Interview mit Ralf Gengenbach über die GMP-Ausbildungsinitiative von Gempex
12.03.2013 -
GMP-Dienstleistungen dürfen nicht zu einem Papierkrieg ausufern. GMP-Ausbildungsinitiative von Gempex. Ob oder warum die Qualifizierung bzw. Validierung von Produktionsanlagen oder IT-Systemen nach den GMP-Regularien sinnvoll ist oder nicht, ist heute kein Thema mehr. Es muss sein. Die Frage ist vielmehr, wie halte ich den Aufwand möglichst gering, um den gewünschten Nutzen zu erreichen: eine hohe Produktqualität in der Pharmaproduktion sicher zu stellen und natürlich die Inspektionen zu überstehen. Dazu befragte CHEManager den Geschäftsführer des GMP-Dienstleisters Gempex, Ralf Gengenbach. Weitere Themen waren die Geschäftsentwicklung des Unternehmens und die Gründung eines Ausbildungszentrums für GMP-Experten. Die Fragen stellte Dr. Dieter Wirth.
CHEManager: Herr Gengenbach, Ihr Unternehmen ist innerhalb von vier Jahren von 15 auf 40 Mitarbeiter gewachsen. Was macht Gempex als GMP-Dienstleister so erfolgreich?
Ralf Gengenbach: Wir verstehen was wir machen, und was wir machen, das machen wir ordentlich und am Ende funktioniert es auch. Insbesondere hören wir dem Kunden zu um seine konkreten Wünsche und Vorstellungen zu erfahren und diese an den bestehenden Anforderungen auszurichten. So haben wir für den Kunden BASF unser bisher umfangreichstes GMP-Projekt in Süd- Korea durchgeführt. Unsere Aufgabe war die vollständige Implementierung eines GMP-Systems, von der ersten Machbarkeitsprüfung über die Qualifizierung und Validierung bis hin zur Erstellung der Betriebsdokumentation, der Schulung der Betriebsmannschaft und der Begleitung bei den ersten Audits. Am Ende war der Kunde hochzufrieden mit unserer Leistung. Und die mittlerweile erteilten inund ausländischen Zertifikate unterstreichen diesen Erfolg sicher auch noch. Wir konzentrieren uns auf unser Thema und versuchen Qualität und Pragmatismus zu kombinieren. Darin liegt unsere Stärke. So arbeiten wir.
Wo ist Gempex aktiv bzw. mit Niederlassungen oder Joint Ventures vertreten?
Ralf Gengenbach: Neben unserem neuen Firmengebäude in Mannheim – dem eigentlichen Hauptsitz – sind wir in der Schweiz, in Süd-Korea und seit kurzem auch in China vertreten. Dabei wird unser Geschäft in Asien hauptsächlich von Kunden aus Europa getrieben. So nimmt das chinesische Joint Venture-Unternehmen Gemro Services v. a. die Interessen westlicher Firmen wahr. Im Wesentlichen geht es darum, die Einhaltung der GMP Compliance von Auftragsproduzenten in China zu überprüfen und dauerhaft zu überwachen. Dies ist gerade nach der Einführung der EU Richtlinie 2004/27 besonders wichtig geworden. Vier Compliance Audits, zwei Gap-Analysen, eine Design-Studie und eine komplette Anlagenqualifizierung sowie verschiedene Schulungen und Vorträge alleine im ersten Jahr seit der Gründung zeigen, dass dieses Geschäft erfolgreich gestartet ist. Die Kombination von westlichem GMP-Know-how und chinesischer Branchenkenntnis sowie chinesischen Fachspezialisten hat sich hier als besonders erfolgreich herausgestellt. In Korea ist uns eine Kooperation mit dem Unternehmen Green Cross Engineering & Maintenance (GCEM) geglückt. Auch der nächste Schritt, die Ausweitung nach Indien, ist mittlerweile vorbereitet und erste Kontakte sind geknüpft. Auch hier sehen wir recht gute Chancen, als kompetenter GMP-Dienstleister die Interessen unserer westlichen Kunden auf qualitativ hohem Niveau, aber stets mit pragmatischer Sichtweise zu vertreten.
Wie sieht der Markt für GMPDienstleistungen eigentlich aus? Was sind die großen Herausforderungen für Ihr Unternehmen mit Blick auf die Wettbewerber?
Ralf Gengenbach: Der Wettbewerb in unserem Marktsegment nimmt rasant zu. Immer mehr Firmen bevölkern den Markt, die z. B. im Bereich Qualifizierung mit den Kürzeln DQ, IQ, OQ, etc. werben. Aber die Qualität der erbrachten Leistung ist oft fragwürdig. Häufig ist es gar nicht deren Hauptgeschäft sondern nur eine zusätzliche Werbemaßnahme und in vielen Fällen fehlt diesen Anbietern das Wissen über die Gesamtzusammenhänge. Dann ufern diese Aktivitäten oft zu einem reinen „Paperwork“aus, ohne dem eigentlichen Ziel – der Produktsicherheit – zu dienen. Das haben aber auch die Kunden gemerkt.
Was wollen oder suchen die Kunden eigentlich, wenn es darum geht, Produktionsanlagen zu qualifizieren bzw. validieren und für die Inspektion fit zu machen?
Ralf Gengenbach: Heute spielt weniger das Thema oder die Frage nach dem „Warum“ eine Rolle, wie es noch etwa vor fünf Jahren der Fall war, als der Kunde wissen wollte ob und warum er die Qualifizierung bzw. Validierung tun sollte. Heute ist man vielmehr daran interessiert, „wie“ führe ich diese Aktivitäten so aus, dass ich bei minimalem Kosten beziehungsweise möglichst geringem Aufwand meinen eigentlichen Nutzen erreiche. Dieser Nutzen ist, neben der schon mehrfach angesprochenen Produktsicherheit, sicher auch in besser durchdachten und daher stabileren Verfahren und in besser beherrschten und damit längerfristig verfügbaren Anlagen zu sehen. Nicht selten resultiert aus diesen Aktivitäten auch eine Prozessoptimierung. Man beschäftigt sich einfach intensiver mit diesen Dingen. Aber auch das Bestehen der eingangs erwähnten Inspektionen, was Grundvoraussetzung für die Vermarktung des Produktes ist, stellt einen wesentlichen Nutzen dar. Schließlich möchte man mit seinem Produkt auch Geld verdienen. Die Kunden wollen heute aber pragmatische, einfach verständliche und übersichtliche Validierungs- und Qualifizierungssysteme haben, die insbesondere auch bei der weitergehenden Pflege keine Probleme bereiten – ein Punkt, dem noch viel zu wenig Beachtung geschenkt wird. Gempex beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit der Verbesserung und Optimierung solcher Systeme. Natürlich muss man sich immer wieder auf die Kundenwünsche einstellen, jedoch wird auch immer wieder versucht, Verbesserungsvorschläge einzubringen und auf unnötige Mehrarbeit hinzuweisen. Auch die Kunden müssen verstärkt auf ihre Ausgaben schauen und Wertschöpfung lässt sich in Teilen auch durch Optimierung erreichen.
Geben Sie doch bitte ein Beispiel für die Optimierung eines solchen „Systems“.
Ralf Gengenbach: Nehmen Sie das Beispiel eines Validierungsmasterplans – ein weithin bekanntes und im Validierungsumfeld zwingend erforderliches Dokument, das alle Informationen zu einem Validierungsprojekt zentral zusammenfasst. Die Inhalte sind in den GMP-Regelwerken klar vorgegeben und auch die Möglichkeit, auf bereits bestehende Informationen zu referenzieren. Wir empfehlen hier das Anlegen eines „Validierungsmasterordners“, in dem alle notwendigen Informationen einmal abgelegt werden und der sich bei mehreren Validierungsprojekten sehr einfach pflegen lässt, da nur wenige Seiten ergänzt werden müssen. Es muss nicht das gesamte Dokument neu erstellt werden. Ein Beispiel, das selbst bei FDA-Inspektoren auf ein sehr positives Echo gestoßen ist. Die pragmatische Gestaltung eines Änderungskontrollverfahrens, Change Control, ist sicher ein anderes Beispiel. Gerade hier kann man bei falscher Vorgehensweise den Aufwand beliebig in die Höhe treiben: Ob es die Festlegung der richtigen Basis ist – Änderung gegenüber was? – oder der Formalismus beim Change Request, der bei der Erfassung und Lenkung der Änderung getrieben wird. Mit der notwendigen Erfahrung lässt sich der spätere Aufwand hier stark einschränken. Die Liste der Beispiele ließe sich mit Themen wie Risikoanalyse, Designqualifizierung, etc. beliebig fortsetzen.
Wie gehen Sie bei der Optimierung vor? Woher wissen Sie, was wichtig ist? Gibt es Richtlinien, die dabei Entscheidungshilfe geben?
Ralf Gengenbach: Die Richtlinien sind – wie allgemein bekannt – sehr offen gefasst. Sie lassen breiten Interpretationsspielraum und das ist für die Industrie auch gut so. Zunächst ist mit Blick auf die beschriebenen GMP-Anforderungen alles gleich wichtig. Hier hilft in der Tat nur langjährige Erfahrung und das ständige Dazulernen in der Praxis. Gempex hat aufbauend auf dieser Erfahrung ein eigenes, in Inspektionen mehrfach bewährtes Qualifizierungs-/ Validierungssystem entwickelt, das auf Integration und Mindestaufwand ausgelegt ist und das auch ständig weiter optimiert wird. Im nächsten Schritt steht nun auch die EDVgestützte Qualifizierung und Validierung an. Da gibt es Tools, mit denen bestimmte Schritte standardisiert werden können. Hier haben wir mit einigen Systemen bereits Erfahrung gesammelt und sind dabei, das Thema weiter auszubauen.
Die Arbeit im Compliance-/Validierungsbereich ist grundsätzlich personalintensiv. Können Sie genügend qualifiziertes Fachpersonal für diese Aufgaben rekrutieren?
Ralf Gengenbach: Leider nicht in dem von uns gewünschten Umfang. Der Mangel an qualifiziertem Personal in diesem Bereich ist eine regelrechte Herausforderung für uns. Es gibt zwar immer wieder Bewerber, die in dem einen oder anderen Gebiet schon tätig waren und dies als ihre persönliche Erfahrung herausstellen. In persönlichen Gesprächen zeigt sich aber sehr schnell, dass diese Erfahrung bei weitem nicht ausreicht, um die im Alltag gestellten Aufgaben zur vollen Zufriedenheit unserer Kunden auszuführen. Auch die an verschiedenen Hochschulen angebotenen Studiengänge, die das Thema GMP bereits aufgegriffen haben, bieten hier nur teilweise Abhilfe.
Was können Sie als Unternehmen dagegen tun?
Ralf Gengenbach: Wir nehmen das jetzt selbst in die Hand. Wir haben – neben unserer Standardschulung – ein sehr detailliertes und straffes internes Ausbildungsprogramm aufgesetzt, um diesen Herausforderungen zu begegnen. In dieses Ausbildungsprogramm sind sämtliche Erfahrungen aus all den Jahren geflossen, in denen wir und andere Experten für GMP gearbeitet haben. Es berücksichtigt Theorie und Praxis gleichermaßen. Dabei wird gerade auch auf erfahrene externe Referenten aus unterschiedlichsten Bereichen gebaut. Ob auf Biotechnologie spezialisierte Hochschulprofessoren oder langjährig erfahrene Experten der Industrie. Obwohl Gempex ein vergleichsweise kleines Unternehmen ist, leisten wir es uns, einen Mitarbeiter mit Industrieerfahrung im Bereich Corporate Ressource Management und einen weiteren Mitarbeiter mit Erfahrung im Pharmabereich als Ausbildungsleiter einzusetzen. „Ausbildungszentrum für GMP-Experten“ ist das zentrale Motto, dem sich die Firma in den kommenden Jahren verstärkt widmen wird.
Da drehen Sie ein großes Rad – ist der Bedarf so groß?
Ralf Gengenbach: Wenn der Bedarf nicht so groß wäre, würden wir es nicht wagen. Wir müssen unseren eigenen, wachsenden Bedarf bei der GMP-Beratung und der Umsetzung von GMP-Projekten bei unserer Kunden decken. Wir benötigen darüber hinaus GMP-Experten, die in den GMP-regulierten Industrien zeitweise helfen, Personalengpässe zu überwinden, ohne dass diese Unternehmen gleich einen neue Mitarbeiter einstellen müssen. Hier können wir den Unternehmen qualifiziertes Personal zur Verfügung stellen. Aber auch andere Unternehmen in unserem Betätigungsfeld wollen durch Kooperationen mit uns ihren Personalbedarf über unser Ausbildungszentrum decken.
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