde es dann möglich, gezielt und maßgeschneidert z. B. Enzyme innerhalb relativ kurzer Zeit herzustellen und so etwa klassische Syntheseprozesse zu ersetzen oder zu verbessern.

 


Startschwierigkeiten

Damit wird die weiße Biotechnologie für Risikokapitalinvestoren zunehmend interessant. Im Vergleich zu anderen Bereichen gibt es für Investoren allerdings noch erhebliche Unwägbarkeiten. In der Pharmazie sind die Rahmenbedingungen relativ klar.

Zahlreiche medizinische Probleme sind aber bisher noch ungelöst. Viele Krankheiten sind nicht oder nur schwer heilbar. Gelingt es ein wirksames Medikament oder eine geeignete Therapie ohne gravierende Nebenwirkungen zu entwickeln, ist der Markterfolg garantiert.

Auch die Größe des Marktes für ein neues Medikament lässt sich aufgrund der Schwere und Häufigkeit einer Krankheit relativ leicht bestimmen. Nach einer Marktzulassung kann man hier langjährige Lizenzerlöse erwarten. Im Bereich der weißen Biotechnologie ist die Lage unübersichtlicher.

Die Bedürfnisse potentieller Kunden liegen nicht so auf der Hand, insbesondere sind deren Produktionsprozesse für Außenstehende nicht sehr transparent. Oft gibt es Einsatzmöglichkeiten nur bei neuen Produkten, für die neue Produktionsprozesse etabliert werden müssen.

Der Markterfolg dieser Produkte ist aber keineswegs garantiert und kann schon an internen strategischen Entscheidungen des Kunden oder Zulassungsproblemen scheitern.

Zudem sind auch die großen Chemieunternehmen wie beispielsweise Bayer, Degussa und BASF in diesen Feldern unterwegs und potentiell zugleich sowohl Kunde als auch Wettbewerb.

 


Attraktive Lücken

Dafür ist die Entwicklungszeit meist recht überschaubar und der Investitionsbedarf verglichen mit der Entwicklung eines Medikamentes gering. Für innovative junge Unternehmen bieten sich deshalb immer mehr attraktive Lücken.

Allerdings bedarf es dafür auch eines anderen Ansatzes: Während in der roten Biotechnologie der klinische Entwicklungsprozess die dominierende Herausforderung darstellt, sind für Unternehmen der weißen Biotechnologie Business Development und Vertrieb ausschlaggebend.

Denn hier sind der rasche Markteintritt und die Generierung von Umsätzen erfolgskritisch. Nur so kann man seine Nische besetzen, Relevanz für Kunden gewinnen und auf dieser Basis weiter wachsen.

Damit zeigt man dann auch das Potential eines Unternehmens und wird für Venture Capital-Investoren interessant.

 


Auswahlkriterien

Grundsätzlich müssen aber noch weitere Kriterien erfüllt sein, damit sich ein Venture Capital-Investor an einem Unternehmen aus dem Bereich der weißen Biotechnologie beteiligt.

Wir von SHS, der Gesellschaft für Beteiligungsmanagement, prüfen beispielsweise, ob die neu entwickelte Technologie bzw. die darauf basierenden Produkte einen ausreichend großen Markt abdecken oder nur Mikromärkte in einer Anwendung adressieren.

Die Größe der Zielmärkte sollte insgesamt bei mindestens 500 Mio. E liegen. Des Weiteren müssen die Technologien oder die darauf basierenden Produkte auch einen echten Mehrwert bieten, beispielsweise indem sie toxische Stoffe wie Lösungsmittel oder tierische Stoffe ersetzen und gleichzeitig noch Kosten sparen.

Neue Technologien oder Produkte, die nur ein bisschen besser als existierende Lösungen sind, haben kaum eine Chance, sich durchzusetzen. Außerdem ist die Qualität des Managements ein wesentliches Entscheidungskriterium für jeden Venture Capital-Geber.

Dabei kommt es, im Gegensatz zu pharmazeutischen Unternehmen, stärker auf klassische funktionale Management- Kompetenz an. Denn während ein junges, Wirkstoff entwickelndes Biotech-Unternehmen oft mehr Projektcharakter hat, bei dem sich alles auf den klinischen Entwicklungsprozess konzentriert, geht es in der weißen Biotechnologie mehr um klassische Unternehmens- oder Managementaufgaben.

Der Markteintritt ist zu schaffen, Umsatzwachstum zu generieren und die Unternehmensentwicklung auch bei starkem Wachstum zu stabilisieren.

 


Risiken und Zukunftsaussichten

Schließlich muss, damit ein Unternehmen für Venture Capital- Geber interessant ist, auch eine klare Exitperspektive für die Investoren vorhanden sein. Denn die Beteiligungsdauer der Venture Capital-Geber ist in der Regel auf vier bis sieben Jahre begrenzt.

In dieser Zeit muss das Unternehmen auf dem Markt erfolgreich sein, damit der Investor seinen Anteil mit Gewinn weiterverkaufen kann. Für den Unternehmensgründer, der die Expansion seines Unternehmens mit Hilfe von Risikokapital finanzieren will, hat das wesentliche Konsequenzen.

Je nachdem, in welcher Form der Venture Capital-Fonds aussteigt, muss der Gründer auch selbst die Kontrolle über sein Unternehmen aufgeben. Üblich ist der Ausstieg entweder über einen Börsengang oder über den Verkauf an einen strategischen Investor.

Beim Börsengang kann der Gründer in der Regel an verantwortlicher Stelle im Unternehmen bleiben. Er muss lediglich geeignete Instrumente installieren, um den Börsenregularien gerecht zu werden.

Beim so genannten Trade Sale an einen strategischen Investor, z. B. einen größeren Konzern aus derselben Branche, kommt der Gründer zwar schnell an sein Geld, geht aber meist das Risiko ein, persönlichen Einfluss auf das Unternehmen zu verlieren.

Auf diese Eventualitäten sollte sich jeder Unternehmer einstellen, der sein Wachstum mit Venture Capital finanzieren will.

Ist er nicht bereit, nach einigen Jahren mit zu verkaufen, sollte er ein anderes Modell wählen. Dann muss er allerdings in der Regel auf starkes Wachstum und damit auch auf Wertentwicklung verzichten. Denn eine Bank-Finanzierung ist für ein junges Unternehmen kaum zu bekommen.

Doch selbst wenn eine solche möglich wäre, würde die unternehmerische Unterstützung, die eine Venture Capital-Gesellschaft im Gegensatz zu einer Bank leisten kann, fehlen.

Deren Bedeutung allerdings sollte man nicht unterschätzen, denn der Aufbau eines Unternehmens gleicht meist eher einer Achterbahnfahrt als einem geradlinigen kontinuierlichen Prozess. Neben technischen Herausforderungen entstehen oft ungeahnte Probleme gesetzlicher oder finanzieller Art.

Dazu kommt die Herausforderung das Kernteam zusammenzuhalten und geeignete Strukturen und Prozesse für ein größer werdendes Unternehmen zu etablieren.

Bei allen diesen Herausforderungen kann ein erfahrener Venture Capital- Investor ein hilfreicher Sparringspartner sein. Schließlich ist es dessen tägliche Aufgabe, möglichst vielen guten Unternehmen zum Wachstum zu verhelfen. Im Bereich der weißen Biotechnologie, das ist heute bereits absehbar, könnte es bald eine Reihe solcher stark wachsenden Unternehmen geben.

 


Kontakt:
Dr. Bernhard Schirmers

SHS Gesellschaft für Beteiligungsmanagement,
Tübingen
Tel.: 07071/9169-0
Fax: 07071/9169-190
tuebingen@shsvc.net