Chemie & Life Sciences

Heraeus-Katalysator verbessert Weltraumtechnik

Katalysator erzeugt Energie für Kurskorrekturen bei Weltraumfahrzeugen

24.01.2013 -

Sich jemandem nähern, der sich mit 28.000 km/h fortbewegt - eine nicht ganz einfache Aufgabe. Diese im Weltraum gängige Geschwindigkeit erreichen auch unbemannte Raumtransporter, die u. a. die Versorgung der internationalen Raumstation ISS ermöglichen. Diese sog. ATVs ((Automated Transport Vehicle) sind mit Thruster-Cluster-Modulen ausgerüstet, in denen Steuerdüsen mit Katalysatoren von Heraeus sitzen.

Auf der Erde lässt sich eine Kurskorrektur beim Fahren leicht erreichen: Man dreht das Lenkrad (oder ähnliches) einfach nach links oder rechts. Diese relativ einfache Aufgabe ist dem Effekt der Reibung geschuldet. Denn der Kraftverlauf ist folgender: Lenkrad - Reifen - Straßenoberfläche. Zwischen Gummimischung und Asphalt sorgt die Reibung dafür, dass sich das Fahrzeug auch so bewegt, wie man möchte.

Dass das „nur" die Reibung ist, zeigt sich recht einfach, wenn man denselben Vorgang auf Glatteis versucht. Und so ähnlich verhält es sich im Grunde auch im Weltraum. Hier gibt es keine Reibung, keinen Straßenbelag und keine Luft (die auch für Reibung sorgt). Im Vakuum ist somit eine Richtungsänderung nicht ohne weiteres möglich. Aber trotzdem müssen Satelliten und ähnliche Raumfahrzeuge bei Manövern ihre Richtung ändern oder die eigene Umlaufbahn erhöhen. Diese Aufgaben übernehmen im Weltraum Steuerungsdüsen, die nicht mit konventionellen Antrieben zu verwechseln sind.

Richtung auf andere Weise ändern

Auf der Erde ist bei einem Fahrzeug der Antrieb für Vorwärtsbewegung und Richtungsänderung mittels eines Verbrennungsmotors eine gute Wahl. Heutige (KFZ-)Motoren sind ausgereifte Systeme mit einer Besonderheit, die diese Motoren für den Einsatz im Weltraum unmöglich machen: Sie brauchen für die Verbrennung Sauerstoff.

Dieser ist im All bekanntermaßen nicht vorhanden, und so haben sich die Spezialisten eine passende Alternative für die Raumfahrzeuge der Europäischen Weltraumbehörde ESA einfallen lassen. An den Raumfahrzeugen (ATV) befinden sich sog. Thruster-Cluster-Module - und die darin befindlichen Steuerdüsen treibt ein raffiniertes System an, für die Heraeus die passenden Space-Katalysatoren liefert.

Katalysator sorgt für Bewegung

Nach dem Aus des Shuttle-Programms der NASA, haben sich die ATV-Fahrzeuge der EADS-Tochter Astrium zu einem der wenigen Versorgungssysteme für die internationale Raumstation ISS entwickelt. Eine weitere Versorgungsmöglichkeit sind die H-IIB Raketen der japanischen Raumfahrtagentur JAXA (Japan Aerospace Exploration Agency).

An dem automatischen Transportfahrzeug (ATV) von Astrium sorgen wie erwähnt Steuerdüsen mit Thruster-Cluster-Modulen für die notwendigen Richtungsänderungen. Die Aufgaben dieser Module, bzw. des SCA-Systems sind einerseits die Höhenkontrolle in drei Achsen (wenn das Haupttriebwerk nicht mehr läuft) und andererseits sicherzustellen, dass die richtige Höhe während der Lage-Feinjustierung sowie während der Abkoppel-/Auslösephase eingehalten wird.

Die Steuerdüsen funktionieren anders als Feststoffbooster, die als Antriebsrakete fungieren. In den Düsen produziert eine chemische Reaktion die notwendige Steuerungsenergie. Grundlage hierfür ist Hydrazin, das auf einen Katalysator von Heraeus gelangt und der daraufhin eine chemische Reaktion auslöst. Die entstandene Energie wiederum sorgt dafür, dass eine Richtungsumkehr stattfinden kann.

Ein Stoff - mehrere Richtungen

Um die schnelle Reaktionszeit zu ermöglichen, verwendet man Hydrazin Thruster. Sie sind relativ kostengünstig, da sie sich mit nur einer Treibstoff-Komponente (Hydrazin) betreiben lassen, d. h., es sind sog. Ein-Stoff-Triebwerke.

In den Treibstofftanks herrscht ein Druck von 26 bar. Der Treibstoff wird den Düsen automatisch durch das expandierende Fördergas (Nitrogen) zugeführt, sobald ein Steuerbefehl eines der Düsen des SCA-Systems startet. Das Fördergas spart ein zusätzliches, fehleranfälliges Einspritzsystem.
Die Heraeus Katalysatoren setzen eine chemische Reaktion/Zersetzung in Gang und es entsteht ein maximal 1.000°C heißes Gas, das in die Schubdüse gelangt. Diese wiederum setzen die Steuer- und Korrekturbefehle in eine Richtungsänderung um.
Durch die geringere Temperatur im System (im Vergleich: Verbrennungsmotoren haben über 3.000°C) braucht man kein aufwändiges Kühlsystem, das neben der technischen Anfälligkeit zusätzlich für mehr Gewicht und höhere Kosten sorgen würde.

Somit sorgen letztendlich die Chemie und die Katalysatoren von Heraeus dafür, dass sich Weltraumfahrzeuge auch mit 28.000 km/h gefahrlos annähern können und notwendige Richtungsänderungen reibungslos funktionieren.

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Das ATV (Automated Transfer Vehicle) ...
... versorgt die Internationale Raumstation ISS mit Nachschub (Treibstoff, Nahrung, Wasser und andere Verbrauchsgüter). Es ist immer mehrere Monate an die ISS angekoppelt und verglüht nach dem Abkoppeln kontrolliert in der oberen Atmosphäre der Erde.
Die bisherigen drei ATVs hatten Namen berühmter Zeitgenossen, die sich, jeder auf seine Weise, entweder mit der Physik und Astronomie oder der Mathematik befassten. Das erste hieß „Jules Verne" (Start März 2008), das zweite „Johannes Kepler" (Start Februar 2011) und das dritte ATV hieß „Edoardo Amaldi" (Start März 2012, verglühte im Oktober 2012). Das vierte ATV wird „Albert Einstein" heißen und voraussichtlich Anfang 2013 starten.

 

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