Prozessanalytik für nachhaltige Prozesse
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Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit sind nicht mehr nur ein Modewort, sondern inzwischen erklärtes Ziel der Prozessentwicklung- und optimierung. Ein unverzichtbarer Schlüssel dafür ist ein tiefes Prozessverständnis, das mithilfe moderner Prozessanalysentechnik erschlossen werden kann. Die Produktmanagerinnen Dr. Kerstin Dreblow und Sabrina Hakelberg erläutern, wie dies gelingen kann und welche Möglichkeiten die Deutsche Metrohm Prozessanalytik hierzu bietet.
CITplus: Ein zentrales Thema auf der Achema wird die Frage sein, wie die Chemie und chemische Prozesse
nachhaltiger werden. Welche Rolle kann hier die Prozessanalytik spielen?
Kerstin Dreblow: Die Rolle der Prozessanalytik wird in Bezug auf das Thema Nachhaltigkeit zukünftig eine immer größere Rolle spielen. Worte wie Klimaneutralität und Nachhaltigkeit sind gelebte Praxis und immer mehr Unternehmen müssen sich dieser Herausforderung stellen. Dabei geht es insbesondere um die Gestaltung nachhaltiger Prozesse durch eine 100 % Kreislaufführung. Beispielsweise wäre hier die Einsparung von Ressourcen zur Senkung von Energiekosten für die Synthese, Reduktion von CO2- Emissionen oder auch die Reduktion von Batchzeiten zu nennen. Im Allgemeinen steht die Prozessanalysentechnik (PAT) für die Automatisierung, Optimierung und Regelung von Prozessen durch die Analyse kritischer Qualitätsparameter. Mit PAT lassen sich Kosten und Zeit einsparen, weil Entwicklungszeiten reduziert und Scale-up Prozesse beschleunigt werden. Letztendlich erlaubt der Einsatz von PAT ein tieferes Prozessverständnis. Eine Echtzeitanalytik, durch den Einsatz von spektroskopischen oder nasschemischen Verfahren, ermöglicht einen immensen Informationsgewinn über stoffspezifische Parameter, wodurch Prozesse transparent, sicher und nachhaltig gemacht werden.
Welche Technologien bieten Sie dazu an? Worin liegen die Hürden beim Einsatz und wie lassen sich diese überwinden?
Sabrina Hakelberg: Bei Metrohm Prozess Analytics werden die bewährten Laborlösungen für die Spektroskopie und nasschemische Analytik (Titration, Elektrochemie, Photometrie, Ionenchromatographie sowie Messungen mit ionenselektiven Elektroden) in vollautomatisierte, maßgeschneiderte und robuste Analysensysteme übertragen, mit denen stoffspezifische chemische und physikalische Parameter erfasst werden können.
Die größere Herausforderung liegt in der Integration und Implementierung in den Prozess, denn für eine prozesstaugliche Überwachung benötigt man sowohl die Technologie als auch die passende Applikation. Im Bereich der Prozess-Spektroskopie bedeutet dies zum einen die Ausarbeitung der Applikation und Abklärung der Machbarkeit und zusätzlich auch die Betreuung auch nach der Implementierung in den Prozess.
Sicherlich sind die Anschaffungskosten für einen Prozessanalysator im ersten Moment höher als für ein Laborgerät. Allerdings muss ein solcher Analyzer auch anderen Anforderungen gerecht werden. Beispielsweise sind hier korrosive Luft, Schmutz oder auch die Aufstellung in explosionsgefährdeter Umgebung zu nennen. Bei der Betrachtung muss man über den Tellerrand hinausschauen und überlegen, dass mit einem einzigen Analysator eine Vielzahl an Messungen realisiert werden und Kosteneinsparungen durch PAT möglich sind. In einer Amortisationsrechnung zieht man die laufenden Betriebskosten und vor allem auch den Wartungsaufwand mit hinein. Ein einfaches Beispiel aus der Praxis kann den Nutzen verdeutlichen. Der Feuchtegehalt in Rohstoffen und Endprodukten ist ein wichtiges Qualitätskriterium. Der Fermentationsprozess in der Bioethanolherstellung ist ein kostenintensiver Prozess. Durch Einsatz der Spektroskopie als Echtzeitanalytik können die Batchzeiten signifikant reduziert werden, da nachfolgende Produktionsschritte frühzeitiger eingeleitet werden können. Allein eine Einsparung von 2 Stunden pro Batch resultiert in der Möglichkeit 40 Batches mehr umzusetzen. In Zahlen umgerechnet bedeutet dies knapp 6 Millionen Euro, die pro Anlage im Jahr mehr erwirtschaftet werden kann.
In der Praxis werden PAT Lösungen immer dann eingesetzt, wenn ein hoher wirtschaftlicher Nutzen verfolgt wird, wie zum Beispiel Optimierung der Produktqualität, Energieeinsparung, Ausbeuteerhöhung oder Zeitersparnis. Als Metrohm Process Analytics begleiten wird den Anwender über das gesamte Geräteleben hinweg. Dies beginnt bereits bei den ersten Gesprächen, in denen die Anforderungen aufgenommen werden, über die Methodenentwicklung, Inbetriebnahme und schließlich auch Wartungs- und Supporttätigkeiten. Bereits bei den Vorabüberlegungen werden alle beteiligten Abteilungen und Bereiche von Projektierung, PAT-Abteilung und Metrohm Spezialisten aus Analytik und Engineering ins Boot geholt, um die beste Lösung zu finden und damit die Wahl der besten Technik nicht allein durch den Anlagenbetreiber geschehen muss.
Um Effizienzpotenziale zu heben, ist die Digitalisierung der Prozesse und entsprechende Vernetzung der Anlagen ein Schlüssel. Wie können sich die Lösungen von Metrohm hier einordnen?
K. Dreblow: Für die Produktion spielen neben der reinen Messtechnik und Sensorik auch die intelligente Datenverarbeitung eine wichtige Rolle. Es geht dabei nicht nur um eine reine Überwachung stoffspezifischer Parameter, sondern darum, die gesamte Anlage über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg zu verknüpfen.
Ein Kernpunkt von Industrie 4.0 ist das Thema der vorausschauenden Wartung. Durch gezielte Wartungsstrategien werden Ausfallzeiten von Anlagen minimiert, die Anlagenlebensdauer und Sicherheit erhöht und Ressourcen besser geplant. Die Prozessanalysatoren von Metrohm Process Analytics übertragen automatisch System- und Diagnosedaten, um Fehlerquellen frühzeitig zu detektieren und Ausfälle verhindern zu können. Vorbeugende Maßnahmen, wie Selbstdiagnoseprüfungen, wiederkehrende Routinechecks oder auch Plausibilitätsprüfungen werden automatisch durchgeführt und tragen so zu einer transparenten Prozessüberwachung bei.
S. Hakelberg: Besonders kleine und mittelständische Unternehmen profitieren von der Möglichkeit, dass Prozessanalysensysteme die standardisierten Schnittstellen, von der Feldebene über Steuerungsebene bis hin zur Prozessleitebene in einem einzigen System abdecken können. Dies bedeutet, dass ein einziger Analysator nicht nur die Aufgabe der Analyse, sondern auch der Ergebnis- und Grenzwertdarstellung und sowie die Prozessregelung, zum Beispiel Nachdosierung wichtiger Chemikalien übernehmen kann.
Insgesamt eröffnet die Digitalisierung auch neue Möglichkeiten der Datenverarbeitung, wodurch sich neue PAT-Anwendungen ergeben. Die Anwendung spezifischer Datenauswertungen wie beispielsweise die multivariate Datenanalyse in der Spektroskopie erlaubt neue Aussagen, die so bislang nicht zugänglich waren.
Unsere 2060 Software ist eine Komplettlösung, die vielfältige Möglichkeiten zur Prozessüberwachung und -automatisierung bietet. Sie erleichtert die Erfassung analytischer Daten von Metrohm Prozessanalysatoren, die Anzeige und Übertragung der Ergebnisse an jede beliebige SPS/PLS, die nahtlose Anbindung an externe Systeme – zum Beispiel Sensoren, Ventile und Pumpen – und die reibungslose Ausführung von komplexen Programmen.
Was dürfen Achemabesucher und -besucherinnen auf Ihrem Stand erwarten, welche Themen und Lösungen stehen bei Metrohm im Mittelpunkt?
K. Dreblow: Auf der Achema werden wir unser Portfolio an vielfältigen Online-, Inline- oder auch Atline-Lösungen vorstellen. Neben einfachen Einzelparametersystemen für einen Probestrom werden Mehrparametersysteme für die Überwachung mehrerer Probeströme präsentiert. Einen Schritt weiter gehen wir mit der Möglichkeit, Methoden in einem einzigen Analysator zu kombinieren. Dies ist eine immer häufiger geforderte, wirtschaftliche Möglichkeit, verschiedene Analysenmethoden in einem Gesamtsystem und einem Prozessdatenmanagement System zentral laufen zu lassen.
S. Hakelberg: Besonders freuen wir uns erstmals den 2060 The NIR Analyzer vorstellen zu dürfen. Das Prozessspektrometer ist, dank des hohen Durchsatzes, die perfekte Lösung für die Inline-Prozessüberwachung vielfältiger Parameter in mehreren Probeströmen. Das Besondere? Der 2060 The NIR Analyzer wird auf die Bedürfnisse des Anwenders zugeschnitten und ist in unterschiedlichen Konfigurationen für eine Vielzahl von Branchen und Anwendungen erhältlich. Das System wird allen Anforderungen an einen modernen Prozessanalysator gerecht. Von der Kommunikation mit dem Prozessleitsystem zur Übermittlung von Ergebnissen oder auch Diagnosen bis hin zur Überwachung der Datenanalyse inkl. Chemometriepaket zur spektroskopischen Auswertung.
Das Interview führte Dr. Etwina Gandert, Chefredakteurin CITplus.
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