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Risikoanalyse kann den GMP-Aufwand vermindern

08.09.2011 -

Risikoanalyse kann den GMP-Aufwand vermindern. Gempex ist ein international tätiger Dienstleister für alle Angelegenheiten rund um das Thema Good Manufacturing Practice (GMP) und für vergleichbare Qualitätssicherungssysteme. Die Leistungen reichen u.a. von der Erstellung von Arbeitsanweisungen (SOPs) bis zur Qualifizierung ganzer Produktionsanlagen bzw. von der Erstberatung bis zur Vorbereitung und Begleitung bei Behördeninspektionen. Das 2002 gegründete Unternehmen beschäftigt heute 46 Mitarbeiter und verfügt neben einer Niederlassung in der Schweiz noch über ein Joint Venture-Unternehmen in China. CHEManager befragte den Geschäftsführer Dipl.-Ing. Ralf Gengenbach zu den neueren Entwicklungen rund um das Thema Qualifizierung/Validierung und zu seinem neu erschienenen Buch „GMP-Qualifizierung und Validierung von Wirkstoffanlagen“. Die Fragen stellte Dr. Dieter Wirth.

Herr Gengenbach, die Validierung und Qualifizierung von Verfahren beziehungsweise Anlagen ist durch verschiedene nationale und internationale Organisationen und Behörden wie die FDA oder die EMEA für Pharmahersteller verpflichtend. Welche Vorschriften sind in jüngster Zeit dazu gekommen?

R. Gengenbach: Vorschriften, die direkt den Inhalt und Ablauf von Qualifizierung und Validierung betreffen, sind Gott sei Dank oder auch leider nicht hinzugekommen. Gott sei Dank, weil der GMP-Bereich schon genug reguliert ist, leider, weil es immer noch an sinnvollen Ausführungsbestimmungen – den „how to do’s“ mangelt und der Betroffene noch immer mit seinen Fragen allein gelassen wird. Die Unterschiede, wie einzelne Unternehmen die Anforderungen umsetzen, sind immer noch immens und die Suche nach dem Königsweg – nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig – bleibt. Was neu hinzugekommen ist und die Qualifizierung und Validierung indirekt beeinflusst, ist die Anforderung an die Durchführung einer Risikoanalyse. Diese war auch bisher schon über den EU Annex 15 – Qualifizierung und Validierung – empfohlen, wurde jetzt aber über den ICH Q9 Leitfaden – Risikomanagement – ganz neu gewichtet und über die EU GMP Grundregeln verbindlich gemacht. Die FDA hatte hier bereits mit ihrer 21st Century-Initiative und dem Thema „Risk Based Approach“ die Vorreiterrolle übernommen.

Wie ist die Bedeutung der Risikoanalyse einzustufen? Gibt es bestimmte Punkte, deren Umsetzung problematisch ist?

R. Gengenbach: Grundsätzlich ist diese Entwicklung als sehr positiv zu werten, gibt sie doch den Unternehmen die Chance, den Aufwand gerade im Bereich Qualifizierung und Validierung auf ein vernünftiges Maß zu reduzieren. Und das ist es ja auch, was heute die Behörden anstreben, nicht die „GMP = Ganze Menge Papier“-Philosophie sondern Aktionen mit Sinn und Verstand. Ohne Probleme – wie Sie schon richtig erkannt haben – ist es natürlich nicht, insbesondere dann nicht, wenn die Risikoanalyse als „ad on“ durchgeführt, aber nicht wirklich zur Aufwandsreduzierung genutzt wird. Leider kennen wir genügend Fälle, in denen die Risikoanalyse nur eine zusätzliche Rechtfertigung ist. Alles andere ist gleich geblieben. Also auch hier mangelt es leider an entsprechenden Hilfestellungen oder besser an konkreten Ausführungsempfehlungen – sicher nicht unbedingt einfach.

Welche neuen Vorschriften werden aktuell diskutiert oder werden in absehbarer Zeit veröffentlicht werden. Worauf müssen sich die Pharmaunternehmen dann einstellen?

R. Gengenbach: Ich will an dieser Stelle bewusst den Bereich der IT-Validierung ausklammern, der seinen neuen Anschub durch den kürzlich veröffentlichten GAMP in der Version 5 erhalten hat und der sicher sehr spezifisch ist und aktuell auch in jeder Richtung immer wieder Neuerungen erfährt. Da gibt es sicher auch noch jede Menge zu tun. Daneben dürfte aber der aktuell in Überarbeitung befindliche FDA guide to inspection of process validation mit einer gewissen Spannung erwartet werden. Dieser stammt ja noch aus dem Jahre 1987 – die FDA ist da sehr konstant – und hat die ganzen bisherigen Entwicklungen wie beispielsweise detaillierte Ausführungen zur Anlagenqualifizierung gar nicht mitgemacht. Bei einer Neuerscheinung kann man also sicher sein, dass diese mit dem alten Papier nicht mehr viel zu tun haben wird. Und da die FDA nun mal gerne die Vorreiterrolle in diesen regulierten Bereichen übernimmt, dürfte die Frage bleiben, was sie alles und wie detailliert sie es dann reguliert.

Die Einhaltung der GMP-Vorschriften bei Pharmaunternehmen wird von Inspektoren geprüft. Gibt es hierbei nach Ihrem Wissen gewisse Trends zu verschärften oder intensiveren Prüfungen?

R. Gengenbach: Bleiben wir beim Thema Risikoanalyse. Dann erkennt man einen klaren Trend dahingehend, dass verstärkt nach diesem Thema und den Resultaten gefragt wird. Dabei geht es weniger um die Risikoanalyse selbst als vielmehr um den Nachweis, ob das jeweilige Unternehmen seine Prozesse wirklich versteht, diese grundlegend analysiert und mögliche Schwachpunkte identifiziert hat. Insofern sind die Inspektionen sicher schärfer und kritischer geworden, weil das Papier zum Nachweis einer Qualität alleine nicht mehr ausreicht. Es geht um das Prozessverständnis. Unabhängig davon ist aber auch erkennbar, dass GMP und seine Anforderungen heute doch sehr viel ernster genommen werden als dies vielleicht noch Anfang der 90er Jahre der Fall war. Hier haben aber auch die Firmen mit ihrem Standard mächtig aufgeholt. Behälter, die mit Hilfe einer abgehängten Plastikfolie vor Kontaminationen geschützt werden oder Reinräume, die so vollgestopft sind, dass sie eigentlich keine mehr sind, gehören zum Glück der Vergangenheit an. GMP wird heute deutlich mehr gelebt, und das ist Gegenstand von Inspektionen. Weil die Sache so komplex ist, geht sie nicht immer ohne Bemängelung ab.

Kommen wir nun zu Ihrem Buch: Der Schwerpunkt liegt auf dem Thema Qualifizierung und Validierung. Hat dieses Thema eine besondere Bedeutung, dass man ihm ein solch umfassendes Werk widmet?

R. Gengenbach: Die Einhaltung der GMP-Regularien ist mit viel Arbeit, Zeit und Kosten verbunden. Da das Thema selbst noch mit großen Unsicherheiten belegt ist – es ist oft nicht wirklich klar, was und wie viel man tun muss – suchen die betroffenen Unternehmen und deren Mitarbeiter nach klaren Antworten auf diese Fragen. Zuviel Aufwand treiben oder die Dinge unwirtschaftlich anpacken will natürlich keiner oder anders gesagt: Hinter diesem Thema verbergen sich auch große Einsparpotentiale für die Pharmaindustrie. Dazu braucht man ein fundiertes und praktisches Know-how, das bei einem komplexen Thema wie diesem eine umfassende Darstellung erfordert. Und das „how to do“ – wie bereits erwähnt, fehlt ja noch immer.

Gibt es dazu nicht schon ausreichend Literatur auf dem Markt?

R. Gengenbach: Bisher nur sehr bedingt. Es gibt offizielle Regelwerke und auch einige Interpretationen von Behörden und Fachverbänden. Da diese aber die Interessen vieler verschiedener Firmen wahren müssen, sind die Inhalte oft sehr dünn und sehr allgemein. Ein Fachbuch zu speziell diesem, mehr auf die Technik ausgerichteten Thema ist mir bis heute nicht bekannt.

Worin besteht der Wert für den Leser Ihres Buches?

R. Gengenbach: Ich denke, es ist eine sehr gute Zusammenfassung des gesamten Themas und die Dokumentation von nunmehr nahezu 20 Jahren Erfahrung. Als roter Faden zieht sich ein Konzept für die Umsetzung der Qualifizierung – how to do – durch, welches im Rahmen vieler Projekte, die bei Gempex abgewickelt wurden, entstanden ist und sich weiterentwickelt hat. Es werden sehr viele Praxisfälle erläutert und auch Mustervorlagen für benötigte Dokumente angeboten. Es werden Hintergrundinformationen gegeben, warum man etwas gerade so und nicht anders machen sollte. Wer es aufmerksam liest, findet auch eine Fülle von Optimierungsansätzen, die zu Kosteneinsparungen führen können. Ich wäre in früheren Zeiten glücklich gewesen, hätte ich so eine Zusammenfassung und Erläuterung zum Thema GMP und Qualifizierung/Validierung gehabt. Es hätte mir viel Recherchearbeit erspart.

Kann man mit Ihrem Buch jetzt Qualifizierungs- und Validierungsaufgaben quasi nach Kochrezept umsetzen?

R. Gengenbach: Nicht ganz. Diese Vorstellung wäre zu schön. Es wird eine grundsätzliche Vorgehensweise speziell für den Wirkstoffbereich angesprochen. In Teilen ließe es sich auch auf pharmazeutische Anlagen übertragen. Zu vielfältig sind aber heute die angewandten Technologien, als dass das Buch allen Ansprüchen gerecht werden könnte. Hier ist sicherlich noch Spielraum für weitere Ausführungen gegeben, die sich dann konsequenterweise spezifisch mit einzelnen Anlagen und Apparaten beschäftigen müsste.

Also ein weiteres Buch?

R. Gengenbach: Vielleicht. Dazu möchte ich mich noch nicht festlegen.

Die Thematik Ihres Werkes ist ja internationaler Natur. Warum ist das Buch auf Deutsch und nicht auf Englisch erschienen?

R. Gengenbach: In der Tat hatten wir zuerst eine englische Ausgabe geplant. Im weiteren Verlauf sind wir – auch aufgrund meiner eigenen Erfahrung – zum Schluss gekommen, dass gerade und vornehmlich auch ein Werk in deutscher Sprache fehlt. Da die meiste GMP-relevante Literatur nur in Englisch verfügbar ist, fehlt gerade für die Personen, die tagtäglich mit GMP-Aufgaben betraut sind, ein verständliches deutsches Werk. Dies schließt natürlich nicht die spätere Übersetzung aus, die auch schon andiskutiert wurde.

Hatten Sie eigentlich keine Bedenken, dass Sie mit diesem Buch auch den Wettbewerbern hier ein umfassendes Werk über Ihr Know-how an die Hand geben?

R. Gengenbach: Grundsätzlich ist das im Buch enthaltene Wissen ja nicht geheim. Es ist teilweise über das Internet und andere Quellen frei zugänglich. Der Wert besteht in der Zusammenfassung, der Strukturierung und der Erfahrung, die in das Werk geflossen sind. Und gerade Letzteres ist auf alle Fälle nötig, um das Beschriebene auch umzusetzen. Das reine Lesen alleine, macht noch nicht den Erfolg. Die Erfahrung, die Firmenphilosophie und die Dienstleistungsmentalität sind die Faktoren, durch die sich die gempex von seinem Wettbewerb abhebt. Heute sehe ich es auch eher als einen Schutz, da nunmehr fest dokumentiert ist, woher ein bestimmtes Wissen kommt, wenn mal wieder Jemand Teile von meinen Vorträgen anderswo präsentiert.

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