Parenteralia: Integrierte Spritzenfülllinien für F&E bis Herstellung
20.01.2011 -
Parenteralia: Integrierte Spritzenfülllinien für F&E bis Herstellung - Vorgefüllte Fertigspritzen sind das Trendpackmittel für Parenteralia. Die Treiber für diese Entwicklung sind unter anderem die Selbstmedikation, neue biotechnologische Produkte und Marketing-Aspekte im Pharmamarkt. Wurden in der Vergangenheit die Spritzen vor dem Befüllen noch vom Pharmazeuten gereinigt, silikonisiert und sterilisiert (sog. Bulk-Spritzen), so hat sich die vorsterilisierte Spritze nun endgültig durchgesetzt. Neue Anlagen verarbeiten fast ausschließlich diese auch als Nest-Spritzen bezeichneten Primärpackmittel, die bereits beim Packmittel-Hersteller gereinigt und silikonisiert werden und auch den passenden tip-Verschluss erhalten.
Bosch Packaging Technology Pharma hat nun dieser Marktentwicklung Rechnung getragen und die dafür notwendigen Maschinen entwickelt. Die langjährige Erfahrung auf dem Gebiet der Bulk-Spritzen bietet dafür eine gute Grundlage. Die Prozesse Füllen, Verschließen (mit Setzrohr oder auch mit Vakuummethode) sind bereits bekannt, ebenso wie die Handhabung und der Transport einer Spritze. Weiterhin ist Bosch führend bei Barriere-Systemen (wie z.B. RABS oder Isolator). Diese ermöglichen einen erhöhten Sterility Assurance Level (SAL) und kommen in verschiedenen Ausprägungen immer häufiger zum Einsatz.
Der Kernprozess ist sicherlich das Füllen und Verschließen der Spritze - hier werden ganz spezielle Anforderungen gestellt, die z.T. deutlich von denen anderer Primärpackmittel wie z.B. vials oder Ampullen abweichen. Die Anforderungen sind im Einzelnen:
Anforderungen an Ausbringung, Füllen und Stopfensetzen
- Ausbringung bis zu 36.000 Spritzen in der Stunde: Wie im gesamten Spritzenmarkt ist hier eine starke Dynamik zu spüren. Noch vor 4-5 Jahren galten 18.000 Spritzen/h als Hochleistung. 36.000 Spritzen/h markieren derzeit das Maximum bei zehnstelligen Füllmaschinen. Im Markt werden bereits 48.000 und sogar 60.000 Spritzen/h genannt. Hier sollte aber hinterfragt werden, ob diese Maschinen das auch in der Praxis laufen oder ob es sich hier um eine rein „mechanische" Leistung handelt.
- Präzision: Beim Einsetzen des Kolbenstopfens mit dem Setzrohr beträgt der Luftspalt zwischen dem Setzrohr außen und dem Spritzenkörper nur 0,3 mm und je nachdem, wie die Toleranzen ausgenutzt werden, sogar noch etwas weniger. Eine Berührung soll natürlich ausgeschlossen werden, insbesondere bei den kratzempfindlichen Kunststoffspritzen. Die beste Voraussetzung hierfür ist ein Transportsystem, welches die Spritzen bereits so präzise „präsentiert", dass keine zusätzlichen Zentrierstationen notwendig sind wie z.B. das patentierte Bosch-Spritzen-Transportsystem, welches von der erfolgreichen MLD und FLS-Produktlinie abgeleitet wurde.
- Verwendung verschiedener Füllsysteme: Für die Abfüllung biotechnologischer Produkte sind immer häufiger Einweg-Füllsysteme gefragt; diese müssen dann z.B. neben Pumpen oder Zeit-Druck-Füllsystemen in die Maschine integriert werden.
- Unterbrechungsfreies Füllen und Stopfensetzen (Abb. 1): Bedingt durch die Anlieferung der Spritzen in sog. Nestern ist bei herkömmlichen Systemen nach dem Füllen und Verschließen eines kompletten Nests eine kurze Unterbrechung des Rhythmus notwendig, bevor das nächste Nest bearbeitet werden kann. Mit dem patentierten Bosch-Spritzen-Transportsystem in Verbindung mit der Pharma-Handling-Unit für die Bewegung der Füllnadeln kann das Füllen und Stopfensetzen kontinuierlich erfolgen. Tendenziell bessere Füllergebnisse und zuverlässigere Zuführung der Stopfen sind die Folge.
- Stopfensetzen unmittelbar nach dem Füllen: Aus pharmazeutischer Sicht sollte unmittelbar nach dem Füllen die Spritze auch verschlossen werden. Somit wird das Risiko einer Verunreinigung minimiert. Auch hier schafft das Bosch-Spritzentransportsystem die Grundlage, indem es durch horizontale Ausgleichsbewegungen den Nestversatz kompensiert.
- Vorgelagerte Prozesse: Selbstverständlich sind auch die dem Füllen vorgelagerten Prozesse von enormer Wichtigkeit. Schließlich müssen die Spritzen unter Aufrechterhaltung der Sterilität und ohne Partikelbelastung an die Füllmaschine gebracht werden. Vollautomatische Lösungen für das Beutelöffnen und tub-Öffnen sind inzwischen Stand der Technik. Vor einigen Jahren waren hier noch manuelle oder semi-automatische Prozesse die Regel.
Anforderungen an das Beutelöffnen
- Ausbringung bis zu 6 tubs/min, um beispielsweise bei 100 Spritzen im Nest die erforderlichen Spritzen für die Füllmaschine bereitzustellen.
- Klare Trennung der Reinraumbereiche für ein pharmazeutisch günstiges Einschleusen von z.B. Reinraumklasse C unter LF nach Reinraumklasse A in B.
- Schutz des tub durch den Beutel solange als möglich: Der Beutel hat die originäre Aufgabe, das tub zu schützen und den Einschleuseprozess zu ermöglichen. Er sollte daher solange als möglich diese Schutzfunktion wahrnehmen und „im letzten Moment" entfernt werden. Beim ABO wird daher der Beutel erst unmittelbar vor der Transfer-Schleuse geöffnet und entfernt.
- Sicheres Trennen des Beutels vom tub: Einerseits ist die zuverlässige Funktion zu gewährleisten, eine besondere Herausforderung bei der maschinentechnisch schwer zu handhabenden Beutelgeometrie. Hier könnte es schnell zu Blockagen kommen, bei denen dann manuell eingegriffen werden muss. Andererseits ist aus pharmazeutischer Sicht auf alle Fälle darauf zu achten, dass das Beuteläußere nicht das Äußere des tub berührt. Ansonsten könnte eine Verunreinigung stattfinden.
- Partikelvermeidung: Beim Beutelöffnen wiegt das Partikelrisiko sicherlich nicht so stark wie beim Öffnen des tub. Trotzdem empfiehlt es sich Maßnahmen zu ergreifen. Dazu gehören eine LF-Strömung und ein dafür geeignetes Maschinendesign sowie eine spezielle Klinge zum Schneiden des Kunststoffs, die zudem leicht zu wechseln sein muss. Ein optimales Spannen des Beutels und eine geeignete Schneidebewegung runden das Konzept ab.
- Abfallentsorgung: Die Abfallentsorgung wird natürlich erheblich erleichtert, wenn es gelingt, pro Beutel nur ein Abfallstück zu erzeugen.
Anforderungen an das tub-Öffnen
- Auch hier gelten 6 tubs/min, um die Linienleistung zu ermöglichen.
- Partikelvermeidung: An dieser Stelle des Verarbeitungsprozesses kommt der Partikelvermeidung besondere Bedeutung zu. Schließlich werden hier die schützenden Tyvek-Folien entfernt und die Spritzen für das Füllen „freigestellt". Im Bosch-Pharmalab wurden drei verschiedene Methoden zum Öffnen des tubs simuliert und unter Klasse A-Bedingungen hinsichtlich der Erzeugung von Partikeln untersucht. Das beste Ergebnis bzw. günstigste Partikelniveau ergab sich, wenn eine Greiferbewegung mit einem sehr spitzen „Abreißwinkel" (Tyvek-Oberfläche zu tub-Oberkante) in Verbindung mit einer vorherigen Erwärmung des Kleberandes erfolgte. Wichtig in diesem Zusammenhang war auch der Nachweis der Funktion ohne vorherige Erwärmung, da manche Kunden keine Wärmequelle im LF-Strom haben möchten. Damit steigt zwar das Partikelniveau, bleibt aber immer noch unter dem des Öffnungsprinzips mit Vakuumsaugern, das als 3. Variante untersucht wurde. Abgerundet wird das Konzept durch das waagrechte An- und Ausheben der inneren Tyvek-Folie. Partikel, die sich noch auf dieser Folie befinden, werden sozusagen „fortgetragen".
- Zuverlässiges Greifen der Deckfolie: Auch hier spielt die zuverlässige Funktion eine äußerst wichtige Rolle. Schließlich wird die vollautomatische Lösung gerade deswegen bevorzugt, weil sie die manuellen Eingriffe minimiert. Eine besondere Herausforderung stellt hierbei das Greifen der Deckfolie dar. Diese Deckfolie des tub wurde nicht für das automatisierte Öffnen entwickelt. Entsprechend schwierig gestaltet sich das zuverlässige Greifen der Folienecke, da die Lage und exakte Beschaffenheit eigentlich bei jedem tub unterschiedlich sind. Um dies zu lösen, hat Bosch das „Kaffee-Sahne-Prinzip" adaptiert. Eine Ecke des tub wird mit einem beheizten Messer an- aber nicht durchgeschnitten, somit entsteht eine Lasche, die vom Greifer sehr einfach gegriffen werden kann.
Kompaktanlage für klinische Studien
Eine interessante Komposition der vorgestellten Systeme stellt die von Bosch konzipierte Kompaktanlage für klinische Studien dar. Die vollautomatisierte FXS 2050-Linie arbeitet mit den gleichen Prozessparametern wie die Serienproduktion, jedoch mit reduzierten Verpackungs- und Prozessvariablen. Mit reduzierten Parametern simuliert sie die Konditionen für die Serienproduktion. Damit können die Hersteller realisierbare Parameter und optimierte Validierungsprozesse ermitteln und so mögliche Risiken beim Übergang in die Serienproduktion verringern.