Neuer WVIS-Chef Meier fordert offensivere Kommunikation für besseres Image des Industrieservice
15.07.2015 -
Der neue Vorsitzende des Wirtschaftsverbands für Industrieservice e.V. (WVIS), Dr. Lothar Meier, spricht über die Bedeutung des Industrieservice in Deutschland, will u.a. flexibler ausgebildete Fachkräfte und für ein besseres Image des Industrieservice in der Öffentlichkeit werben. Das Portfolio des Verbandes könnte sich auch für das Facility Management öffnen. In Zukunftsthemen wie Industrie 4.0 sieht Meier „große Chancen“ für industrielle Dienstleister. Den Schlüssel zum Erfolg entdeckt der Branchenexperte in einer „offensiven Kommunikation“.
Moderner Industrieservice ist entscheidend für eine wettbewerbsfähige Industrie, meint der neue Verbandsvorsitzende. Flexible und bedarfsgerecht ausgebildete Fachkräfte im Industrieservice bildeten die Voraussetzung, um die Attraktivität des Industriestandorts Deutschland aufrechterhalten zu können. Sie trügen dazu bei, dass die Industrieunternehmen effizient und störungsfrei arbeiten – und das mit optimalen Kosten und Strukturen, sagt Meier. Für die personalintensive Branche werden dringend Fachkräfte gesucht. Zurzeit liegt der Anteil der gewerblichen Berufe im Industrieservice je nach Aufstellung der einzelnen Unternehmen bei rund 90 %. Doch die Bewerberquoten sind – wie in der gesamten Industrie – rückläufig.
Entsprechend sind Nachwuchsgewinnung sowie Aus- und Weiterbildung wichtige Themen, die keinen Aufschub duldeten, erläutert der Branchenkenner: „Wir müssen Chancen und Perspektiven des Industrieservice noch stärker im Bewusstsein der Öffentlichkeit verankern. Dies muss oberstes Ziel sein. Nur so können wir sowohl junge Leute als auch gestandene Profis für unsere dynamische Branche begeistern.“ Eine Positionierung, die auch für andere Segmente wegweisend sein soll.
Nachwuchsarbeit kann nicht früh genug beginnen
Seit seiner Gründung ist es der Anspruch des WVIS, die Aufmerksamkeit auf Ausbildungsplätze und die breit gefächerten Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen zu lenken. Tatsächlich bietet der Industrieservice mit mehr als 40 Einstiegsberufen erfahrenen Fachkräften nachhaltige Karrierechancen. Somit ist und bleibt die Branche gerade für Facharbeiter der Beschäftigungsmotor schlechthin. Für die Nachwuchsarbeit wiederum gilt: Die Heranführung an Naturwissenschaft und Technik kann nicht früh genug beginnen. Entsprechend sollte die Sensibilisierung bereits im Kindergartenalter erfolgen. Der Verband begleitet daher verschiedene Projekte für Zielgruppen zwischen 4 und 24 Jahren.
Weit mehr als Instandhaltung
Längst ist der Industrieservice zu einem stabilisierenden Faktor entlang der gesamten Wertschöpfungskette industrieller Prozesse geworden. Klassische Instandhaltungsleistungen für Anlagen haben sich zu einem ganzheitlichen Servicepaket industrienaher Dienstleistungen von der Planung bis hin zur Optimierung von Anlagen entwickelt und leisten so einen bedeutenden Beitrag zur Standortsicherung in Deutschland.
In naher Zukunft sollten auch die nicht industriellen Dienstleistungen wie das Facility Management im Gesamtportfolio Industrieservice aufgehen. „Wir werden die Rolle des gesamten Industrieservice anhand von Marktdaten noch präziser analysieren und in Politik und Gesellschaft verstärkt kommunizieren, Trends identifizieren, Innovationen stärker in den Vordergrund stellen und Wachstum in neue Märkte begleiten,“ bekräftigt Meier.
Beim Zukunftsthema Industrie 4.0 mit dabei
Wichtige Zukunftsthemen im Industrieservice sind die Effizienzsteigerung beim Kunden sowie ein flexibles, maßgeschneidertes Dienstleistungsangebot. Hierin sieht Meier eine große Chance für die Industriedienstleister, sich zu positionieren. „Unter dem Stichwort ‚Industrie 4.0‘ finden sich zahlreiche neue Arbeitsfelder für unsere schnell reagierende Branche“, so der neue Vorsitzende. „Wir stellen uns schon jetzt auf die absehbaren Herausforderungen ein, um selbst einen Beitrag zur Industrie der Zukunft leisten zu können.“
Im Vordergrund steht dabei vor allem der Datenaustausch entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Die Erfassung und Analyse sämtlicher für ein Produkt relevanten Daten in jedem Stadium der Produktion wird künftig auch Aufgabe der Industriedienstleister sein. Zudem gewinnt die exakte Planung von Instandhaltung anhand gesammelter Maschinendaten, also das Condition Monitoring, weiter an Bedeutung. Sie wird durch neue Techniken der Datenverarbeitung unterstützt und effizienter werden. „Zu den ganz großen Herausforderungen wird es gehören, Standards für die Prozessparameter zu definieren“, stellt Meier fest. „Dies haben wir uns auf die Fahnen geschrieben, um so zur Prozessoptimierung, zur Ressourcen schonenden Produktion und zur Anlagenverfügbarkeit beizutragen. Diese Herausforderung gilt für die gesamte Wertschöpfungskette, für die unsere Branche steht.“
Die Technologien für diese „Revolution“ gibt es zum Teil schon. Dazu gehören Systeme, die aus einer Masse von Daten die relevanten herausfiltern, also aus „Big Data“ „Smart Data“ machen. Bereits in kurzer Zeit werden diese erheblichen Einfluss auf unternehmerische Entscheidungen haben – und Dienstleistern zahlreiche neue Geschäftsfelder eröffnen. „Wenn wir es schaffen, vorne mit dabei zu sein, werden wir Wettbewerbsvorteile schaffen und gleichzeitig zur Wertschöpfung der Kunden beitragen“, ist Meier überzeugt. „Deshalb werden wir uns intensiv vorbereiten, diese Systeme zu kennen und auch zu nutzen wissen.“
Offensive Kommunikation unerlässlich
Einen weiteren Schwerpunkt seiner Aufgaben sieht Meier darin, den Verband in den Fokus von Politik und Öffentlichkeit zu rücken. Schlüssel zum Erfolg sei dabei eine offensive Kommunikation. Bislang habe sich die Branche in dieser Hinsicht eher in Zurückhaltung geübt. Tatsache aber sei, dass die Dienstleistungsbranche Zugpferd der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der industriellen Kunden ist. „Wir haben viel erreicht“, betont Meier. „Jetzt ist es an der Zeit, darüber zu sprechen. Die Politik muss den Beitrag des Industrieservice zu den Wertschöpfungsketten der deutschen Wirtschaft wahrnehmen und wertschätzen lernen. Noch immer wird unsere Branche in politischen Kreisen unter der Rubrik der industrienahen Dienstleistungen geführt. Das muss sich ändern!“
Neuer Chef beim WVIS
Seit Frühjahr 2015 steht der Branchenkenner Dr. Lothar Meier an der Spitze des Verbands und will gemeinsam mit seinen Vorstandskollegen die Verbandsarbeit prägen. Nach dem Studium der Chemie und Wirtschaftswissenschaften hatte er mehr als 20 Jahre im Bayer-Konzern verschiedene Führungspositionen im In- und Ausland inne, darunter beim Textilfarbenhersteller DyStar und als Leiter Marketing und Vertrieb bei Bayer Industry Services. 2008 übernahm er bei Thyssen Krupp Xervon die Verantwortung für das Instandhaltungsmanagement sowie das Key Account Management für die chemische und petrochemische Industrie. Ende 2010 wechselte er schließlich als Leiter Marketing und Vertrieb zu Infraserv Knapsack, der Betreibergesellschaft des Chemieparks Knapsack. Seit 2012 leitet Dr. Meier als Mitglied der Unternehmensleitung den Bereich Business Development bei Infraserv Höchst. Das Industrie-Dienstleistungsunternehmen betreibt verschiedene Industriestandorte, unter anderem den Industriepark Höchst in Frankfurt am Main.
Verband gibt der Branche klares Profil
Mit rasantem Tempo hat der Wirtschaftsverband für Industrieservice e.V. (WVIS) in einem Bereich Maßstäbe gesetzt, der bis 2008 nur Insidern ein Begriff war. Erst mit der Gründung des WVIS vor rund sieben Jahren trat der Industrieservice als übergreifender Dienstleistungssektor aus dem Schatten der Instandhaltung. Die erfolgreiche Entwicklung des Verbands wurde nachhaltig von Vorständen aus der Praxis geprägt, die der gesamten Branche ein klares Profil verliehen haben. Nachdrücklich zeigt der WVIS auf, wie Industrieservices in der Prozesskette der Automobil- und Fahrzeugtechnik, der Energie- und Umwelttechnik sowie in Chemie und Petrochemie verwurzelt sind. Heute wird der klassische Industrieservice zu einem hohen Maß in der Prozessindustrie erbracht. Mit 26 % zählt die chemische Industrie zu den Kernkunden. Auf dem zweiten Platz folgt der Energiesektor. Allerdings ist der Markt für Industrieservice in Europa und Deutschland zuletzt hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Gerade im deutschen Markt hemmen die energiepolitischen Rahmenbedingungen seit 2012 das Wachstum.
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