Katalysatoren mit Zukunft
02.04.2013 -
Katalysatoren mit Zukunft – Süd-Chemie profitiert vom wachstumsstarken Katalysatormarkt / OEP unterstützt Kurs des Managements. Wenige Wochen nach dem 150-jährigen Jubiläum der Süd-Chemie (vgl. CHEManager 14/2007) übernahm One Equity Partners (OEP) die Mehrheit des Münchner Spezialchemieunternehmens.
Der US-Finanzinvestor war bereits seit Januar 2006 größter Aktionär des Unternehmens, das sich auf die Geschäftsfelder Adsorbentien und Katalysatoren konzentriert.
Für das Gesamtjahr 2007 prognostizierte Vorstandsvorsitzender Dr. Günter von Au Mitte August einen Konzernumsatz von 1,1 Mrd. € bei einem Ergebniszuwachs (EBIT) von 20 %.
Einen wesentlichen Beitrag dazu leistet das Katalysatorgeschäft. Dr. Andrea Gruß befragte den Vorstandsvorsitzenden zur Strategie dieses Unternehmensbereichs.
CHEManager: Als der Investor OEP im Jahr 2005 seine Absicht erklärte, bei der Süd-Chemie einzusteigen, stieß dies auf Ihren Widerstand. Warum?
Dr. G. von Au: Aus zwei Gründen empfahlen damals Vorstand und Aufsichtsrat den Süd-Chemie-Aktionären, das Aktienkaufangebot abzulehnen: Zum einen war der Preis, den OEP damals geboten hatte, mit 35 € je Süd-Chemie-Aktie zu gering.
Zum anderen hatten wir keine Garantie, dass OEP seine Anteile nicht an einen strategischen Investor weiter verkaufen würde, so dass die Gefahr bestanden hätte, die Unabhängigkeit des Unternehmens zu verlieren. Doch gerade diese ist für unser Spezialchemiegeschäft ein sehr wichtiges
Gut.
Und heute?
Dr. G. von Au: Seit über einem Jahr ist OEP im Aufsichtsrat vertreten und arbeitet eng und konstruktiv mit den dort vertretenen Familien- und Traditionsaktionären und mit dem Management zusammen.
OEP sieht die Süd-Chemie als ein für die Zukunft sehr gut ausgerichtetes Unternehmen und unterstützen den wertorientierten Kurs des Managements.
Inzwischen hat OEP den Wert der Unabhängigkeit für das Geschäftsmodell der Süd-Chemie erkannt und plant deshalb den Verkauf ihrer Anteile über die Börse. Damit erhalten wir unsere Unabhängigkeit.
Wie wirkt sich die Beteiligung des ehemaligen Haupt- und heutigen Mehrheitsaktionärs auf Ihre Unternehmensführung aus?
Dr. G. von Au: Seit meinem Amtsantritt als Vorstandsvorsitzender 2004 verfolgen wir konsequent unsere wertorientierte Strategie. Daran hat sich auch durch den Einstieg von OEP nichts geändert. Vielmehr unterstützt OEP diesen Kurs und ich denke, die Geschäftsentwicklung war und ist sehr erfolgreich.
Daneben profitieren wir von der Sichtweise eines Finanzinvestors, die OEP in den Aufsichtsrat eingebracht hat. Ich glaube, dass diese Sichtweise bewirkt, dass wir uns gegenüber dem Finanzmarkt gegenüber ein wenig mehr öffnen. OEP sieht unsere hervorragenden Wachstumschancen und unterstützt unser Investitionsprogramm.
Demnach befürworten Sie das Engagement ausländischer Investoren in Deutschland?
Dr. G. von Au: Wir leben in einer globalen Welt. Jedes Kapital, das nach Deutschland fließt und damit Arbeitsplätze schafft, ist gut - egal ob es ein europäischer Investor ist, ein amerikanischer oder ein chinesischer.
Sie sprachen es bereits an, die Süd-Chemie ist ein traditionsreiches Familienunternehmen. Worauf gehen die Wurzeln des heute weltweit agierenden Konzerns zurück?
Dr. G. von Au: Auf einen der berühmtesten Chemiker in der Welt: Justus von Liebig. Er erkannte, dass die Welt ein großes Problem mit der ausreichenden Ernährung der Bevölkerung hat und entwickelte im 19. Jahrhundert die ersten Düngemittel.
König Maximilian II. holte ihn von Gießen nach München. Dort gründete der Chemiker gemeinsam mit vier Partnern die Süd-Chemie, damals noch unter dem Namen Bayerische Aktiengesellschaft für chemische und landwirtschaftlich chemische Fabrikate.
Produziert wurde aber in Heufeld im bayerischen Alpenvorland, denn die Herstellung des Düngers aus organischen Abfällen war den Münchnern zu geruchsintensiv. Heufeld ist auch heute noch ein wichtiger Standort für unser Unternehmen - einer der modernsten Katalysatorstandorte der Welt.
Wann kam das Katalysatorgeschäft zur Süd-Chemie?
Dr. G. von Au: 1956 fiel die Entscheidung, in das Katalysatorengeschäft zu investieren. Zunächst wurde eine Versuchsanlage für 1 Mio. DM an unserem Standort in Moosburg gebaut, 1959 haben wir die erste Tochtergesellschaft zum Vertrieb von Katalysatoren gegründet.
Und in den 70er Jahren sind wir durch die Übernahme zweier Unternehmen in den USA, der Girdler Catalysts sowie der Catalyst and Chemicals, beide in Louisville in Kentucky, zu den größten unabhängigen Katalysatorenherstellern aufgestiegen. Heute ist in Louisville der größte Katalysatorenproduktionsstandort der Süd-Chemie.
Mit den Übernahmen der beiden US-Unternehmen kamen zusätzlich Kooperationen in Japan und Indien in den Konzern.
„Defining the Future" lautet das Motto des weltweiten Fachkongresses zum Thema Katalysatoren, den die Süd-Chemie vom 24. bis 26. September 2007 in München bereits zum dritten Mal veranstaltet. Wo können Katalysatoren unsere Zukunft mitgestalten?
Dr. G. von Au: Die immer knapper werdenden fossilen Ressourcen Erdöl, Erdgas und Kohle sind heute und in naher Zukunft das Problemfeld Nummer eins in der Welt.
Experten rechnen damit, dass die weltweiten Erdölreserven bei heutigem Bedarf und heutiger Produktion in 38 Jahren verbraucht sein werden.
Das führt zu enormen Problemen: Erdöl muss als Energieträger ersetzt werden, z. B. durch Erdgas, Kohle oder auch Biomasse, und in diesem Prozess sind Katalysatoren notwendig.
„Jedes Kapital, das nach Deutschland fließt und Arbeitsplätze schafft, ist gut." Außerdem leisten Katalysatoren in chemischen Prozessen einen wesentlichen Beitrag für die effizienten Nutzung von Ressourcen und den Umweltschutz.
Auch zum Klimaschutz leisten Katalysatoren der Süd-Chemie wichtige Beiträge.
Welche Herausforderung stellen die neuen Rohstoffe an die Katalysatorenindustrie?
Dr. G. von Au: Im Grunde sind die Anforderungen ähnlich wie beim heutigen Synthesegasprozess, einem der zentralen Prozesse der heutigen Chemie.
Dabei wird der primäre Energieträger, sei es Erdgas oder Kohle, zunächst bei Temperaturen von bis zu 1.000 Grad zusammen mit Sauerstoff oder Wasserdampf und unter Verwendung von Katalysatoren in Synthesegas, eine hoch energiereiche Mischung aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid, umgewandelt.
Dieses Synthesegas wird dann mit maßgeschneiderten Katalysatoren, darunter Fischer-Tropsch-Katalysatoren, die von den deutschen Professoren Fischer und Tropsch erstmals in den 1920er Jahren beschrieben worden waren, in vielen weiteren Teilschritten in ein breites Spektrum von Kraftstoffen und Chemikalien umgewandelt.
Hier verfügt die Süd-Chemie über langjährige Erfahrungen. Wir bieten beispielsweise zahlreiche Katalysatoren für Gas-to-Liquid-Technologien.
Die Entwicklung eines Katalysators erfordert in der Regel eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Kunden.
Dr. G. von Au: Das ist richtig. Der Katalysator muss auf die Anlagen angepasst sein, auf die Rohstoffe und auf die Technologie des Kunden. In diesem Zusammenhang ist vielleicht auch verständlich, weshalb die eingangs erwähnte Unabhängigkeit der Süd-Chemie für uns von besonderem Wert ist.
Als Katalysatoren- und Entwicklungspartner arbeiten wir sehr eng mit nahezu allen großen Chemie- und Petrochemiefirmen der Welt zusammen.
Wenn nun einer dieser Player auf einmal unser Anteilseigner wäre, dann würden sich die anderen dieser Unternehmen sicherlich sehr schwer tun, mit uns weiter in Zukunft Business zu machen.
Wer zählt noch zu den Kunden Ihrer Katalysatoren?
Dr. G. von Au: Hauptabnehmer unserer Katalysatoren sind die Chemie und die Petrochemie. In diesen Segmenten sind wir weltweit führend, insbesondere bei Styrol-, Methanol-, Ammoniak- und Hydrierungskatalysatoren.
Der Markt für Hydrierungskatalysatoren wächst derzeit in China zweistellig und beschert uns starke Zuwächse. Auch der Rohstoffwandel - hin zu Gas und Kohle - den wir in den letzten Jahren begleitet haben, führt zu zusätzlichem Wachstum.
„Wir sind auf einem guten Weg." Weiteren Zuwachs erwarten wir durch den verstärkten Einsatz von Biomasse als Rohstoff, damit gewinnt auch die Biokatalyse an Bedeutung.
Sie wird in manchen Bereichen die klassische Katalyse ablösen. Das beobachten wir bereits beim Ethanol, das heute im Wesentlichen aus Biomasse hergestellt wird.
In Zukunft wird auch Zellulose als Rohstoff an Bedeutung gewinnen. Wir haben daher in einen Bereich investiert, der sich mit der Entwicklung von Enzymen für die Biokatalyse befasst. Er ist innerhalb unserer zentralen Forschung in Obersendling angesiedelt, ganz in der Nähe des Biotech-Standorts Martinsried.
Ihre Katalysatoren tragen nicht nur zur Schonung von Ressourcen bei, sondern auch zum Klimaschutz. Im Juni 2007 wurden die Süd-Chemie vom Bayerischen Umweltministerium für eine Technologie zur Entfernung von Treibhausgasen ausgezeichnet. Was steckt dahinter?
Dr. G. von Au: Wir liefern maßgeschneiderte Katalysatoren für ein Verfahren zur Entfernung von Lachgas bei der Produktion von Salpetersäure. Lachgas ist ein etwa 300 Mal so starkes Klimagift wie CO2.
Mit dem von Uhde entwickelten Evinox-Verfahren werden umweltschädliche Stickoxide mittels spezieller Süd-Chemie Katalysatoren in die Luftbestandteile Stickstoff, Sauerstoff und Wasser zerlegt. Bereits zwei mit der neuen Technologie ausgerüstete Anlagen sparen soviel Treibhausgase ein wie 1,5 Mio. Autos erzeugen.
Wenn weltweit alle Salpetersäureanlagen ausgerüstet würden - und das ist aufgrund des kommenden Emissionshandels mittelfristig durchaus wahrscheinlich - ließe sich die Äquivalenz an Treibhausgasen einsparen, die 55 Mio. Autos erzeugen.
Das Verfahren wurde als „Best Available Technique" für behördliche Genehmigungsverfahren in der EU aufgenommen.
Welche Umsätze erzielt Ihre Katalysatorsparte?
Dr. G. von Au: Wir erzielen einen Umsatz von bald 500 Mio. € mit Katalysatoren, das entspricht knapp die Hälfte unseres Konzernumsatzes. Aus diesen 500 Mio. € generieren unsere Kunden einen Umsatz von ca. 130 Mrd. €. Man sieht, die mit Katalysatoren generierte Wertschöpfung ist enorm.
Was tun Sie, um noch mehr an dieser Wertschöpfung zu partizipieren?
Dr. G. von Au: Wir können uns beispielsweise verstärkt an den Technologien beteiligen und über Lizenzen arbeiten. Wir können verstärkt Engineering betreiben. Und im einen oder anderen Fall ist auch eine Kooperation möglich.
Die Wertschöpfung zu erhöhen, ist sicherlich eines unserer wesentlichen Ziele. Hier waren wir in den vergangenen Jahren bereits erfolgreich. Wir sind in den letzten drei Jahren jeweils zweistellig gewachsen und haben überproportional beim Ergebnis zugelegt.
Im ersten Halbjahr 2007 stieg unser Umsatz um 14 %, das EBIT legte um 64 % zu. Damit stieg unsere EBIT-Marge von 6,9 % auf 9,9 %. Dies wirkte sich auch auf unseren Aktienkurs aus: Er verdreifachte sich in zweieinhalb Jahren. Wir sind auf einem guten Weg.
Wie wollen Sie dieses dynamische Wachstum in Zukunft sichern?
Dr. G. von Au: Wir haben in diesem Jahr eine Investitionsoffensive gestartet. Insgesamt werden wir in etwa 12 % vom Umsatz investieren.
Auch im kommenden Jahr soll das Investitionsvolumen in dieser Größenordnung liegen. Die Schwerpunkte werden in Asien liegen, aber auch in Deutschland ist einiges geplant, insbesondere in den forschungsintensiveren Gebieten.
Deutschland ist Forschungsstandort Nummer eins für uns. Im Schnitt geben wir knapp 4 % des Umsatzes für Forschung und Entwicklung aus. Für forschungsintensive Bereiche, wie die Katalyse, sind es deutlich mehr. Ein stolzer Betrag.
Wo sehen Sie auf anderen Gebieten Wachstumschancen der Süd-Chemie?
Dr. G. von Au: Beispielweise im Bereich Pharmaverpackungen unserer Adsorbentien-Sparte. Hier entwickeln wir innovative Lösungen für einen Feuchtigkeits- und Sauerstoffschutz von Pharmazeutika und Diagnostika. Auch Anwendungen von Adsorbentien in der Logistik und beim Transport werden in Anbetracht der weltweit dramatisch zunehmenden Güterströme im Rahmen der Globalisierung immer wichtiger, z. B. zum Schutz von Waren vor dem so genannten Containerregen.
Ein hohes Potential sehe ich auch bei Adsorbentien wie Bentoniten für die Gießereiindustrie und unseren Bleicherden zur Reinigung von pflanzlichen Ölen. Denn die Nachfrage nach diesen Fetten steigt in Asien aufgrund des steigenden Lebensstandards enorm an.
Auf diesem Gebiet investieren wir vor allem in Indien, Thailand, Malaysia, Indonesien und China. Und auch in unserem Wassersegment in der Aufbereitung von Trink- und Industriewasser sehen wir ein hohes, vor allem regionales Wachstumspotential in schnell wachsenden Schwellenländern.
Hier sind wir in den Ländern des südlichen Afrikas bereits Marktführer und werden in Zukunft verstärkt in Südostasien und Lateinamerika expandieren.