Anlagenbau & Prozesstechnik

Reststoffoptimierung

Strömungssimulation erlaubt verschiedene Aufstellungs-, Konstruktions-, und Detailvarianten

30.05.2012 -

CITplus - Die Müllverbrennungsanlage Neunkirchen wurde nachträglich mit einem Sprühtrockner-Reaktor ausgerüstet. Der Eingriff in die Anlage sollte dabei möglichst klein sein. Im Sprühturm und im Elektrofilter ist die Strömung der Gase für den Prozess entscheidend. Mittels CFD Simulationen wurden die Kanäle und die strömungstechnischen Einbauten ausgelegt. Der Sprühturm konnte danach problemlos in Betrieb genommen werden.

Bei der Müllverbrennung Neunkirchen werden die Abgase mehrstufig gereinigt. Die sauren Gase HCl, SOx und HF werden mit einem Nasswäscher ausgewaschen. Die sauren und basischen Abwässer müssen aufwendig wieder aufbereitet werden. Durch den Einsatz eines Sprühtrockners findet bei gleichzeitiger Abkühlung der Rauchgase, die Verdampfung der Abwässer und die Kristallisation der vorhandenen Salze statt. Die Abwasseraufbereitung entfällt.

Rauchgasreinigung in einer ­Müllverbrennungsanlag
Das Rauchgas von Müllverbrennungen wird in mehreren Stufen gereinigt. Die Rauchgasreinigung besteht in der Anlage Neunkirchen (Abb.. 1) aus einem Elektrofilter zur Vorentstaubung des Rauchgases mit nachgeschaltetem ECO, einem 3-stufigen Nasswäschersystem, einer DeNOx-Anlage zur Abscheidung der Stickoxide, sowie einer Dedioxinierungsanlage zur Abscheidung von Dioxinen und Furanen als Polizeifilter.
Die Abscheidung der sauren Schadgaskomponenten HCl, SOx und HF erfolgt hauptsächlich im Nasswäschersystem. Die sauren und basischen Abwässer aus der Nasswäsche werden in einer aufwendigen Abwasserreinigungs- und Aufbereitungsanlage (ABA) behandelt. Anschließend werden die behandelten Abwässer in einer Eindampfanlage (ADE) eingedampft. Als Endprodukt werden Gips und Kochsalz erzeugt.
Die für die Herstellung von Gips und Kochsalz notwendige ABA/EDA ist sehr komplex, energieintensiv und kostspielig. Um weiterhin die niedrigen Emissionswerte des AHKW Neunkirchen zu gewährleisten, soll die Rauchgasreinigung, speziell das Wäschersystem, weitgehend unverändert bleiben. Das Abwasser der Nasswäscheranlage soll in einem neu errichteten Sprühtrockner eingedampft werden. Die im Sprühtrockner getrockneten Salze werden zusammen mit dem Flugstaub aus dem Kessel im nachfolgenden Elektrofilter abgeschieden.
Strömungstechnischen ­Auslegung
Der Sprühtrockner-Reaktor wird in die bestehende Anlage integriert. Durch die baulichen Gegebenheiten und weil der Kessel und der Elektrofilter nicht verschoben werden können, ergibt sich eine anspruchsvolle Kanalführung. Die Geschwindigkeitsverteilungen bei den Eintritten in den Sprühturm und in den Elektrofilter sind für die einwandfreie Funktion der beiden Anlagenkomponenten von zentraler Bedeutung. Deshalb wurden zur strömungstechnischen Auslegung ausführliche CFD Untersuchungen durchgeführt. Abbildung 1 zeigt das Kesselende und den Eintritt in den Elektrofilter vor dem Umbau.
Die geplante Kanalführung vom Kesselende in den Sprühturm und dann in den Elektrofilter ist in Abbildung 2 dargestellt. Der Kanal tritt von unten in die Haube des Elektrofilters ein.
Durch das elektrische Feld werden die geladenen Partikel zu einer Elektrofilterplatte abgelenkt. Strömen die Partikel zu schnell zwischen den Filterplatten hindurch, reicht die vorhandene Länge nicht, um die Partikel an den Platten abzuscheiden. Zu hohe Geschwindigkeiten führen deshalb zu einem schlechten Abscheidegrad. Zu kleine Geschwindigkeiten ergeben einen tiefen Durchsatz, somit sinkt die Leistung.

Verbesserung der ­Geschwindigkeitsverteilung
Alle Einbauten in der Elektrofilterhaube mussten aufgrund des vertikalen Eintritts neu ausgelegt werden, denn die Geschwindigkeitsverteilung am Eintritt in den E-Filter muss möglichst gleichmäßig sein.
An der Eintrittshaube des Elektrofilters konnten keine Anpassungen vorgenommen werden. Die Vergleichmäßigung der Geschwindigkeitsverteilung mit Einbauten war deshalb sehr anspruchsvoll. Es wurden Leitbleche und Lochbleche verwendet. Der erzeugte Druckabfall durfte einen maximal Wert nicht überschreiten. Die Abbildung 3 stellt die Geschwindigkeitsverteilung bei der ersten Variante (links) und bei einer optimierten Variante (rechts) dar. Die Verteilung konnte signifikant verbessert werden. Bei der ersten Variante sind die Geschwindigkeiten im Zentrum zu hoch. Die Partikel fliegen durch den Filter hindurch und werden ungenügend abgeschieden.
In Sprühtürmen werden Pulver hergestellt. Dazu wird ein Konzentrat, Gemisch aus Flüssigkeit mit Feststoffen, in heißes Gas eingedüst. Die Flüssigkeit der Tropfen verdampft und zurück bleibt der enthaltene Feststoff. Dieser tritt als Pulver aus dem Sprühturm aus. Damit ein Sprühturm funktioniert, müssen die Tropfen ausreichend Zeit für die Trocknung haben. Treffen Tropfen oder zu feuchte Pulverpartikel auf eine Wand auf, bleiben Sie kleben. Verdampft das Wasser eines Tropfens, sinkt die Gastemperatur und die Gasfeuchte steigt lokal, um den Tropfen herum, an. Tropfen in unmittelbarer Nähe benötigen deshalb länger für die Trocknung, weil das treibende Gefälle für die Trocknung tiefer ist. Deshalb ist es wichtig, dass die Gasgeschwindigkeiten und die Konzentrattropfen am Eintritt möglichst gleichmäßig verteilt sind. Die Sprühdüsen müssen so ausgerichtet sein, dass nicht direkt an eine Turmwand gesprüht wird.

Problemlos Inbetriebname nach Strömungssimulation
Mittels Strömungssimulationen lassen sich die Tropfenbahnen, ihre Verweilzeit sowie ihr Trocknen simulieren.
Die Abbildung 4 zeigt die Geschwindigkeitsverteilung und die Tropfenbahnen beim Eintritt in den Sprühturm. Die Geschwindigkeitsverteilung des eintretenden Rauchgases wurde mittels Leitblechen und Lochblechen homogenisiert. Die Position der Düsen ist so gewählt, dass keine Tropfen auf die Turmwand auftreffen. Die Höhe des Sprühturmes ergibt sich aus der benötigten Trocknungszeit, sowie der Leerrohrgeschwindigkeit. Die Eintrittshaube in den Sprühturm musste so konstruiert werden, dass die maximal zur Verfügung stehenden Höhe nicht überschritten wurde.
Dank den detaillierten Strömungssimulationen konnte die Anlage von Hitachi Zosen Inova realisiert und problemlos in Betrieb genommen werden. Die ergänzte Anlage wird von Eon nun erfolgreich betrieben. Der Vorteil der Strömungssimulationen liegt darin, dass die Geschwindigkeiten, Drücke, Temperaturen und Feuchten in jedem Punkt im Modell bekannt sind. Somit lassen sich verschiedene Aufstellungs-, Konstruktions-, und Detailvarianten simulieren, beurteilen und dann realisieren.

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