Messtechnik-Spezialist Jumo will mit Thermoplasten ummantelten Temperaturfühlern den Massenmarkt erobern
27.10.2017 -
Im Vorfeld der Messe SPS IPC Drives stellte Jumo die mit thermoplastischen Kunststoffen ummantelten Temperaturfühler PlastoSens T vor sowie den SIL-fähigen Multi-Funktions-Vierdraht-Messumformer dTrans T06.
In den vergangenen 10 Jahren wies Jumo ein schönes Wachstum um 36 % auf etwa 230 Mio. € bis zum Jahresende 2017 auf. Mit der Übernahme der Firma PGT im Januar 2016 hat sich das mittelständische Unternehmen das Know-How eingekauft, das den Aufbruch zu neuen Ufern einläuten könnte. Mit dem „Game Changer“ PlastoSens T visiert Seniorchef Bernhard Juchheim Weiße Ware und Consumer als neue Zielmärkte an.
In Kunststoff vergossenen Fühler
Voraussetzung dafür ist laut Alexander Dechant, Produktmanager bei Jumo, ein völlig neues Verfahren zur Herstellung von Temperaturfühlern. Bei PlastoSens werden die Fühler nicht wie bisher üblich in einem Metallrohr vergossen, sondern im Spritzgussverfahren mit Kunststoff ummantelt. Die in Kunststoff vergossenen Fühler sollen die traditionellen, in einem Metallrohr vergossenen Temperaturfühler aber nicht ablösen, sondern ergänzen.
Der große Vorteil beim Spritzgießen ist, dass fast jede Form in beliebig hohen Stückzahlen hergestellt werden kann. Dafür liegt die Schwierigkeit bei Kunststoffen darin, dass sie eine geringe Wärmeleitfähigkeit haben und deshalb zur Temperaturmessung nicht optimal geeignet sind. Zudem kommen noch die extremen Umgebungsbedingungen beim Spritzguss hinzu. Der flüssige Kunststoff erreicht Temperaturen bis zu 360 °C, der Schließdruck der Maschine bis zu 100 t und der Druck im Gusswerkzeug beträgt bis zu 1.200 bar. Die Herausforderung bestand also darin, trotz dieser ungünstigen Rahmenbedingungen einen funktionierenden Produktionsprozess zu etablieren.
Bei Jumo PlastoSens T wird das Problem der Wärmeleitfähigkeit durch den Einsatz von Spezialkunststoffen mit speziellen Additiven gelöst. Im Endergebnis besteht kaum ein Unterschied zu Metallfühlern. Ein weiterer Vorteil dieser speziellen Mischungen: Für jeden Kunden kann ein Kunststoff entwickelt werden, der genau auf die jeweilige Applikation zugeschnitten ist. Als weitere Additive kommen bei den verwendeten Thermoplasten noch Färbe-, Licht- und Flammschutzmittel sowie Verstärkungsfasern zum Einsatz.
Gestaltungsfreiheit
Das größte Plus bei Sensorik aus Kunststoff besteht in der völligen Formfreiheit. Der Kunde kann seine Produkte daher perfekt an die jeweilige Einbausituation anpassen. Weiter Vorteile sind zum einen das geringe Gewicht und die Reproduzierbarkeit. Zum anderen besitzt Kunststoff eine hohe Isolationsfestigkeit. Das bedeutet, dass der Einsatz in Umgebungen mit sehr hohen Stromstärken und -spannungen, wie z. B. Elektromotoren oder Transformatoren, jetzt leichter möglich ist. Jumo hat deshalb einen Kunststoff-Fühler entwickelt, der eine Isolationsfestigkeit von 5 kV aufweist und bei einer Dauergebrauchstemperatur von +200 °C verwendbar ist. Abhängig von der Kunststoffmischung können die PlastoSens-Temperaturfühler in einem Temperaturbereich von -50 °C bis zu +200 °C problemlos eingesetzt werden.
In Motoren von Fahrzeugen oder Maschinen können besonders raue Umgebungsbedingungen herrschen. Das größte Problem ist hier die Vibration. Bei herkömmlichen Fühlern kann es sich sehr aufwändig gestalten, den Temperatursensor so im Fühlerrohr zu positionieren, dass er wirklich fest sitzt. Bei Jumo PlastoSens T wird der Sensor komplett in Kunststoff eingebettet. Für einen Kunden wird derzeit ein vibrationsfester Einsteckfühler für das Medium Öl entwickelt. Erste Tests haben gezeigt, dass das Produkt Kräften von bis zu 20 g problemlos widerstehen kann. Eine beeindruckende Zahl, wenn man es vergleicht mit einem modernen Kampfjet, in dem maximal 9 g auf den Piloten einwirken.
Präzise Temperaturmessung mit SIL-Option
Während die Kunststoff-Sensorik möglicherweise eine Tür in eine ganz neue Welt an Möglichkeiten aufstößt, baut der neue Multi-Funktions-Vierdraht-Messumformer dTRANS T06 auf einer bewährten Produktreihe auf. Laut Produktmanager Manfred Walter eignet er sich besonders für anspruchsvolle Anwendungen im Anlagenbau. Das kompakte Tragschienengehäuse ist sowohl mit Widerstandsthermometern und Thermoelementen als auch mit WFG/Poti und Spannungs-/Stromsignalen verwendbar und wandelt diese Eingangssignale in ein 0(2) bis 10 V- oder 0(4) bis 20 mA-Ausgangssignal um.
Bei sicherheitsrelevanten Anwendungen wie etwa in der chemischen Industrie, ermöglicht der dTRANS T06 mit der Option SIL nach IEC61508 die Projektierung einer sicheren Temperatur-Messkette. Diese ist softwaretechnisch auf SIL3 und hardwaretechnisch auf SIL2 ausgelegt. Jumo SIL-Temperatursensoren sind optimal in das Gerätekonzept einbezogen, so dass der Planungssaufwand für die SIL-Auslegung reduziert wird.