Wachstumstreiber Urbanisierung
Lanxess baut neues Werk in China zur Erweiterung des globalen Produktionsnetzwerkes für Pigmente
Lanxess baut sein weltweites Produktionsnetzwerk für anorganische Pigmente aus und errichtet im Chemiepark Ningbo an der chinesischen Ostküste für 55 Mio. € ein neues Werk für die Business Unit Inorganic Pigments. In der Anlage wird der Spezialchemie-Konzern hochwertige Eisenoxidrot-Pigmente nach einem weiter entwickelten und besonders nachhaltigen Penniman-Verfahren herstellen. Sie werden unter dem Produktnamen Bayferrox für den Einsatz in der Farben- und Lackindustrie sowie der Bau- und Kunststoffindustrie weltweit vermarktet. Dr. Michael Reubold befragte Jörg Hellwig, Leiter der Business Unit Inorganic Pigments bei Lanxess, zu den Strategien im weltweiten Pigment-Geschäft.
CHEManager: Herr Hellwig, die Investition in das neue Werk unterstreicht die Bedeutung des Geschäftsfelds Inorganic Pigments. Welche Wachstumsraten erwarten Sie weltweit für anorganische Eisenoxidpigmente?
Jörg Hellwig: Wir verfolgen unterschiedliche Studien sowie die Wachstumspläne unserer Kunden und analysieren die Märkte. Alle haben gemein, dass der weltweite Markt für Eisenoxidpigmente kontinuierlich wächst. Die Wachstumsraten unterscheiden sich allerdings von Region zu Region und je nach Anwendungsgebiet. Die neue Anlage in Ningbo bedeutet für uns zusätzliche Kapazitäten, mit denen wir die wachsenden Märkte global bedienen können. So soll zum Beispiel die Bauindustrie weltweit in diesem Jahr um 3,5 % und im kommenden Jahr um 5 % wachsen. Weiterhin haben wir unsere Prozesse optimiert, um auf die höheren Volatilitäten schneller reagieren zu können.
Wodurch wird das Wachstum konkret getrieben, wer sind die Hauptabnehmer und die wichtigsten Anwendungsfelder Ihrer Produkte?
Jörg Hellwig: Einer der Hauptwachstumstreiber für unsere Branche ist der Megatrend Urbanisierung. Davon profitieren die Bau-, Kunststoff- sowie die Farb- und Lackindustrie. Die Menschen zieht es in die Städte, immer größere Ballungsräume entstehen und während Städtebau in seinem Ursprung nur zweckgebunden war und Raum schaffen sollte, kommt heute zunehmend der Aspekt Schönheit dazu. Architekten überlegen wie sie den Baustoff Beton attraktiver gestalten können und stoßen früher oder später auf unsere Pigmente. Ob als Pflasterstein, Dachstein, Wandfarbe, Laminat oder Kunstrasen; farbige Objekte ohne starken Erhaltungsaufwand und nachhaltig produziert sind gefragter denn je.
Lanxess setzt neben der Urbanisierung noch auf drei weitere Megatrends, auf die wir das Geschäft ausrichten und auch für diese bieten wir Eisenoxidpigmente: Den Megatrend Wasser bedienen wir mit unserem Produkt Bayoxide E 33, das hochwirksam Arsen bindet und so die Reinigung von Trinkwasser in allen Regionen der Welt erlaubt. Ein spannendes Produkt für den Megatrend Landwirtschaft ist unser Bayoxide E 16, das bei der Entschwefelung in Biogasanlagen eingesetzt wird. Ausserdem entwickeln wir technische Eisenoxide, wie das Bayoxide E B 90, die in Batterien für Elektrofahrzeuge angewendet werden und somit zum Megatrend Mobilität zählen.
Wir haben eine globale Kundenbasis. Die traditionellen Märkte befinden sich in Europa und Nordamerika. In den vergangenen Jahren sehen wir ein steigendes Wachstum auf dem indischen Subkontinent und in Südostasien. China ist bereits heute weltweit der größte Markt für Eisenoxidpigmente. Durch unser globales Distributionsnetz verkaufen wir unsere Produkte in fast jedes Land der Welt. Das macht uns unabhängiger von regionalen Konjunkturschwankungen.
Lanxess betreibt in Jinshan bei Shanghai bereits eine der größten Anlagen für Eisenoxidpigmente für den asiatischen Markt. Was gab den Ausschlag, die neue Anlage an einem anderen Standort zu errichten?
Jörg Hellwig: In Ningbo haben wir für den Bau einer neuen Anlage nach hochmodernen Standards beste Bedingungen. Die Infrastruktur im dortigen Chemiepark ist sehr gut und auf unsere Bedürfnisse ausgerichtet.
Durch die Einführung sehr strikter Umweltschutzstandards werden die Produzenten in China gezwungen, in großem Umfange in Abwasser- und Abluftreinigung zu investieren. Dies haben wir bereits in Jinshan seit dem Kauf der Anlage umgesetzt und werden dies natürlich auch in Ningbo beim Neubau fortführen. Es bleibt abzuwarten, wie viele der jetzigen Produzenten zu derartigen Investitionen finanziell in der Lage sein werden oder sich aus dem Markt zurückziehen müssen. Wir gehen davon aus, dass es mittelfristig zu Produktionsschließungen bei einigen unserer Konkurrenten, nicht nur in China, sondern weltweit, kommen wird. Die Konsolidierung des Marktes wird weitergehen.
Darüber hinaus stellen wir fest, dass die Nachfrage nach umweltfreundlich und nachhaltig hergestellten Produkten steigt. Lanxess ist hier einer der führenden Anbieter und wendet immer und überall die gleichen hohen Umweltstandards an, welche in vielen Fällen über den jeweiligen Länderrichtlinien liegen. Dieser Trend wird sich fortsetzen und ebenfalls zu einem weiteren Anstieg der Nachfrage nach Bayferrox-Eisenoxidpigmenten führen. Daher investiert Lanxess weiter in das Pigmentgeschäft.
All dies ist für uns Grund genug, für unsere Kunden weiter zu investieren und Ningbo bietet dafür die bestmögliche nachhaltige Basis.
Welches Verfahren werden Sie in der neuen Anlage einsetzen? Wodurch zeichnet es sich hinsichtlich Nachhaltigkeit und Produktqualität aus?
Jörg Hellwig: Wir werden in Ningbo ab 2015 Eisenoxidpigmente nach einem von uns weiterentwickelten Penniman-Verfahren herstellen. Es eignet sich besonders gut zur Produktion von hellen gelbstichigen Rotpigmenten und stellt damit eine ideale Ergänzung zu unseren bewährten Lauxrottypen aus Krefeld-Uerdingen dar, die ihre Stärken eher in den mittleren bis blauchstichigen Rottönen haben. Viele unserer Kunden weltweit wünschen, dass wir diese Lücke in unserem Portfolio schließen. Wir sind sehr froh, dass wir dies nun mit besonders umweltschonenden Verfahren erreichen.
Unsere Anlage am Standort Ningbo in China wird bisher nicht dagewesene Maßstäbe für eine nachhaltige Eisenoxidrotproduktion in China und weltweit setzen. Niedrigere Standards sind für uns inakzeptabel.
Das Abwasserkonzept unserer Penniman Rot-Produktion beinhaltet daher eine hochmoderne biologische Reinigung der Abwasserströme, um abbaubare Inhaltsstoffe zu eliminieren und so eine Überdüngung von Flüssen und Seen zu vermeiden.
Auch das Anlagenkonzept zur Reinigung aller Abgasströme setzt auf neueste Standards. Generell werden an allen unseren Standorten die gesetzlichen Vorschriften zur Abgasbehandlung erfüllt, sodass Schadstoffe wie ozonschädliche Treibhausgase nicht ungehindert in die Umwelt gelangen.
Welche Rolle spielt Technologieführerschaft in diesem globalen Markt?
Jörg Hellwig: Nicht nur in der Business Unit IPG sondern im gesamten Lanxess Konzern ist Technologie und hohe Qualität bei Produkten und Service ein wesentlicher Teil unserer Philosophie.
Alle Lanxess-Produkte zeichnen sich durch ein hohes Qualitätsniveau und Qualitätskonstanz aus. Gleichzeitig setzen wir mit unseren Produktionsstandards höchste Nachhaltigkeits-Maßstäbe um.
Jeder Kunde und jede Anwendung bringt neue Herausforderungen mit sich. Diesen stellen wir uns bei Lanxess mit einem weltweiten Netzwerk von Technologiezentren, die unsere Kunden in nahezu allen Anwendungen unserer Pigmente unterstützen und tatkräftig helfen. In unseren Laboren untersuchen Anwendungstechniker die Kundenanfragen praxisnah, in Pilotanlagen können wir spezielle Kundenanfragen individuell bearbeiten. Die Lanxess Spezialisten geben Hinweise zur optimalen Pigmentauswahl und zur Verarbeitung in den verschiedenen Anwendungssystemen.
Ergänzend zu der anwendungsnahen Betreuung haben wir eine eigene R&D Abteilung, die sich mit den langfristigen Innovationen in neuen Produkten und Verfahren beschäftigt.
Das Zentrum der konzernweiten Produktion von anorganischen Eisenoxid- und Chromoxidpigmenten liegt noch in Krefeld-Uerdingen in Deutschland, doch neue Kapazitäten werden hauptsächlich in den Wachstumsregionen benötigt. Wo planen Sie weitere Investitionen und welche Rolle wird Deutschland bzw. Europa künftig in Ihrem Produktionsnetzwerk spielen?
Jörg Hellwig: Wir sind der einzige Hersteller von synthetischen Eisenoxidpigmenten mit einem globalen Produktionsnetzwerk. Unsere aktuellen drei Synthesestandorte befinden sich in Krefeld-Uerdingen in Deutschland, in Jinshan/Shanghai in China und in Porto Feliz, nahe São Paulo in Brasilien. Darüber hinaus haben wir zusätzliche Misch- und Mahl-Anlagen zur Veredelung von Eisenoxidpigmenten in Australien, China, Großbritannien, Spanien und den USA. Alle Standorte sind untereinander vernetzt und nicht auf die Regionen beschränkt. So sind wir weltweit immer in der Nähe unserer Kunden.
In Krefeld-Uerdingen schlägt das „Herz" des weltweiten Geschäftes von Lanxess mit anorganischen Farbpigmenten. Dort befindet sich das Headquaters unserer Business Unit Lanxess Inorganic Pigments.
Krefeld-Uerdingen ist weiterhin unser größter Standort und für den globalen Wettbewerb bestens gerüstet. Wir haben am von vielen als „teuer" titulierten Wirtschaftsstandort Deutschland unsere Hausaufgaben in den vergangenen Jahren gemacht und durch Investitionen, insbesondere in Automatisierung und Effizienzsteigerung, die Wettbewerbsfähigkeit weiter erhöht. Dementsprechend nutzen wir nun die hohen Vorteile des Standortes, zum Beispiel die exzellente Ausbildung unserer Mitarbeiter und die Einbindung in einen hochmodernen Chemiepark. In den kommenden Jahren werden wir weiter an Optimierungen unserer Prozesse und dem Lieferservice arbeiten. Dies wird auch zu weiteren Investitionen am Standort Deutschland führen.
Trotz Optimierung der Produktionstechnologie zählt die Herstellung anorganischer Eisenoxidpigmente vermutlich zu den energieintensiveren Verfahren. Betrachten Sie die aktuelle Energiepolitik in Deutschland mit Skepsis?
Jörg Hellwig: Natürlich betreffen uns steigende Energie- und Rohstoffpreise wie alle anderen in der Chemieindustrie. Für uns ist das ein Ansporn die Produktion weiterhin zu optimieren. Das geht einher mit unserer Selbstverpflichtung zu einer möglichst nachhaltigen Produktion. Nach diesen Standards arbeiten wir nicht nur in Deutschland, sondern weltweit an allen Standorten. Die neue Anlage in China wird weltweit Maßstäbe setzen im Hinblick auf nachhaltige Eisenoxidpigmentproduktion.
Gerade in Deutschland benötigen wir eine sichere, unterbrechungsfreie Energieversorgung zu wettbewerbsfähigen Preisen. Bei unseren weiteren geplanten Investitionsprojekten ist Planungssicherheit sehr wichtig. Wir sind überzeugt davon, dass dies am Standort Deutschland gewährleistet werden wird.
Synthetische Eisenoxidpigmente wurden bereits in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts entwickelt. Wie „innovativ" ist Ihr Geschäft, woran forschen Sie und welche neuen Einsatzgebiete könnten für Ihre Produkte künftig bedeutend werden?
Jörg Hellwig: Eisenoxidpigmente sind seit fast einem Jahrhundert Bestandteile des täglichen Lebens. Allerdings hat sich seitdem das Anforderungprofil in den verschiedenen Anwendungen signifikant verändert. Nehmen wir nur die Anforderungen, die die Farben- und Lackindustrie an uns stellt: die Dispergierbarkeit der Pigmente stellt in dieser Anwendung eine besondere Herausforderung dar. Die von uns eingeführte Mikronisierung trägt dieser Anforderung Rechnung und ist auch noch heute Stand der Technik. Auch bezüglich Qualitätskonstanz hat sich die Welt geändert. Die Farben- und Lackindustrie stellt höchste Anforderungen bezüglich der Spezifikation in Farbton und Farbstärke. Wir haben darauf mit der Einführung der Palette Bayferrox High Performance reagiert. Wir haben mit unseren Produkten mittlerweile ein Qualitätsniveau erreicht, von dem wir vor 50 Jahren noch nicht einmal geträumt hätten.
Auch hat sich das Spektrum der Einsatzgebiete deutlich erhöht. Lassen Sie mich Ihnen ein paar Anwendungen nennen, bei denen es nicht mehr so sehr auf die Farbe des Pigments ankommt, sondern mehr auf den Einsatz unserer Pigmente als technische Oxide: Hier reden wir von Eisenoxiden die in Airbags, Bremsbelägen, Batterien, Biogasanlagen, in Tonern für Laserdrucker und Kopierer und nicht zuletzt in der Wasseraufbereitung verwendet werden.
Diese neuen Gebiete sind hochinteressant. Deshalb setzen wir verstärkt auf Innovation und Technologie. Gleichzeitig hilft uns die Forschung, Erkenntnisse in den bestehenden Produkten und Anwendungen zu gewinnen, die wir unseren Kunden mit ständig optimierten Lösungen und weitergehendem Service zur Verfügung stellen können. Damit sichern wir auch unser Prinzip, dass wir keine Kompromisse zwischen Ökonomie und Ökologie machen, weiter ab und sind sicher, dass wir bei Lanxess nachhaltig weiter Erfolg haben werden.