VFA-Innovationsbilanz: 46 neue Medikamente im Jahr 2021
Pharmaunternehmen in Deutschland haben 2021 insgesamt 46 Medikamente mit neuem Wirkstoff auf den Markt gebracht
„Geschafft haben das zwei kooperierende Unternehmen mit einem Antikörper-basierten Medikament gegen Covid-19. Zu verdanken ist das außerordentlichen Anstrengungen in den Firmen, den Studienkliniken und den mit Genehmigungen befassten Arzneimittelbehörden. Außergewöhnlich ist aber auch die Gesamtzahl der Neueinführungen: 46 Medikamente mit neuem Wirkstoff in einem Jahr: Das wurde seit der Jahrtausendwende nur einmal noch überboten - 2014 mit 49", sagt VFA-Präsident Han Steutel.
Die Medikamente mit neuen Wirkstoffen von 2021 finden Anwendung in ganz unterschiedlichen medizinischen Gebieten:
- Krebserkrankungen: 14
- Infektionskrankheiten: 9
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen: 5
- Entzündungskrankheiten: 4
- nicht-entzündliche neurologische Krankheiten: 4
- Stoffwechselkrankheiten: 3
- Blutungskrankheiten: 2
- sonstige medizinische Anwendungsgebiete: 5
Medikamente gegen Infektionskrankheiten
Mittel gegen Covid-19 hatten 2021 höchste Priorität bei Unternehmen und Arzneimittelbehörden. So konnten drei weitere Impfstoffe und ein neues Medikament in die Versorgung kommen. Weitere Medikamente wurden von einem Unternehmen schon vor Zulassung im Rahmen einer Sondergenehmigung für die Therapie bedürftiger Patienten geliefert.
Andere gegen Covid-19 wirksame Medikamente wurden (wie schon 2020) dadurch verfügbar, dass bereits gegen andere Krankheiten zugelassene Medikamente erfolgreich umfunktioniert werden konnten (Repurposing).
Aber auch anderen Infektionskrankheiten konnten Unternehmen 2021 wieder etwas entgegensetzen. So führten sie für Patienten, die an Infektionen mit problematischen gramnegativen Bakterien leiden, zwei neue Reserve-Antibiotika ein. Beide sind ein Beitrag gegen das wachsende Problem multiresistenter Erreger.
Zudem brachten Unternehmen zwei neue HIV-Medikamente auf den Markt. Diese können in Kombination mit weiteren Arzneimitteln beispielsweise eingesetzt werden, wenn bei HIV-positiven Patienten die bisherige Therapie nicht mehr ausreichend vor AIDS schützt.
Neueinführungen gegen Krebserkrankungen
Mehr noch als Antiinfektiva kamen onkologische Medikamente heraus: insgesamt 14 gegen unterschiedliche Krebsarten oder Krebsvorstufen. Neben häufigen Krebsarten wie dem Brustkrebs oder dem nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom werden auch seltene Krebsarten wie bestimmte Lymphome oder blastische plasmazytoide dendritische Zellneoplasien adressiert.
Bei fünf dieser Medikamente ist vor der Anwendung mit einem Gen- oder Gewebetest zu prüfen, ob die Krebszellen im vorliegenden Fall bestimmte Merkmale aufweisen, beispielsweise eine Mutation, gegen die das Mittel seine Wirkung ausrichtet. Dies folgt dem Konzept der Personalisierten Medizin.
Zusätzlich konnten Unternehmen in zwölf Fällen nach einschlägigen Studien das Anwendungsgebiet eines schon länger verwendeten Medikaments auf weitere Krebsarten ausdehnen und damit noch mehr Betroffenen helfen.
Damit tragen die forschenden Pharma-Unternehmen dazu bei, die Ziele der "Nationalen Dekade gegen Krebs" zu erreichen und langfristig die Zahl der Krebstoten immer weiter zu senken.
Herz-Kreislauf-Medikamente
Trotz aller Fortschritte sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Deutschland weiter für die meisten Todesfälle und zudem für erhebliche Einschränkungen bei Betroffenen verantwortlich. Oft sind chronische Herzinsuffizienz oder durch Lipidstörungen begünstigte Schlaganfälle und Herzinfarkte der Grund dafür. Zur Linderung oder Prävention dieser Krankheiten dienen mehrere neue Medikamente, die 2021 herausgekommen sind.
Medikamente für Menschen mit seltenen Erkrankungen
Auch für die Behandlung von Menschen mit seltenen Krankheiten aus unterschiedlichen medizinischen Gebieten wurde 2021 wieder viel erreicht: Gleich 11 der Medikamente mit neuem Wirkstoff (24 %) haben den Orphan Drug-Status in der EU. Dieser zeigt an, dass die EU-Arzneimittelbehörde EMA sie als überlegen gegenüber bisherigen Behandlungsmöglichkeiten (soweit überhaupt vorhanden) für die jeweiligen seltenen Erkrankungen einstuft.
Als selten wertet die EU solche Krankheiten, die höchstens fünf von 10.000 EU-Bürgern betreffen. So leiden beispielsweise in der ganzen EU nur rund 400 Menschen an der neurodegenerativen Metachromatischen Leukodystrophie, an primärer Hyperoxalurie Typ 1 nur 2.250, an Achondroplasie 17.900. Alle drei Krankheiten können mit Neueinführungen von 2021 gezielt behandelt werden.
Dazu sagt Han Steutel: „Seit dem Jahr 2000 motivieren die in der EU-Verordnung für Medikamente gegen seltene Krankheiten festgehaltenen Sonderkonditionen die Unternehmen, auch Arzneimittel gegen solche Erkrankungen zu entwickeln. Dieses erfolgreiche Rahmenprogramm sollte deshalb im bisherigen Umfang und uneingeschränkt weitergeführt werden."
Obwohl es in den letzten Jahren im Markt deutlich mehr Orphan Drugs geworden sind, entfallen auf sie pro Jahr nicht mehr als 4,4 % der Arzneimittelausgaben der Krankenkassen. Das liegt auch daran, dass der Orphan-Status nur maximal zehn Jahre lang gilt.
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