Vertikale und horizontale Migration
Rösberg Engineering: Mit Re-Engineering langfristig Kosten sparen
Die speicherprogrammierbare Steuerung Simatic S5 hat sich in der Praxis bewährt und ist noch heute in vielen Maschinen und Anlagen im Einsatz. Doch ein Ende ist in Sicht, Siemens hat die Baugruppen bereits seit vielen Jahren abgekündigt. Künftig wird die Lieferung von Ersatzbaugruppen oder die Reparatur zunehmend Probleme bereiten. Nun stehen viele Anwender vor der Frage ob, wann und in welchem Umfang sie ihre Anlage umrüsten.
Auf den ersten Blick scheint es naheliegend, die S5 durch eine S7 zu ersetzen und die vorhandene Software einfach zu konvertieren. In vielen Fällen werden damit aber große Chancen vertan. Ein durchdachtes Re-Engineering kann an dieser Stelle nämlich helfen, die Anlage optimal an heutige Anforderungen anzupassen und neue Technologie nutzbar zu machen. Damit lassen sich Effizienzsteigerungen erzielen und schon mittelfristig Kosten einsparen.
Was lange währt ...
Die S5 arbeitet so zuverlässig, dass sich viele Anwender fragen: Warum sollte ich jetzt überhaupt schon umsteigen? Vor dem Hintergrund der im industriellen Bereich geforderten Anlagenzuverlässigkeit gibt es aber mittelfristig in den meisten Fällen keine Alternative zu einem Umstieg, vor allem in der Prozessindustrie, wo schon kurze Stillstände gefährlich oder sehr teuer werden können. Viele scheuen den Umstieg auch deshalb, weil sie den Zustand ihrer oft über 20 Jahre gewachsenen Anlagen gar nicht so genau kennen. Es gibt keine aktuelle Dokumentation. Welche Softwarebausteine noch genutzt werden und welche längst veraltet sind, lässt sich nur schwer nachvollziehen. Das System läuft und so hält man sich an das Motto „Never touch a runnig system". Dass man vor einer Umstellung aber keine Angst haben muss, wissen die Experten für Prozessautomatisierung von Rösberg Engineering aus Erfahrung. Sie haben schon diverse Migrationen von S5 auf neue Steuerungslösungen realisiert.
Anlagen mit kurzen Restlaufzeiten
Bei allen Vorteilen einer Migration gibt es Fälle, in denen diese einfach nicht sinnvoll ist. Dazu gehören Anlagen mit absehbar kurzen Restlaufzeiten. Hier lassen sich die Kosten für eine Migration in der Regel nicht mehr einspielen und auch die damit einhergehenden Vorteile nicht nutzen. Dennoch müssen diese Anlagen für die verbleibende Betriebsdauer zuverlässig arbeiten. Dafür besitzen die Experten von Rösberg Engineering entsprechendes Know-How und sie können den Anlagenbetreiber bei Updates der Anlage, Beschaffung von Ersatzkomponenten und vielem mehr unterstützen. Bei anderen Anlagen, die noch über viele Jahre arbeiten sollen, spricht aber in der Regel vieles für eine Migration. Dazu sollte man sich zuvor jedoch einige Fragen stellen.
Automatisiert konvertieren oder Re-Engineering?
Vor Projektstart oder einer Ausschreibung steht die vielleicht wichtigste Frage überhaupt: Wie „viel" sollte man umsteigen? Auf der Hardware-Seite müssen natürlich die abgekündigten Komponenten getauscht werden. Hier gilt es unvoreingenommen zu prüfen, welche alternative Steuerung für die heutigen Anforderungen die ideale Lösung ist. Bei der Software reicht die Spannbreite aber vom automatisierten Konvertieren der alten Software über das Abbilden alter Funktionen im neuen System bis hin zu einem kompletten Re-Engineering. Auf den ersten Blick erscheint die automatische Konvertierung die einfachste und zugleich kostengünstigste Lösung. Allerdings bringt sie auch Nachteile. So werden alle Programmteile konvertiert, ob diese noch genutzt werden oder nicht. Das macht die neue Software sehr unübersichtlich. Was also im ersten Schritt als kostengünstige Lösung erscheint, kann auf lange Sicht zum Kostentreiber werden bei der Fehlersuche, Instandhaltung oder Softwareanpassungen. Ähnliches gilt für das reine Abbilden alter Funktionen, zumal auch dadurch neue Funktionalität nicht nutzbar wird, die z.B. Vorteile in Bezug auf Produktionsgeschwindigkeiten oder Prozesssicherheit bringen könnten.
Vor einem Re-Engineering schrecken dennoch einige zurück aus Angst vor vermeintlichen Kosten und dem befürchteten zeitlichen Aufwand. Die Praxis zeigt jedoch, dass der Aufwand oft geringer ausfällt als erwartet und sich die zusätzlichen Kosten schon bald an anderer Stelle einsparen lassen, unter anderem durch zuverlässigere Prozesse, geringere Stillstandzeiten und erleichterte Instandhaltung. Auch rechtliche Fragen spielen in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle. Oft entsprechen Anlagen nicht mehr den aktuellen gesetzlichen Anforderungen. Hier kann man die Migration als Chance nutzen, eine Anlage auch in diesem Bereich auf den Stand der Dinge zu bringen.
Re-Engineering - richtig gemacht
Wer bei der Migration die Gesamtbetriebskosten einer Anlage im Auge behält, kommt in den meisten Fällen also nicht um ein Re-Engineering herum. Im Gegensatz zur Neuplanung einer Anlage können die Anlagenplaner von einer bekannten Prozessdynamik profitieren. Für ein erfolgreiches Re-Engineering gilt es dazu wichtige Fragen zu klären wie z.B.: Was ist die genaue Aufgabenstellung der Anlage? Welche zukünftigen Anforderungen zeichnen sich ab? Welche Funktionen haben sich in der Vergangenheit bewährt? Welche Funktionen wurden einmal integriert, aber nie genutzt, weil sie sich in der Praxis als unnötig oder unbrauchbar zeigten? Da sich eine Anlage samt dem Produktionsumfeld über die in der Prozessautomatisierung üblichen langen Laufzeiten verändert, ist wohl die wichtigste Frage: Wie sehen die heutigen Erfordernisse aus? Nur wenn diese und weitere Fragen ergebnisoffen geprüft werden, lassen sich die idealen Lösungen finden.
Ein Vorgehen, das auch Rösberg aufgrund seiner Praxiserfahrung aus verschiedenen Migrationsprojekten empfiehlt. In Migrationsprojekten berät das Unternehmen Anwender bei der Auswahl passender Automatisierungssysteme und kümmert sich um die Anschaffung. Weiterhin unterstützen die Automatisierungsexperten beim Re-Engineering, sie analysieren die vorhandene Anlage und helfen bei der Definition der neuen Leistungsbeschreibung. Sie entwickeln nach Rücksprache mit dem Anwender die passende Umstiegsstrategie und erstellen nach den zeitgemäßen Erfordernissen die neue Software. Nach umfangreichen Tests der neuen Lösung übernehmen sie dann selbstverständlich auch die Migration.
Vertikale oder horizontale Migration?
Während bei der horizontalen Migration zuerst anlagenweit alle Steuerungen ersetzt werden und im zweiten Schritt die zugehörigen Visualisierungen, wird bei der vertikalen Migration Teilanlage für Teilanlage komplett umgerüstet. Die horizontale Migration bedeutet in der Regel, dass vorhandene Strukturen bestehen bleiben. Allerdings ist die Trennung von Steuerung und Visualisierung heute nicht mehr zeitgemäß. Lösungen mit modernen Prozessleitsystemen werden bei diesem Vorgehen von vornherein ausgeklammert. Gleichzeitig muss man in der gesamten Anlage sehr lang mit Provisorien arbeiten.
Bei der vertikalen Migration wird schrittweise jede Teilanlage umgerüstet. Somit ergeben sich zeitlich und räumlich begrenzte Umbauabschnitte. Gleichzeitig empfinden Anwender eine schrittweise Migration oft als angenehmer. Da die neue Struktur und Technik erst nach und nach wächst, können Mitarbeiter langsam hinein wachsen. Gleichzeitig spart dieses Vorgehen Kosten, weil nicht für Steuerung und Visualisierung jeweils eigene Tests und Inbetriebnahmen nötig sind, sondern immer nur für die gesamte Teilanlage. Querverbindungen zu anderen, noch nicht migrierten Teilanlagen, sind bei gutem Planen und Umsetzen unproblematisch und im Alltagsgeschäft nicht wahrnehmbar.
Neue Funktionalitäten nutzen
Setzt man auf Re-Engineering und vertikale Migration, werden verschiedene neue Funktionalitäten nutzbar: Statt veralteter Visualisierungen können moderne Prozessleitsysteme eingesetzt werden. Neue I/Os erleichtern die Fehlersuche in der Anlage, weil automatische Fehlermeldungen anzeigen, wo genau ein Problem vorliegt. Das vereinfacht nicht nur die Instandhaltung, sondern ermöglicht auch eine zielgerichtete Reparatur. Der Austausch von Baugruppen im laufenden Betrieb wird nun möglich, was sich wiederum in verkürzten Stillstandzeiten und einer höheren Anlagenproduktivität widerspiegelt.
In der Prozessindustrie hat man in der Regel auch mit Ex-Bereichen zu tun. Während in alten Anlagen noch eine Signalanpassungsebene notwendig war, kann diese heute entfallen, da die meisten I/O-Systeme mit einer integrierten Signalanpassung verfügbar sind. Das vereinfacht die gesamte Anlagenstruktur. Gleichzeitig bringen viele aktuelle Gerätegenerationen standardmäßig Funktionen mit sich, wie z.B. HART-Kommunikation, die sich nicht nutzen lassen, wenn man einfach nur eine alte Anlage konvertiert.
Gute Projektplanung ist ein Muss
Abschließend ein Wort zu Fall-Back-Strategien: Was in der Theorie gut und wichtig klingt, ist in der Praxis oft schon aus Platzgründen nicht zu realisieren. Damit werden eine sinnvolle Projektplanung und umfangreiche Tests vor Inbetriebnahme umso wichtiger. Dann steht einem zuverlässigen Re-Engineering mit planbaren kurzen Stillstandzeiten beim Umstieg nichts mehr im Weg. Für Anlagenbetreiber bietet die Abkündigung der S5 also die Chance, künftig Funktionalitäten auf dem aktuellen Stand der Technik für sich nutzbar zu machen. Gleichzeitig lässt sich damit in vielen Fällen die Anlageneffizienz steigern, die Ausfallsicherheit erhöhen sowie die Bedienung erleichtern. All das spart bereits mittelfristig bares Geld.