Chemie & Life Sciences

Mit Konsumentenmärkten wachsen

Neue Lanxess-Sparte Flavors & Fragrances setzt auf Duft, Frische und Haltbarkeit

20.04.2022 - Interview mit Holger Hüppeler, Leiter der Sparte Flavors & Fragrances bei Lanxess.

Im August 2021 hat Lanxess die Übernahme von Emerald Kalama Chemical (EKC) abgeschlossen und die Geschäfte in den neuen Geschäftsbereich Flavors & Fragrances eingebracht. Der Kölner Spezialchemie-Konzern ist nun ein führender Anbieter von Aroma- und Duftstoffingredienzien für den Consumer-Bereich, Konservierungsmitteln für Lebensmittel, Haushalts- und Pflegeprodukte sowie Spezialchemikalien für Anwendungen in zahlreichen Industriezweigen. CHEManager befragte Holger Hüppeler, den Leiter von Flavors & Fragrances, zu den Plänen und Zielen der neuen Geschäftseinheit.

CHEManager: Herr Hüppeler, die  neue Business Unit Flavors & Fragrances ist vor rund einem halben Jahr an den Start gegangen. Wie weit sind Sie mit der Integration der Geschäfte?

Holger Hüppeler: Die Integration des ehemaligen Emerald Kalama ­Chemical-Geschäfts ist auf einem sehr guten Weg. Ich bin direkt nach der Akquisition in die USA zum Hauptsitz in Kalama geflogen, um dort die Mitarbeitenden und das Leitungsteam kennenzulernen. Wichtig war uns, die Leitungsteams paritätisch aufzustellen, um die Stärken beider Unternehmen bestmöglich zu vereinen. Es macht viel Spaß, mit den Kolleginnen und Kollegen gemeinsam eine Vision zu erarbeiten, wie wir unser Geschäft bestmöglich weiterentwickeln.

Und fast nebenbei konnten wir erste Erfolge einfahren: Zum Jahresanfang ist es unserem Team gelungen, langfristige Verträge mit namhaften Kunden aus der Konsumgüterindustrie abzuschließen. Und zwar für unser gesamtes Produktportfolio – also Aromen, Konservierungsmittel und Zwischenprodukte. Ein ausschlaggebender Grund für die Hersteller, sich langfristig an uns zu binden, war unser technischer Support. Das bestärkt uns in unserer Arbeit, denn genau das wollten wir erreichen: die kundennahe Arbeit von EKC nahtlos weiterführen.

Wie setzt sich das Portfolio der neuen Business Unit zusammen?

H. Hüppeler: Wir haben die bestehenden Benzylprodukte von Lanxess mit denen von Emerald Kalama Chemical unter einem Dach kombiniert, weil sie strategisch zusammengehören. Wir haben Synergieeffekte entlang der ganzen Wertschöpfungskette bei diesen wichtigen Grundbausteinen für die Synthese von Duft- und Geschmacksstoffen. Wir sind unabhängiger von Lieferanten, können unsere Wertschöpfungskette effizienter steuern und unseren Kunden eine bessere Verfügbarkeit sowie Kosten- und Zeitvorteile zusichern.

Die Produkte von Emerald Kalama Chemical ergänzen unser Geschäft perfekt. Sie liefern natürlich viel zusätzlichen Umsatz, aber am wichtigsten ist der bessere Zugang zu den Kunden und die damit verbundenen Cross-Selling-Möglichkeiten. Auch wenn ich keine Namen nennen darf – grundsätzlich finden Sie in unserem Auftragsbuch alle Giganten der Aromen- und Duftstoffindustrie und der Konsumgüterindustrie. Darauf ist unser Team wirklich stolz.

Konservierungsmittel führte Lanxess bisher im Bereich Material Protection Products. Wieso wurden die Konservierungsmittel von EKC nicht dort integriert?

H. Hüppeler: Darüber haben wir nachgedacht. Letztendlich haben aber die Vorteile den Ausschlag gegeben, die wir durch die zentrale Bündelung aller Benzylprodukte haben. Dank der Rückwärtsintegration und der schon genannten Synergien ist das die bestmögliche Aufstellung.

Was die Kunden angeht, bestehen gar nicht viele Überschneidungen. Die Produkte des Geschäftsbereichs Material Protection Products werden eher in industriellen Anwendungen eingesetzt, zum Beispiel in Farben und Lacken, Leder oder Holzschutz. Die Produkte von Flavors & Fragrances werden in vielen Körperpflegeprodukten, Lebensmitteln und Arzneimitteln genutzt.

Sie haben zuvor das Geschäftsfeld Inorganic Pigments geleitet. Was macht für Sie den Reiz des neuen Bereichs Flavors & Fragrances aus?

H. Hüppeler: Ich bin jetzt seit mehr als 30 Jahren in den unterschiedlichsten Funktionen im Konzern. Davon habe ich knapp sechs Jahre lang das strategische Marketing für Basischemikalien verantwortet. Das kommt mir heute zugute, denn die Benzylprodukte kenne ich wie meine Westentasche.

Was für mich komplett neu ist: Mit Flavors & Fragrances sind wir viel näher am Endverbraucher. Ein Produkt, das in Reinigungsmittel, Kosmetik oder Lebensmittel eingesetzt werden darf, unterliegt ja zurecht sehr strengen gesetzlichen Anforderungen. Unser Team hat unfassbar viel Expertise, um mit der weltweit zunehmenden Regulierung umzugehen – das ist für uns ein echter Wettbewerbsvorteil. Darauf bin ich stolz.

Mit wie vielen Standorten ist F&F auf der Lanxess-Weltkarte vertreten?

H. Hüppeler: Wir sind mit Produktionsanlagen auf allen Absatzmärkten der Welt präsent. In Europa haben wir Standorte in Krefeld-Uerdingen, im englischen Widnes und in Rotterdam in den Niederlanden. Die Anlage dort ist etwas ganz Besonders. Sie wurde 2017 so modernisiert, dass wir das einzige Unternehmen weltweit sind, das hochreine Benzoate herstellen kann. Ein weiterer Standort liegt im indischen Nagda und – last but not least – natürlich in Kalama in den USA. In den Vereinigten Staaten sind wir sogar der einzige Hersteller von Benzoesäure und seinen Derivaten.

Und wir sind der einzige Anbieter, der Produktionsstandorte auf drei Kontinenten hat. Gerade in Zeiten von steigenden Frachtkosten und geopolitischen Herausforderungen, schätzen unsere Kunden kurze Lieferzeiten, hohe Verfügbarkeit, geringe Frachtkosten und effiziente Lieferketten.

 

„Die Produkte von Emerald Kalama Chemical ergänzen unser Geschäft perfekt.“

Mit ihren Geschäften sind Sie nah an den Endkonsumenten. Ein großer Trend etwa im Kosmetiksektor ist „Clean Beauty“ – also Produkte frei von chemischen Zusatzstoffen. Was können Sie da anbieten?

H. Hüppeler: Die Verbraucher haben bei Produkten, die ihre Haut berühren, hohe Ansprüche. Sie sollen hautfreundlich und auch für empfindliche Anwender geeignet sein. Der Trend geht klar hin zu „Green Label“-Produkten und natürlichen Inhaltsstoffen. Unsere Benzoate sind naturidentisch, haben eine verlässliche Wirkung, sind gleichzeitig aber deutlich hautschonender als viele andere Produkte. Darüber hinaus sind sie biologisch leicht abbaubar. Sie ermöglichen es daher, das Endprodukt mit „grünen“ Zertifizierungen wie dem Ecocert COSMOS oder dem Blauen Engel zu kennzeichnen.

Was vielleicht nicht allen Anwendern klar ist: Ohne Konservierungsmittel geht es meist nicht. Sobald ein Kosmetik- oder Körperpflegeprodukt Wasser enthält – und das sind heutzutage nahezu alle – können Mikroorganismen das Produkt verderben, sobald es erst einmal geöffnet wurde. Das darf nicht passieren, denn auf der Haut können verkeimte Kosmetikprodukte heftige Reizungen oder gar Infektionen verursachen.

Welche Beiträge leisten Ihre Produkte oder auch deren Herstellung unter den Aspekten Nachhaltigkeit, Umwelt- und Klimaschutz?

H. Hüppeler: Ich nenne mal ein Beispiel: Bei unseren Kunden aus der Reinigungsbranche steht das Thema Nachhaltigkeit auf der Tagesordnung ganz oben. Wir liefern ihnen Natriumbenzoat, das wir unter der Marke Kalaguard vertreiben. Es ist das erste Biozid, das seit mehr als zehn Jahren von der US-Umweltschutzbehörde für Haushaltspflege­produkte zugelassen wurde. Der Inhaltsstoff ist bereits in mehr als 200 Produkten enthalten – das liegt auch am Nachhaltigkeitsprofil als biologisch abbaubares, naturidentisches Konservierungsmittel, das für viele Green-Label-Programme zugelassen ist.

Solche Produkte kommen bei unseren Kunden und beim Verbraucher gut an, natürlich auch deshalb, weil das Produkt funktioniert und wirksam gegen Kontamination ist.

Und wir analysieren auch unsere Produktionsströme und prüfen, in welchem Umfang wir mehr nachwachsende Rohstoffe einsetzen können. Darüber hinaus stellen wir an unserem Standort in Nagda gerade die gesamte Energieversorgung auf erneuerbare Energien um. Wir betreiben dort hocheffiziente Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen zur klimaneutralen Energieerzeugung aus Biomasse. Spätestens 2024 sind wir in Indien klimaneutral. In Krefeld-Uerdingen machen wir einen Zwischenschritt und stellen zunächst die Energieversorgung von Kohle auf Gas um, bevor wir auch hier auf erneuerbare Energien setzen wollen. Wie auch der Gesamtkonzern wollen wir spätestens 2040 klimaneutral sein.

Welche Märkte sind derzeit die größten Abnehmer?

H. Hüppeler: Rund die Hälfte unserer Umsätze erwirtschaften wir mit Kunden aus der „Home and Personal Care“-Branche und aus der Getränke- und Lebensmittelindustrie.

Unsere Konservierungsmittel helfen hier, mikrobielle Verunreinig­ungen zu reduzieren und somit die Haltbarkeit zu verlängern. So machen Benzoate zum Beispiel stille und kohlensäurehaltige Getränke länger haltbar, ebenso Lebensmittel wie Saucen, Mayonnaisen oder Ketchup. In der Kosmetik wirken sie gegen Bakterien und Pilze. Auch Feuchttücher, Shampoos oder Dusch­gels werden mit Benzoaten stabilisiert.

Unsere Duft- und Aromastoffe kommen ebenfalls in beiden Bereichen zum Einsatz. Sie decken eine breite Palette an Nuancen ab. Dazu zählen blumige und würzige Düfte, Zitrus-, Holz- oder Erdnoten sowie frische und seifenartige Gerüche. Anwendung finden sie beispielsweise in Parfüms, Pflegeartikeln, in Lebensmitteln und Getränken sowie in Produkten für die Hausreinigung.

Welche Märkte und Regionen wollen Sie mit F&F erschließen, wo sehen Sie besonders große Wachstumschancen?

H. Hüppeler: Wir sehen langfristiges Wachstum in all unseren Abnehmerbranchen. Erstens erfahren wir generell weltweit eine steigende Nachfrage nach Pflege- und Reinigungsprodukten, die konserviert werden müssen. Das sehen wir zum Beispiel auch bei vielen Entwicklungsländern in Lateinamerika, Afrika oder Asien, wo es eine wachsende Mittelschicht gibt.
Zweitens sind weltweit zunehmend Produkte mit einem niedrigeren Toxizitätsprofil gefragt – Benzoate sind hier das Produkt der Wahl.

Drittens gibt es eine wachsende Nachfrage nach gesunden, alkohol­freien und zuckerfreien Produkten, die haltbar gemacht werden müssen.

Wir profitieren viertens von dem Trend zur antibiotikafreien Tierzucht, zum Beispiel in den USA. Hier können wir im Bereich Tierfutter die Umstellung begleiten.

Wir sind insgesamt sehr optimistisch: Das Geschäft war schon unter Emerald Kalama Chemical sehr erfolgreich unterwegs. In der neuen Aufstellung erwarten wir innerhalb der kommenden drei Jahre zusätzlich signifikante Synergien und wollen das Geschäft definitiv noch ausbauen. Da ist also Musik drin.

 

„Wir sehen langfristiges Wachstum in all unseren Abnehmerbranchen.“

 

Zur Person:

Holger Hüppeler (54) ist seit August 2021 Leiter der Business Unit Flavors & Fragrances bei Lanxess. Zuvor verantwortete er ab Dezember 2017 das Geschäftsfeld Inorganic Pigments. Hüppeler begann seine berufliche Laufbahn nach einer Ausbildung zum Wirtschaftsassistenten 1989 bei Bayer in verschiedenen Funktionen in den Geschäftsbereichen Ionenaustauscher und Zwischenprodukte. Anschließend war er Produktmanager im Geschäftsfeld Wirkstoffzwischenprodukte und leitete danach mehrere Marktbereiche. 2002 wurde Hüppeler Leiter des strategischen Marketings im Geschäftsbereich Basic Chemicals, und ab März 2008 leitete er knapp zehn Jahre lang den Konzernbereich Beschaffung und Logistik.

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