Anlagenbau & Prozesstechnik

Warum Kunststoffmedienleitungen nachhaltiger sind

Energie- und CO2-Einsparpotenziale beim Einsatz von Medienleitungen aus Kunststoff in der Batterieproduktion

30.09.2023 - Die Batterieproduktion wird eine enorme Nachfrage an Kühl- und Heißwasseranwendungen mit sich bringen wird. Cyrus Ardjomandi, Business Development Manager mit Schwerpunkt Batterie Applikationen bei GF Piping Systems, legt im Interview dar, welche Energie und CO2-Einsparpotenziale sich aus dem Einsatz von Kunststoffen in Medienleitungen sowie innovativen Verbindungs- und Automatisierungstechnologien in der Batterieproduktion ergeben.

CITplus: Herr Ardjomandi, welche Herausforderungen sieht ­GF bei Zellfertigungsprojekten?

Cyrus Ardjomandi: Batterietechnologien spielen in der dringend von uns umzusetzenden Energiewende eine zentrale Rolle. Elektromobilität und Stromspeicherlösungen im Gebäudesektor sind dabei nur zwei von vielen Beispielen. Mit den zeitlich festgelegten weltweiten Klimazielen zur Begrenzung der Erderwärmung gibt es jetzt eine neue Dynamik. Eine große Herausforderung ist hierbei, dass es sich meist um global geführte Projekte handelt, bei denen je nach Standort unterschiedliche Standards herrschen. Gleichzeitig sollten Faktoren wie Zeitdruck, Fachkräftemangel oder Platzbeschränkungen nicht den Zeitrahmen und die Qualität der Planung sowie Ausführung beeinflussen. Um die Effizienz in solchen Projekten hochzuhalten und lange Verzögerungen zu vermeiden, unterstützt GF Piping Systems Auftraggeber auch bei der technischen Planung und Off-site Vorfertigung entlang des gesamten Prozesses.

Dabei gilt es auch Alternativen abzuwägen, anstatt nur auf Bekanntes zu setzen. Langlebige Kunststoffrohre können die Effizienz bei der Herstellung von Batteriezellen erhöhen. Ich erläutere das an einem Beispiel: Im kritischen Bereich der Rein- und Trockenraumtechnik sind kontrollierte Umweltbedingungen von entscheidender Bedeutung. Die Dämmung und die Materialeigenschaften des Rohrleitungssystems können sich erheblich auf den zur Aufrechterhaltung einer stabilen Umgebung erforderlichen Energieaufwand auswirken. Kunststoff hat hier einige bedeutende Vorteile, beispielsweise die Schnelligkeit bei der In­­stallation, weniger Einfluss auf die Statik durch das leichte Gewicht sowie keine Kontamination durch Metallpartikel.

Warum sind Kunststoffe in der Medienverteilung nachhaltiger?

C. Ardjomandi: CO2-Einsparung fängt schon bei der Produktion der Rohrsysteme an. Rohrleitungssysteme aus Thermoplasten verursachen weniger CO2-Emissionen als Stahl. Durch die Gewichtseinsparung von bis zu 60 % wird zusätzlich viel CO2 beim Transport eingespart. Materialfluss, Druck und Durchflussraten können dank der glatten Innenfläche der Kunststoffrohre optimiert werden.

Betrachtet man als Lösung vorgedämmte Rohre, so mindert bei unserem Produkt COOL-FIT die Schaumisolierung unnötige Wärmeverluste, was wiederum die Energiekosten für Betreiber um bis zu 44 % senkt. Bei dem PE-Material entfällt die Sorge um Ausfälle durch Korrosion. Diese Systeme sind außerordentlich langlebig, in der Regel erreichen sie eine Nutzungsdauer von über 25 Jahren. Sie entsprechen den Standards und Zertifizierungen für ökologisches Bauen und sind damit eine überzeugende Option für nachhaltige Bauprojekte. Vorhandene Umweltproduktdeklarationen (EPD) helfen Anlagenplanern und Ingenieuren, die Gesamtumweltauswirkungen von Rohrleitungssystemen zu erkennen.

Ergänzend dazu bieten wir auch Kunststoff Doppelrohrsysteme, die zum Beispiel bei der Abwasserentsorgung durch eine zusätzliche Schutzebene sichern sowie gleichzeitig die Umweltbelastung minimieren. Außerdem haben wir in unserem Portfolio entsprechende Automationskomponenten zur Verteilung und Regelung der Medien.

Wenn Sie Metallrohrleitungen mit Kunststoffrohrleitungen vergleichen, zu welchen Ergebnissen kommen Sie dann?

C. Ardjomandi: Bei der Zellproduktion spielt Nachhaltigkeit eine entscheidende Rolle. Es ist eines der Schlüsselthemen auf dem Weg zu mehr Energieeffizienz. Vor diesem Hintergrund hat die Wahl des Materials eine große Relevanz, und es muss eruiert werden, in welchem Maß die gewählte Lösung die nötige Langlebigkeit und Nachhaltigkeit gewährleistet. GF Piping Systems hat unter anderem für diese Betrachtungen eine eigene Nachhaltigkeitsabteilung. GF will dabei keinem Werkstoff seine Daseinsberechtigung absprechen. Kunststoff und Metall sind verschiedene Materialien mit unterschiedlichen Ansprüchen. Bei der Analyse helfen genormte Verfahren wie die Lebenszyklusanalyse (eng: Life cycle assessment, LCA) nach den Prinzipien von ISO 14040 und ISO 14044 oder eine Umwelt-Produktdeklaration (Anm. der Redaktion: eng: Environmental Product Declaration – EPD) nach EN 15804+A1. Zusätzlich arbeiten wir hier mit externen Partnern wie erst kürzlich mit der Fraunhofer FFB, mit der wir eine Studie zur Bewertung von Kunststoffen in den Applikationen einer Zellfabrik erstellt haben. Hier lagen die Schwerpunkte auf den Anforderungen, Potenzialen und Verbesserungsmöglichkeiten. Die Ergebnisse zeigen, dass Kunststoff in vielen Bereichen eine reizvolle Alternative zu anderen Werkstoffen darstellt.

Hochgerechnet auf die riesigen benötigten Energiemengen für die Batterieproduktion, können effiziente, nicht korrodierende Kunststoff-Systeme zu einer hohen Einsparung bei Energie und OPEX – Betriebskosten – beitragen. Bei der Verarbeitung sind weitere Vorteile ersichtlich, da das Material zum Beispiel keine Metallspäne bei der Verarbeitung bildet und es keine Funkenbildung beim Schweißen gibt. Dadurch wird das Medium nicht mit Metallpartikel- oder -ionen kontaminiert. Ebenso sind in diesem schnelllebigen Business mit Kunststoff flexiblere Produktionsanpassungen möglich, zum Beispiel beim Umbau auf neue Geräte. Produkte mit diesem Werkstoff haben also großes Potential, Kosten zu senken, die Qualität der Betriebsprozesse sicherzustellen und das Risiko von Ausfallzeiten durch Leckagen und Verunreinigungen zu verringern.

Wo sieht GF die größten Einsparpotenziale beim Aufbau einer Zellfertigung?

C. Ardjomandi: Größte Einsparungsmöglichkeiten sehen wir bei Kühlwasserleitungen mit vorgedämmten Rohren wie unserem COOL-FIT. Wir sprechen im Bereich der Zellfertigung von sehr hohen eingesetzten Energiemengen. Daher haben bereits kleine Anpassungen eine enorme Auswirkung, und ein Wechsel könnte hier die Energieeffizienz der Kühlsysteme erheblich steigern und die gebäudebedingten CO2-Emissionen verringern. Die Energieeffizienz ist bei vorgedämmten Rohren qualitativ besser. Außerdem haben sie weniger Gewicht, was zum Erhalt der Statik beiträgt oder bei der Planung sogar Einsparpotenzial darstellt, wenn sich frühzeitig für leichtere Materialien entschieden wird. Die Komponenten sind durch die starke Dämmung und die diffusionsdichte Dichtlippe gut geschützt, lassen sich schnell verbinden und die Installation ist ohne nachfolgende Maßnahmen zeitsparend in nur einem Gewerk abgeschlossen.  Für uns ist es enorm wichtig zu Beginn mit den Kunden festzulegen, wie wir zeit- und kostensparend die Rohrleitungskomponenten auf die individuellen Anforderungen jedes Kunden zuschneiden können.

Was differenziert GF hier von anderen Herstellern?

C. Ardjomandi: GF unterstützt Kunden mit seinem speziell für den Batteriemarkt gegründeten, international agierenden Team aktiv entlang des gesamten Prozesses. Wir sind nicht nur Hersteller, sondern sehen unser Qualitätsmerkmal darin, ebenso vor und nach der Lieferung als Projektpartner erreichbar zu sein. An uns können sich die Kunden mit Detailfragen, Anpassungswünschen, für BIM Daten oder Nachweise zu Ökobilanzen jederzeit wenden. Dadurch ist eine extrem schnelle Integration von Modulen in die Giga-Factory möglich. Eine Durchgehende Nachverfolgbarkeit gewährleisten wir mit unseren Schweißmaschinen, die die Vorgänge zuverlässig protokollieren. Bei neuen Planungen hilft uns auch unser breiter Erfahrungsschatz aus erfolgreichen Projekten in der Halbleiterproduktion mit Rein- und Trockenräumen sowie Reinstmedien.

Welche Themen werden in Zukunft für die Batterieproduktion zur Diskussion stehen?

C. Ardjomandi: Durch den Austausch mit unseren Auftraggebern wissen wir, dass der Kosten- und Zeitdruck in Bereich bei der Batterieproduktion extrem hoch ist. Daher wird es in der Zukunft sehr wichtig sein, die Betriebskosten nachhaltig zu senken, um die Margen zu erhöhen. Dies merken wir auch in Gesprächen mit Endkunden. Ein weiterer Fokus liegt klar auf Nachhaltigkeit und Energieoptimierung. Auch hier geht GF auf Ideen und Wünsche der Auftraggeber ein und beschäftigt sich weiter mit nachhaltigen Materialien für die Produkte. Ein weiterer wichtiger Faktor wird für uns das Voranschreiten vom reinen Lieferanten zum Service und Projektpartner sein. Generell wird sich der Zukunftsbereich Batterieproduktion in den nächsten Jahren stark weiterentwickeln.

Gibt es weitere Themen, die für die ­Energiewende eine Rolle spielen?

C. Ardjomandi: Für die Zukunft ist die Wasserstoffproduktion ein zentrales Thema. Beim Medientransport von Reinstwasser in PEM-, AEM- und alkalischen Elektrolyseuren erwarten die Hersteller eine höhere Lebensdauer als mit Metall-Leitungen. Deshalb wird zu diesem Zweck PROGEF Plus im Zulauf bis zum Elektrolyse Stack eingesetzt. Dieser Werkstoff wird auch in der Halbleiter Industrie erfolgreich verwendet, denn dadurch werden Kontaminationen mit Metall­ionen und TOC (Gesamtgehalt organischer Kohlenstoff) über dem Grenzwert vermieden. Damit haben wir bereits fundierte Erfahrungen gemacht und beraten Unternehmen entsprechend beim Design ihrer Elektrolyseure.

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