Chemieumsätze steigen um 13 % im ersten Quartal 2011
Die deutsche Chemieindustrie profitiert von guter Industriekonjunktur in Europa
Nach dem sehr guten Vorjahr setzte sich der Aufwärtstrend in der deutscen Chemieindustrie zu Beginn des Jahres 2011 fort. Weder die Staatsschuldenkrise, noch die Unruhen in Nordafrika oder die Tsunami-Katastrophe in Japan konnten ihn bremsen.
Die positive Entwicklung wird getragen von der guten Industriekonjunktur in Europa - insbesondere in Deutschland. Die europäische Industrie setzte im ersten Quartal ihre Erholung mit hoher Dynamik fort. Die Produktion wurde nicht nur in den Investitionsgüterindustrien kräftig ausgedehnt, sondern zuletzt auch wieder verstärkt im Automobilbau und bei der Metallerzeugung und -bearbeitung. Gerade in den letztgenannten Industriezweigen wurden in großem Umfang Chemikalien benötigt. In Deutschland kommt noch eine gute Baukonjunktur hinzu.
Die Auftragsbücher der deutschen Chemie sind daher gut gefüllt. Entsprechend positiv fällt die Quartalsbilanz für die Chemieindustrie aus: In den ersten drei Monaten des Jahres 2011 konnte die Branche ein Produktionsplus von 8 % verbuchen (Grafik 1). Die Erzeugerpreise legten wegen der starken Nachfrage, gut ausgelasteter Produktionskapazitäten und steigender Rohstoff- und Energiekosten um 5,4 % zu. Für den Umsatz ergibt sich im ersten Quartal ein Zuwachs von fast 13 %. Das Geschäft mit Kunden im Ausland lief dabei besser als das Inlandsgeschäft.
Chemieproduktion übertrifft Vorkrisenniveau
Seit nunmehr acht Quartalen geht es in der deutschen Chemieindustrie aufwärts. Zu Jahresbeginn 2011 stieg die Produktion noch einmal kräftig. Damit lag das Produktionsniveau bereits wieder höher als vor der Krise (Grafik 2). Die Anlagen laufen auf Hochtouren. Die Kapazitätsauslastung der Branche stieg im ersten Quartal um 2,2 Prozentpunkte auf nunmehr 86,9 %. In Teilen des Chemiegeschäftes stößt die Branche inzwischen an ihre Kapazitätsgrenzen. Die größten Zuwächse gab es bei den Fein- und Spezialchemikalien. Aber auch die übrigen Chemiesparten konnten deutlich zulegen.
Chemikalienpreise steigen
Seit der zweiten Jahreshälfte 2009 kletterten die Erzeugerpreise der Branche von Quartal zu Quartal. Zum Jahresende 2010 waren Chemikalien wieder genauso teuer wie vor der Krise. In den ersten Monaten des laufenden Jahres beschleunigte sich der Preisauftrieb (Grafik 3). Angesichts der starken Nachfrage nach Chemikalien fiel es den Chemieunternehmen zunehmend leichter die hohen Rohstoffkosten an die Kunden weiterzugeben. Die hohe Kapazitätsauslastung verstärkte den Preisauftrieb zusätzlich.
Chemikalien und Pharmazeutika waren daher im ersten Quartal 2011 durchschnittlich 5,4 % teurer als ein Jahr zuvor. Die größten Zuwächse gab es naturgemäß in den rohstoffnahen Sparten. Chemische Grundstoffe verteuerten sich binnen eines Jahres um mehr als 10 %. Die Preise legten aber auch in den übrigen Chemiesparten zu.
Kräftiges Umsatzplus im In- und Ausland
Angesichts steigender Chemikalienpreise und einer starken Nachfrage nach deutschen Chemikalien im In- und Ausland legte der Branchenumsatz im ersten Quartal deutlich zu. Im Vergleich zum Vorquartal stieg er saisonbereinigt um 6 % auf insgesamt 44,3 Mrd. €. Gegenüber dem ersten Quartal 2010 entsprach dies einer Steigerung von fast 13 %. Damit wurde auch beim Umsatz das Vorkrisenniveau zuletzt deutlich übertroffen (Grafik 4). Der Auslandsumsatz stieg in den ersten Monaten des Jahres um mehr als 14 %. Erfreulich ist nicht nur das Geschäft mit den dynamisch wachsenden Volkswirtschaften Asiens und Lateinamerikas.
Auch die Verkäufe in die europäischen Nachbarländer legten zu, weil in vielen Ländern die Industrieproduktion kräftig ausgedehnt wurde. Das Geschäft mit Kunden im Inland wuchs nur unwesentlich langsamer. Der Aufschwung in Deutschland wird vor allem von der Industrie und dem Baugewerbe getragen. Auf diese beiden Sektoren entfallen rund 80 % des Chemieabsatzes.
Beschäftigungszahlen steigen um 1,5 %
Die gute Chemiekonjunktur schlägt sich inzwischen auch in den Belegschaftszahlen nieder. Im ersten Quartal 2011 beschäftigte die Branche rund 421.000 Mitarbeiter. Gegenüber dem entsprechenden Vorjahresquartal entspricht dies einem Zuwachs von 1,5 % oder 6.200 Mitarbeitern. Das ist der höchste Beschäftigungszuwachs seit der Wiedervereinigung.
Guter Jahresbeginn macht Appetit auf mehr
Die Stimmung in den deutschen Chemieunternehmen ist derzeit ausgesprochen gut. Die Beurteilung der aktuellen Geschäftslage erreichte wieder das Niveau des Sommers 2007. Damals lief die Chemiekonjunktur auf Hochtouren. Auch bezüglich der Geschäftsentwicklung in den kommenden sechs Monaten sind die Unternehmen laut ifo-Konjunkturtest optimistisch. Sie rechnen überwiegend mit einer Fortsetzung des Aufwärtstrends und planen die Produktion auch in den kommenden Monaten weiter auszubauen.
Dennoch ist die Liste der konjunkturellen Risiken ist lang: Schuldenkrise in Südeuropa und den USA, Unruhen in Nordafrika und explodierende Ölpreise, Tsunami in Japan, Inflationsängste und steigende Zinsen in Europa und Brasilien, Engpässe auf den Rohstoffmärkten. Angesichts dieser dunklen Wolken am Konjunkturhimmel ist es fraglich, wie lange sich das Hochdruckgebiet noch hält. Anzeichen für eine baldige Verschlechterung gibt es aber noch nicht. Im Gegenteil, in den USA, Europa und Brasilien hat sich das Wachstum zu Jahresbeginn wieder beschleunigt.
Die Auftragseingänge im deutschen Maschinenbau klettern von Monat zu Monat. Aber auch die Automobilproduktion konnte kräftig zulegen. Die Stimmung in der gesamten Industrie ist hierzulande gut. Die Chemieindustrie darf sich im In- und Ausland berechtigte Hoffnungen auf eine weitere Belebung der Nachfrage nach Chemikalien machen. Sie wird angesichts dieser Aussichten ihre Produktion weiter ausweiten. Allerdings wird sich das Tempo angesichts der hohen Kapazitätsauslastung naturgemäß verlangsamen.
Wenn Rückschläge ausbleiben, wird die deutsche Chemieproduktion in diesem Jahr voraussichtlich um 5 % wachsen. Wegen der gestiegenen Rohstoff- und Energiekosten werden die Chemikalienpreise rund 4 % höher liegen als ein Jahr zuvor. Für den Branchenumsatz ergibt sich rechnerisch ein Zuwachs von 9 %. Der Auslandsumsatz sollte sich - wie in der Vergangenheit - etwas besser entwickeln als das Inlandsgeschäft.
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