Weichenstellung im Food-&-Feed-Geschäft
Mit Tochter Ter Ingredients setzt Ter Chemicals ein Signal für Wachstum und Spezialisierung
Das Chemiehandelshaus Ter Hell & Co. hat am 1. Januar 2016 den bestehenden Geschäftsbereich Food & Feed zu 100% in die neu gegründete Tochtergesellschaft Ter Ingredients überführt. Die Ter Chemicals Distribution Group, die insgesamt in sieben Geschäftsbereichen aktiv ist, hat mit der Neustrukturierung auf ein überdurchschnittlich starkes Wachstum des Geschäfts mit Inhaltsstoffen für Lebensmittel und Tiernahrung reagiert. Der Umsatz des Bereichs betrug im Jahr 2014 65 Mio. EUR. Für CHEManager befragte Dr. Birgit Megges Benjamin Lindenau, der zusammen mit Oliver Zimmermann die Geschäfte von Ter Ingredients führt, zu den Zielen, die mit dem Tochterunternehmen erreicht werden sollen.
CHEManager: Herr Lindenau, warum hat sich Ter Chemicals entschieden, das Lebensmittel- und Tiernahrungsgeschäft auszugliedern?
B. Lindenau: Schon seit Jahren verfolgen wir innerhalb der Ter Group die Strategie, für uns wichtige und klar abgegrenzte Bereiche in eigenen Firmen zu führen, um Stück für Stück eine Holdingstruktur zu schaffen.
Wir sind innerhalb der Ter Chemicals mit dem Geschäft von Rohstoffen für die Nahrungs- und Futtermittelindustrie über Jahre stark gewachsen. Diesem Wachstum wird nun Rechnung getragen durch die Aufwertung in eine eigene legale Einheit, der Ter Ingredients. Außerdem ist ein Großteil des Geschäfts von Ter Hell & Co. mehr auf Chemie fokussiert. Wir können uns nun stärker differenzieren und auf unsere Kundenwünsche angepasst agieren.
Die Chemiedistributionsbranche ist seit Jahren durch Konsolidierung geprägt. Eine Spezialisierung gilt hierbei als strategische Maßnahme, um als Unternehmen bestehen zu bleiben. Hat diese Thematik bei der Entscheidung auch eine Rolle gespielt?
B. Lindenau: Auf jeden Fall. Es gibt kaum noch den kleinen Lebensmittelzutatenhändler, den es vor einigen Jahren gerade in Hamburg noch häufiger gab. Der Bereich Distribution und Handel von Lebensmittelrohstoffen ist inzwischen sehr spezialisiert und konsolidiert sich weiter. Dies liegt an diversen Markteinstiegsbarrieren angefangen von Zertifizierungen, entsprechenden Auditierungen der Hersteller und behördlichen Anforderungen. Gleichzeitig herrscht ein hoher Margendruck, denn Deutschland ist ein Land mit extrem niedrigen Lebensmittelpreisen. Den Druck der Lebensmitteldiscounter spüren auch wir, auch wenn wir nicht direkt mit dem Einzelhandel sondern mit den Lebensmittelproduzenten arbeiten.
Wie stehen Sie generell zu dem Thema M&A in der Distributionsbranche?
B. Lindenau: Auch wir sind als Ter Chemicals Distribution Group an der Konsolidierung der Distributionsbranche beteiligt. Glücklicherweise stehen wir aber auf der Seite der Käufer. Wir konnten in den letzten Jahren wichtige Lücken in der Landkarte Europas für uns schließen und haben mittlerweile als einer der wenigen familiengeführten Distributeure eine paneuropäische Abdeckung erreicht. Gleichzeitig arbeiten wir aber weiter an Investitionschancen für unser Unternehmen, die unsere regionale Abdeckung noch weiter komplettieren, die kritische Masse in strategischen Ländern erhöhen oder uns auch zusätzlichen Kunden- oder Lieferantenzugang ermöglichen.
In welcher Weise soll Ter Ingredients wachsen?
B. Lindenau: Wir liefern viele kleine Rohstoffe, die für unsere Kunden als Einzelprodukt keine große Bedeutung haben. Gleichzeitig gilt auch für unsere Rohstoffe der Satz von Rudolf-August Oetker: „Wenn auch nur das kleinste Rad im Betrieb fehlt, dann läuft die Maschine nicht.“ Unser Ziel ist es, pro Kunde eine Vielzahl dieser kleinen Räder zu liefern. Dafür brauchen wir sehr gute europaweite Verkaufsstrukturen und einen langen Atem.
Welche internen Änderungen sind mit der Ausgliederung verbunden?
B. Lindenau: Die Änderungen auf den Geschäftsablauf sind begrenzt. Wenn wir bisher einige interne Dienstleistungen per Kostenumlage genutzt und getragen haben, so wird dies in der Zukunft als Rechnung geschehen. Unser Konzept ist und bleibt, zentrale Services in allen operativen Töchtern der Holding zu nutzen und damit Synergien zu erreichen.
Was bedeutet dieser Schritt für Ihre Kunden? Wird sich Ihr bisheriges Angebot in Bezug auf Ihr Produktportfolio bzw. Ihr Dienstleistungsangebot verändern?
B. Lindenau: Wir planen mit der Ausgliederung keine Veränderung des Produktangebotes. Wir sind ein Dienstleister der Lebensmittel- und Futtermittelindustrie und werden auch weiterhin unser Produktangebot nach den Wünschen unserer Kunden ausrichten.
Haben Sie sich regionale Schwerpunkte für Ihre Tätigkeit gesetzt?
B. Lindenau: Wir sind bereits sehr stark im deutschsprachigen Raum, sehen aber für die Ter Ingredients in Regionen wie Skandinavien noch großes Wachstumspotenzial. Mit unserem leistungsstarken Partner HSH Chemie, an der unsere Muttergesellschaft eine bedeutende Minderheitsbeteiligung hält, sehen wir enormes Wachstumspotenzial für Osteuropa, insbesondere in Polen, Tschechien und Ungarn. Auch unsere Tochterunternehmen in Frankreich, Spanien und Italien wachsen kontinuierlich.
Wir sehen ganz allgemein eine immer stärkere Zentralisierung, auch in der Produktion von Lebens- und Futtermitteln. Es haben sich mehr und mehr Spezialisten auch im Bereich von Handelsmarken etabliert, die für fast den gesamten EU-Binnenmarkt zum Beispiel in Polen produzieren. Daraus folgernd müssen wir dort präsent sein, wo die großen Produzenten sitzen, und das ist im Bereich Lebensmittel glücklicherweise fast überall in Europa, während es im Bereich Futtermittel stärkere Regionalitäten beispielsweise in Niedersachsen oder in den Niederlanden gibt.
Sicher haben Sie vor diesem Schritt die Märkte für Lebensmittel und Tiernahrung genau untersucht. Welche Beobachtungen konnten Sie machen?
B. Lindenau: Wir beobachten schon lange den Trend zu höchsten Anforderungen an Qualität und Dokumentation bei sehr geringer Bereitschaft der Kunden, dafür einen höheren Preis zu zahlen. Wir halten ein großes Team von Ökotrophologen und technisch ausgebildeten Qualitätsverantwortlichen bereit, um Kundenfragen zu beantworten und eine sichere Lieferkette darzustellen. Auf Dauer hoffe ich, dass sich unsere Investition in diesen ausgeweiteten Service in Form von Kundenloyalität für uns mittelfristig auszahlt.
Außerdem sind wir natürlich – wie alle Unternehmen in dieser Branche – mit dem Trend zu möglichst kurzen Zutatenlisten, einem „Clean Label“ konfrontiert. Dies bewirkt eine Veränderung in den Einsatzgebieten der Zutaten wie zum Beispiel Konservierungsstoffen. Wir können aber ganz allgemein keine abnehmende Tendenz der Verwendung von Zusatzstoffen feststellen.
In der Regel ist es schwer, sämtliche Markttrends mit dem eigenen Geschäft zu bedienen. Worauf werden Sie sich fokussieren?
B. Lindenau: Wir handeln Commodities – oder auch Essentials genannt. Damit sind wir kein Vermarkter neuester Innovationen, die im Lebensmittel- und Futtermittelzutatenbereich ohnehin regulativ stark begrenzt sind. Ich bin aber davon überzeugt, dass durch den normalen Produktlebenszyklus jedes Produkt in relativ kurzer Zeit in Richtung einer „Commodity“ gedrängt wird. Deshalb brauchen auch innovative Produzenten einen starken Vertriebspartner, der nicht mit einem Heer teurer Anwendungsberater, sondern mit einem effizienten und motivierten Vertriebsteam nah am Kunden arbeitet und das erwartete Absatzwachstum bringt - und genau das ist unsere Stärke.
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