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Management von Umweltschutz, Sicherheit und Qualität

Integrierte Managementsysteme in der Chemie auf dem Vormarsch

18.03.2011 -

Chemieunternehmen sind besonderen Risiken ausgesetzt, die durch Mängel in der Arbeitssicherheit, dem Umweltschutz und der Produktqualität entstehen. Zur Vorbeugung wurden u.a. zertifizierbare Managementsysteme aufgebaut. Wie haben sich diese Systeme entwickelt? Wie gut helfen sie wirklich? Und welche Probleme sind dabei die dringendsten? In einer Studie wurden dazu eine Reihe von Unternehmen befragt. Diese geben sich selbst gute Noten für die Umsetzung der wichtigsten Elemente. Bezogen auf die Teilnehmer aus der Chemie sind die Ergebnisse überdurchschnittlich gut. Dennoch wird auch hier eine Reihe von Punkten genannt, bei denen offenbar noch Handlungsbedarf besteht, so z.B. für optimierte IT-Unterstützung (Dokumentenanbindung an den Arbeitsauftrag, Gesetzesmonitoring, etc.) und bessere Integration verschiedener Managementsysteme. Auch das Verhältnis von Nutzen und Aufwand der Dokumentation wird als zu klein angesehen, insbesondere auch weil Regelungen in den Handbüchern sich überschneiden bzw. sich wiederholen.

Motivation und Zielsetzung
Unternehmen der anlagenintensiven Industrie sind in der besonderen Verantwortung. Dies gilt für die Chemische Industrie in gesteigertem Maße. Führungskräfte können auch hier für Fehler ihrer Mitarbeiter oder beauftragtes Fremdpersonal zur Verantwortung gezogen werden. Nicht zuletzt für die Vorbeugung dieser Organisationshaftung wurden Systeme für Umwelt-, Qualität- und Sicherheit aufgebaut. Ca. 15 Jahre nach dem Boom dieser Managementsysteme lohnt sich ein Blick darauf, wie die Systeme umgesetzt sind, wie sie gelebt werden und welchen Nutzen sie bringen.
Insbesondere im Kontext neuer Medien (z.B. Dokumentenmanagementsysteme) und aktueller Regelwerke (z.B. Betriebssicherheitsverordnung), die die Eigenverantwortung immer mehr in den Fokus stellen, galt es diese Aspekte neu zu beleuchten.
Die Studie erfolgte mittels eines Fragebogens mit knapp 100 positiv formulierten Aussagen, die von den Teilnehmern (überwiegend technische Führungskräfte) hinsichtlich des Erfüllungsgrades auf einer Notenskala von 1 bis 6 bewertet wurden. Die Aussagen richten sich an den o.g. Zielen aus und beinhalten daher Aspekte bzw. organisatorische Elemente, die man von einem Unternehmen mit gut funktionierenden Managementsystemen erwartet bzw. mit denen man sich effizient gegen einen Vorwurf eines Organisationsverschuldens schützen kann.

Ergebnisse und Interpretation
Der Durchschnittswert über alle Fragen und Teilnehmer liegt knapp unter 2, also bei der Note „gut". Der Durchschnittswert für die Teilnehmer der Chemischen Industrie liegt mit 1,6 deutlich darunter. Daraus kann man ableiten, dass in der Chemie eine größere Zufriedenheit bzgl. des Sicherheitsmanagements herrscht als in anderen Branchen der anlagenintensiven Industrie. Dennoch zeigt das Ergebnis auch, dass sich die meisten Befragten, zumindest in bestimmten Bereichen, Verbesserung wünschen. Am ehesten unzufrieden ist man vor allem in den Bereichen IT-Unterstützung, Managementsysteme (MS) bzw. ihre Steuerungsfunktion sowie beim Umgang der Unternehmensführung mit den hier betrachteten Themen.
Während die ersten beiden Bereiche sich im Kern wenig von den anderen Branchen unterscheiden, so ist die vergleichsweise weniger gute Bewertung des Umgangs der Unternehmensführung mit Sicherheits-, Umwelt- und Qualitätsmanagement-Themen bemerkenswert. Dieses Ergebnis kommt durch zwei Aussagen zustande:
• 1. Die Unternehmensführung fordert selten eine Bewertung von Aufwand und Nutzen von Maßnahmen, die aus den Managementsystemen resultieren. Hier besteht die Gefahr, dass Maßnahmen gefördert werden, die wenig oder gar keinen operativen Nutzen bringen.
• 2. Bei Reorganisationen, Fusionen, Ausgliederungen,.etc. werden Umwelt-, Qualitäts- und Sicherheitsaspekte in der Chemie nur unzureichend berücksichtigt.

In Abb. 1 und 2 sind für die zwei Bereiche mit den schlechtesten Noten die Ergebnisse für die Chemie im Detail dargestellt. Die roten Karos kennzeichnen den Mittelwert über alle Teilnehmer. Das blaue Kästchen die Streubreite und die rote Linie zeigt den Mittelwert über alle Fragen und Teilnehmer an. Die grüne Linie zeigt den Mittelwert, wenn man nur Teilnehmer aus der Chemie betrachtet.
Bzgl. der IT-Unterstützung gibt es offenbar nur wenig zufriedenstellende Unterstützung bei der Überwachung der Genehmigungssituation (z.B. Genehmigungskataster). Ganz besonders sticht in Abb. 1 aber hervor, dass es nur sehr selten eine Dokumentenanbindung an den Arbeitsauftrag gibt. D.h.: Werden Arbeitsaufträge, für Instandhaltungsmaßnahmen in einem ERP-System (z.B. SAP-PM) erstellt, so ist dieses System in der Regel nicht in der Lage, die erforderlichen sicherheits- oder umweltrelevanten Dokumente (z.B. Gefährdungsbeurteilungen, Betriebsanweisungen) bereitzustellen.
Bzgl. des Themenkomplexes Managementsysteme und ihre Steuerung zeigt Abb. 2 drei Kernpunkte:
• 1. Die Schnittstelle zwischen Betriebsbeauftragten und den Verantwortlichen in der Linie ist häufig nicht optimal gelöst.
• 2. Die Integration verschiedener Managementsysteme ist nicht gut umgesetzt. Es kommt zu Überschneidungen und Mehrfachregelungen.
• 3. Aufwand und Nutzen der Managementsysteme wird nach wie vor kritisch betrachtet. Dem Aufwand zur Aufrechterhaltung der Systeme stehen offenbar wenig echte Verbesserungen gegenüber. Im Vergleich zu den anderen Branchen ist zu bemerken, dass die Streubreite der Bewertungen deutlich kleiner ist, d.h. die verschiedenen und unabhängig voneinander befragten Unternehmen sind sich relativ einig bei der Bewertung.

Schlussfolgerungen und Thesen
Aus den Ergebnissen lässt sich zunächst einmal ableiten, dass es in der anlagenintensiven Industrie nur noch wenige Unternehmen ohne ein Managementsystem gibt. Wie Abb. 3 zeigt haben fast alle Unternehmen mehrere Systeme, die in integrierter Form geführt werden. Dennoch taucht eine Reihe von Problemzonen auf, die auf eine wenig gelungene Integration dieser Managementsysteme hindeuten. Aufgrund dessen und der o.g. Einzelergebnisse lassen sich folgende Thesen aufstellen:
• These 1: Die Managementsysteme haben sich etabliert und stehen vor allem in der Chemie sehr gut da.
• These 2: Der Nutzen liegt vor allem in der Schaffung einer Sicherheitskultur auf der Führungsebene und der klaren Verteilung von Verantwortungen und Kompetenzen in den Linienfunktionen.
• These 3: Der Nutzen ist aber kaum auf den operativen Ebenen angekommen. Ursache dafür könnte eine fehlende Bewertung von Nutzen und Aufwand der definierten Maßnahmen sein, aber auch eine zu umfängliche und aufwändige Dokumentationsstruktur mit geringer operativer Ausrichtung sowie multiplen Regelungen.
• These 4: Integrierte Managementsysteme sind auf dem Vormarsch. Der überwiegende Teil der betrachteten Unternehmen verfügt über alle drei Systeme (Umweltschutz, Sicherheit und Qualität), die meisten davon in integrierter Form. Aber die Integration bringt (ggf. wegen Umsetzungsfehlern) noch nicht den erwarteten Nutzen. 

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