BASF: Automationsverbund Analytik vernetzt 1000 Messstellen
03.12.2012 -
BASF: Automationsverbund Analytik vernetzt 1000 Messstellen
Eines der weltweit größten Kompetenzzentren für Analytik betreibt die BASF Aktiengesellschaft in Ludwigshafen. Ein Großteil der über 1000 computergestützten Messgeräte wurden nun mit Hilfe einer Lösung der BASF IT Services miteinander vernetzt.
Einen Papierstapel von über einer Million DIN A4-Seiten ergeben die Analyseberichte und andere Dokumente, welche die etwa 350 Mitarbeiter am Kompetenzzentrum für Analytik der BASF AG in Ludwigshafen jedes Jahr erstellen. Um diese gewaltige Menge zu archivieren, war bisher ein erheblicher manueller Aufwand erforderlich.
„Deshalb sollten die Abläufe weitgehend automatisiert werden, um möglichst papierlos zu arbeiten und insgesamt effizienter zu werden“, erinnert sich Dr. Heinz Speck. Der Teamleiter Analytic Services and Lab Solutions bei der BASF IT Services in Ludwigshafen leitete das Projekt „Automationsverbund Analytik“. Um diese Aufgabe erfolgreich zu bewältigen, waren eine ganze Reihe von Vorarbeiten zu leisten.
Denn das Kompetenzzentrum für Analytik der BASF ist eine der weltweit größten Einrichtungen seiner Art. Mit ca. 1.000 computergestützten Messgeräten werden hier Laborproben aller Art untersucht. Die Mitarbeiter liefern dadurch wichtige Informationen für Forschung, Entwicklung und Produktion. Außerdem prüfen sie Produkte, geben sie – beispielsweise für den Einsatz im Pharma- oder Lebensmittelbereich – frei und tragen so zur Qualitätssicherung bei. Das Problem dabei: Die eingesetzten Messgeräte arbeiten heute zwar zum Großteil bereits computergestützt. Doch die standardmäßig in diesen Systemen zur Steuerung eingesetzte Elektronik, einschließlich der für die Messvorgänge notwendigen Spezialsoftware, variiert sehr stark. Darum kam es immer wieder zu Medienbrüchen und der manuelle Aufwand war erheblich.
Messgeräte vernetzen
Die BASF IT Services hat deshalb in Zusammenarbeit mit dem Kompetenzzentrum Analytik eine spezielle IT-Lösung entwickelt, mit deren Hilfe die individuell EDV-gestützten Systeme zu einem papierlosen Automationsverbund vernetzt und die Arbeitsschritte standardisiert werden können. „Das Ganze ist natürlich ein länger andauernder Prozess. Man wird nie auf einen Schlag von heute auf morgen papierlos arbeiten“, sagt der Projektleiter. Aber der Anfang ist mittlerweile gemacht – mit einer neu entwickelten Lösung, die auf dem BASF-eigenen Labor-Informations-Management- System (LIMS) aufsetzt. Dieses System ist bereits seit längerer Zeit im Einsatz und bildet das Herzstück des Konzepts. Hier werden sämtliche Analysenaufträge verwaltet – von der Auftragserfassung der Proben bis zur automatischen Berichterstattung am Ende.
Um das LIMS herum gruppiert sich eine Reihe von weiteren Systemen. Dazu zählen zum Beispiel „Analytik Online“, ein webbasiertes System, über das Kunden Analysenaufträge erteilen, deren Status verfolgen und die Ergebnisse abrufen können. Als weiteres wichtiges Element der Gesamtlösung stellen die standardisierten, methodenspezifischen Automationssysteme für Spektroskopie, Chromatographie, Elementanalytik und Titration die Verbindung zwischen dem LIMS und den einzelnen Messgeräten her. Sie koordinieren den Datenaustausch, erfassen Messdaten und unterstützen die Auswertung.
So wertet ein Chromatographie- Datensystem die Messergebnisse der rund 300 Chromatographen aus, die im Chromatographie-Labor der BASF rund um die Uhr automatisch mit Proben beschickt werden. Die Auswertungen gehen dann online ins LIMS und von dort weiter zu anderen Systemen wie zum Beispiel dem Qualitätszertifikatssystem, das den BASF-Kunden ein Analysezertifikat zur Verfügung stellt. „Das Ganze muss manchmal sehr schnell gehen“, sagt Speck. Denn oft können die LKWs mit den bestellten Produkten erst dann zum Kunden starten, wenn diese geprüft worden sind und ein entsprechendes Zertifikat vorliegt.
Das LIMS, die Labor-Datensysteme und die Messgeräte sind nun über eine mehrstufige Architektur von der Geräte-, über die Labor- und Abteilungs- bis hin zur Unternehmensebene miteinander verbunden. Der gesamte Automationsverbund ist validiert und erfüllt die Anforderungen von GLP (Good Laboratory Practice), GMP (Good Manufacturing Practice) sowie der Qualitätsmanagement- Normen ISO 17025 und ISO 9001.
Standardisierte Arbeitsschritte
Mit dem Verbund der Analyse- und Messgeräte können die Daten heute über einheitliche Schnittstellen erfasst sowie direkt ausgewertet und bewertet werden. „So werden sie effizient genutzt, archiviert und ohne Aufwand an die richtige Stelle im Unternehmen weitergeleitet“, erläutert Speck. Die BASF-Forscher und die Auftraggeber in den Produktionsbetrieben erhalten die für sie relevanten Analyseergebnisse nun schnell und direkt auf elektronischem Weg, Produktinformationen werden automatisch in der Standardsoftware SAP/QM (Quality Management) bereitgestellt und Kunden können Analysenzertifikate über WorldAccount – die E-Commerce- Plattform des Unternehmens – abrufen. Dadurch spart die BASF einen großen Teil des riesigen Papierstapels ein, der bisher jedes Jahr angefallen ist.
„Dank der elektronischen Verarbeitung der Analyseergebnisse müssen wir die zahllosen Einzelinformationen heute nicht mehr mühsam zusammenführen und auch die Zahl der möglichen Fehlerquellen hat sich deutlich verringert“, sagt Prof. Dr. Klaus-Peter Jäckel, Leiter des Kompetenzzentrums Analytik bei der BASF. Außerdem sei man nun in der Lage, den Kunden die Analyseergebnisse wesentlich schneller und kostengünstiger zu liefern.
Ebenso können nun elektronische Unterschriften zur Akzeptanz und Freigabe der Daten die früheren manuellen Unterschriften auf Papier ersetzen. Das Ausdrucken, Sortieren, handschriftliche Unterschreiben, Sammeln und Einscannen der Papierunterlagen entfällt. Dabei hat die BASF IT Services sichergestellt, dass die bei der Online-Erfassung an den Messgeräten gewonnenen Daten der amerikanischen Verordnung § 21 CFR Part 11 und damit dem international anerkannten Standard zur Zuverlässigkeit elektronischer Daten entsprechen. Eine „ausgezeichnete“ Lösung Ergänzt wird der Automationsverbund durch ein Dokumentenmanagement- und Archivierungssystem auf Basis der Software Documentum, in dem die Rohdaten und Aufzeichnungen verwaltet und entsprechend der jeweiligen Anforderungen archiviert werden. So werden beispielsweise Aufzeichnungen zur Analytik von Produkten aus dem Pharmabereich im Rahmen der Good Manufacturing Practice (GMP) mindestens zehn Jahre aufbewahrt.
Das Dokumentenmanagementsystem übernimmt zudem die Verwaltung und Lenkung aller Anweisungen, die im Automationsverbund benötigt werden. Anweisungen sind unter anderem Analysevorschriften, Arbeitsanweisungen und Ausführungsvorschriften, die qualitätssichernde Maßnahmen beschreiben. „Mit ihrem hohen Grad an Integration ist unsere Lösung im Moment wohl einzigartig auf ihrem Gebiet“, so Speck.
Nicht von ungefähr wurde der BASF IT Services deshalb für die Entwicklung des „Automationsverbundes Analytik“ im vergangenen Jahr einer von weltweit insgesamt zwölf „IChemE Awards 2006“ verliehen. Über diese Auszeichnung von der „Institution of Chemical Engineers“ (IChemE), dem britischen Verband der Chemie- und Prozessingenieure, hat sich Wolfgang Erny, Geschäftsführer der BASF IT Services, sehr gefreut: „Prozesse effizienter zu gestalten, dabei neue Wege zu gehen und ausgefallene Ideen zu verfolgen, kurz gesagt innovative IT-Lösungen zu entwickeln, das ist unser Geschäft.“
Und das gilt nicht nur für den Mutterkonzern. „Die in Ludwigshafen realisierte IT-Lösung kann auch auf jedes andere analytische Auftragslabor aufgesetzt werden“, unterstreicht Dr. Heinz Speck. Allerdings – darauf legt der Projektleiter Wert – handelt es sich bei dem papierlosen Automationsverbund nicht um ein Produkt von der Stange. Eher um verschiedene Module, die je nach konkreter Situation zu einer maßgeschneiderten Lösung zusammengesetzt werden. „Und dabei können wir natürlich unsere Erfahrungen aus dem Projekt bei der BASF mit einbringen“, sagt Speck. An der Automatisierung der Abläufe – so seine These – führt auch in der Analytik künftig kein Weg vorbei, wenn man hoch qualifizierte Mitarbeiter nicht einen Großteil der Zeit mit Routinearbeiten beschäftigen will.