Nach analog kam digital
Wenn Digitalisierung auf Verfahrenstechnik trifft – zum Beispiel bei einer Abwasserbehandlungsanlage
Die Voraussetzung für Industrie 4.0 ist die Digitalisierung von Daten und die Vernetzung untereinander. Der einzelne analoge Messwert bringt keine zusätzliche Information zur Unterstützung der Betreiber.
„Am Messpunkt scheint ein Fehler anzuliegen. Der Messwert liegt außerhalb der Toleranz. Pack das Multimeter aus und miss das Stromsignal nach, vielleicht ist es ein elektrisches Problem.“ Mit Werkzeugen dem Fehler auf die Schliche kommen und praxisorientiert systematische Fehlersuche betreiben. Das waren in der Vergangenheit meist die Erfolgsrezepte um einen Sensor wieder gangbar zu machen und eine einwandfreie Datenübertragung zur Leitstelle zu gewährleisten.
Übertragen wurde dabei lediglich das eigentliche, jeweils einzelne Messsignal. Eine fundierte Aussage über die Qualität, Sicherheit und tatsächliche Prozessbedingungen konnte man damit bei Weitem noch nicht anstellen. Dies war nur möglich durch die Kombination mit mehreren anderen Sensorwerten aus dem Prozess. Klassisches Beispiel: Nitrat und Ammonium.
Doch die analogen Signale ermöglichten es erstmals Prozesse zu steuern, zu regeln und vor allen Dingen zu überwachen. So konnte man damit beginnen, manuelle Prozesse teilweise zu automatisieren und direkte Zusammenhänge der Verfahrenstechnik zu untersuchen und zu verstehen.
Wo liegt der Vorteil der Digitalisierung und erst recht von Industrie 4.0?
Industrie 4.0 bietet Informationen über den Zustand der Messtechnik und Aktorik und den Status der einzelnen Prozessschritte. Aus diesen Informationen resultiert dann die Möglichkeit, Wartungsintervalle vorausschauend zu planen und dem Betreiber eindeutige Handlungsempfehlungen zu geben.
Dazu müssen für den Betreiber z. B. die Zustandsdaten der Messtechnik aufbereitet werden. Mit der Memosens und Heartbeat Technologie von Endress+Hauser z. B. werden die Sensoren immer intelligenter und machen Aussagen über ihren momentanen Zustand und ihre Messsicherheit. Verknüpft mit den Prozessdaten wird dann die Plausibilität der Messwerte berechnet. Einzelne Prozessschritte können somit auch bei ausgefallener Sensorik geregelt werden und die Sensoren vorausschauend gewartet werden.
Industrie 4.0 im Abwasser heißt auch, dass die vorhandenen zusätzlichen Informationen für eine intelligente und vorausschauende Prozessregelung genutzt werden können. Prozessereignisse werden frühzeitig erkannt und Gegenmaßnahmen können schnell und energieschonend eingeleitet werden, ohne die Qualität bzw. Auslaufwerte zu beeinträchtigen.
Industrie 4.0 im Abwasser bietet den Betreibern die Möglichkeit der Optimierung in allen Bereichen ihres Tagesgeschäftes. Von der Messsicherheit, Prozesssteuerung und somit auch Energieeinsparung, Wartungsplanung bis zur Dokumentation und Speicherung der Messdaten.
Eine Basis für den gesamten Abwasserprozess
Die Liquiline Control Plattform von Endress+Hauser basiert auf einer leistungsstarken Recheneinheit und einer integrierten Software, die eine effiziente Regelung der Belebung und die präzise Fällmitteldosierung für die Phosphatelimination ermöglicht. Sie wird kontinuierlich erweitert und in Zukunft außerdem die Flockungsmitteldosierung für die Schlammentwässerung und die Desinfektion steuern können. Das heißt, den Kläranlagenbetreibern steht eine Basis für den gesamten Abwasserprozess zur Verfügung, die dank der Verknüpfung der Sensorinformationen mit den Prozessinformationen eine eindeutige Übersicht des momentanen Anlagenzustandes und der daraus resultierenden Aktionen der Betreiber wie z. B. Wartungsarbeiten gibt.
Die Visualisierung der Liquiline Control Plattform ist so aufgebaut, dass der Zustand der Anlage über ein Prozessbild und farbliche Statusänderungen auf einen Blick erfasst wird und über einen direkten Zugang Informationen bis auf die Geräteebene visualisiert werden. Die Daten können dabei durch eine web-basierte Technologie jederzeit und an jedem Ort zur Verfügung gestellt werden. Das bietet eine kontinuierliche Übersicht und ermöglicht ein Eingreifen auch von zu Hause aus, z. B. an Wochenenden über beliebige mobile Endgeräte wie Tablets, Smartphones oder Notebooks oder direkt an einem Touch Display. Die Plattform lässt sich sehr einfach und schnell in alle bestehenden IT-Infrastrukturen der Betreiber integrieren und kann immer wieder an neue Aufgaben sowie kundenspezifische Anforderungen angepasst werden.