Technische Dokumentation einfach gemacht
Softwarelösungen steigern Effizienz - doch viele Unternehmen improvisieren noch immer
Sie sind nicht sonderlich beliebt, aber doch unentbehrlich – und im Regelfall gesetzlich vorgeschrieben: Technische Dokumentationen von der Betriebsanleitung bis zu Konformitätserklärungen. Die Redaktion der nicht selten mehrere Aktenordner umfassenden Konvolute bedeutet für Maschinen- und Anlagenbauer einen hohen Aufwand. Doch der kann mit passenden Softwarelösungen deutlich verringert werden, ohne Abstriche bei der Qualität machen zu müssen. Viele Unternehmen setzen trotzdem noch immer auf Textverarbeitungsprogramme wie Word.
„Ganz klar Zeitdruck.“ Peter Schells Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen. Vor rund zehn Jahren stand der Leiter der Dokumentationsabteilung bei Brabender Technologie vor der Wahl: „Entweder ich stelle für die Technische Redaktion zwei neue Mitarbeiter ein oder ich finde eine alternative Lösung.“ Seinerzeit erstellte Schell sämtliche Dokumente noch mithilfe von Microsoft Word, ohne den Einsatz von Datenbanken oder anderer Software-Hilfsmittel.
Lange Zeit fuhr der Hersteller von Maschinen für das Handling von Schüttgütern und Flüssigkeiten mit dieser Lösung bestens. Betriebs- oder Montageanleitungen für unterschiedlichste Produkte von Dosierdifferenzialwaagen bis hin zu Big-Bag-Entleerstationen wurden nur in Deutsch, Englisch und Französisch erstellt. „Das war damals noch leicht handhabbar“, erinnert sich Schell heute. Dies galt auch für die Dokumentation von kompletten Anlagen, die zusammen mit sämtlichen Fremdbeschreibungen durchaus mehrere Ordner umfassen konnten. Spätestens aber mit der Novellierung der EU-Maschinenrichtlinie drehte sich der Wind. Nun musste das international tätige Unternehmen mit seinen Dokumentationen alle 24 EU-Sprachen abdecken, heute sind zusätzlich Türkisch und Chinesisch im Programm: „Mit Word allein hätte ich keine Chance gehabt“, so Schell. Aufgrund der Richtlinie verschärften sich seinerzeit die Anforderungen und die Dokumentationen wurden insgesamt größer und umfangreicher. Bei Brabender Technologie reifte die Erkenntnis, dass eine neue Lösung zu finden war.
Tausende Word-Dateien im Einsatz
Das Unternehmen ist bei weitem kein Einzelfall: Uraca, einem Hersteller von Hochdruck-Plungerpumpen und -Wasserstrahltechnologie, verzichtete ebenfalls lange Zeit auf spezielle Hilfsmittel, die Abteilung Technische Dokumentation arbeitete im Unternehmensnetzwerk mit großen Verzeichnissystemen. Hier lagerten sämtliche Unterlagen zu den Produkten, den jeweiligen Varianten und den bis zu 18 abgedeckten Sprachen in Dateiordnern, wie sie der Windows-Nutzer von der eigenen Festplatte kennt. Hinzu kamen die spezifischen Beschreibungen und Inbetriebnahmen für den Sondermaschinenbau, die durchaus zwei bis drei Aktenordner stark sein können. Die eigentlichen Dokumentationen befanden sich in Tausenden Worddokumenten. „So kommt diese enorme Vielfalt zustande“, sagt Claudiu Theil, Technischer Redakteur bei Uraca. „Es war anspruchsvoll, da den Überblick zu behalten.“ An automatisierte Gesamt-Inhaltsverzeichnisse oder strukturierte Suchfunktionen war nicht zu denken.
Die beiden Unternehmen sind keine Ausnahme, denn in der Wirtschaft wird nur sehr zögerlich umgedacht: 2005 nutzten 20 % der Unternehmen laut einer Studie des Deutschen Fachverbandes für Technische Kommunikation (tekom) entsprechende Content-Management-Systeme, um die Technische Redaktion effizienter zu machen. Im vergangenen Jahr waren es immerhin schon 40 %. Weitere zehn Prozent sind dabei, ein entsprechendes System einzuführen oder suchen nach passenden Anbietern. „Diese Zahlen sind mit Vorsicht zu genießen“, sagt Ulrich Pelster, Geschäftsführer der gds GmbH, die das Redaktionssystem docuglobe entwickelt hat. Bei der Erhebung hätten schließlich nur die tekom-Mitglieder mitgemacht: „Insgesamt verzichten immer noch schätzungsweise 90 % der Unternehmen auf geeignete Softwarelösungen.“ Seine Erklärung: Die Wichtigkeit und der Mehrwert der Technischen Dokumentation werde häufig nicht erkannt und keine Notwendigkeit zu Investitionen gesehen. „Technischen Dokumentation wird häufig als notwendiges Übel betrachtet.“ Dabei können über entsprechende Systeme wesentliche Vereinfachungen im Workflow realisiert, potenzielle Fehlerquellen eliminiert und Kosten gesenkt werden. Die Hälfte der befragten Anwender der tekom-Studie beurteilte die Kosten-Nutzen-Relation positiv, weitere 16 % sogar sehr positiv.
Softwarelösungen schaffen Abhilfe
Diese Einschätzung teilen Uraca und Brabender Technologie, die heute auf das gds-Produkt docuglobe setzen. Dessen wesentlicher Mehrwert: Das System arbeitet mit wiederverwendbaren Inhalten, sogenannten Informationsmodulen. Ändern sich Teile eines Modulinhalts, weil etwa ein Werkteil, das in mehreren Produkten verbaut wird, weiterentwickelt wurde, werden die Anpassungen in sämtlichen Dokumenten automatisch übernommen – eine Funktion, die den Anwendern erfahrungsgemäß wichtig ist und viel Arbeit spart. „Wir haben es dank der neuen Strukturierung geschafft, bei den heutigen Anleitungen für zwei völlig unterschiedlich aussehende Geräte eine Wiederverwertungsquote von rund 50 % zu erreichen“, erklärt Schell. „Das wäre vorher nicht machbar gewesen.“ Uraca nutzt diese Funktion für ein anderes Szenario: Seit der Einführung des Systems im Jahr 2012 werden die Daten sukzessive in docuglobe migriert und dabei zugleich einer Prüfung auf CE-Konformität unterzogen – ein Prozess, der nach Einschätzung von Theil noch mehrere Jahre dauern könnte. Zunächst konzentriert man sich deswegen auf bestimmte wiederkehrende Elemente wie EG-Konformitäts- und Einbauerklärungen. Dabei handelte es sich ursprünglich um 150 Dateien in unterschiedlichen Sprachen und für unterschiedliche Produkte. Der Teufel liegt hier im Detail: Die Dokumente umfassen zwar nur zwei Seiten, doch dort sind 20 bis 25 Einzelmodule enthalten, die immer wieder individuell angepasst werden müssen. Teilweise handelt es dich dabei nur um eine Zeile, einen Satz oder eine Nummer, aber der Aufwand dahinter war laut Theil in der Vergangenheit immens: „Gerade bei diesen Konformitätserklärungen, die zweimal im Jahr aktualisiert werden müssen, haben wir sechs bis acht Wochen Zeitersparnis pro Mitarbeiter.“ Theil verweist zudem auf das Variablenmanagement in docuglobe als „sehr hilfreiche“ Funktion: Bei manchen Produkten bzw. den entsprechenden Varianten ändern sich von Zeit zu Zeit die technischen Daten, während die Funktionen unverändert bleiben. Über die entsprechenden Variablen werden diese Daten in den jeweiligen Versionen, auch unabhängig von den Sprachen, in einem einzigen Schritt aktualisiert. Ähnlich kann mit Grafiken verfahren werden. Die einfache Nutzung von Vorlagen, Layout- und Vorschaufunktionen und die Versionierung der Dokumente heben die Experten ebenfalls hervor.
Zeitersparnis bei Übersetzungen
Ein weiteres großes Thema sind Übersetzungen: Was in der deutschen Version der Dokumentation geändert wird, muss auch in den anderssprachigen Varianten für die ausländischen Märkte angepasst werden. Hier mussten in der Vergangenheit oftmals noch die kompletten Dokumente ins Übersetzungsbüro geschickt werden, was erhebliche Kosten nach sich zog. „Wir verzeichnen eine deutliche Reduktion der Kosten aufgrund der Wiederverwendbarkeit der einzelnen Module“, sagt Schell. „Die Übersetzungsdauer ist geringer, der zeitliche Aufwand nicht mehr so groß.“ Ähnliches berichtet sein Berufskollege Theil: „Die Fehlerquellen gehen nahezu gegen Null.“ Ganz im Gegenteil: Im Zuge der Migration sei aufgefallen, dass manche Dokumentversionen in den jeweiligen Sprachen unterschiedlich lang sind, was auf Inkonsistenzen hindeutet.
Unter dem Strich lohnt sich der Einsatz der Software: „Wenn ich vorher für die Überarbeitung einer Betriebsanleitung eine Woche gebraucht habe, dann sind das heute vielleicht zwei bis drei Tage inklusive aller Zeichnungen“, konstatiert Schell. „Man hat einfach ein strukturiertes Arbeiten.“ Hier stimmt Theil ein: „Nach vollzogener Migration aller Daten rechnen wir mit einer Zeitersparnis von bis zu 50 %.
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