Ineos in Köln geht wichtige Schritte in Richtung Dekarbonisierung
Das britische Chemieunternehmen ist der Kölner Klimaerklärung beigetreten
Für die chemische Industrie bedeutet dies eine grundlegende Umstellung der Energie- und Rohstoffbasis, der Produktionsprozesse und der Wertstoffkreisläufe. Erschwerend hinzu kommen hohe Energiepreise. In der Folge können Unternehmen hierzulande – etwa im Vergleich zu den USA – nicht mehr wettbewerbsfähig produzieren.
Es kommt jetzt darauf an, die Zukunft des Industriestandorts Deutschland zu sichern. Insbesondere die energieintensiven Chemieunternehmen benötigen Rahmenbedingungen, mit denen sie auch in Zukunft im globalen Wettbewerb bestehen können. Dazu gilt es auch, strukturelle Defizite – wie langwierige Genehmigungsverfahren und überbordende Bürokratie – zu beseitigen.
Deutschland muss wieder attraktiv für Investitionen werden
Ineos bekennt sich zum Standort NRW und setzt klare Signale für die Zukunft. So hat das britische Chemieunternehmen in Köln wichtige Schritte in Richtung Dekarbonisierung und Kreislaufwirtschaft verwirklicht und ist Anfang 2023 der Kölner Klimaerklärung beigetreten. Darüber hinaus wurde die Recruiting-Abteilung neu aufgestellt, um dem Wandel auf dem Arbeitsmarkt gerecht zu werden und dem Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken. Nur mit innovativen technischen Lösungen und qualifizierten Beschäftigten kann die Transformation zu Netto-Null gelingen.
Talente für die Zukunft
Bis zu vier Generationen befinden sich derzeit auf dem deutschen Arbeitsmarkt: die Babyboomer und die Generationen X, Y, Z. Jede von ihnen hat eigene Bedürfnisse und Ansprüche an ihr Arbeitsumfeld. Dies stellt Unternehmen vor besondere Herausforderungen – nicht nur im Hinblick auf Führung, Formen der Zusammenarbeit und Kommunikation, sondern auch bei der Rekrutierung von Talenten auf einem ohnehin umkämpften Arbeitsmarkt. In einigen Disziplinen wird es zunehmend schwieriger, qualifizierte Arbeitskräfte zu finden und langfristig zu binden. Mit dem Ausscheiden der geburtenstarken Jahrgänge aus dem Erwerbsleben – so die Prognosen – wird sich der Arbeitskräftemangel weiter verschärfen.
„Die Neuaufstellung des Recruitings ist ein absolutes Muss, um die Transformation zu meistern.“
Zielgruppenübergreifendes Recruiting
Vor diesem Hintergrund hat Ineos in Köln das Recruiting neu aufgestellt: Jeweils zwei Beschäftigte aus dem Bereich Training & Development und der Personalabteilung bilden ein neues Team und kümmern sich gemeinsam um die Gewinnung von Talenten in allen externen Zielgruppen sowie um die interne Nachbesetzung. „Wir stellen uns schon seit einigen Jahren auf die Veränderungen am Arbeitsmarkt ein – intern zum Beispiel mit Konzepten und Instrumenten zur Nachfolgeplanung und zum Wissenstransfer“, erklärt Patrick Giefers, Geschäftsführer und Arbeitsdirektor von Ineos in Köln. „Die organisatorische Neuaufstellung unseres Recruitings hilft uns, Strukturen auf den Prüfstand zu stellen, neu zu denken und Talente künftig noch gezielter und effizienter zu rekrutieren. Das ist ein absolutes Muss, um die notwendige Transformation unseres Standorts in den kommenden Jahrzehnten zu meistern.“
Die Personalabteilung hingegen rekrutierte Mitarbeitende, die Berufserfahrung mitbringen. „Mit dem neu geschaffenen Bereich Recruiting bündeln wir die Kompetenzen und Erfahrungen beider Abteilungen und können Synergien noch besser nutzen. Wir rekrutieren zielgruppenübergreifend“, erklärt Thilo Zech, Leiter des neuen Bereichs. Organisatorisch ist das Recruiting-Team dem Bereich Training & Development zugeordnet. „Ziel ist es, die Auswahlprozesse für alle Zielgruppen – also den gesamten Prozess von der Bewerbung bis zum Onboarding – zu optimieren“, ergänzt Mehmet Tasin, Leiter des Bereichs Training & Development. „Wir legen großen Wert auf Schnelligkeit und Transparenz. Uns ist es wichtig, dass Bewerbende persönliche Ansprechpersonen haben, sich gut aufgehoben und professionell behandelt fühlen – unabhängig davon, ob sie bei uns ihren Vertrag unterschreiben oder nicht.“
Zielgruppen im Fokus
Darüber hinaus gilt es, noch flexibler auf die Bedürfnisse der verschiedenen Generationen einzugehen. Die jungen Talente der Generation Z, also die nach 1995 Geborenen, treten nach und nach in den Arbeitsmarkt ein und bringen andere Bedürfnisse und Ansprüche an ihr Arbeitsumfeld mit. „Im Vordergrund stehen unter anderem Selbstverwirklichung, Work-Life-Balance, flexibles Arbeiten, ein inklusives Arbeitsumfeld und die Sinnhaftigkeit der eigenen Tätigkeit. Auf all diese Fragen brauchen wir authentische Antworten“, so Tasin. „Unsere Angebote in den Bereichen Gesundheitsmanagement, Personalentwicklung, Weiterbildung,
Nachfolgeplanung und Ideenmanagement sind gefragter denn je.“ All das sei in Köln gebündelt.
„Jetzt müssen den Worten Taten folgen.“
Nachgefragt bei der Geschäftsführung von Ineos in Köln
Was heißt „Zukunft sichern“ für ihr Unternehmen?
Axel Göhrt: Zukunft sichern heißt für uns zuallererst, den Übergang zu Netto-Null bis spätestens 2050 – in Deutschland bis 2045 – sicherzustellen und dabei wettbewerbsfähig zu bleiben. Hierzu haben die Ineos-Geschäftsbereiche Roadmaps aufgestellt. Unser Auftrag lautet im ersten Schritt, die Treibhausgasemissionen pro Kilogramm Produkt bis spätestens 2025 um 10 % zu reduzieren.
Patrick Giefers: Für Ineos in Köln bedeutet das ein klares Bekenntnis zum Standort. Konkret heißt dies, den Wandel zu einem nachhaltigeren Wirtschaftsmodell voranzutreiben. Dazu investieren wir in eine Vielzahl zukunftsorientierter Projekte. Zwei Beispiele: Wir planen den Bau und Betrieb einer 100-MW-Elektrolyseanlage zur Herstellung von grünem Wasserstoff. Im März 2023 haben wir zudem eine neue hochmoderne Entladestation für Pyrolyseöl in Betrieb genommen. Sie ermöglicht es, Pyrolyseöl aus recyceltem Kunststoff emissionsfrei zu entladen und als Rohstoff im Krackprozess einzusetzen.
Der Hauptgeschäftsführer des Verbands der chemischen Industrie, Wolfgang Große Entrup, sagt, Deutschland habe ein „enormes Standortproblem“.
P. Giefers: Das ist richtig, und zwar nicht erst seit der aktuellen Krise. Sicherlich hat sich die Lage für die Industrie infolge der Pandemie und des Kriegs gegen die Ukraine in Verbindung mit der Inflation nochmals zugespitzt. In der Folge sind Produktionen bereits ins Ausland abgewandert und Anlagen wurden stillgelegt. Auch wenn die Energie- und Strompreise zu Jahresbeginn gesunken sind, kann von einer tatsächlichen Entspannung nicht die Rede sein. Die Preise sind nach wie vor volatil. Das führt zu großer Unsicherheit und geringer Planungssicherheit bei energieintensiven Unternehmen.
A. Göhrt: Deutschland war schon vor der Krise als Investitions- und Produktionsstandort nicht mehr attraktiv, etwa im Vergleich zu den USA. Hohe Energiepreise, langwierige Genehmigungsverfahren, viel Bürokratie, Rückstand bei der Digitalisierung, mangelhafte Infrastruktur – all das sind wichtige Standortfaktoren, bei denen Deutschland schon einige Jahre nicht mehr mithalten kann.
Was muss sich ändern?
A. Göhrt: Zuallererst braucht es wirksame Entlastungen für die energieintensive Industrie – und zwar sofort. Ein regulierter Industriestrompreis würde zudem dazu beitragen, dass sich Unternehmen wieder im Wettbewerb behaupten können. Das wäre langfristig deutlich effektiver als bestehende Ausnahmeregelungen. Darüber hinaus brauchen wir mehr Tempo bei Planungen und Genehmigungen, einen spürbaren Abbau von Bürokratie und weniger Regulierung auf sämtlichen politischen Ebenen. Nur dann können wir die für die Transformation notwendigen Investitionsprojekte beschleunigt umsetzen sowie die Infrastruktur ertüchtigen und ausbauen.
Ist der „Green Deal Industrial Plan“ der EU-Kommission die richtige Maßnahme, um den Standort Europa wieder attraktiv zu machen?
P. Giefers: Das wird sich zeigen. Hier halte ich es mit dem ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog. Demnach haben wir kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem. Dieser Plan ist also ein guter Ansatz. Doch jetzt müssen den Worten auch Taten folgen. Wir brauchen einen barrierefreien und unbürokratischen Zugang zu Förderprogrammen und einen flexibleren EU-Beihilferahmen. Damit wäre uns schon sehr viel geholfen.
Was ist für Ineos in Köln noch wichtig, um die Transformation zu stemmen?
A. Göhrt: Ein zügiger Markthochlauf von grünem Wasserstoff Hierzu sind neben einem beschleunigten Infrastrukturausbau und den entsprechenden Produktionskapazitäten auch weniger komplexe Grünstromkriterien sowie ein ökonomisch sinnvoller Preis für grünen Wasserstof erforderlich. In der Übergangsphase – so lange, bis grüner Wasserstoff in ausreichender Menge zur Verfügung steht – sollte auch blauer Wasserstoff zum Einsatz kommen, für dessen Erzeugung CO2 abgeschieden und eingelagert wird. Vor diesem Hintergrund braucht es eine gesetzliche Grundlage für den Export von CO2, um dieses dann im Ausland einlagern zu können. Die derzeit von der Bundesregierung entwickelte Carbon Management-Strategie muss dabei ebenso die chemische Industrie berücksichtigen. Denn in unseren Verfahren entsteht das CO2 nun einmal primär.
P. Giefers: Das ist die technische Seite. Für den erforderlichen Wandel brauchen wir zudem qualifizierte Arbeitskräfte. Gerade im Hinblick auf den zunehmend umkämpften Arbeitsmarkt und den demografischen Wandel ist das eine Herausforderung. Wir haben unser Recruiting neu aufgestellt, um besser auf die Bedürfnisse verschiedener Zielgruppen eingehen zu können und künftig noch effizienter neue Talente zu gewinnen. Dabei stellen wir bestehende Strukturen und Denkweisen auf den Prüfstand. Flankiert werden muss das durch entsprechende politische Rahmenbedingungen. Hier setzen wir darauf, dass die im Oktober 2022 beschlossene Fachkräftestrategie der Bundesregierung zügig umgesetzt wird – das Fachkräfteeinwanderungsgesetz und das Weiterbildungsgesetz sind positive Signale, über die wir uns freuen.