Von der Mine bis zum batteriefertigen Material
Pure Battery Technology fährt eine Doppelstrategie bei der Produktion von Kathodenmaterial
Das australische Start-up Pure Battery Technology (PBT) hat eine innovative Technologie zur Erzeugung von aktivem Vorläuferkathodenmaterial (precursor Cathode Active Material, pCAM) entwickelt, das in Lithium-Ionen-Batterien für Elektroautos verwendet wird. Mit seinem umweltschonenden, patentierten Verfahren stellt PBT pCAM aus primären Rohstoffen und recycelten Metallabfällen her. Das Unternehmen mit Sitz in Brisbane hat eine deutsche Tochtergesellschaft in Ettlingen mit einem Produktionsstandort in Hagen – und ambitionierte Wachstumspläne, die durch eine Investition von Europas größtem Cleantech-Investor, EIT InnoEnergy, und einem Kredit der Europäischen Investitionsbank (EIB) unterstützt werden. CHEManager befragte Björn Zikarsky, Managing Director und CEO von PBT, zum Stand der Technologie- und der Unternehmensentwicklung.
CHEManager: PBT wurde 2017 in Australien gegründet. Wie begann die Geschichte von PBT und in welcher Phase befindet sich das Unternehmen derzeit?
Björn Zikarsky: PBT ist ein klassisches Spin-off der University of Queensland in Brisbane. Die Universität forscht schon seit vielen Jahren an Technologien, um die Umweltbelastung bei der Raffination von Metallerzen zu reduzieren. Ein Schwerpunkt liegt auf Verfahren für die Umarbeitung von batteriefähigen Metallkonzentraten zu Kathodenmaterial für Batterien in E-Autos. Dabei wurden die beiden Verfahren SAL – Selective Acid Leaching – und CL – Combined Leaching – ursprünglich für die Gewinnung von Nickelmetallen eingesetzt. Der Schritt in Richtung aktivem Kathodenmaterial und Vorläuferkathodenmaterial erfolgte konzeptionell erstmalig in 2015. Unser CTO William Hawker ist der Erfinder der Verfahren SAL und CL, die sich jeweils als fertiger Baustein in die bestehenden Wertschöpfungsketten einfügen. Deshalb planen wir nicht nur den Aufbau umfangreicher, eigener Produktionsstätten, sondern streben vielmehr Partnerschaften mit unseren Kunden an.
„In drei oder vier Jahren wollen wir mit PBT eine Milliarde Euro Umsatz erzielen.“
Was ist das Besondere an dem PBT-Verfahren zur Produktion von nickelbasiertem aktiven Vorläuferkathodenmaterial?
B. Zikarsky: Unsere Prozesse sind sowohl für die Neuproduktion von Lithium-Ionen-Batterien-Kathodenmaterial geeignet als auch für das Recycling der Black Mass, also dem aus alten Batterien oder Metallabfällen zurückgewonnenen Kathodenabfall. Hierzu zählen auch die bei einigen Herstellern bereits für die nächste Fahrzeuggeneration vorgesehenen, leistungsstärkeren Feststoffbatterien auf Basis von Nickel, Mangan und Kobalt – NMC.
Was sind die Vorteile Ihrer Technologie, um pCAM herzustellen, und wo liegen die Unterschiede zu anderen Verfahren?
B. Zikarsky: Der für Batterien notwendige Metall-Mix NMC kommt natürlich im Erdreich vor. In den herkömmlichen Raffinerieprozessen von Metallrohstoffen oder auch Metallabfällen werden die drei Metalle Nickel, Mangan und Kobalt zunächst voneinander getrennt, dann von Unreinheiten befreit und schließlich erneut zu einer passenden Mischung zusammengeführt. Diese Verfahren mit vielen Schritten benötigen sehr große Mengen an Chemikalien, Wärme und Druck. Das alles erfordert Energie, erzeugt CO2 und verursacht hohe Kosten.
An diesem Punkt setzen unsere patentierten Verfahren SAL und CL an: In zwei einfachen Schritten werden aus den vorhandenen Metallkonzentraten die Verunreinigungen gelöst und die Metalle gefiltert. Für diese chemischen Prozesse kommen sehr geringe Mengen von gängigen und vollkommen unschädlichen Oxidationsmitteln und Reduktionsmitteln zum Einsatz; diese werden in den Verfahren am Ende als harmlose Salze wiedergewonnen oder ausgeschwemmt. Aus den Nickel- und Kobaltmischkonzentraten wird dann die passende Mischung für Vorläuferkathodenaktivmaterial pCAM produziert. Die Anpassung des pCAM an die spezifischen Kundenanforderungen ist leicht möglich.
Die bisherige vollständige Metalltrennung sowie Wiederzusammenführung entfallen. Wesentlich weniger Chemikalien, Wärme und Druck müssen eingesetzt werden. Energie, auch bei der Herstellung von Chemikalien, wird erheblich eingespart, wodurch sich der CO2-Ausstoß auf ein Minimum reduziert. In Zahlen bedeutet das eine Ersparnis von bis zu 70 % Energie und eine Senkung des CO2-Ausstoßes von bis zu 85 %. Die eingesparte Energie sowie die entfallenen Prozessschritte reduzieren schließlich Kosten und Dauer der Produktion des Vorläuferkathodenaktivmaterials pCAM.
Sie fahren bei der Produktion eine Doppelstrategie, warum?
B. Zikarsky: Vor allem Nickel und Kobalt werden absehbar immer knapper und teurer. Zugleich steigt der Absatz an E-Autos und Fahrzeugen mit Hybridantrieb sprunghaft an. Für die Automobil- und Batteriewirtschaft ist die sichere Versorgung mit Vorläuferkathodenaktivmaterial pCAM daher von entscheidender Bedeutung. Der Closed Loop in der Versorgung mit E-Auto-Batterien innerhalb der EU ist das große Ziel. Der geschlossene Kreisauf bedeutet, dass die Rohstoffe die EU nicht mehr zum Recycling und zur Wiederaufbereitung verlassen müssen. Unsere Technologie kann dazu einen wertvollen Beitrag leisten, denn sie ist erheblich effizienter als die bisher bekannten Prozesse. Wir haben damit ein Alleinstellungsmerkmal am Markt und wollen bestehende Prozesse ersetzen.
Die Verarbeitung der Black Mass aus gebrauchten Batterien, Abfall aus der Batterieproduktion und sonstigem Metallschrott aus der Industrieproduktion wird auf absehbare Zeit allerdings wenig zur Versorgung von Kathoden- und Batteriematerial beitragen können. Dafür wächst der Markt für E-Autos zu schnell. Bis größere Mengen von Metallabfällen aus Batterien zur Verfügung stehen, wird es noch einige Jahre dauern. Also brauchen wir den direkten Zugang zum Rohstoff. Und den haben wir, und zwar richtig. In unserem pCAM Hub in Kalgoorlie in Westaustralien können wir in einem Joint Venture mit dem Unternehmen Poseidon Nickel in der ersten Ausbaustufe ab 2025 jährlich 50.000 t pCAM produzieren. Diese Menge ist ausreichend für die Herstellung von bis zu 500.000 EV-Batterien. Und das ist ein weiteres Alleinstellungsmerkmal von PBT: Von uns bekommen Sie Vorläuferkathodenaktivmaterial direkt aus der Mine in Australien, einem sicheren Land. Das ist heutzutage ja nicht ganz unwichtig.
„Der Closed Loop in der Versorgung mit E-Auto-Batterien innerhalb der EU ist das große Ziel.“
Wie sourcen Sie die Rohstoffe für pCAM, wie groß ist die Abhängigkeit von Importen?
B. Zikarsky: Um an Rohstoffe für pCAM für die Batterieproduktion zu gelangen, gibt es zwei Wege: Mining oder Recycling. Mixed Hydroxide Precipitate – MHP – ist einer dieser Rohstoffe und ein Vorprodukt aus dem Mining. Unsere Verfahren SAL und CL wurden auf MHP zugeschnitten, um daraus pCAM zu gewinnen. Neben den bereits geschilderten Projekten wie das Western Australian pCAM Hub, möchten wir auch durch privilegierte Beziehungen mit bestehenden Minen oder Handelspartnern MHP beschaffen – und die Betonung liegt auf sicher. Denn Deutschland ist im Bereich NMC-Rohstoffe zu 100 % abhängig von Importen. Vorkommen in Europa liegen etwa in Finnland, außerdem auf der zu Frankreich gehörenden Inselgruppe Neukaledonien. Der zweite Weg ist die Gewinnung von pCAM aus der Black Mass aus gebrauchten Batterien oder Herstellungsabfall. Hier arbeiten wir eng mit unserem Partner Cronimet zusammen.
Mit welchen Partnern arbeiten Sie bei der Entwicklung beziehungsweise Weiterentwicklung Ihres Verfahrens in Europa und darüber hinaus zusammen?
B. Zikarsky: Führende Chemiekonzerne zählen bereits zu unseren Partnern und Kunden, und mit einer Reihe von namhaften Autokonzernen arbeitet PBT in Pilotprojekten zusammen. Mit weiteren Autoherstellern führen wir Gespräche. Wir sind offen für weitere Partnerschaften und reden mit allen Entscheidern der Branche auf Augenhöhe, also mit OEMs, deren Zulieferern, Batterieherstellern und Chemieunternehmen. Ihnen bieten wir unser Verfahren als fertigen Baustein für ihre Produktion von aktivem, nickelbasiertem Kathodenmaterial an. Wir verhalten uns zu den einzelnen Industrien wie ein Zulieferer, an den eine wichtige Tätigkeit ausgelagert wird.
Darüber hinaus sind wir Mitglied der European Battery Alliance – EBA, der vor fünf Jahren gestarteten Initiative der EU-Kommission zum Aufbau eines Batterieökosystems, sowie Partner von Europas größtem Cleantech-Investor EIT InnoEnergy.
Ihr erster Produktionsstandort in der EU liegt in Hagen in Westfalen, wo PBT 2020 die Nickelraffinerie Königswarter & Ebell Chemische Fabrik übernommen hat. Welche Rolle spielt der ehemalige Varta-Produktionsstandort in Ihrer Wachstumsstrategie?
B. Zikarsky: In Deutschland haben wir mit Cronimet aus Karlsruhe und K&E in Hagen Partner gefunden, die uns einen wesentlichen Schritt ermöglichen. Bei K&E können wir sofort im industriellen Maßstab Minenmaterial als auch Recyclingmaterial zu pCAM verarbeiten. Wir wollen die Recycling- und Produktionskapazitäten auf bis zu 15.000 t pCAM erweitern. Übersetzt in Endprodukte bedeutet das: pCAM für Batterien von bis zu 150.000 Autos in der Größe des VW ID 3. Für 2024/2025 planen wir in Hagen 150 Mio. EUR Jahresumsatz.
Im vergangenen Jahr konnten Sie beträchtliche Finanzmittel einwerben. Welche Rolle spielen die Zusagen von EIT InnoEnergy beziehungsweise der EIB für Ihre Wachstumspläne?
B. Zikarsky: Die Unterstützung von EIT InnoEnergy als größter Cleantech-Investor in Europa ist eine Bestätigung unseres Konzepts auf europäischer Ebene. Als Key Player und Anteilseigner mit Beteiligungen in zahlreichen europäischen Projekten fördert EIT InnoEnergy unseren Aufbau sowie unser Vorhaben in unserer Anlage in Hagen/Westfalen. Die EIB als Förderer von wichtigen strategischen, europäischen Unternehmen in der EV-Wertschöpfungskette, wie etwa Northvolt, kann ebenfalls als eine Bestätigung des Potenzials von PBT betrachtet werden. Auch diese Mittel fließen nach Hagen in unseren Produktionsstandort.
Wer werden die Hauptabnehmer Ihres Produkts sein, und wie schätzen Sie die Nachfrageentwicklung – regional und global – ein?
B. Zikarsky: Neben traditionellen Abnehmern, zum Beispiel CAM-Herstellern wie BASF und Umicore, arbeiten wir mit OEMs, Batterieherstellern, Handelshäusern und pCAM-Herstellern zusammen, die Interesse haben, unser Vefahren zu übernehmen. Denn dieses lässt sich bequem als fertiger Baustein in die bestehenden Wertschöpfungsketten einfügen. Was die Nachfrage angeht: Bis 2030 werden 15 Millionen E-Autos in Europa im Umlauf sein. Bei einer Marktdurchringung von NMC-Batterien von 50 % werden wir bis zu 600.000 t pCAM in Europa benötigen – und dafür gibt es bislang in Europa weder aktuell noch in der Planung die ausreichenden Raffineriekapazitäten.
Wie sehen Ihre künftigen Wachstumsziele aus und welches werden die nächsten Schritte in Ihrer Wachstumsstrategie sein?
B. Zikarsky: Wir wollen zu Beginn 90 % des Umsatzes im Upstream-Segment generieren. Mit dem steigenden Absatz von E-Autos erwarten wir, dass der Recyclinganteil bis 2030 auf mindestens 30 % wächst. Bis 2040 kann dieser sogar 50 % erreichen. Den Wachstum wollen wir mit Standorten erreichen, die nahe bei unseren Kunden und Kooperationspartnern liegen. In drei oder vier Jahren wollen wir mit PBT 1 Mrd. EUR Umsatz erzielen. Die Nachfrage ist enorm und der Markt gibt das absolut her. Der Bedarf an Kapazitäten von EV-Batterien soll bis 2030 auf 2.500 GWh wachsen – von 234 GWh im Jahr 2020 bedeutet das mehr als eine Verzehnfachung. Wir werden unsere Kapazität entsprechend schnell erhöhen – zuverlässig und in bester Qualität. Ich bin sehr zuversichtlich. Als ehemaliger Olympia-Sportler weiß ich, wie große Herausforderungen erfolgreich zu meistern sind.