Operation Reach
29.07.2013 -
Operation Reach – Pflichten in der neuen Chemikalienverordnung.
Am 01.06.2007 ist die Reach-Verordnung grundsätzlich in Kraft getreten. Sie enthält insbesondere Bestimmungen zur Registrierung von Stoffen in Zubereitungen oder Erzeugnissen.
Neben den unmittelbar auf den jeweiligen Marktteilnehmer anwendbaren öffentlich-rechtlichen Pflichten lässt die Verordnung viele Fragen offen, die zwischen den Vertragsparteien innerhalb der Lieferkette berücksichtigt werden müssen.
Sowohl bezüglich der Registrierungspflichten, als auch bezüglich der Informationen, die innerhalb der Lieferkette zwischen den beteiligten Akteuren vermittelt werden müssen, besteht Klärungsbedarf.
Aus der Fülle der regelungsbedürftigen Punkte seien exemplarisch einige Fragen dargestellt, derer sich die Unternehmen schnellstmöglich annehmen sollten: Wie verlaufen Importverträge mit nicht in der Gemeinschaft ansässigen Herstellern?
Welche Informationen müssen wechselseitig in der Lieferkette weitergegeben werden? Zu welchen Informationen ist der Lieferant besonders gefährlicher Stoffe verpflichtet?
Registrierungspflicht und Aufgabenverteilung
Die Registrierungspflicht in der Gemeinschaft ist eine persönliche öffentlich-rechtliche Pflicht des jeweiligen Herstellers oder Importeurs.
Der europäische Abnehmer importierter Stoffe kann sich in Zukunft über das Internet kostenlos Information darüber besorgen, ob ein bestimmter Stoff von seinem Lieferanten registriert ist.
Sowohl die Bezeichnung des Stoffes und sein Handelsname als auch andere Informationen, die in ein Sicherheitsdatenblatt aufgenommen werden, sind in der Regel zugänglich, soweit der betreffende Dateninhaber kein Geheimhaltungsbedürfnis zur Wahrung geschäftlicher Interessen geltend gemacht hat.
Zu den Angaben im Sicherheitsdatenblatt gehört nach erfolgter Registrierung auch die Registrierungsnummer.
Eine entsprechende Publizität der registrierungspflichtigen Personen ist für die Vorregistrierung allerdings nicht vorgesehen. Nach Fristablauf (30.11.2008) wird hier lediglich eine Stoffliste veröffentlicht, aus der für die Allgemeinheit zu entnehmen ist, welche Stoffe vorregistriert sind, aber nicht wer diese vorregistriert hat.
Ebenso ist für europäischen Abnehmer nicht genau ersichtlich, wer persönlich registrierungspflichtig ist und wer als registrierungspflichtiger Importeur anzusehen ist.
Umgekehrt muss der nicht-europäische Hersteller mit Inkrafttreten der Reach-Verordnung neue Anforderungen erfüllen und bei der Direktlieferung an europäische Kunden vertraglich vereinbaren, dass er als registrierungspflichtiger Importeur agiert.
Da der Grundsatz „Ohne Daten kein Markt" gilt, bedeutet dies für die Praxis, dass Import-Verträge zumindest eine Regelung enthalten sollten, wer im Zweifelsfall für die Erfüllung der Registrierungspflichten einsteht.
So kann ausdrücklich festgelegt werden, wer die Registrierung übernimmt, rechtlich präzise: „wer die Pflichten übernimmt, deren Erfüllung ihn zum Importeur im Sinne der Reach-Verordnung macht".
Für nicht in der EU ansässige Hersteller besteht die Möglichkeit, die Registrierung durch einen Alleinvertreter durchführen zu lassen und die erfolgreiche Registrierung nachzuweisen.
Dann treffen den Kunden keine Registrierungspflichten, da in einem solchen Fall die tatsächlichen Importeure als nachgeschaltete Anwender gelten. Die Registrierungspflicht betreffende korrekte vertragliche Aufgabenverteilungen haben Vorteile.
Unterbleibt eine Registrierung, ist dies durch die Mitgliedsstaaten entsprechend zu sanktionieren; die Zahlung eines Bußgeldes kann fällig werden.
Eine saubere vertragliche Regelung bietet Schutz: soweit nämlich die Verwirklichung einer Ordnungswidrigkeit ein Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) voraussetzt, kann die vertraglich festgelegte Aufgabenverteilung den Verschuldensvorwurf entkräften.
Empfehlenswert kann überdies eine Kostentragungsregel sein. Hier sind je nach Markt- und Verhandlungsstärke der Parteien von Kostenteilungen, einer Beteiligung bis hin zu Erstattungsregelungen viele Mechanismen denkbar.
Entscheidend ist dabei nicht, welche Regelung, sondern dass überhaupt eine Regelung getroffen wird, denn die wenigsten Vertriebsverträge dürften eine explizite Bestimmung zu derartigen Kosten enthalten, die über eine bloße Zweifelsregelung hinausgeht.
Informationspflichten
Titel IV der Verordnung regelt die Informationspflichten in der Lieferkette. Er stellt die Kommunikation in der Lieferkette als Prozess in zwei Richtungen dar:
Es bestehen Informationspflichten gegenüber nachgeschalteten Akteuren - von den Lieferanten bis hin zu den End-Kunden -, sowie gegenüber vorgeschalteten Akteuren - von den Kunden zu den Lieferanten.
Unterschiede bestehen zunächst im Hinblick auf Stoffe, zu denen ein Sicherheitsdatenblatt erforderlich ist und solchen, bei denen auf ein solches verzichtet werden kann. In beiden Fällen ist der Lieferant verpflichtet, den Abnehmer über die Stoffe zu informieren.
Die Informationen sollten kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Wird ein Sicherheitsdatenblatt erstellt, so ist die Amtssprache des Mitgliedsstaates zu verwenden, in dem der Stoff oder die Zubereitung in den Verkehr gebracht wurde.
Regelungsmöglichkeiten bestehen bezüglich des Bereiches, in denen ein Sicherheitsdatenblatt erforderlich ist.
Vorraussetzung ist eine korrekte Registrierung und Hinweise auf Maßnahmen zum Schutz der menschlichen Gesundheit, sowie zur Sicherheit der Umwelt.
Das Sicherheitsdatenblatt muss dem Anwender oder Händler nur zur Verfügung gestellt zu werden, sofern er dieses verlangt.
Aus Sicht des Händlers ist demnach bei Verträgen darauf zu achten, dass ein solches Verlangen im Vertrag niedergelegt wird; umgekehrt sollte der Lieferant darauf achten, dass sein Vertragspartner hierauf im Vertrag ausdrücklich verzichtet. Die Kommunikation von „unten nach oben" wird für die Beteiligten in der Lieferkette in verschiedenen Situationen vorgeschrieben.
Dies gilt für die Weitergabe neuer Erkenntnisse über gefährliche Eigenschaften sowie für Informationen, die die vom Lieferanten empfohlenen Maßnahmen zum Risikomanagement in Frage stellen könnten. Händler sind allgemein dazu verpflichtet, erhaltene Informationen an den unmittelbar vorgeschalteten Beteiligten in der Lieferkette weiterzugeben.
Nachgeschaltete Anwender, die die Informationen an den unmittelbar vorgeschalteten Akteur weiterleiten, können beispielsweise Hersteller von Zubereitungen, Anwender chemischer Stoffe in industriellen Verfahren, gewerbliche Verbraucher oder Produzenten von Erzeugnissen sein.
In all diesen Fällen ist vertraglich dafür Sorge zu treffen, dass dieser Informationsfluss nachweisbar und geordnet vonstatten geht. Hierfür sollten in den entsprechenden Verträgen konkrete Ansprechpartner vereinbart werden.
Stoffe in Massenkonzentration
Jeder Lieferant eines Erzeugnisses, das einen besonders besorgniserregenden Stoff in Massenkonzentration von mehr als 0,1 Massenprozent enthält, muss ausreichende Informationen bereitstellen, um der Industrie und den gewerblichen Verbrauchern eine sichere Verwendung dieser Erzeugnisse zu ermöglichen.
Auch privaten Verbrauchern müssen diese Informationen auf Wunsch innerhalb von 45 Tagen nach Eingang des Ersuchens kostenlos mitgeteilt werden. Sollten dennoch Kosten entstehen, müssen diese in den Endabgabepreis der Produkte kalkulatorisch mit einfließen.
Zusammengefasst besteht Regelungsbedarf in vielfältiger Hinsicht. Unternehmen, die hier vorausschauendes Vertragsmanagement betreiben, werden einen Wettbewerbsvorsprung haben, schließlich enthält die Reach-Verordnung keine Regelungen zur Haftung, sodass insoweit auf nationales Recht zurückgegriffen werden muss.
Hier gilt mangels anderweitiger vertraglicher Regelung, dass eine Haftung ohne eine Begrenzung der Summe für jede, zumindest leicht fahrlässig fehlerhafte oder unvollständige Information besteht.
Kontakt:
Dr. Michael Reiling
Nörr Stiefenhofer Lutz
Tel.: 089/28628464
Fax: 089/280110
Dr. Michael Reiling, Nörr Stiefenhofer Lutz