Outsourcing in der Pharmaindustrie
Pharmaunternehmen müssen GMP-Konformität entlang der gesamten Supply Chain sicherstellen
Die Auslagerung von Aktivitäten im pharmazeutischen Umfeld spielt im Hinblick auf Produktqualität und Patientensicherheit eine zunehmend wichtige Rolle. Die vom Outsourcing betroffenen Dienstleistungen reichen von der pharmazeutischen Entwicklung über die routinemäßige Fertigung bis hin zur Logistik und Distribution. So sind es oft externe Partner, die im Rahmen ihrer Kernkompetenzen bestimmte Aufgaben und Prozesse effektiver, effizienter und innovativer gestalten und umsetzen können.
Die Abgabe von Kompetenzen an externe Dritte birgt aber nicht nur Vorteile. Ein hohes Risiko stellt neben der Abwicklung selbst bereits die Auswahl des Dienstleisters dar. Schließlich obliegt die Verantwortung für das Produkt, d.h. die Sicherstellung, dass ein Arzneimittel unter Einhaltung aller rechtlichen Vorschriften hergestellt, geprüft, gelagert und transportiert wird, in letzter Instanz immer dem pharmazeutischen Unternehmer.
Regulatorisches Umfeld
Die rechtlichen Grundlagen für die Auslagerung von Aktivitäten sind vom globalen Umfeld (WHO) über diverse EU-Richt- und Leitlinien bis hin zum nationalen Recht (Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung – AMWHV) in einer Fülle von Regelwerken mit unterschiedlichem Detaillierungsgrad beschrieben.
Beim Lohnauftrag z.B. ist eine schriftliche Regelung der Rechte und Pflichten ein entscheidender Faktor sowohl für die Beziehung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer als auch für die Qualitätssicherung der Arzneimittel und Wirkstoffe. Eine solche schriftliche Vereinbarung ist nicht nur in § 9 Abs. 1 AMWHV festgeschrieben und wird von der ICH-Guideline und dem EU-GMP-Leitfaden verlangt, sondern der zu regelnde Inhalt wird zudem durch diese Guidelines genauer bestimmt.
Lieferantenauswahl
Die Auswahl der richtigen Lieferanten stellt die Basis für qualitativ hochwertige Produkte und Leistungen innerhalb der Supply Chain dar und ist daher eine essenzielle Komponente, um Qualität von Anfang an abzusichern.
Zentraler Punkt, von der Lieferantenauswahl über die vertragliche Absicherung bis hin zum Monitoring, ist die Klassifizierung der Lieferanten als Basis einer risikobasierten Outsourcingstrategie, die sich über den gesamten Produkt-Lebenszyklus erstrecken sollte. Klarer Fokus sollte hier immer die Kritikalität für das letztendliche Produkt sowie das Patientenrisiko sein. Ergebnis dieser Kritikalitätsbetrachtung ist eine Typisierung der Lieferanten, d.h., es ergeben sich verschiedene Gruppen in Abhängigkeit der GMP-Relevanz der ausgelagerten Tätigkeit, die wie folgt aussehen können:
- Lohnhersteller und Lohnlabore
- Lieferanten von Wirkstoffen, Hilfsstoffen und Packmitteln
- Technische Lieferanten und Dienstleister
- Logistikdienstleister (Lagerung, Transport, Kommissionierung)
- Dienstleister für Projekt- und Prozessabwicklung
- Consultants und Trainingsdienstleister
Für die Qualifizierung der Lieferanten fließen Informationen aus Selbstauskunftsbögen oder bereits bestehenden Erfahrungswerten zusammen. In Abhängigkeit vom Risikoniveau kann es erforderlich sein, die bestehende Datenlage durch Vor-Ort-Audits zu überprüfen oder zu ergänzen, was bei bestimmten Lieferantengruppen wie z.B. bei Lieferanten von Ausgangsstoffen oder primären und bedruckten Packmitteln ohnehin regulatorisch gefordert ist.
Durch ein Audit beim Lieferanten wird ein detaillierter Einblick in die Systeme sowie die Prozesslandschaft des Unternehmens möglich. Der Anlass eines Audits sollte ausschließlich qualitätsorientiert sein. Darüber hinaus ist ein Audit ein wichtiges Instrument, die Zusammenarbeit und das gegenseitige Vertrauen zu fördern, detektierte Lücken und Verbesserungspotenziale direkt anzusprechen und somit den Lieferanten gezielt weiterzuentwickeln.
Basierend auf der grundsätzlichen Typisierung und den nachfolgenden Qualifizierungsmaßnahmen erfolgt die Bewertung der GMP-Kompetenz, d.h. der „Eignung“ des Dienstleisters für die auszulagernde Tätigkeit.
Rechtliche Absicherung
Beauftragt der pharmazeutische Hersteller einen Dritten, ist die Qualität der zu erbringenden Leistung und die Abgrenzung der Verantwortlichkeiten, insbesondere die Einhaltung der Guten Herstellungspraxis (GMP), schriftlich zu regeln (§ 9 Abs. 1 AMWHV). Hinsichtlich der Verantwortungsabgrenzung sind die Vorgaben des Kapitels 7 des GMP-Leitfadens „Outsourced Activities“ zu berücksichtigen.
Verträge im Bereich des Outsourcings sind also ein Muss. Sie sind aber auch sinnvoll und sollten als Chance und nicht als lästiges Übel betrachtet werden. Mit ihrer Hilfe können die eigentlichen Ziele des Outsourcings gewährleistet werden. Wichtigstes Element dabei ist die saubere Abgrenzung der jeweiligen Verantwortung.
In den meisten Fällen werden verschiedene Verträge von verschiedenen Abteilungen geschlossen: Die pharmazeutischen Verträge liegen bei den Fachabteilungen, die kaufmännischen Verträge in der Rechtsabteilung. Ein Zusammenspiel zwischen diesen ist nicht immer existent, aber absolut essenziell. Deutlich wird dies, wenn Elemente, die in beiden Vertragsarten ihren Niedergang finden, widersprüchlich geregelt sind. Für diesen Fall ist generell ein Rangverhältnis zu formulieren, welches mit den Beteiligten intern im Vorfeld besprochen werden sollte.
Von besonders großer Bedeutung ist der Vertragsumfang. Kaum etwas ist unbefriedigender als Auftragsunklarheit. Daher ist, gleich um welchen Vertragstyp es sich handelt, der Vertragsgegenstand so exakt wie möglich und nötig zu bestimmen. Dazu gehört u.a. eine genaue Definition der notwendigen Qualifikation des Dritten sowie der vereinbarten Leistung zusammen mit der Angabe der Arzneimittel und Wirkstoffe, auf welche sich die Leistung bezieht.
Qualitätsmanagement
Die Qualitätssicherung begleitet den kompletten Lebenszyklus der Lieferantenbeziehung. Hier tragen die verschiedenen qualitätssichernden Elemente dazu bei, Prozesse beherrschbar zu machen und somit die GMP-Konformität sicherzustellen. Essenzieller Punkt, neben den regulatorischen Vorgaben, ist die genaue Beschreibung der einzelnen Prozesse und Verantwortlichkeiten. Das gesamte Konstrukt muss im Qualitätsmanagementsystem implementiert sein.
Qualitätsmängel
Nicht von der Hand gewiesen werden kann, dass natürlich auch im Bereich des Outsourcings Probleme entstehen können. Meist liegen diese neben einer nicht zufriedenstellenden Durchführung in einer ungenügenden Vorbereitung begründet. Ihnen folgen regelmäßig zeitliche Verzögerungen und Beeinträchtigungen, die automatisch mit Zusatzkosten verbunden sind.
Wann überhaupt von einem Qualitätsmangel auszugehen ist, kann schon zu einem erheblichen Streitpunkt führen. Hilfreich ist auch hier eine saubere Abgrenzung der Verantwortung neben einer anzustrebenden Auftragsklarheit sowie eine Definition eines „Mangels“ bereits im Vertrag.
Fazit
Durch die Komplexität des Pharmamarktes und stetig wachsendem Kostendruck ist Outsourcing für die meisten Pharmaunternehmen heutzutage nicht mehr wegzudenken. Aus diesem Grund sollte die Auslagerung von Dienstleistungen im Vorfeld umfassend und bereichsübergreifend geplant werden und mit Blick auf die stetig wachsenden Anforderungen bezüglich der Produktqualität und der Patientensicherheit dem Lieferantenmanagement ein systematischer Prozess mit transparenten und nachvollziehbaren Abläufen innerhalb der Supply Chain zu Grunde gelegt werden.
GDCh-Kurs
Lieferantenmanagement in der Pharmaindustrie
3. Und 4. Mai 2016, Frankfurt am Main
GDCh-Kurs: 947/16
Leitung: Stefan Heinz
Weitere Informationen und Anmeldung über:
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