Kostenreduktion: Die Zukunft der deutschen Chemie- und Industrieparks?
13.11.2012 -
Kostenreduktion: Die Zukunft der deutschen Chemie- und Industrieparks?
Sind alle Kosten minimiert, und die Umsatzpotentiale im eigenen Industrie- oder Chemiepark ausgereizt, so muss die Betreibergesellschaft neue Wege finden, ihren Unternehmenserfolg auszubauen. Was aber passiert, wenn sie versucht, den Markt außerhalb ihres eigenen Territoriums zu erobern?
Wenn die Betreibergesellschaft einer geschlossenen, industriell bewirtschafteten Fläche etwas für den Unternehmenserfolg tun möchte, hat sie dazu verschiedene Möglichkeiten. Definiert man nun den Unternehmenserfolg unter rein wirtschaftlichen Aspekten und nennt ihn EBIT, ROCE oder ROI, reduzieren sich die Stellschrauben auf zwei wesentliche, übergeordnete Größen: den Umsatz und die Kosten. Das Potential der Kostenreduzierung haben die meisten Unternehmen im Rahmen von Kostenstrukturprojekten bereits genutzt. Und außerdem dürfen Motivation der Mitarbeiter und damit letztlich die Qualität des Outputs nicht allzu sehr darunter leiden. Denn das Kapital der Erbringung von Dienstleistungen steckt doch im Wesentlichen in der Kraft der eingesetzten Personen. Sind also die Kosten auf ein vermeintliches Minimum getrimmt, bleibt nur noch die Größe Umsatz, um das Ergebnis zu verbessern.
Jahrzehnte lang waren die Versorger der komplexen Strukturen gefangen in den Mauern der Chemie- und Industrieparks dieses Landes. Gefangen und zugleich geschützt. Doch so wie die Mauern aus alten Tagen zwar Schutz von außen boten und niemand Unerwünschtes hinein ließen, konnten sie dennoch nicht davor schützen, dass der Umsatz innerhalb dieser Barrieren meist stetig abnahm. Kurioserweise war der Grund dafür oft die wachsende Produktivität der ansässigen Firmen. Denn mit wachsender Produktivität, den zu Grunde liegenden verbesserten Produktionsabläufen und der daraus resultierenden steigenden Effizienz, schrumpfte die Zahl der zu betreuenden Mitarbeiter oder sank zum Beispiel das Volumen der zu reinigenden Abwässer oder der zu entsorgenden Schlämme. Mit nun sinkenden Erträgen im gewohnten Territorium und wachsender Unabhängigkeit der Betreibergesellschaften, wächst neben der Notwendigkeit, die eigene Infrastruktur besser auszulasten auch die Notwendigkeit, außerhalb der Chemieparkmauern etwas zu bewegen.
Wo ist die Konkurrenz?
Was passiert also, wenn ein paar Dutzend Standortdienstleister aufhören, sich ausschließlich auf den eigenen Industriepark zu konzentrieren und den Markt außerhalb der eigenen Mauern erobern wollen? Getrieben von der erlernten Kernkompetenz eines solchen Unternehmens könnte man nun darauf schließen, dass die Betreibergesellschaft eines Chemieparks, die darauf aus ist ihr Geschäft zu erweitern, in erster Linie Geschäft in einem anderen Chemiepark akquirieren müsste. Der Kuchen, um den die Betreiber kämpfen müssten, wären also die Chemie- und Industrieparks in Deutschland. Und die heute dort ansässigen Betreiberfirmen stünden in hartem Wettbewerb zueinander. Dies ist nahe liegend und vielleicht auch als Meinung in den Köpfen vieler verankert. Schließlich hat man den vermeintlichen Konkurrenten beim Vertrieb seiner Dienstleistungen schon einmal im eigenen Territorium angetroffen. Vor allem bei den Kunden, die in mehreren Chemieparks ansässig sind. Doch es gibt viele Indikatoren, die eigentlich gegen eine solche Konkurrenz sprechen.
Bricht man den klassischen Chemie- bzw. Industrieparkbetreiber auf seine Leistungen und Geschäftsfelder herunter und betrachtet also sein Produktportfolio, ergibt sich ein ganz anderes Bild. Es gibt eine Vielzahl an einzelnen Leistungen, die zwar im Idealfall in ein einzelnes Produkt münden: die Generalunternehmerschaft des Betreibens einer komplexen Infrastruktur. Doch dies ist der Idealfall. Wie häufig kommt es vor, dass wirklich das gesamte Leistungsspektrum im Sinne dieser Generalunternehmerschaft angefragt wird? Dies wäre der Fall, wenn ganze Industrieparks ausgeschrieben würden oder eine Betreibergesellschaft massiv in den Erwerb eines anderen Parks investieren würde. Meist lassen aber die komplizierten Eigentümerstrukturen, die Kommanditisten oder Gesellschafter, die oft nur ihr eigenes Interesse verfolgen, gar keine Investitionen in dieser Höhe zu. Außerdem wäre es in den meisten Fällen undenkbar, dass ein doch meist von einem Unternehmen dominierter Chemiepark, sich vom Tochterunternehmen eines – auf Zwischen- und Endprodukte bezogenen – Wettbewerbers rundum betreuen lassen würde. Und die Einzelleistungen, die vielleicht heute schon in fremden Chemieparks vertrieben werden, machen doch nur einen sehr geringen Anteil am Umsatz aus. Sicherlich ein Anteil auf dem es sich nicht wirklich lohnt, ein strategisches Wachstum aufzubauen. Es bleibt also der Markt außerhalb der oben beschriebenen Chemieparkmauern.
Und betrachtet man weiterhin die Zerlegung des Leistungsspektrums, trifft man je nach Größe und Struktur der Betreibergesellschaft auf Bereiche wie zum Beispiel technische Dienstleistungen, die Verund Entsorgung, die Werksicherheit und Werkfeuerwehr, den Gesundheitsschutz, die Umweltüberwachung, die Analytik, die Fort- und Weiterbildung, die Logistik, die Informationstechnik und nicht zuletzt das Facility Management. Und in Hinblick auf den Markt außerhalb der Chemieparkmauern stellt man ganz schnell fest, dass die meisten dieser Bereiche bereits heute schon ihre ganz persönlichen Wettbewerber haben: spezialisierte Unternehmen, die den Betreibergesellschafen etwas voraus haben; sie haben schon Jahre Zeit gehabt, ihre Erfahrungen auf dem Markt zusammeln und diesen Markt zu besetzen. Und diese Wettbewerber sind nicht nur die ersten, denen man begegnet, wenn man sich um Geschäft außerhalb der Chemieparkgrenzen bemüht. Zunehmens haben auch sie ihr Geschäft innerhalb der Chemieparks gewittert.
Fazit
Es gibt also zwei große Herausforderungen für die Zukunft der Chemie- und Industrieparkbetreiber. Zum einen die wachsende Notwendigkeit, Geschäft auch außerhalb der Chemieparks zu generieren. Und zum anderen die Gefahr, bestehendes Geschäft gegen Eindringlinge von außen zu verteidigen oder gar zurück zu erobern. Somit ist es für jeden Betreiber unumgänglich, sich marktorientiert und wettbewerbsfähig auf Kunden und Konkurrenz auszurichten. Und hierbei ist es wichtig, die Kunden zu verstehen und die Wettbewerber zu kennen, die wahren Konkurrenten. Letztlich verfolgen die Chemieparks und Chemiestandorte in Deutschland ein gemeinsames Ziel: den Standort Deutschland zu stärken. Und dies funktioniert nur mit starken, marktfähigen Standortbetreibern. Fangen diese jetzt an, sich gegenseitig als vermeintliche Konkurrenten zu betrachten und sich dadurch unnötig zu schwächen, profitieren am Ende die, die heute noch ganz außen stehen.