Umweltschonende Herstellung von Synthesegas aus Kohlendioxid und Wasserstoff
BASF, Linde und ThyssenKrupp erforschen Produktion von Synthesegas bei reduziertem CO2-Ausstoß
Kohlendioxid (CO2) gilt bereits in vielen wissenschaftlichen Kreisen als extrem klimaschädlich. Daher bemühen sich zahlreiche neue technische Verfahren, die Mengen des bei der Herstellung chemischer Verbindungen produzierten Klimagases zu reduzieren.
Mit dem Firmenverbund BASF, Linde, ThyssenKrupp und HTE, der Technischen Universität Dortmund sowie dem Wissenschaftspartner VDEh-Betriebsforschungs-Institut Düsseldorf wurde ein neues Kooperationsnetz geschaffen, dessen Ziel es ist, den CO2-Ausstoß bei der Herstellung von Synthesegas um bis zu 50 % zu verringern. Die neue Technologie soll ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg in eine Zukunft darstellen, in der der Klimakiller CO2 keine Rolle mehr spielt.
Ein deutlich effizienteres Verfahren
Dem Firmenverbund um die BASF gelang ein wichtiger Schritt nach vorn: Um bis zu 50 % konnte bei der Herstellung von Synthesegas aus Erdgas die Herstellung bzw. Bildung von CO2 reduziert werden. Das neue, bereits praktisch erprobte Verfahren läuft in zwei Schritten ab: Zunächst wird Erdgas bei Temperaturen über 1.000°C in Wasserstoff und Kohlenstoff zerlegt. Aufgrund der neuen Technologie entsteht dabei bis zu 50 % weniger CO2. Danach werden große Mengen CO2, das andere chemische Verfahren neu zuliefern, mit dem Wasserstoff in Synthesegas umgesetzt. Dieses Synthesegas aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff kann darüber hinaus als Ausgangsstoff für weitere chemische Verfahren und Zwischenprodukte im industriellen Maßstab genutzt werden. Es können damit aber auch Kraftstoffe für Automobile hergestellt werden.
Die neue Technologie bietet folgende wesentliche Vorteile:
1. Als Ressource ist Erdgas in großen Mengen noch über Jahrzehnte hinweg weltweit verfügbar. Außerdem bietet Erdgas ein günstigeres Verhältnis der Mischung von Wasserstoff und Kohlenstoff.
2. Die Aufspaltung des Erdgases in Wasserstoff und Kohlenstoff erfolgt bei diesem Verfahren auf rein thermischer Basis durch Erhitzung, d.h. ohne weitere Hinzufügung von Sauerstoff oder Wasserstoff
3. Auf diese Weise können Wasserstoff und Kohlenstoff in großen Mengen zum Einsatz in der Kohle- und Stahlindustrie hergestellt werden. Die neuen Kohlenstoffverbindungen könnten den Einsatz vom Steinkohle wirkungsvoll reduzieren und ersetzen
4. Separat können in einem weiteren Arbeitsschritt mithilfe der Katalyse das Kohlendioxid (CO2) mit dem aus der Erdgasspaltung gewonnenen Wasserstoff zu einem Synthesegas umgesetzt und auf vielfältige Weise genutzt werden
5. Infolge des bei Temperaturen über 1.000°C ablaufenden Produktionsprozesses entstehen große Mengen an Abwärme, die dank des Reaktorkonzepts sofort dem Produktionsprozess wieder zugeführt werden. Dadurch werden große Mengen an Wärme eingespart.
6. Die neue Technologie eignet sich für die großtechnische Produktion, d.h. die Herstellung kann in großen Mengen durchgeführt werden.
Von der Methan-Pyrolyse zu neuen Anwendungsmöglichkeiten
ThyssenKrupp Uhde bringt seine langjährige Erfahrung beim Bau von Wasserstoff- und Kokereianlagen in den Entwurf dieses ambitiösen CO2-Projekts ein. Am Ende der Wertschöpfungskette steht die Umwandlung von Erdgas in Synthesegas im großindustriellen Maßstab und die vielfältige Nutzung des Kohlenstoffs bei der Stahlherstellung sowie in der Kokerei.
Doch zunächst muss ThyssenKrupp Uhde in Form einer Katalyse das Erdgas in CO2 und Wasserstoff aufspalten. Dafür übernimmt ThyssenKrupp die Planung und den Bau der zunächst zu errichtenden Pilotanlage. Weiter wird es die bei der Methan-Pyrolyse entstehenden Kohlenstoffe für eine zusätzliche Verwendung im Hochofen prüfen. Bei der Herstellung von Koks möchte man zukünftig ebenfalls auf diesen Kohlenstoff zurückgreifen und als Kokskohlensubstitut verwenden. Ob dies so möglich sein wird, wird der Bau der Pilotanlage zeigen. Schließlich soll der Kohlenstoff noch als Aufkohlungsmittel im Stahlwerk sowie für weitere, andersartige Verwendungen geprüft werden.
Noch ein ergänzendes Wort zum Aufspaltungsverfahren von Erdgas: Das überwiegend aus Methan (CH4) bestehende Erdgas wird auf dem gut bekannten Weg durch Energiezufuhr in die Bestandteile Wasserstoff und Kohlenstoff zerlegt. Danach können aus anderen Quellen zugeführtes Rauchgas wie auch andere CO2-haltige Abgase der Kraftwerksindustrie zu wertvollen chemischen Produkten wie Methanol oder Kraftstoffen umgesetzt werden. Auch Olefine oder Alkohole lassen sich aus CO2 und Wasserstoff ohne größere Umwege herstellen. Von Vorteil ist dabei, dass das neue Konzept der Herstellung von Synthesegas aus Erdgas deutlich weniger CO2-Mengen benötigt und die Emissionen dieses Klimakillers folglich deutlich reduziert werden können. Geplant ist eine Reduzierung um bis 50 %. Der aus der Aufspaltung des Erdgases CH4 gebildete Kohlenstoff soll der Kokerei bzw. dem Hochofen zugeführt werden und auf diese Weise im großen Stil eine sinnvolle Ergänzung und Erweiterung seiner bisherigen Einsatzmöglichkeiten erfahren.
Erfolgversprechende Aufgabenteilung im Verbund
An der neuen Technologie sind auch die BASF als Koordinator sowie die in Heidelberg ansässige HTE beteiligt. HTE gehört zur BASF-Gruppe und befasst sich u.a. schwerpunktmäßig mit experimentellen Themen aus Forschung und Entwicklung. Sie wird die neuen Katalysatoren für die Umwandlungsanlagen des Erdgases in Synthesegas konzipieren und auch die dazugehörenden chemischen Prozesse optimieren. Mit seinen 8-48fach auslegbaren Reaktionssystemen kann HTE unterschiedliche Reaktionsweisen testen wie unterschiedliche Drücke, verschiedene Temperaturen, mehrere Reagenzien, Durchflussraten sowie Dauer der Tests. Im Mittelpunkt der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten bei HTE in Heidelberg wie bei der federführenden BASF in Ludwigshafen steht die Aufspaltung bzw. Zerlegung der Gase, insbesondere des Erdgases. Weiter werden die einzusetzenden Katalysatoren für die Erdgas-Aufspaltung sowie die Herstellung des Synthesegases eine herausragende Rolle für die Wissenschaftler an den beiden Standorten spielen. Die neue Technologie wird auch an den Stahl-Produktionsstandorten von ThyssenKrupp an der Ruhr praktisch erprobt werden, um zu eruieren, inwieweit sich die neue Technologie dort nutzbringend einsetzen bzw. verwerten lässt.
Gemeinsam mit Linde wird ThyssenKrupp Uhde für die technische Auslegung der Anlage verantwortlich zeichnen. ThyssenKrupp Stahl Europa wird im Verbund mit seiner Tochterfirma Kokereibetriebsgesellschaft Schwelgern (KBS) die Kohlenstoff-Verbindungen aus den Aufspaltungsvorgängen des Erdgases und der Verbindung mit CO2 für den Einsatz an Hochöfen optimieren. Dr. Volker Göke, Projekt-Manager bei Linde Saubere Energie, äußerte sich beim Start positiv zum neuen Projekt, in das er große Erwartungen setzt.
Der Startschuss erfolgte am 1. Juli 2013. Vorerst wurde es auf drei Jahre ausgelegt. Um die Bedeutung des Projekts für die Energieversorgung in Deutschland und darüber hinaus hervorzuheben, bezuschusst das BMBF das Vorhaben mit 9,2 Mio. €.