Weltweites Netz der Logistik-Kompetenz
Strategie 2015 der Deutschen Post DHL wirkt auch in den Life Sciences-Bereich
Mit der Strategie 2015 will die Deutsche Post DHL ihre Führungsposition im internationalen Logistikgeschäft stärken, das soll u.a. durch eine engere Verzahnung der DHL-Geschäftsfelder geschehen. Im Rahmen dieser Strategie wurden 2009 auch die Aktivitäten im Bereich Life Sciences und Healthcare erweitert, dessen Kunden künftig noch besseren Service und exzellente Qualität erwarten dürfen. Dr. Sonja Andres sprach mit Andreas Sahli, Head of Life Sciences and Healthcare, Europe, DHL Global Customer Solutions.
CHEManager: Wie wirkt sich die Strategie 2015 auf den Bereich DHL Life Sciences und Healthcare aus?
A. Sahli: Life Sciences und Healthcare ist einer der Sektoren innerhalb der Deutschen Post DHL, in denen die Strategie 2015 Prioritäten gesetzt hat. Momentan sind wir dabei, die Strategie für unseren Sektor auszuarbeiten. Die Strategie beinhaltet die drei wesentlichen Komponenten: Kundenanbindung, Nutzung internen Expertenwissens und Aufbau einer Wissensbasis.
Die Kundenanbindung erreichen wir in Form von Konferenzen, Workshops und Interviews in Face-to-Face-Meetings. Die Kunden werden sehr stark involviert, wobei wir versuchen, ihre Bedürfnisse hinsichtlich der Supply Chain zu verstehen.
Internes Expertenwissen, die zweite Säule unserer Strategie, mündet im Aufbau einer Life Science-Community innerhalb von DHL. Das heißt, wir versuchen die Kompetenzen, die wir bereichsübergreifend zu diesem Thema besitzen, in einer einheitlichen Community zu bündeln und von einander zu lernen. Die Community, die im Moment ca. 500 Mitglieder hat, wird von einem Steering Commitee geleitet.
Eine dritte und sehr wichtige Säule, betrifft den Aufbau einer Wissensbasis. Wir sammeln Daten, denn wir müssen von unseren Kunden lernen, eigene Erfahrungen einbringen und diese auf den Markt adaptieren. Im Life Science Sektor führen neue Regulationen stets zu neuen Herausforderungen, die sich auf die Supply Chain auswirken und denen wir uns stellen müssen.
Auf diesen drei Säulen bauen wir unsere Strategie 2015 auf.
Welche Ziele wurden gesteckt?
A. Sahli: Das primäre Ziel heißt natürlich, für die Kunden der Life Science Branche passende, optimierte Produkte, sprich Supply Chain-Lösungen zu schaffen.
Wo sieht die DHL ihre größten Kompetenzen in Bezug auf logistische Leistungen im Life Sciences-Bereich? In Europa?
A. Sahli: Die Strategie 2015 fügt sich nahtlos an die Strategie X10 an. Hier ging es darum, Kompetenzfelder und Produkte für unsere Kunden aufzulegen. Unser Ziel war es, eine Door-to-Door-Supply Chain aufzubauen, die wir heute unter Einhaltung aller Life Science-Regulationen anbieten können. Das Handling von Life Science-Produkten ist sehr stark reguliert. Man denke hierbei an GDP, GMP oder die strenge Einhaltung der Kühlkette. Um dieses zu erreichen, haben wir in Europa ein spezielles LTL-Coldchain Netzwerk (LTL = Less than trailer load, Anmerk. d. R.) eingerichtet, das sich um den Transport der Life Science-Produkte kümmert. Dieses straßengebundene Hub System bietet Life Science-Kunden eine maßgeschneiderte Lösung zur Verteilung ihrer Sendungen in ganz West- und Zentraleuropa in einem Temperaturbereich von 2-8°C und 15-25°C an. Der Kunde hat hier die Möglichkeit, nur eine Palette zu verschicken, ohne einen kompletten Lkw buchen zu müssen, um Waren in einer rentablen Zeit zum Kunden zu bringen. Mit dem LTL-Coldchain-System bieten wir in Europa eine Lösung an, die kombinierte Transporte mit anderen Kühlprodukten - also nicht Life Science-Produkten - ausschließt. In diesem Netzwerk „Dedicated to Pharma" werden nur Pharmaprodukte transportiert.
Global betrachtet?
A. Sahli: Ein wichtiger Punkt ist der Aufbau eines weltweiten Competence Center-Netzwerks für unsere Luftfrachtsendungen. Etwa 20 Competence Center (CC) Europa- bzw. weltweit haben wir bereits eröffnet und werden global bis auf über 30 erweitern. Die CC stützen sich auf zwei Hauptkompetenzen, zum einen ist das geschultes Personal in Verwaltung, Operation, Warenumschlag und Lager. Zum anderen wird der Warenumschlag garantiert gekühlt bei 15-25°C bzw. 2-8°C. Mit dem Vorteil: Wenn sich z.B. ein Flug verspätet oder durch schlechte Wetterverhältnisse verzögert, lassen sich die Life Science-Produkte während der gesamten Wartezeit im entsprechenden, vorgeschriebenen Temperaturbereich halten.
Des Weiteren haben wir in Panama, Istanbul, Dubai und Singapur zertifizierte Drehkreuze aufgebaut. Diese Lager können wir unseren Kunden für eine kurzfristige Lagerung anbieten - in allen Temperaturbereichen. Alle sind GDP-zertifiziert. So lassen sich Pharmaprodukte gebündelt in die jeweilige Region versenden und von dort fein verteilen.
Wie gewährleisten Sie eine durchgehende Qualität der Logistikleistungen?
A. Sahli: Wir führen im gesamten Life Science-Bereich einen, von der Deutschen Post DHL initiierten aktiven Six-Sigma-Verbesserungsprozess durch, um unsere Produkte zu optimieren, aber auch um Fehlerquellen auszuschließen.
Ferner haben wir eigene Qualitätsnetzwerke innerhalb der Gruppe mit einem globalen Quality Manager an der Spitze, dem weltweit ein Netzwerk regionaler Quality Manager untersteht. Diese sind auch für die Audits mit den Kunden zuständig.
Selbstverständlich gibt es in unserem Netzwerk Personen, die sich um die Cold Chain kümmern, die z.B. entsprechende Verpackungsvalidierungen durchführen und die Competence Center in der Handhabung der Produkte schulen. Deren Aufgabe ist es ebenfalls, dieses Know-how auch in die Competence Center der Schwellenländer zu transferieren.
Was konnte im Hinblick auf die Strategie 2015 für den Bereich Life Science und Healthcare tatsächlich schon umgesetzt werden?
A. Sahli: Wir haben die bereits erwähnten drei neuen Komponenten eingeführt. Durch die Kundenanbindung in Form regionaler und globaler Konferenzen sind wir nun im Besitz sehr vieler Informationen, die es erst einmal zu verarbeiten gilt. Mit den wichtigsten Life Science-Unternehmen haben wir persönliche Interviews geführt und dabei versucht, ein umfassendes Meinungsbild zu erhalten. Regelmäßig tagt das Steering Commitee. Es wurden auch bereits einige Projekte gelauncht, die Arbeitsgruppen bereits in Angriff genommen haben. Die ersten Studien werden momentan ausgewertet und Erkenntnisse hieraus sollen dann in die Supply Chain einfließen, was letztendlich zur Weiterentwicklung bzw. Optimierung unserer Produkte führt.
In wie weit greift das Konzept global?
A. Sahli: Durch unser Life Science-Netzwerk besteht die Möglichkeit weltweit, auf jedem Kontinent Lagerhaltung anzubieten. Das gilt nahezu für alle Länder Europas, aber auch für Afrika, Asien sowie Nord-, Süd und Mittelamerika. Überall dort existieren Lagerkapazitäten für „Dedicated Life Science"-Produkte mit den entsprechenden Anforderungen GDP, GMP, Zertifizierungen und natürlich qualifiziertem Personal. Diese Lagerhäuser sind temperaturkontrolliert und halten alle gängigen und lokalen Vorschriften zur Lagerung von Life Science-Produkten ein.
Wie kann entsprechend geforderte Qualität (GMP, GDP, Kühlvorschriften, usw.) auch in Schwellenländern erreicht werden?
A. Sahli: Lassen Sie mich ein Beispiel nennen: Es bestehen gewisse Unterschiede zwischen einem Competence Center (CC) in Frankfurt am Main und einem in Kairo, wo viel extremere Temperaturen herrschen und zudem die Infrastruktur nicht optimiert ist, wie an einem Flughafen Frankfurt. Das heißt, je extremer die Temperaturen und je schwieriger die Infrastruktur in einem Land desto mehr Sinn macht natürlich ein CC. Unsere Anstrengungen zielen darauf ab, die CC auch unter diesen schwierigen Bedingungen optimal zu betreiben. Die Center sind traditionell in der Nähe eines Flughafens, nach Möglichkeit sogar im Flughafen angesiedelt, weil es tatsächlich darum geht, Probleme von vorneherein zu vermeiden.
Das Ziel ist, für temperaturempfindliche Fracht auch über lange Strecken und mit Zwischenstopps eine durchgehende Kühlkette zu jeder Zeit zu gewährleisten. Life Science-Produkte müssen stets fachgerecht und den Regulationen entsprechend aufbewahrt werden können, um die Kühlkette zu garantieren. Deswegen sind die CC für die DHL ein elementarer Teil der Life Sciences Supply Chain.
Wichtig ist unter diesen Gesichtspunkten auch, in den Schwellenländern Lagerhaltung anzubieten, denn es gibt Pharmaprodukte mit kurzen Verfallsdaten. Diese Produkte, z.B. Seren, müssen vor Ort vorgehalten werden, damit sie in der gewünschten Zeit im Hospital bzw. beim Patienten sind. Es ist im Life Science-Sektor nicht möglich, alles aus einem zentralen, globalen Lager zu bedienen. Gerade in Schwellenländern, in denen keine gesicherte Infrastruktur vorhanden ist, müssen diese Produkte kurzfristig fachgerecht gelagert werden können. Das schließt insgesamt auch ein, dass man in diesen Ländern auf einen Stab kompetenter, qualifizierter Mitarbeiter zurückgreifen kann. Denn auch der Kunde, muss vor Ort einen Ansprechpartner haben, der die nötige Terminologie beherrscht.
Life Sciences Unternehmen stellen hohe Ansprüche an logistische Dienstleistungen. Qualifizierte und zuverlässige Mitarbeiter sind ein wesentlicher Bestandteil einer funktionierenden Supply Chain. Wie stellen Sie hier Kompetenz sicher?
A. Sahli: Es ist gerade in den Schwellenländern eine Herausforderung, qualifiziertes Personal zu finden. Unsere zentrale Personalabeilung hat in Abstimmung mit dem Sektor Prozesse entwickelt, die uns helfen, geeignete Kandidaten für unser Unternehmen zu gewinnen. Die Mitarbeiter der Competence Center werden darüber hinaus regelmäßig von unseren regionalen Quality Mitarbeitern geschult, für deren regelmäßige Schulung wiederum der bereits erwähnte Global Quality Manager zuständig ist. Was die generelle Qualifizierung betrifft, verlassen wir uns auf unseren zentralen Einstellungsprozess.
Im laufenden Prozess führt das Qualitätsmanagement interne Audits in Form unangemeldeter Checks durch. Halbjährliche oder jährliche Kontrollen prüfen ebenfalls in Form von Audits den Qualitätsstand und Sicherheitsaspekte, die Mitarbeiter betreffend. Schließlich führen auch die Kunden Audits durch, um infrage kommende Lager für ihre Belange zu inspizieren, bevor sie mit uns zusammenarbeiten.
Eine Ihrer Säulen der Strategie 2015 ist die Kundenanbindung. Wie werden die Kunden in die Entwicklungsstrategien eingebunden?
A. Sahli: Das ist für uns ein sehr wichtiger Punkt. Bereits seit neun Jahren halten wir jedes Jahr eine große Konferenz an verschiedenen Standorten ab. Die letztjährige war in Miami die nächste wird im September in Dubai durchgeführt. Es finden Workshops und Vorträge statt, mit Präsentationen von Kunden, Verkehrsträgern und Behörden. Dabei geht es um Erfahrungsaustausch. Es geht darum, zu lernen, zu erfahren, was die Kunden wünschen, wo Schwierigkeiten auftreten und letztendlich wie sich der Markt entwickelt. So können wir unseren Support entlang der Supply Chain optimieren. Zusätzlich führen wir jährlich auch ca. 30 Workshops mit ähnlichem Konzept auf regionaler und lokaler Ebene durch, davon profitieren in besonderer Weise auch die Schwellenländer.
Das Thema Erfahrungsaustausch betrifft natürlich auch unsere Kongresse und Workshops. Hier werden die Kundenbedürfnisse sehr stark mit eingebunden, im Form von Interviews oder persönlichen Gesprächen. Die Betreuung der Kunden hat also bei uns einen sehr hohen Stellenwert. Wir sind im täglichen Kontakt mit ihnen. Die Life Science Branche ist nach meinen Erfahrungen auch keine Branche, die ihre logistischen Erkenntnisse hinter dem Berg hält. Man diskutiert unter Logistikern recht offen miteinander.
Sehen Sie Ihre im Sommer 2009 ins Leben gerufene Strategie 2015 auf Erfolgskurs? Was sind die nächsten Ziele?
A. Sahli: Wir sehen uns tatsächlich auf Erfolgkurs. Wir haben die Strategie letztes Jahr gestartet und sind im Fahrplan. Die nächsten Ziele? Wir haben bereits einige Lösungen implementiert und wir sind dabei, weitere Lösungen zu entwickeln und umzusetzen. Ein weiterer Punkt wird sein, diese Strategie den Vertretern der Life Science Branche im Detail in Dubai anlässlich unserer globalen Konferenz vorzustellen und mit ihnen zu erörtern.
Konferenz in Dubai
Die 10. Deutsche Post DHL Life Science & Healthcare Conference and Workshops findet vom 21.-23. September 2010 in Dubai, Vereinte Arabische Emirate, statt. Der erste Tag dient u.a. dem Erfahrungsaustausch mit Experten und bietet die Gelegenheit den Danzas Life Sciences Hub in Dubai zu besichtigen. Der zweite Tag ist komplett unterschiedlichsten Workshops gewidmet, wobei aktuelle Themen aus der Branche zur Sprache kommen. Am dritten Tag finden zahlreiche Expertenvorträge statt.
Kontakt:
http://dhl.sharepointspace.com/sites/lsh/default.aspx
life.sciences@dhl.com
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