Mikroverunreinigungen in miniaturisierten Kläranlagen aus CDs abbauen
Software zur Simulation von Reaktionen mikrofluidischen Systemen
Die Fernsehserie MacGyver aus dem Jahr 1985 zeigte das Leben des Geheimagenten Angus MacGyver, der Probleme mit Gegenständen löste, die er gerade zur Hand hatte. In einer Folge baute er z.B. einen Hitzeschild aus gebrauchten Kühlschrankteilen. In einer anderen bastelte er einen Angelköder aus einem Bonbonpapier. Das Verb „to MacGyver“, etwas auf behelfsmäßige oder kreative Weise zu entwerfen, wurde 2015 in das Oxford English Dictionary aufgenommen.
Stellen Sie Ihre MacGyver-Fähigkeiten auf die Probe: Wenn Sie ein paar CDs bekämen, was würden Sie daraus machen? Reflektierende Wanddekoration, Mosaikornamente oder vielleicht ein Windspiel? Wie wäre es mit einer miniaturisierten Wasseraufbereitungsanlage?
Damit befasst sich ein Team von Ingenieuren und Forschern bei Eden Tech, einem Unternehmen, das sich auf die Entwicklung von Mikrofluidik-Technologie spezialisiert hat. In der F&E-Abteilung Eden Cleantech entwickeln sie ein kompaktes, energiesparendes Wasseraufbereitungssystem, das dazu beitragen soll, die zunehmende Ausbreitung von Mikroverunreinigungen im Abwasser zu bekämpfen. Um die Leistung des AKVO-Systems, das aus CDs besteht, zu analysieren, nutzte Eden Tech die Multiphysik-Simulation von Comsol.
Neu auftretende Schadstoffe
„Es gibt viele Möglichkeiten, wie Mikroverunreinigungen in das Abwasser gelangen“, sagt Wei Zhao, leitender Chemieingenieur und Chief Product Officer bei Eden Tech. Die Zunahme dieser mikroskopisch kleinen chemischen Stoffe im Abwasser ist eine Folge der täglichen menschlichen Aktivitäten. Neben Haushaltsabfällen sind auch Verschmutzungen aus der Landwirtschaft und Industrieabfälle für den Anstieg der Mikroverunreinigungen in unseren Gewässern verantwortlich. Leider sind viele konventionelle Kläranlagen nicht dafür ausgelegt, solche Schadstoffe zu entfernen. Daher gelangen sie oft wieder in verschiedene Gewässer und sogar ins Trinkwasser.
Eine nachhaltige Methode der Abwasserbehandlung
Jeder AKVO-CD-Kern hat einen Durchmesser von 15 cm und eine Dicke von 2 mm. Eine AKVO-Kartusche besteht aus gestapelten CDs unterschiedlicher Anzahl, die zu einer miniaturisierten Fabrik kombiniert werden. Ein AKVO-Kern mit 10.000 CDs kann circa 0,5 bis 2 m3 Wasser pro Tag filtern. Ein einzelnes AKVO-System besteht aus einer anpassbaren Kartusche, die mit gestapelten CDs gefüllt ist, auf denen jeweils ein Mikrokanalnetz eingraviert ist. Es entfernt unerwünschte Elemente im Abwasser, wie Mikroverunreinigungen, indem es das Wasser in seinen Mikrokanalnetzen zirkulieren lässt. Diese Netze sind energiesparend, da sie nur eine kleine Pumpe benötigen, um große Wassermengen umzuwälzen und zu reinigen. Die Kartuschen des Systems können leicht ausgetauscht werden, und Eden Tech kümmert sich um ihr Recycling.
Kombination von Mikrofluidik und Photokatalyse
Das revolutionäre Design kombiniert Photokatalyse und Mikrofluidik in einem kompakten System. Die Photokatalyse (AOP, advanced oxidation process) ist eine schnelle und wirksame Methode, um Mikroverunreinigungen aus Abwässern zu entfernen. Im Vergleich zu anderen AOPs gilt sie als sicherer und nachhaltiger, da sie mit einer Lichtquelle betrieben wird. Bei der Photokatalyse wird das Licht von Photokatalysatoren absorbiert, die in der Lage sind, freie Hydroxylradikale zu erzeugen. Diese reagieren mit den Zielschadstoffen und können sie abbauen.
Die Kombination von Photokatalyse und Mikrofluidik für die Abwasserbehandlung wurde bisher noch nie angewandt. „Es ist ein sehr ehrgeiziges Projekt“, sagt Zhao. „Wir wollten eine innovative Methode entwickeln, um eine umweltfreundliche und effiziente Art der Abwasserbehandlung zu ermöglichen.“
Designherausforderungen meistern
Bei der Anwendung werden ein chemischer Wirkstoff (Katalysator) und das Abwasser durch die Mikrokanalwände von AKVO dispergiert. Der Zweck des Katalysators, in diesem Fall Titandioxid, ist es, mit den Mikroverunreinigungen zu reagieren und dazu beizutragen, sie im Prozess zu entfernen. Die schnelle Fließgeschwindigkeit im AKVO-System erschwert diesen Vorgang jedoch. „Das große Problem ist, dass AKVO über Mikrokanäle mit schnellen Durchflussraten verfügt, und wenn wir den chemischen Wirkstoff in eine der Kanalwände einbringen, können die Mikroverunreinigungen im Abwasser manchmal nicht effizient mit dem Wirkstoff reagieren“, erläuterte Zhao. Um die Kontaktmöglichkeiten zwischen den Mikroverunreinigungen und dem immobilisierten Katalysator zu erhöhen, entschieden sich Zhao und sein Team beim Design der AKVO-Mikrokanäle für einen gestaffelten Fischgräten-Mikromischer (SHM, staggered herringbone micromixer). Zhao nutzte die Software Comsol Multiphysics, um die Leistung des SHM-Designs zur Unterstützung chemischer Reaktionen für den Abbau von Mikroverunreinigungen zu analysieren.
Simulation chemischer Reaktionen für den Abbau von Mikroverunreinigungen
In seiner Arbeit erstellte Zhao zwei verschiedene Modelle in der Simulationssoftware (Abb. 3): das Explicit Surface Adsorption (ESA)-Modell und das Converted Surface Concentration (CSC)-Modell. Diese beiden Modelle berücksichtigen chemische und fluidtechnische Phänomene.
In beiden Modellen stellte Zhao fest, dass die SHM-Struktur Wirbel in der Strömung erzeugt, die sich durch sie hindurch bewegen. Dadurch haben die Mikroverunreinigungen und der chemische Wirkstoff eine längere Kontaktzeit und der Stoffaustausch zwischen den einzelnen Flüssigkeitsschichten wird verbessert. Die Ergebnisse des ESA-Modells zeigten jedoch, dass das Design nur etwa 50 % der zu behandelnden Mikroverunreinigungen beseitigte, weniger als Zhao erwartet hatte.
Im Gegensatz zum ESA-Modell (Abb. 4) wird beim CSC-Modell davon ausgegangen, dass es keine Adsorptionsbeschränkung gibt. Solange eine Mikroverunreinigung auf die Oberfläche eines Katalysators trifft, findet eine Reaktion statt, was in der Literatur bereits diskutiert wurde [1].
In diesem Modell analysierte Zhao, wie das Design für den Abbau von sechs verschiedenen Mikroverunreinigungen funktionierte, darunter Gemfibrozil, Ciprofloxacin, Carbamazepin, Clofibrinsäure, Bisphenol A und Acetaminophen.
Die Ergebnisse dieses Modells entsprachen den Erwartungen von Zhao, denn mehr als 95 % der Mikroverunreinigungen wurden behandelt.
„Wir sind sehr zufrieden mit den Ergebnissen von Comsol Multiphysics. Meine nächsten Schritte werden sich auf Labortests [des AKVO-Prototyps] konzentrieren. Wir gehen davon aus, dass unser erster Prototyp Anfang 2022 fertig sein wird“, sagte Zhao. Der Prototyp soll später in Krankenhäusern und Wasseraufbereitungsanlagen in Südfrankreich getestet werden.
Der Einsatz der Simulation für dieses Projekt hat dem Eden Tech-Team Zeit und Geld gespart. Die Entwicklung eines Prototyps für ein mikrofluidisches System wie AKVO ist kostspielig. Um Mikrokanalnetzwerke auf jede der 4-Zoll-CDs aufzudrucken, wird eine Mikrokanal-Fotomaske benötigt. Laut Zhao würde die Herstellung einer Fotomaske etwa 3.000 EUR (3.500 USD) kosten. Daher ist es sehr wichtig, dass sie sich vor der Herstellung vergewissern, dass ihr System gut funktioniert
Pionier in der Behandlung von Mikroverunreinigungen
Im Jahr 2016 hat die Schweiz ein Gesetz eingeführt, das vorschreibt, dass Kläranlagen Mikroverunreinigungen aus dem Abwasser entfernen müssen. Ihr Ziel? Über 80 % der Mikroverunreinigungen in mehr als 100 Schweizer Kläranlagen herauszufiltern. Nach dem Vorbild der Schweiz überlegen viele andere Länder derzeit, wie sie mit der wachsenden Ausbreitung dieser Schadstoffe in ihren Gewässern umgehen wollen. AKVO hat das Potenzial, einen kompakten, umweltfreundlichen Weg zu bieten, um dieses anhaltende Problem einzudämmen.
Quelle
[1] C. S. Turchi, D. F. Ollis, “Photocatalytic degradation of organic water contaminants: Mechanisms involving hydroxyl radical attack,” Journal of Catalysis, Vol. 122, p. 178, 1990.
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