Stoffrecht: Lagerung von Erzeugnissen
Erzeugnisse und die Anforderungen an Gefahrstofflager sorgen für reichlich Klärungsbedarf
In den Leitlinien der ECHA (Europäische Chemikalienagentur) zur Ausführung des Chemikalienrechts wird zwischen Stoffen und Erzeugnissen unterschieden. Der wesentliche Aspekt bei der Unterscheidung von Stoffen und Erzeugnissen ist, dass bei einem Erzeugnis Oberfläche, Beschaffenheit und Form für die Funktion wesentlicher sind als die chemische Zusammensetzung. Stoffe hingegen werden durch ihre chemische Zusammensetzung bestimmt. So wäre das Metall, bevor es zu einer Batteriehülle verarbeitet wird, ein Stoff. Der fertige mobile Energieträger hingegen, wie die Lithium-Ionen-Batterie, ist ein Erzeugnis.
Bleiben wir bei dem Beispiel der Lithium-Ionen-Batterien. Diese sind als Erzeugnisse u.a. im Rahmen der Produktsicherheit direkt vom Stoffrecht betroffen, aber auch durch die REACh-Verordnung. Ihre Lagerung ist baurechtlich (Lagergebäude) geregelt, aber bisher verwaltungsrechtlich nicht mit Rückhaltevolumen und Abdichtungen des Bodens aus Sicht des Gewässerschutzes. In der 4. BImSchV werden Erzeugnisse u. a. über den Anhang 8 erfasst, wenn sie als Abfall anfallen und in entsprechenden Anlagen behandelt oder entsorgt werden müssen. Die Frage, ob es für die Lagerung von Lithium-Ionen-Batterien einen gesetzlichen Rahmen gibt, ist hiermit allerdings noch nicht geklärt.
Anforderungen und Risiken
Die Anforderungen und möglichen Risiken bei der Lagerung von Lithium-Ionen-Batterien sind vereinfacht so zu beschreiben: Ihre gewollte Eigenschaft, Energie in einer bestimmten Menge und Dauer zur Verfügung zu stellen, ist gleichzeitig auch eine Charakterisierung ihrer möglichen Gefahren. Hieraus ergeben sich mögliche Risiken, wie z. B., dass ein Brand innerhalb weniger Sekunden nicht auszuschließen ist, bei einem Brand toxische Gase und Flüssigkeiten freigesetzt werden oder die Löschung sehr schwierig und aufwendig ist, da große Mengen Wasser benötigt werden etc. Aus möglichen Risiken ergeben sich dann mögliche Bedingungen für eine Lagerung. Hierzu zählen auszugsweise Aspekte wie eine Gefährdungsbeurteilung und die Vorhaltung einer ausreichenden Menge an Löschwasser und dementsprechend die Vorsehung einer ausreichenden Löschwasserrückhaltung.
Mögliche Hilfestellungen zur EInstufung
Gibt es neben den baurechtlichen und technischen Vorgaben weitere Hilfestellungen? Ja, die Richtlinie 3103 des VdS gibt Hinweise auf Maßnahmen für die Bereitstellung in der Produktion und für die Lagerung. Allerdings hat sie keine verwaltungsrechtliche Verbindlichkeit. Darüber hinaus lohnt ein Blick in die TRGS 510, die die Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältnissen behandelt. Hier werden Lithium-Batterien im Zusammenhang mit einer möglichen Gefährdungserhöhung genannt und einer daraus abzuleitenden Separierungsempfehlung. Für eine mögliche Zusammenlagerung von Gefahrstoffen und Batterien (Li, Li-Io- oder baugleiche, weitere Batterietypen) heißt das bspw., dass eine Zusammenlagerung nicht grundlegend ausgeschlossen ist und eine unterschiedliche Bewertung je nach Lagerklasse der vorhandenen Gefahrstoffe nicht vorgenommen werden muss, aber mögliche Gefährdungen konkret zu bewerten und die sicherheitstechnischen Maßnahmen dementsprechend anzupassen sind.
Vielleicht hilft ein Blick in ein Sicherheitsdatenblatt (SDB). Ein guter Gedanke, denn ein SDB sollte gemäß ECHA-Leitlinie umfassende Informationen über einen Stoff oder ein Gemisch bereitstellen, die geeignet sind, die Beherrschung und Regulierung der Verwendung von Chemikalien am Arbeitsplatz zu gewährleisten. Wie gehen wir aber damit um, wenn einige Hersteller ihre Batterien in die Lagerklasse 11 einstufen, die mit sehr vielen anderen Lagerklassen kompatibel sind und bei der sich die Frage stellt, nach welchen Kriterien die Hersteller zu dieser Einstufung gekommen sind.
Lithium-Ionen-Batterien unterliegen nicht direkt dem Gewässerschutzrecht (stoffbezogenes Recht), obwohl diverse Batterien auch wassergefährdende Gefahrstoffe beinhalten. Da diese potenzielle Gefährdung immer häufiger als solche wahrgenommen wird, werden die großen Hersteller wie auch Recycler und die Lagerhalter aktiver. Darüber hinaus rückt das Thema auch verwaltungsseitig, im Rahmen von Antragsverfahren, immer mehr in den Fokus, z.B. in Form von Fragen nach flüssigkeitsdichten Böden und Löschwasserrückhaltemaßnahmen. Die Begründungen sind allerdings zu hinterfragen. So werden u.a. Batterien als ortsbewegliche (Lager-) Behältnisse eingestuft, für die es nach §§ 18 und 20 AwSV Rückhaltungen geben müsste, gerade auch für Löschwasser. Ein mögliches Problem dabei ist, dass die Löschwasserrückhalterichtline nicht mehr in Kraft ist, es aber keine ersetzende Regel gibt, die vergleichbar angewendet werden könnte.
Im Störfallrecht, welches ebenfalls stoffrechtlich bezogen ist, gibt es eine wichtige Ergänzung im Anwendungsbereich, das sog. Vorhandensein von störfallrelevanten Stoffen. Bezüglich der Erzeugnisse geht es darum, ob durch einen außer Kontrolle geratenen Prozessstörfallrelevante Stoffe entstehen können. Das ist unter Berücksichtigung von bekannten Bränden von Batterien nicht auszuschließen. Allerdings wäre das auch nur zu berücksichtigen, wenn z.B. das Lager als solches bereits unter den Anwendungsbereich der Störfallverordnung fällt. Das ist bei reinen Erzeugnis-Lägern nicht der Fall. Dennoch kann es zu einer Beeinflussung kommen: Sobald bspw. ein Logistikkomplex in den Anwendungsbereich des Störfallrechts fällt, wird es eine Lagerung von Batterien notwendig machen, das Sicherheitskonzept anzupassen.
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