Strategie & Management

WeylChem: Sparringspartner auf Augenhöhe

Mit einer Neuausrichtung im Custom Manufacturing will Uwe Brunk WeylChem für Kunden attraktiver machen

07.10.2019 -

Die WeylChem-Gruppe zählt gemeinsam mit den Schwestergesellschaften Vynova und CordenPharma zur International Chemical Investors Group (ICIG). Als Feinchemieplattform der ICIG entwickelt und produziert das Unternehmen mit Sitz in Frankfurt-Fechenheim Agro- und Pharmachemikalien sowie weitere Feinchemikalien für Kunden in den Segmenten Kosmetika, Additive, Coatings, Polymere, Katalysatoren und Elektronikmaterialien. Zudem bietet WeylChem Produktlinien für Reinigungs- oder Körperpflegemittel an. Die Firma, deren Wurzeln fast 150 Jahre zurückreichen, erwirtschaftet rund 620 Mio. EUR Jahresumsatz.

Seit Oktober 2018 ist Uwe Brunk Präsident von WeylChem. Der erfahrene Feinchemiemanager soll das Unternehmen fokussieren und auf Wachstum trimmen. Michael Reubold sprach mit ihm über seine Pläne.

CHEManager: Herr Brunk, mit welchen Zielen sind Sie vor einem Jahr zu WeylChem gewechselt?

Uwe Brunk: Als man mich auf die Stelle als Präsident bei WeylChem angesprochen hat, wollte man eine deutliche Veränderung der Strategie vornehmen. Es ging hauptsächlich darum, das Portfolio auf die Stärken und die Werthaltigkeit für die Kunden zu fokussieren. Das klang sehr spannend, weil es auch um Wachstum ging auf Gebieten, in denen ich über die letzten 30 Jahre meiner Karriere schon Erfahrungen sammeln konnte.
Nach meinem Start als Präsident der WeylChem Group of Companies, so der offizielle Name, habe ich als erstes analysiert, welche unserer Gruppengesellschaften überhaupt ein werthaltiges Angebot für die Kunden haben. Wir haben uns dann von Gesellschaften, wo wir weder für Kunden noch für uns einen Mehrwert gesehen haben, getrennt.

Welche waren das?

U. Brunk: Das waren die Miteni und die HydroChem in Italien sowie die WeylChem Griesheim. Schließlich haben wir noch bei einer unserer französischen Gruppengesellschaften, der PPC in Thann, eine Veränderung innerhalb des ICIG-Verbunds vorgenommen und sie zum 1. Juli auf die Vynova übertragen. Den Vertrieb der Feinchemikalien führen wir als WeylChem unverändert fort.
Bei diesem Prozess sind neun Gesellschaften übriggeblieben. Hinzu kam das Geschäft der Catexel-Gruppe, das WeylChem bereits im November 2018 übernommen hat.
Das führt dazu, dass unser Geschäft heute zehn Gesellschaften umfasst und auf drei Säulen aufbaut: den Bereich Care Chemicals, das Produktliniengeschäft und das Segment Custom Manufacturing.

Welche Rolle spielen diese drei Segmente für die Gruppe?

.„Ich wollte meinen Fokus in den ersten Monaten
hauptsächlich auf das
Custom-Manufacturing-Geschäft legen.“


U. Brunk: Der Gesamtumsatz der WeylChem wird zu je etwa einem Drittel von Care Chemicals, von Line Products und vom Custom Manufacturing erwirtschaftet. Der Fokus lag in den letzten Jahren sehr stark auf Care Chemicals. Und ich wollte meinen Fokus in den ersten Monaten hauptsächlich auf das Custom-Manufacturing-Geschäft legen, weil sich die WeylChem gerade in diesem Bereich in den letzten Jahren sehr zurückgehalten hat.

Im Custom Manufacturing, also der Entwicklung und Produktion von Feinchemikalien im Kundenauftrag, gehört WeylChem trotz der von Ihnen zitierten Zurückhaltung zu den führenden Anbietern…

U. Brunk: Ja, aber ich würde nicht verhehlen, dass WeylChem in den letzten Jahren keine der ersten Adressen war, die man angefragt hat. Das lag eventuell auch an der Art und Weise, wie sich WeylChem dort aufgestellt hatte. Deshalb haben wir – nachdem wir das Segment Performance Products zuvor mit dem Catexel-Zukauf gestärkt hatten – unser Custom-Manufacturing-Geschäft unter die Lupe genommen und dort angesetzt.

Wie sind Sie dabei vorgegangen?

U. Brunk: Die Probleme lagen nach unserer Analyse nicht bei unserer Technologieexpertise, sondern der Marktansprache. Unser Custom-Manufacturing-Geschäft besteht aus mehreren Gesellschaften, die alle ihr eigenes Marketing hatten. Also haben wir das Marketing zunächst einmal in einer Einheit konsolidiert und im nächsten Schritt komplett neu ausgerichtet. Dazu haben wir eine ganze Menge erfahrene Marketers zusätzlich eingestellt und das Marketing dann auf zwei Standbeine konzentriert: auf die Platform Manager und auf die Key Account Manager.
Platform Manager sind Experten, die ihren Markt mit seinen Produkten, seiner Entwicklung und den übergeordneten Trends sehr gut kennen und die auch ein Gespür dafür haben, was an Wertschöpfung dort generierbar ist. Das Key Account Management ist bei uns etwas weitergefasst als im klassischen Sinn, denn unsere Key Accounter müssen sich nicht nur mit den Kunden identifizieren können und deren Produktportfolio kennen, sie müssen auch die Organisation und die Strategie des Kunden verstehen. Die Platform Manager und Key Accounter sollen im Zusammenspiel mit den verschiedenen Gesellschaften bzw. Standorten funktionieren, um den Kunden das, was wir besonders gut können, als werthaltige Gesamtlösung anbieten zu können.

Sie sprachen von einer Neuausrichtung. Was ist das Neue daran?

„Wir drehen den Spieß um gegenüber dem,
wie es normalerweise beim
Custom Manufacturing ist.“


U. Brunk: Neu ist, dass wir den Spieß umdrehen gegenüber dem, wie es normalerweise beim Custom Manufacturing ist: Wir warten nicht, bis ein Kunde uns anfragt, sondern gehen aktiv auf potenzielle Kunden zu, denn in der Regel kann der Kunde nicht besser als wir wissen, was wir gut können.
Wir analysieren also zuerst unser Portfolio an Synthesetechnologien. Die sechs Platform Manager schauen dann in ihren Märkten, wo wir diese Technologien besonders gut ansetzen können und filtern bestimmte Moleküle oder Substanzklassen heraus. Schließlich entscheiden die Key Account Manager, für welche Kunden unsere Expertise einen Mehrwert gegenüber der Inhouse-Produktion oder des aktuellen Produktionspartners bieten könnte – das kann auch bereits in der Entwicklungsphase für ein Molekül oder eine neue Syntheseroute für eine etablierte Produktion ansetzen. Und zuletzt muss man natürlich wissen, wer die richtigen Ansprechpersonen bei diesen potenziellen Kunden sind. Im Konzert zwischen Platform und Key Account Manager versuchen wir dann ein Paket zu schnüren, das für den Kunden von Interesse ist.

Sie erbringen also eine gewisse Vorleistung, ohne zu wissen, welche Kunden daran überhaupt Interesse haben könnten. Ist diese „Initiativbewerbung“ Ihrerseits nicht ein sehr hoher und risikobehafteter Aufwand?

U. Brunk: Das ist in der Tat der Fall. Aber auf der anderen Seite sehe ich den Vorteil gegenüber der Vielzahl der Anfragen. Es gibt ja auch eine Vielzahl guter CMOs, und jede hat ihre Stärken. Insbesondere in der Pharma- und der Agroindustrie gibt es eine traditionelle Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Lohnfertigern, da ist der Markt sehr transparent. Wir sind sehr stark in Bereichen, die nicht so transparent sind, weil dort das Custom Manufacturing noch nicht so verbreitet ist.

An welche Bereiche denken Sie da?

U. Brunk: Das sind Bereiche wie moderne Pigmente für Laserdrucker, Polymere, Coatings, Katalyse, neuerdings auch Electronics und New Energy. Da gibt es viele Trends und Entwicklungen. Auch in diesen Industrien suchen Firmen Unterstützung, wissen aber meist nicht, wie und woher sie diese erhalten können, deshalb liegt es an uns, diese Industrien für die Lohnfertigung zu erschließen.
Das gilt auch insbesondere für Start-ups, die einen ganz anderen Fokus als etablierte Unternehmen haben und – das habe ich in vielen Fällen und in verschiedenen Segmenten auch erlebt – begeistert sind, dass es jemanden gibt, der mit der Produktion helfen kann, so dass sie sich auf ihre Kernkompetenz konzentrieren können.
Deswegen finde ich die Aufgabe bei der WeylChem super interessant. Wir haben einerseits sehr traditionelle Kundenbeziehungen und erschließen uns andererseits hochmoderne Segmente. Und das Spannende ist, dass wir mit unserer Technologie und Expertise auch tatsächlich den Nerv dieser Kunden treffen.

Wenn die neue Marketingstrategie greift und beginnt, ihre Projektpipeline zu füllen, sind dann die verschiedenen Gesellschaften darauf vorbereitet?

U. Brunk: Lediglich eine neue Marketingorganisation aufzustellen, reicht natürlich nicht. Aktuell arbeiten wir daran, ein Steuerungsgremium für alle Projekte – bestehende und neue – aufzusetzen. Dieses Projekt Management Office, kurz: PMO, soll im Rahmen der Projektsteuerung die Priorisierung und Ressourcenallokation vornehmen. Denn in der Regel hat man nie genügend Ressourcen, um alle interessanten Projekte zu einem Zeitpunkt zu machen. Durch das PMO versuchen wir, über die Priorisierung von Themen die Ressourcen optimal einzusetzen. Dass das funktioniert, das ist für mich das A und O.
Und wir sind dabei, die Prozesse zu vereinfachen und neu aufzusetzen, damit wir schnell und flexibel auf die Anfragen der Kunden reagieren können. Wir bewegen uns da auf einer Achse zwischen Prozesstreue und Flexibilität. Und der Charme von mittelständischen Unternehmen ist ja, Flexibilität zu haben und schnell auf Veränderungen zu reagieren. Da versuche ich, eine Balance zwischen beidem zu finden.
Wir haben im April damit angefangen, die Prozesse für WeylChem US in Elgin in South Carolina neu aufzustellen. Wir haben das anschließend für die Allessa getan, und erarbeiten seit September ein ähnliches Konzept für WeylChem Lamotte in Frankreich.
Und schließlich sehen wir uns noch an, inwieweit wir die Prozesse auf der Produktionsseite noch optimieren können, damit wir noch attraktiver für die Kunden werden. Der Fokus darauf, für die Kunden attraktiv zu sein, sozusagen ein Sparringspartner auf Augenhöhe zu sein, ist der Punkt, der für uns wichtig ist.

Denken Sie auch über Ergänzungen nach, um sich bei bestimmten Technologien besser zu positionieren? Auch im CMO-Market ist ja M&A inzwischen gang und gäbe.

U. Brunk: Das ist der dritte Schritt. Nach der Portfolioanalyse und der Neuaufstellung der Gesellschaften werden wir betrachten, wie wir das Ganze ergänzen können. Und natürlich sehen wir uns dann auch Übernahmemöglichkeiten an. Aber aktuell sind die Multiples nach wie vor extrem hoch, und die ICIG-Gruppe verfolgt ein anderes Einkaufskonzept als es vielleicht Private Equity macht. In der ICIG-Gruppe sind Zukäufe und deren Return vielfach sehr langfristig angelegt.
Und das macht auch den Charme dieses Konzeptes aus. Es ist auch den Eigentümern klar, dass das, was ich jetzt mache, nicht nächstes Jahr schon den großen Effekt erzielen wird, sondern dass es ein Umbau ist, der länger dauert, der auch dazu führen muss, an verschiedenen Stellen im Unternehmen den Mindset zu verändern.

Zur Person
Uwe Brunk
übernahm im Oktober 2018 die Rolle des Präsidenten der WeylChem-Gruppe. Zuvor war Brunk bis Herbst 2017 für die CABB-Gruppe tätig, zu der er Anfang 2012 von der Lanxess-Tochter Saltigo gewechselt war. Seine Karriere startete der versierte und erfahrene Agro & Fine Chemicals-Manager im Bayer-Konzern. Zuletzt hat der 57-Jährige als Inhaber einer Consulting-Firma Investoren beim Kauf von Fein- und Spezialitätenchemiefirmen beraten und diese bei der Optimierung von internen Prozessen und der Weiterentwicklung von Führungsteams unterstützt. Brunk promovierte in Organischer Chemie und erwarb zusätzlich einen Executive MBA.

Kontakt

WeylChem International GmbH

Alt Fechenheim 34
60386 Frankfurt
Deutschland

+49 69 4109–01