Stärker durch das Pharmalogistik-Netzwerk
Interview mit Jürgen Oetzel, Geschäftsführer der GDP Network Solutions
Im Interview mit CHEManager erläutert Jürgen Oetzel, Geschäftsführer der GDP Network Solutions die Situation in der Arzneimittellogistik und die Beweggründe für den Zusammenschluss.
CHEManager: Herr Oetzel, GDP-konforme Arzneimittellogistik deutschlandweit zu betreiben, ist eine verantwortungsvolle und nicht eben einfache Aufgabe. Wo sehen Sie die größten Hürden bei deren Durchführung?
Jürgen Oetzel: Die Anforderungen der GDP Guideline vom 5. November 2013 sind im eigenen Qualitätsmanagement (QM) vollumfänglich und auditsicher darzustellen.
Natürlich ist das QM kein Buch für die Schublade, sondern muss täglich in allen Prozessen und Schnittstellen gelebt, optimiert und erweitert werden. Theorie und Praxis sollten also deckungsgleich sein. Eine der größten Herausforderungen ist die Sicherstellung des Temperaturkorridors von + 15 °C bis + 25 °C.
Die äußeren klimatischen Bedingungen dürfen sich nicht auf die Temperatur beim Transport und beim Umschlag auswirken. Schon geringste Schwankungen können bei Arzneimitteln erheblichen Einfluss auf Haltbarkeit oder Wirkmechanismus haben. Modernste Technik und sensible Temperatursensoren bilden die Symbiose für ein sicheres Real-Time-Monitoring mit lückenloser Dokumentation, die übrigens umgehend mit der Zustellung verfügbar ist. Nicht zuletzt muss ein funktionierendes und valides Notfallsystem implementiert werden.
Im Juni 2020 haben sich nun aus unterschiedlichen Regionen Deutschlands Logistikunternehmen zu einem neuen Netzwerk für Pharmatransporte zusammengeschlossen. Was war der Auslöser für diese Kooperation und sind alle beteiligten Logistikunternehmen hierbei gleichwertige Partner?
J. Oetzel: Wir haben aktuell zehn mittelständische Gesellschafter, die bereits in der Pharma- und Healthcare-Logistik etabliert sind und über eine hohe Expertise verfügen.
Zum einen ist Bedarf an Logistik-Dienstleistungen aus dem Kundenstamm hervorgegangen, zum anderen hatten die Verlader mit GDP-konformem Anspruch bisher nur moderate Möglichkeiten einen adäquaten Logistikpartner auszuwählen. Die GDP Network Solutions bietet hier gezielt eine Alternative und die Netzwerkstruktur bildet eine optimale Basis für den direkten Kundenkontakt vor Ort. Die regional verankerten Unternehmen können so maßgeschneiderte Logistik-Lösungen anbieten.
Trotz unterschiedlicher Unternehmensgrößen und Angebotsschwerpunkten hat sich eine gleichberechtigte und offen gelebte Partnerschaft der Gesellschafter entwickelt. Wir haben bewusst und unabhängig von der Firmengröße darauf geachtet, dass alle Partner gleichberechtigt sind, dies spiegelt sich auch im gleichen Stimmrecht wider.
Wie steht es bei den einzelnen Partnern um deren Expertise in Bezug auf die Pharmalogistik? Wie wurden die Beteiligten hierbei auf gleiches Level gebracht?
J. Oetzel: Wie oben bereits erwähnt, sind unsere Netzwerk-Unternehmen zum Teil seit Jahrzehnten erfahren im Umgang mit Kunden aus der Pharma- und Healthcare-Branche. Die Leistungsportfolios gehen zum Teil weit über die Logistik hinaus. Wir haben Partner mit Großhandels- und Herstellungserlaubnis nach § 52 AMG und § 13.1.
Das ist natürlich eine sehr positive Voraussetzung um das QM auf dem vorhandenen Know-how zu entwickeln. Das gemeinsame Qualitätsverständnis eint die Netzwerk-Unternehmen, sodass alle Partner den hohen Ansprüchen der GDP-Vorgaben und den Kundenanforderungen nachhaltig gerecht werden.
Letztlich sichert das umfangreiche QM der GDP Network Solutions und die durchgeführte Leistungsqualifizierung jedes Partnerunternehmens die hohen Standards der GDP-Guideline.
Die GDP macht auch in technischer Hinsicht strenge Vorgaben, zum Beispiel im steten Temperaturmonitoring. Welche Schritte waren nötig, um hier auch technisch ein einheitliches, harmonisiertes Netzwerk zu erhalten?
J. Oetzel: Dies war neben der Erstellung unseres QM die nächste große Herausforderung. Die Partner haben verschiedene Transportmanagement- und Telematik-Systeme im Einsatz. In der Qualifizierung und Datenanbindung hat uns der Fuhrpark mit aktuell rund 200 Transportgefäßen von verschiedenen Aufbauherstellern, eine hohe Aufmerksamkeit abverlangt.
In Zusammenarbeit mit unserem IT-Dienstleister CSD Transport Software und vielen Projektstunden, wurden verschiedenste Schnittstellen programmiert, um die Datenströme aus den jeweiligen Systemen zu bündeln. Dies gelingt nur, wenn innovative IT-, Kommunikations- und Fahrzeugtechnik zusammenkommen.
Wir können heute bereits – und darauf sind wir besonders stolz – entlang der gesamten Supply Chain über alle Schnittstellen Ort und Temperaturen auf Packstückebene in Echtzeit darstellen. Wird bei einer Abweichung von der vorgeschriebenen Temperatur ein Alarm ausgelöst, dann greift unser 24/7 Notfallmanagement.
Mit der Covid-19-Thematik hat die Pharmalogistik eine umfangreiche Aufgabe erhalten. Worauf ist hierbei besonders zu achten?
J. Oetzel: Meines Erachtens stellen die aktuellen Impfstoffe, die zwischen - 70 °C und - 20 °C gelagert sowie transportiert werden müssen, die größte Herausforderung dar.
Das notwendige Equipment stand in der Breite nicht zur Verfügung und musste aufgebaut werden. Ebenso sind die Handlingprozesse bei - 70 °C spezieller und fordern die Temperaturstabilität für den Impfstoff. Nicht zu vergessen die notwendigen Mitarbeiterschulungen und Prozesse im Umgang mit diesen Ultratieftemperaturen. Letztlich sind die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen für den Impfstoff, was den Transportweg betrifft, alles andere als profan.
Konnte sich das noch junge Netzwerk GDP Network Solutions in die Aufgabe der landesweiten Feinverteilung der Covid-19-Impfstoffe bereits einbringen?
J. Oetzel: Unser Netzwerk ist durch zwei unserer Partner regional in der Feinverteilung eingebunden. Dies erfolgt zum einen im Auftrag der Bundesregierung/ Zentrallager und zum anderen direkt durch die jeweiligen Bundesländer. Mit der Zulassung von weiteren Covid- 19-Impfstoffen, der Ausweitung und Schaffung von Produktionskapazitäten sowie einem geregelten Ablauf in den Impfzentren wird sich die Lage entspannen. Der Markt wird gefestigte Strukturen entwickeln, in denen dann auch die GDP Network Solutions eine Rolle spielen wird.
„Die äußeren klimatischen Bedingungen dürfen sich nicht auf die Temperatur beim Transport und beim Umschlag auswirken.“