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PAT-Initative: ABB schlägt Brücken in der Prozessanalysetechnik

28.02.2012 -

ABB schlägt Brücken in der Prozessanalysetechnik. In der Pharmaindustrie dauert die Entwicklung eines neuen Produkts bis zur Marktreife ca. 12 Jahre und kostet über 800 Mio. US-$. Eine stolze Summe, die in Zukunft noch höher ausfallen dürfte, denn die Entwicklung neuer pharmazeutischer Produkte zur gezielten Behandlung wird immer teurer. Doch die steigenden Investitionen scheinen keine Auswirkung auf die Zahl der zugelassenen neuen chemischen Wirkstoffe (NCE) zu haben. Tatsächlich ist die Zahl der Neuzulassungen sogar rückläufig. Die steigenden Kosten zwingen die Industrie zudem, neue Möglichkeiten zur Steigerung der Effizienz sowohl bei der Entwicklung neuer Medikamente als auch bei der Herstellung vorhandener Produkte zu finden. Eine der führenden Initiativen hierzu stammt aus dem Jahr 2002 und trägt die Bezeichnung „Process Analytical Technology“ (PAT). Das Herzstück eines jeden PAT-Systems ist der Prozessanalysator, doch die Verfügbarkeit verschiedener Analysatorplattformen und das Fehlen eines Standards für den Datenaustausch hat zur Entstehung von „PAT-Inseln“ geführt.

Bisher fehlte es an einer integrierten Lösung, doch in enger Zusammenarbeit mit führenden pharmazeutischen Unternehmen hat ABB mit Industrial IT für PAT eine skalierbare Lösung entwickelt, die speziell auf die Anforderungen an eine echte integrierte PAT-Lösung zugeschnitten ist. Sie ist seit 2007 auf dem Markt. Die Analysatortechnologie wird sowohl im Bereich der F&E als auch der Produktion zur Analyse einzelner Grundoperationen (sog. Unit Operations) wie dem Mischen (Blenden) und Trocknen erfolgreich eingesetzt. Außerdem spielt sie eine zunehmend wichtige Rolle beim Hochskalieren vom Laborin den Produktionsmaßstab. Aufgrund ihres großen Einflusses wurde diese Technologie zu einem zentralen Merkmal der im Jahr 2002 von der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) ins Leben gerufenen PAT-Initiative (Process Analytical Technology).

Fünf Jahre später bieten Hersteller von Analysegeräten und Drittfirmen wie Integratoren eigenständige PC-Lösungen zur Überwachung einzelner Unit Operations, die in der Lage sind, vorhergesagte Werte wie den Feuchtigkeitsgehalt und die durchschnittliche Teilchengröße in PLS- und Scada-Systeme anderer Anbieter zu exportieren. Doch die Verfügbarkeit verschiedener Analysatorplattformen und das Fehlen von Standards für den Datenaustausch haben zur Entstehung einzelner „PAT-Inseln“ geführt. Die Tatsache, dass alle Analysatoren unterschiedliche Benutzerschnittstellen und Datenformate verwenden, macht die Erfassung von Informationen aus unterschiedlichen Unit Operations kompliziert. Zur Überwindung dieses Problems sind neue Tools zur Ausführung komplexer PAT-Methoden mit einer PAT-freundlichen Standardschnittstelle erforderlich.

Die Wünsche der Industrie

Als Anbieter von Leitsystemen und Analysatorlösungen hat sich ABB mit führenden pharmazeutischen Unternehmen zusammengeschlossen und mit Industrial (IIT) eine skalierbare, maßgeschneiderte Lösung für PAT entwickelt, die viele der wichtigsten Anforderungen an eine echte integrierte PAT-Lösung erfüllt. Dazu gehören:

  • eine einheitliche Mensch-Maschine-Schnittstelle (MMS) für alle Analysatortypen,
  • ein Datenexport-Tool, das die Extraktion synchronisierter Einzelpunkt- und Arraydaten von mehreren Analysatorplattformen oder die direkte Übertragung von Daten an Modellierungspakete von Drittanbietern ermöglicht,
  • ein universeller Adapter zur problemlosen Anbindung neuer und bestehender Analysegeräte,
  • ein zentraler S88-basierter Datenspeicher für sämtliche Daten und Datentypen einschließlich Arraydaten (z. B. Spektren oder Histogramme), Vorhersagen, Statistiken, Alarme, Ereignisse und Audit-Trails,
  • die Möglichkeit zur gleichzeitigen Verwendung mehrerer Analysatoren/Analysatorkanäle über mehrere Unit Operations hinweg,
  • die Möglichkeit, einen Analysator während der Ausführung einer PAT-Prozedur anzuhalten und neu zu konfigurieren, während andere Analysatoren im Betrieb bleiben,
  • die Unterstützung von elektronischen Signaturen,
  • die Übereinstimmung mit den ICH-Richtlinien 8, 9 und 10 (Entwurf).

Ein vollständig integrierter Ansatz

Die ABB-Lösung bietet dem Benutzer die Möglichkeit, das System ausgehend von einzelnen Grundoperationen auf mehrere Analysatorplattformen zu erweitern, die über mehrere Unit Operations und Fertigungsanlagen verteilt sind. Die Lösung kann eigenständig oder in Verbindung mit bestehenden PLS/Scada- Plattformen eingesetzt werden. Außerdem kann sie nahtlos in das ABB-eigene Prozessleit- und Sicherheitssystem System 800xA integriert werden.

Entwicklung von Datenstandards

Bei einer vollständig integrierten Lösung muss der Datenaustausch zwischen den Analysengeräten und Drittanbieter-Plattformen nahtlos funktionieren. Hierzu unterstützt ABB eine Arbeitsgruppe der OPC Foundation, deren Aufgabe es ist, ein Standardverfahren für die Anbindung von Analysatoren über die OPC Unified Architecture (OPC-UA) Spezifikation zu definieren. Die Vision der Gruppe ist es, Anbietern eine Möglichkeit zur Erstellung von Standard- Gerätetreibern zu geben, die einen vollständigen Zugang zu sämtlichen Daten auf allen niederen und höheren Ebenen ermöglichen und mit geregelten Fertigungsumgebungen kompatibel sind. Besonderer Schwerpunkt der OPC-Arbeitsgruppe sind die PAT-Anforderungen für die Life-Science-Industrie.

Verwaltung der Daten

Damit PAT-Daten genutzt werden können, sollten sie auf eine strukturierte und den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Weise gespeichert werden, sodass sie einfach angezeigt, exportiert und validiert werden können. Hierfür muss normalerweise bekannt sein, in welchem Stadium sich der Prozess befindet und welche Prozesseinrichtung, welcher Port, Analysator und Analysatorkanal verwendet wird. Da nicht alle Analysatoren in Echtzeit arbeiten – und wenn, dann verwenden sie evtl. unterschiedliche Abtastzeiten – müssen die Daten synchronisiert werden, um einen einheitlichen zeitlichen Bezug zu gewährleisten.

Um dies zu erreichen, wurde ein Datenmanager (Data Manager) in die ABB IIT PAT-Lösung integriert, der dafür sorgt, dass sämtliche Daten auf S88-konforme Weise gespeichert werden. Das bedeutet, dass Informationen über den Standort einer Analysatorsonde ebenso festgehalten werden wie die Charge, zu der die Analysedaten gehören. Eine spezielle „Export-Engine“ ermöglicht schließlich den Export von Daten unter Verwendung derselben S88-konformen Struktur in verschiedene, mit den Modellierungspaketen von Drittanbietern kompatible Formate.

Die PAT-Methode

Eine PAT-Methode umfasst eine Reihe von Anweisungen für den Einsatz, die Entwicklung und die Validierung der analysatorbasierten Modelle. Diese Modelle wiederum dienen zur Überwachung, Vorhersage und Kontrolle des kritischen Qualitätsmerkmals (CQM). Die PAT-Methode wird grafisch konfiguriert. Sie beschreibt den Produktionsbereich und die Analysatorausrüstung, die die Daten liefert, und gibt die erforderliche Datenspeicherstruktur und Analysatorkonfiguration vor. Eine Versionskontrolle und Standardbibliotheken auf der Basis verschiedener Analysatortypen ermöglichen eine rasche und effiziente Konfiguration. Die PAT-Methode kann als eigenständiges Feature verwendet oder extern von Drittanbieterplattformen wie bestehenden PLS/ Scada-Systemen oder Chargenmanagern angesteuert werden.

Datenvisualisierung

Die Ausführung der PAT-Methode kann im Voraus geplant oder dezentral durch OPC-Tags ausgelöst werden. Der Fortschritt der Ausführung kann dann mithilfe des Procedure Function Chart Tools verfolgt werden. Die Informationen von den Analysatoren werden dann an standardisierte Bibliotheks-Faceplates und grafische Displays weitergegeben. Neben den Rohdatenwerten werden auch Metadaten wie der Name und die Version der PAT-Methode, der Gerätename, der Portname und wichtige Diagnoseinformationen vom Analysator angezeigt.

Datenanalyse und Modellierung

ABB bietet ein eigenes PAT-Datenanalysetool mit einer Exportmöglichkeit zu Drittanbietertools. Das Datenanalysetool

  • bietet Möglichkeiten zum Data Mining von PAT-Methodendaten,
  • stellt Analysedaten dar,
  • liefert 2-D- und 3-D-Ansichten der Daten,
  • stellt assistentengestützte uni- und multivariate Modellierungswerkzeuge bereit,
  • unterstützt MLR-, PLS1-, PLS2-, PCA- und PCR-Modelle.

Datenexport

Es gibt verschiedene Modellierungs- und Analysepakete, die ausschließlich Daten in einem einheitlichen, synchronisierten Format akzeptieren. Um die entsprechende Kompatibilität sicherzustellen, sind normalerweise zeitaufwändige manuelle Extraktions- und Abgleicharbeiten erforderlich, für die meist zusätzliche Software benötigt wird.

Das ABB Data Export Tool löst dieses Problem, indem es die PAT-Daten von laufenden oder beendeten PAT-Prozeduren in Formaten exportiert, die mit bestehenden Paketen kompatibel sind, wie ASCII (tab- oder kommagetrennt) oder Grams SPC. Dieses flexible Tool kann lokal auf dem Data Manager oder auf einer dezentralen Drittanbieter- PC-Plattform laufen, und die exportierten Daten können in eine oder mehrere Dateien geschrieben werden. Über Navigationsdisplays kann entweder durch Auswahl des Verfahrens, Geräts, Analysatorkanals oder Datentags auf die Daten mehrerer Analysatorplattformen über eine oder mehrere Produktionschargen hinweg zugegriffen werden. Außerdem können durch Auswahl unterschiedlicher Zeitschlitze verschiedene „Datenpakete“ extrahiert werden.

Es gibt noch viel zu tun

Obwohl PAT noch in den Kinderschuhen steckt, werden viele Vorteile durch die Entwicklung neuer Verfahren und Analysatoren deutlich. Um jedoch die Vorteile der FDA-Initiative vollständig umsetzen zu können, ist eine breite Anerkennung in vielen Bereichen (QS, Automatisierung, Validierung usw.) und eine entsprechende Schulung erforderlich, damit die Möglichkeiten für den Einsatz von PAT in verschiedenen Prozessen erkannt werden können. Was auf jeden Fall noch fehlt, ist ein standardisierter, globaler Ansatz. Hier sind die Systemanbieter gefragt, die – insbesondere in Schlüsselbereichen wie der Datenhandhabung – zur Standardisierung beitragen müssen. Darüber hinaus ist eine Lösung gefordert, mit der die aus der Verwendung unterschiedlicher Systeme resultierenden Hindernisse beseitigt werden können. Eine solche Lösung ist ABB IIT für PAT.

Chris Hobbs, ABB Ltd.
Kontakt:
Jürgen Böhm
ABB Automation GmbH, Frankfurt
Tel.: 06051/473-729
Fax: 06051/473-728
analytical-sales@de.abb.com
www.abb.de

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