Merck-Hauptversammlung: Anspruchsvolle Pläne für künftiges Wachstum
26.04.2019 -
Merck hielt heute seine 24. ordentliche Hauptversammlung in der Frankfurter Jahrhunderthalle ab. Nachdem der Vorsitzende der Geschäftsleitung, Stefan Oschmann, kurz das Jubiläumsjahr 2018 rekapituliert hatte, stellte er den Aktionären die Pläne des Unternehmens für künftiges Wachstum vor.
„Wissenschaft und Technologie verändern unsere Welt in rasantem Tempo und wir bei Merck gestalten diesen Wandel mit. Wissenschaft ist das Herzstück unserer Arbeit“, sagte Oschmann. „Das geschäftlich anspruchsvolle Jahr 2018 haben wir gut gemeistert. 2019 wollen wir jetzt bei allen wichtigen Kennzahlen, also bei Umsatz, EBITDA pre und EPS pre, wieder wachsen. Unsere Ziele sind anspruchsvoll, aber machbar, denn wir haben uns eine gute Ausgangslage erarbeitet.“
Wie bereits Anfang März berichtet, erzielte Merck 2018 einen Umsatz von 14,8 Mrd. EUR, eine Steigerung von 2,2%. Das EBITDA pre, die wichtigste Ertragskennzahl von Merck, ging um –10,5% auf 3,8 Mrd. EUR zurück, zu einem großen Teil bedingt durch negative Währungseffekte. Das für die Höhe der Merck-Dividende maßgebliche Ergebnis je Aktie pre (EPS pre) sank 2018 zwar um –13,9% auf 5,10 EUR. Im Sinne der Dividendenkontinuität schlägt Merck der Hauptversammlung dennoch eine Dividendenzahlung in Vorjahreshöhe von 1,25 EUR je Aktie vor.
Wie bereits bekanntgegeben, erwartet Merck für den Konzern ein moderates organisches Umsatzwachstum im Jahr 2019. Für das EBITDA pre rechnet das Unternehmen im Betrachtungszeitraum mit einem starken organischen Anstieg im niedrigen prozentualen Zehnerbereich.
Dabei hat das Unternehmen auch seine langfristigen Ziele klar formuliert und fest im Visier. Im Unternehmensbereich Healthcare will man bis 2022 rund 2 Mrd. EUR jährlichen Umsatz mit neueingeführten oder derzeit noch in seiner Biopharma-Pipeline befindlichen Medikamenten erzielen. 2018 hat Merck mit seinen beiden neuen Medikamenten, dem Krebsmedikament Bavencio sowie Mavenclad zur Behandlung von Multipler Sklerose, 160 Mio. EUR erlöst. Ende März 2019 erfolgte für Mavenclad die Zulassung der US-amerikanischen Zulassungsbehörde FDA (Food and Drug Administration) und somit im größten regionalen Einzelmarkt für das Medikament. Auch für Bavencio hat Merck weitere Zulassungen beantragt. So prüfen die Behörden in den USA, Europa und Japan die Zulassung für Bavencio in Kombination mit Pfizers Inlyta zur Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom. Ein wichtiger Baustein in der Strategie von Merck im Healthcare-Bereich ist zudem die im Februar vereinbarte Partnerschaft mit Glaxosmithkline zur gemeinsamen Entwicklung und Vermarktung der von Merck stammenden Immuntherapie Bintrafusp alfa (M7824), die sich derzeit in der klinischen Prüfung befindet. Die Vereinbarung hat einen potenziellen Gesamtwert von bis zu 3,7 Mrd. EUR. Insgesamt laufen oder beginnen mit der neuartigen Immuntherapie in diesem Jahr acht Programme der klinischen Entwicklung.
Mit seinem Life-Science-Unternehmensbereich will das Unternehmen weiterhin schneller wachsen als der Markt. Vor allem im Geschäft mit Pharmaunternehmen, das schwerpunktmäßig in der Geschäftseinheit Process Solutions angesiedelt ist, sieht man großes Potenzial. Eine wichtige Rolle spielt auch der Online-Handel, mit dem Life Science bereits einen großen Teil seines Umsatzes erzielt. Der Konzern investiert zudem in Wachstumsfelder wie die Bioprozesstechnik für die Herstellung von Arzneimitteln. Dabei forciert das Unternehmen vielversprechende neue Technologien, wie zum Beispiel die BioContinuum-Plattform. Mit ihr will man den aufwändigen Herstellungsprozess biologischer Medikamente für seine Kunden in den kommenden Jahren deutlich vereinfachen und beschleunigen, indem bisher getrennte Schritte zu einem durchgängigen Prozess verknüpft werden.
Im Unternehmensbereich Performance Materials will Merck seine Position als ein führender Lösungsanbieter für die Elektronikindustrie ausbauen. Nach 2019 will das Unternehmen hier beim Umsatz im Schnitt um 2 bis 3% jährlich zulegen. Am 12. April unterzeichnete Merck eine endgültige Vereinbarung zum Erwerb von Versum Materials für 53 USD je Aktie. Die Transaktion soll Performance Materials entscheidend stärken. Das US-Unternehmen Versum ist einer der weltweit führenden Anbieter von innovationsgetriebenen, hochreinen Prozesschemikalien, Gasen und Ausrüstungen für die Halbleiterfertigung. Die Transaktion wird voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte 2019 abgeschlossen, vorbehaltlich der Zustimmung der Versum-Aktionäre bei einer außerordentlichen Hauptversammlung, der behördlichen Genehmigungen sowie der Erfüllung anderer üblicher Vollzugsbedingungen. „Mit Versum erweitern wir unser Angebot. Unsere Kompetenzen ergänzen sich hervorragend. Gemeinsam können wir unseren Kunden mehr bieten. Das ist sehr wichtig, denn die digitale Revolution hat gerade erst begonnen und wir wollen sie weiter deutlich vorantreiben“, so Oschmann vor den Aktionären.
Darüber hinaus arbeitet Merck auch daran, neue digitale Geschäfte jenseits seiner drei Unternehmensbereiche aufzubauen. So soll das mit Palantir Technologies in Gründung befindliche Joint Venture Syntropy Wissenschaftlern helfen, wissenschaftliche Daten besser und sicher zu verwerten. Indem es Syntropy Forschern ermöglicht, Daten aus unterschiedlichen Quellen zu strukturieren und mittels Mustererkennung zu analysieren, soll zunächst die Krebsforschung deutlich beschleunigt werden. Zudem sollen Forscher Datensätze mittels Syntropy sicher und rückverfolgbar austauschen können und dabei jederzeit die Kontrolle über ihre jeweils eigenen Daten behalten.
Auf der diesjährigen Hauptversammlung stellten sich zudem sechs Vertreter der Anteilseigner zur Wahl. Für eine Amtsperiode von fünf Jahren hat Merck die folgenden Kandidaten vorgeschlagen:
• Wolfgang Büchele, Vorsitzender des Vorstandes Exyte, Stuttgart; Mitglied des Merck-Aufsichtsrats seit 1. Juli 2009, Vorsitzender des Aufsichtsrats seit 9. Mai 2014;
• Michael Kleinemeier, Mitglied des Vorstandes der SAP, Walldorf;
• Renate Koehler, Leiterin Engel-Apotheke, Darmstadt;
• Helene von Roeder, Mitglied des Vorstandes (CFO) der Vonovia, Bochum;
• Helga Rübsamen-Schaeff, Vorsitzende des Beirats der AiCuris Antiinfective Cures, Wuppertal; Mitglied des Aufsichtsrats seit 9. Mai 2014;
• Daniel Thelen, Leiter Abteilung Infrastrukturentwicklung Region West, DB Netz, Frankfurt am Main/Duisburg
Nicht wieder kandidieren Michaela Freifrau von Glenck, Albrecht Merck, Gregor Schulz und Theo Siegert. Peter Emanuel Merck und Simon Thelen wurden als Vertreter der Anteilseigner durch die E. Merck Beteiligungen KG in den Aufsichtsrat der KGaA entsendet. Bereits am 11. April gewählt wurden darüber hinaus die acht Vertreter der Arbeitnehmer für den Aufsichtsrat: Gabriele Eismann, Michael Fletterich, Edeltraud Glänzer, Jürgen Glaser, Sascha Held, Anne Lange, Dietmar Oeter, Christian Raabe.