Merck setzt auf organische Dioden für Fernseher
28.11.2012 -
Organische Leuchtdioden für ultradünne TV-Flachbildschirme sollen der Chemiesparte von Merck in den nächsten Jahren kräftig Schub verleihen. Sind TV-Geräte auf Basis der organischen Materialien erst massentauglich, will das Darmstädter Pharma- und Spezialchemieunternehmen im OLED-Geschäft ganz vorne mitspielen. "Unser Ziel ist ganz klar, dass wir zu den Gewinnern gehören und am Ende zu einem führenden OLED-Anbieter werden", sagte der Chef der Merck-Chemiesparte, Dr. Bernd Reckmann. Organische Leuchtdioden (OLEDs) erlauben ultradünne und Energie sparende Bildschirme mit noch brillanter leuchtenden Farben als bei Flüssigkristall-Bildschirmen. Manche Experten erwarten, dass TV-Flachbildschirme auf OLED-Basis einmal die Geräte mit Flüssigkristallen ablösen werden. Seit langem ist bekannt, dass einige organische Moleküle elektrische Energie in Licht verwandeln können. Doch erst seit kurzem sind die komplexen Herstellverfahren so weit, dass OLEDs abseits von kleineren Displays wie in Mobiltelefonen auch für TV-Flachbildschirme nutzbar werden. Anfangs habe Merck OLEDs nur als Option gesehen, sagte Reckmann. "Wir sind aber seit längerem davon überzeugt, dass OLED ein Geschäft werden wird und auch für uns ein attraktives Geschäft werden kann", sagte der Manager. Merck konzentriere sich wesentlich stärker darauf. "Wir arbeiten an der OLED-Entwicklung mit mehr als 100 Mitarbeitern - hauptsächlich in der Forschung - mit steigender Tendenz auf internationaler Basis", sagte Reckmann. Merck baue seine Aktivitäten mit Anwendungslaboren in der Nähe seiner asiatischen Kunden aus. "Es ist ein sehr signifikantes Investment."
Fernseherhersteller aus Fernost wie Sony, Panasonic aus Japan sowie ihre koreanischen Rivalen Samsung Electronics und LG Electronics bringen sich bereits in Stellung, um bald in der Lage zu sein, erschwingliche OLED-Fernseher in Massenproduktion auf den Markt zu werfen. "Wir gehen davon aus, dass es wahrscheinlich im nächsten Jahr mit hochpreisigen OLED-TVs beginnt", schätzt Reckmann. Dann seien Verkaufszahlen im tausender Bereich möglich. "Die allgemeine Erwartung ist heute, dass man um 2017, 2018 herum einen signifikanten TV-Anteil bei OLED erwarten kann in der Größenordnung von 8, 10 oder 12 %", sagte Reckmann. Der Flachbildschirm-Hersteller LG Display erwartet, dass OLED-TV-Geräte für die Verbraucher dann attraktiv werden, wenn die Preise auf das 1,3- bis 1,4-fache herkömmlicher Flüssigkristall-TV-Geräte purzeln. Für den 55-Zoll-OLED-Fernseher von Samsung, der jüngst auf der Berliner Branchenmesse IFA vorgestellt wurde, sind noch Preise um 10.000 US-$ im Gespräch. Nach der Schätzung des Chemiemanagers werden selbst dann immer noch rund 90 % der Bildschirme solche mit Flüssigkristallen sein. "Daher sind wir auch extrem zuversichtlich für das Flüssigkristallgeschäft im laufenden Jahrzehnt", sagte Reckmann. Im Geschäft mit den Kristallen, die auch in Laptops und Handy-Displays zum Einsatz kommen, ist Merck seit vielen Jahren der Marktführer, zum Teil mit hohen Margen. 2011 lag die operative Rendite bei 45,9 % . Zuletzt hatte die Konkurrenz durch Chisso und DIC Corp aus Japan aber zugenommen. Daher ist es für Merck wichtig, auch in der neuen OLED-Technologie vorne mit dabei zu sein. Reckmann vergleicht die aktuelle Situation bei den OLEDs mit den Anfängen des Flüssigkristallgeschäfts in den 70 Jahren, als sich rund 20 Firmen in dem Feld tummelten. Davon setzten sich neben Merck nur einige wenige durch. "Jetzt gibt es etwa 30 Firmen, die auf dem OLED-Feld aktiv sind," sagte Reckmann.