Chemie & Life Sciences

Warum REACh 2018 näher ist als man denkt...

Handlungsoptionen bleiben nur, wenn Entscheidungen rechtzeitig getroffen werden

02.03.2016 - Am 31. Mai 2018 endet die letzte Übergangsfrist der REACh-Verordnung (REACh-VO) zur Registrierung von Stoffen.

Wer jetzt noch nicht weiß, was sein Unternehmen in den verbleibenden gut zwei Jahren noch zu tun hat, verspielt möglicherweise wichtige Handlungsoptionen.

Die REACh-VO ist 2007 in Kraft getreten und von Juni bis November 2008 konnten Unternehmen ihre Stoffe bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) vorregistrieren. Da das Verfahren einfach online und gebührenfrei durchgeführt werden konnte, haben viele Unternehmen die Vorregistrierung genutzt, um von den Übergangsfristen für die eigentliche Registrierung profitieren zu können.

Nach der Vorregistrierung ist vor der Registrierung

Stoffhersteller und Importeure, die nicht von den ersten Registrierungsfristen 2010/2013 betroffen waren, haben sich nach der Vorregistrierung zumeist auf eine eher zurücklehnende Haltung verlegt. Es war auch durchaus sinnvoll abzuwarten, denn im Zuge der ersten beiden Registrierungsphasen wurden zahlreiche Erfahrungen gesammelt und hilfreiche Tools entwickelt. Inzwischen ist es aber höchste Zeit, die individuelle Situation zu bewerten und Entscheidungen in Hinblick auf eigene Registrierungen zu treffen.

Nicht selten stellen Firmen fest, dass die vor gut sieben Jahren gewonnenen Erkenntnisse und getroffenen Entscheidungen nicht mehr nachvollziehbar sind, da sie unzureichend dokumentiert wurden und/oder die damaligen Verantwortlichen das Unternehmen längst verlassen haben. Die Nachfolger stehen dann vor der Frage, was sich seitdem verändert hat (Produkte, Lieferanten, Mengen) und welche Stoffe aktuell tatsächlich registriert werden müssen bzw. sollen und wie.

Ohne Registrierung kein Markt

Die Folgen, wenn ein wichtiger Rohstoff oder Bestandteil eines Schlüsselproduktes ab Juni 2018 nicht mehr in relevanten Mengen hergestellt oder importiert werden darf, können fatal für die gesamte betroffene Lieferkette sein. Eine Registrierung, die durchaus keine unüberwindbare Hürde darstellen muss, sollte daher sorgfältig gegen mögliche Alternativen (z.B. Substitution) abgewogen werden, ggf. unter Einbeziehung der betroffenen Anwender.

Registrierungspflichtig sind die Stoffhersteller und die Importeure von Stoffen und Gemischen. Wenn Ausnahmen geltend gemacht werden können, müssen die Voraussetzungen sorgfältig geprüft und dokumentiert werden, z.B.

- sind importierte Polymere nur dann ausgenommen, wenn eine Bestätigung vorliegt, dass die entsprechenden Monomere durch einen Vorlieferanten registriert wurden;

- sind viele Naturstoffe nur dann ausgenommen, wenn sie chemisch nicht verändert wurden und dies durch den Hersteller auch bestätigt werden kann (gehärtete pflanzliche Fette sind z.B. nicht ausgenommen);

- werden Importeure zu nachgeschalteten Anwendern, wenn der Lieferant einen Alleinvertreter bestellt hat. Im eigenen Interesse sollten Importeure sich aber vom Alleinvertreter schriftlich bestätigen lassen, dass ihr Import auch tatsächlich abgedeckt wird. Im Rahmen von Behördenkontrollen wurde nicht selten festgestellt, dass Alleinvertreter gar nicht oder nicht richtig benannt wurden.

- sind Futtermittel- und Lebensmittelzusatzstoffe zwar von der Registrierung ausgenommen, wenn ein Anwender die gleichen Stoffe aber z.B. in Reinigungsmitteln oder in Kosmetikprodukten verwendet will, sind sie wieder registrierungspflichtig.

Nachgeschalteter Anwender unterliegen selbst zwar nicht der Registrierungspflicht, haben aber eine hohes Interesse daran, dass ihre Lieferanten bei wichtigen Rohstoffen über 2018 hinaus lieferfähig bleiben und die jeweiligen Anwendungen dabei berücksichtigen.

Für wen lohnt sich die Registrierung?

Mit einer Registrierung sind Kosten verbunden, die durch so viele Faktoren beeinflusst werden, dass jedes Unternehmen die wirtschaftliche Entscheidung für oder gegen eine Registrierung stoffbezogen treffen muss.

Eine der wesentlichen Rahmenbedingungen ist die Frage, ob ein Unternehmen einer gemeinsamen Registrierung beitreten kann. In diesem Fall ist der Aufwand in der Regel überschaubar, während die Kosten des sog. „Letters of Access“ (LoA) durch den federführenden Registranten (LR) bestimmt werden. Die Verhandlungen sind nicht immer einfach, daher gibt die neue Durchführungsverordnung zur Kostenteilung wichtige Kriterien vor. Auch als Co-Registrant müssen eigene Analysen beigebracht und ein verkürztes Dossier eingereicht werden.

Wenn es bisher keinen LR für einen Stoff gibt, kann ein Unternehmen nur registrieren, indem es selbst diese Rolle übernimmt. Dies erfordert deutlich mehr Zeit (je nach Tonnageband ein bis zwei Jahre), Expertise und Investitionen. Eine Kostenabschätzung sollte auf einer fundierten Datenlückenanalyse beruhen und die Unterstützung durch erfahrene Experten berücksichtigen.

In beiden Fällen muss das Unternehmen entscheiden, ob die erwarteten Kosten der Registrierung ökonomisch vertretbar sind. So wichtig diese Entscheidung ist, so wichtig ist die Analyse der obigen Rahmenbedingungen. Wenn aber zu lange abgewartet wird, reicht die verbleibende Zeit unter Umständen nicht mehr aus, um eine wirtschaftlich sinnvolle Entscheidung noch umzusetzen.

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