Neue Enzyme für die Grüne Chemie
TU Darmstadt koordiniert europäischen Forschungsverbund CarbaZymes
TU-Chemieprofessor Wolf-Dieter Fessner koordiniert den europäischen Forschungsverbund CarbaZymes. Er und seine Kollegen entwickeln Biokatalysatoren für die Chemieindustrie.
Zu einem klassischen Chemieprozess gehören organische Lösemittel, hohe Temperaturen, manchmal Überdruck und oft Edelmetallkatalysatoren. Wolf-Dieter Fessner, Professor für Organische Chemie an der TU Darmstadt, und seine Mitarbeiter zeigen, dass es auch anders geht: Sie entwickeln Enzyme für die Chemieindustrie, mit denen selbst komplexe Synthesen unter milden Bedingungen in Wasser und bei Raumtemperatur gelingen. Enzyme sind Proteine, die als natürliche Katalysatoren biochemische Reaktionen antreiben, unseren Stoffwechsel ebenso wie die Fotosynthese der Pflanzen. Im Laufe der Evolution haben sie darin eine Perfektion sondergleichen erreicht, betont Fessner: „Die Natur hat die Chemie im Griff. Sie betreibt eine optimale Katalyse.“
Seit 2015 koordiniert Fessner das EU-Projekt CarbaZymes, an dem sich insgesamt 14 Forschungseinrichtungen und Unternehmen aus Deutschland, Spanien, den Niederlanden, Kroatien und England beteiligen. Die EU fördert das Verbundprojekt bis Ende März 2019 mit 8,2 Mio. EUR. CarbaZymes konzentriert sich auf Enzyme für die Knüpfung von Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindungen, ein laut Fessner bislang unterentwickeltes Gebiet der industriellen Biokatalyse: „Die dafür erforderlichen Enzyme galten lange als zu spezifisch und daher industriell nicht anwendbar.“ Das Problem: Viele derartige Enzyme katalysieren nur eine bestimmte Verknüpfung, da sie die Ausgangsstoffe hochspezifisch nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip binden. Es gibt aber auch tolerantere Enzyme, die verschiedene Substanzen umsetzen. „Danach suchen wir“, erklärt Fessner. Sein Team gewinnt die Enzyme fermentativ aus Kolibakterien. Mit molekularbiologischen Methoden wie dem Einschleusen künstlicher Gensequenzen können die Forscher die Enzyme verändern und optimieren. Auch Biokatalysatoren, die in Kolibakterien natürlicherweise nicht vorkommen, lassen sich so herstellen.
Zusammen mit spanischen Partnern des CarbaZymes-Projekts veröffentlichte das Darmstädter Team dieses Jahr ein neues biokatalytisches Verfahren zur Produktion von Homoserin, einer Vorstufe von Pharmawirkstoffen und essenziellen Aminosäuren für Futtermittel. Fessner hält zudem bereits mehrere Patente auf enzymatische Verfahren, auch aus dem CarbaZymes-Projekt resultierten schon zwei Patentanmeldungen.
Die Industrie zeige großes Interesse, sagt Fessner: „Es gibt viele Unternehmen, die massiv in dieses Gebiet investieren und schon mehrere Prozesse umgestellt haben.“ Vor allem in der Produktion von Vitaminen, Pharmazeutika und anderen komplexen Substanzen hat sich die Biokatalyse etabliert. Fessner hingegen widmet sich vor allem der enzymatischen Synthese von Grundchemikalien: „Davon werden Milliarden Tonnen jährlich hergestellt. Wenn es uns gelingt, solche Prozesse umweltfreundlicher zu gestalten, hat das einen viel größeren Einfluss auf die Zukunft unseres Planeten.“
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