Anlagenbau & Prozesstechnik

Veränderungen der Arbeitsabläufe im Zuge von Industrie 4.0

20.03.2018 -

Was ist eigentlich unter dem Begriff Industrie 4.0 zu verstehen?

Mit der Bezeichnung „Industrie 4.0“ soll das Ziel zum Ausdruck gebracht werden, eine vierte industrielle Revolution einzuleiten. Demnach müssen zuvor drei andere industrielle Revolutionen erfolgt sein.

  • Die erste industrielle Revolution: Bestand in der Mechanisierung mit Wasser- und Dampfkraft
  • Die zweite industrielle Revolution: Massenfertigung mit Hilfe von Fließbändern und elektrischer Energie
  • Die dritte industrielle Revolution oder digi­tale Revolution: Mit Einsatz von Elektronik und IT (die speicherprogrammierbare Steuerung) zur Automatisierung der Produktion

Die ersten Massenproduktionen, die mittels Maschinen produziert wurden, begannen etwa 1800. Diese damalige Revolution kann man dem Start der Industrie 1.0. zuordnen. Die ersten mechanisch getriebenen Geräte wie z. B. die Webstühle (durch menschliche Kraft betrieben) kann man als Einstieg bezeichnen. Diese Erfindung mechanischer Produktionsanlagen mittels Wasser- und Dampfkraft angetrieben, ersetzten zu diesem Zeitpunkt teils die menschliche Arbeitskraft.
Man bediente sich im zweiten Schritt der Wasserkraft. Dies könnte man auch als Primärenergie bezeichnen. Der Einsatz von Dampfmaschinen ließ nicht lange auf sich warten. In dieser Entwicklungsphase gehörten zu den ersten Arbeitserleichterungen der frühen Industrialisierung die Entwicklungen der Eisenbahnen. Es entstand die neue Schwerindustrie, sowie die Dampfschifffahrt usw.. Die Menschen erkannten früh, dass schon die erste industrielle Entwicklung neue Arbeitsplätze in den Fabrikhallen schufen.
Die Einführung der Elektrizität als Antriebskraft zum Ende des 19. Jahrhunderts war eine weitere Revolution in der Entwicklung der Industrialisierung und zugleich der Startschuss für die 2. industrielle Revolution (Industrie 2.0).
Mit der Entwicklung und Herstellung der ersten Automobile mit Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Arbeit in den Produktionshallen stetig weiter optimiert bzw. automatisiert. Die Fabrikhallen produzierten in Rekordzeit am Fließband. Maschinen und Motoren übernahmen weitere Arbeit innerhalb der Produktion.
In dieser Entwicklungsphase erfuhren auch die Büroarbeitsplätze innovative Entwicklungen. Zu erwähnen wäre die Weiterentwicklung innerhalb der Kommunikation. Telefonate und Telegramme vereinfachten und erleichterten die Kommunikation, wodurch die Arbeitsprozesse beschleunigt wurden. Erfolgsfaktoren in der zweiten Revolution waren die ersten Schritte der Globalisierung. Die Herstellung von Automobilen, Kleidung, Rohstoffen und Lebensmittel wurden automatisiert ver- bzw. bearbeitet. Die Logistik entwickelte sich weiter, indem erstmals über Kontinente transportiert wurde. Die Luftfahrt nahm ihren Betrieb auf, und per Schiff konnten die Weltmeere überquert werden.
Die Einführung der dritten industriellen Revolution entwickelte sich bereits schon im 18. Jahrhundert. Charles Babbage galt gemeinsam mit Ada Lovelace, zu den Entwicklern der individuell programmierbaren Computer.
Den Forschungsarbeiten der Entwickler folgten die ersten funktionsfähigen Geräte. Der deutsche Bauingenieur Konrad Ernst Otto Zuse entwickelte mit dem Z3 im Jahr 1941 den ersten funktionsfähigen Computer der Welt – er war programmgesteuert, frei programmmierbar und vollautomatisch. Eine rasante Entwicklung begann und die Entwicklungszyklen wurden immer kürzer.
Ab den 1970er-Jahren startete die 3. industrielle Revolution. Hier stand die weitere Automatisierung durch Elektronik und IT im Fokus. Nach den großen Rechenmaschinen begründete nun der Personal-Computer für Büro und Haushalt einen neuen Industriezweig.

Industrie 4.0
Industrie 4.0 ist eines der Hauptthemen auf Messen und Kongressen. Gesprochen wird von der Smart Factory als vierte industrielle Revolution. Industrie 4.0 ist jedoch keine Utopie oder sogar ein Zukunftsszenario, denn viele Unternehmen sind bereits erste Schritte zur Industrie 4.0 gegangen. Doch was genau steckt hinter dem Begriff Industrie 4.0? Und für wen ist Industrie 4.0 relevant?
Die sogenannte Industrie 4.0 steht noch am Anfang und besteht bisher vor allem aus Visionen. Angestoßen wird diese vierte Stufe der indus­triellen Revolution wieder durch technologischen Fortschritt: Die gesamte Produktionslogistik wandelt sich. In der Industrie 4.0 verschmelzen die physikalische und virtuelle Welt. Am Ende steht die vernetzte Fabrik und eine zunehmend autonome Produktions- und Logistikkette, mit Maschinen, Geräten und Produkten, die scheinbar selbstständig arbeiten.
Dies alles hört sich zunächst nicht schlecht an. Jedoch wie kann es in dem Bereich der partikelfreien Reinraumlandschaft umgesetzt werden?
Zurzeit ist dieses Thema in aller Munde, ob in Fachberichten nachlesbar, oder auf den Lounges 2018 in Karlsruhe, Gesprächsthema Nummer 1.
Wie sieht jedoch die Umsetzung in der Reinraumtechnik aus?
Bei unserer Variante der Industrie 4.0, reden wir über Lösungen für die Digitalisierung der Produktion. Bei den Begriffsdefinitionen kursiert eine Menge von Begriffen durch unsere „Reine“ Landschaft. Hierbei muss die Frage erlaubt sein, ob sich alle der Bedeutung dieser Schlagworte bewusst sind? Selbst das Fraunhofer-Institut IPA, setzt noch einen darauf: Wie „Reine“ Industrie 4.0, sauberkeitsgerechtes Produzieren und reinheitsspezifische Automatisierungssysteme.
Schauen wir uns nochmals die vier Revolutionen an: Zunächst entwickelte sich die Mechanisierung (Industrie 1.0), daraus die Massenproduktion (Industrie 2.0), und die der Automatisierung (Industrie 3.0). Nun steht das Internet, die Vernetzung (Industrie 4.0) vor der Tür.
Technische Grundlagen hierfür sind intelligente, digital vernetzte Systeme, mit deren Hilfe eine weitestgehend selbst organisierte Produktion möglich wird. Menschen, Maschinen, Anlagen und Produkte kommunizieren und kooperieren in der Industrie 4.0 direkt miteinander. Produktions- und Logistikprozesse des eigenen Unternehmens, das sich mit demselben Produktionsprozess beschäftigt, werden intelligent miteinander verzahnt, um die Produktion noch effizienter und flexibler zu gestalten.

Individualisierte Produktion
Dadurch entstehen intelligente Wertschöpfungsketten, die zu dem alle Phasen des Lebenszykluses eines Produktes miteinschließen. Von der Idee des Produktes über die Entwicklung, Fertigung, Nutzung und Wartung bis hin zum Recycling. Auf diese Weise können zum einen Kundenwünsche von der Produktidee bis hin zum Recycling einschließlich der damit verbundenen Dienstleistungen mitgedacht werden.
Deshalb können Unternehmen viel leichter als bisher maßgeschneiderte Produkte nach individuellen Kundenwünschen produzieren.
Dabei können trotz individualisierter Produktion die Kosten gesenkt werden. Durch die Vernetzung der Unternehmen der Wertschätzungskette ist es möglich, nicht nur einen Produktionsschritt, sondern die ganze Wertschöpfungskette zu optimieren. Wenn alle Informationen in Echtzeit verfügbar sind, kann ein Unternehmen z. B. frühzeitig auf die Verfügbarkeit aller für die Produktion erforderlichen Betriebsmittel reagieren.
Die Produktionsprozesse können unternehmensübergreifend so gesteuert werden, dass sie Ressourcen und Energie sparen.
Insgesamt kann die Wirtschaftlichkeit der Produktion dadurch gesteigert werden. Die Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie in Deutschland sowie deren Flexibilität der Produktion wird sich dadurch zwangsläufig erhöhen.
Die Vision von Industrie 4.0 ist klar: In der nahen Zukunft soll die intelligente Fabrik die Prozesse kontinuierlich optimieren. Digitalisierung spielt dabei eine große Rolle. Durch die ständige Verfügbarkeit aller wichtigen Informationen in Echtzeit ist es möglich, alle Prozesse entlang der gesamten indus­triellen Versorgungskette zu planen und zu steuern. In dem Gesamtgefüge der Produktion werden die Disziplinen wie z. B. die Informations- als auch die Kommunikationstechnologie einen großen Stellenwert einnehmen. Es wird eine neue Ära entstehen, in der intelligente Maschinen sich selbst organisieren, um somit den Fertigungsprozess flexibler und effizienter zu gestalten. Dies gelingt aber nur durch eine durchgängige Vernetzung aller Parameter im Linienbereich.
Beim Reinraummonitoring werden bereits die messtechnischen Vorgaben in Echtzeit ermittelt. Dies sind z. B. Partikel, Temperatur, relative Feuchte, Raumdruck, Volumenstrom usw.. Im Voraus wurden diesbezüglich die dazugehörigen Grenzwerte ermittelt und festgelegt, um bei Warnungen oder bei Alarm kurzfristig eingreifen zu können. Die erlebten Daten werden mit Zeitangabe festgehalten, damit die Nachhaltigkeit jederzeit überprüfbar ist.
Eins jedoch sollte man nicht aus den Augen verlieren: sollten alle diese Vorstellungen (selbstständige Steuerung und Weiterentwicklung der Produktionsprozesse) der Digitalisierung umsetzbar sein, so darf eins nicht passieren, dass der Mensch, der diese Entwicklung mit geprägt hat, die Übersicht über einige oder sogar alle Parameter der Steuerung verliert. Denn wenn alles automatisiert ist, verliert man gerne den Überblick.
Ich kann mir jedoch vorstellen, dass es eine immense Flut an Datenerfassungen erfordert bei denjenigen Reinraumbetreibern, deren Portfolio aus der Zweit-Verblisterung von Arzneimitteln für Patienten, bei der Eigenherstellung von Arzneimitteln zur parenteralen Anwendung, als auch bei denen, die die Herstellung von Zytostatika in ihren Reinräumen für den jeweiligen Anwender zusammenstellen. Die Problematik des Aufwandes der Datenerfassung liegt darin, dass bei den Patienten individuell die Zusammenstellung der Rezepturen bei den drei Komponenten auf den jeweiligen Anwender zugeschnitten sind. Eine Serienproduktion kann aus diesen Gründen nicht erfolgen.
Gleichzeitig dürfen wir eins nicht vergessen: „Veränderung heißt nicht Verschlechterung". Wichtig dabei ist jedoch, das dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, Tätigkeiten werden wegfallen. Es werden aber auch neue Tätigkeiten und gänzlich neue Tätigkeitsfelder entstehen. Diese Chancen gilt es zu nutzen“. Wenn uns bewusst bleibt, wem wir es zu verdanken haben, dass wir auf den Zug der Digitalisierung aufspringen können, dann ist mir um die Zukunft derjenigen (breite Masse der ungelernten Arbeitskräfte) die es durch ihren Einsatz ermöglicht haben, nicht bange.
Noch wichtiger ist daher die künftige Ausbildung des Berufsnachwuchses. Die Aus- und Weiterbildung sollte dabei aber nicht nur auf digitale Inhalte, sondern auch auf den Erwerb sozialer und fachübergreifender Kompetenzen gerichtet sein.
Durch den Koalitionsvertrag (evtl. GroKo) 2018 der Bundesregierung Deutschlands werden all die zuvor beschriebenen Thesen verstärkt. Ich zitiere:
Die Digitalisierung bietet große Chancen für unser Land und unsere Menschen. Chancen für Wohlstand und sozialen Fortschritt. Unsere Aufgabe ist es, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit jeder daran teilnehmen kann. Angesichts der Dynamik der Veränderungen müssen wir große Schritte wagen, um an die Spitze zu kommen. Wir wollen unser Land in allen Bereichen zu einem starken Digitalland entwickeln.
Dafür setzen wir uns anspruchsvolle Ziele:

  • eine flächendeckende digitale Infrastruktur von Weltklasse;
  • die Vermittlung von digitalen Fähigkeiten als Schlüsselkompetenz für alle Altersgruppen,
  • eine Arbeitswelt, die Menschen im digitalen Wandel befähigt, sichert und mehr Lebensqualität ermöglicht;
  • eine Regulierung, die Wettbewerb und Wettbewerbsfähigkeit schafft;
  • mehr Sicherheit im Cyberraum;
  • mehr Bürgernähe durch eine moderne, ­digitale Verwaltung;
  • einen Rechtsrahmen, der Bürgerrechte ­garantiert, einen Ausgleich von Freiheit und Sicherheit leistet und gleichzeitig mehr Innovationen ermöglicht.


Digitale Kompetenzen in einer modernen Wissensgesellschaft
Wir brauchen eine digitale Bildungsoffensive, die die gesamte Bildungskette in den Blick nimmt und das gesunde Aufwachsen, die digitale Selbstbestimmung und individuelle aktive Teil­habe, den Umgang mit Daten sowie hervorragende berufliche Bildung zum Ziel hat.
Dafür müssen Bund und Länder verbindliche Vereinbarungen zu Zielen, Umsetzung und Finanzierung treffen.
Wir wollen umfassende Maßnahmen zur digitalen Fort- und Weiterbildung von Lehrern und Berufsschullehren, auch in Zusammenarbeit mit den Hochschulen, ergreifen.
In der Erwachsenenbildung wollen wir Programme und digitale Angebote für Menschen jeden Lebensalters fördern, die den Erwerb von Digitalkompetenzen dienen z. B. auch an Volkshochschulen und Mehrgenerationenhäusern.
Deutschland muss ein Innovationsland bleiben. Deshalb vereinbart der Bund gemeinsam mit den Ländern und der Wirtschaft, bis 2025 mindestens 3,5 % des BIB für Forschung und Entwicklung aufzuwenden.
Den Pakt für Forschung und Innovation setzen wir ab dem Jahre 2021 mit einem jährlichen Aufwuchs von mindestens 3 % auf Basis der bewährten Bund-Länder-Schlüssel fort.
In der Hoffnung, dass der Koalitionsvertrag zum Tragen kommt, werden wir einer positiven Entwicklung der Industrie 4.0 die Daumen drücken.
Da in den letzten Jahren die Produktion in Sauberräumen bzw. in Reinräumen immer mehr im Fokus der Wirtschaft steht, wird die Zukunfts­version Industrie 4.0. in die Reinraumlandschaft zu integrieren, noch einiges an Datenerfassungen mit sich ziehen, bevor die intelligente ­Produktionstechnologie ihre ökonomischen Spuren hinterlässt.
Unsere immer technologisch revolutionierte und globale Welt, wird sich in diesem Jahrhundert innovativ so verändern, dass neue Berufsbilder entstehen, die wir uns bis heute noch nicht vorstellen können. Wenn man sich den Zeitensprung von Industrie 1.0 bis zur Industrie 4.0 einmal näher betrachtet, kann man wirklich den Begriff Revolution verwenden.
Wir haben noch viel zu tun, also packen wir es an, so verlieren wir keine Zeit!

Quellen: Wikipedia, div. Presseberichte, Fraunhofer Institut IPA, Koalitionsvertrag (evtl. GroKo) 2018 der Bundesregierung Deutschland

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