Herausforderung Operations Management
Internationale Studie analysiert Organisationsstrukturen von Chemieunternehmen im Bereich Operations
Die Realisierung einer effektiven Operations-Organisation ist eine Kernkompetenz für Chemieunternehmen. Die hierfür notwendige Analyse als auch Implementierung stellt ein Unternehmen jedoch vor Herausforderungen. Eine klare Strategie unterstützt die effiziente Verwirklichung von ungenutzten organisatorischen Synergiepotentialen in der Wertschöpfungsarchitektur in neuen Strukturen.
Ausgangssituation: Konsolidierungsdruck und Effizienzsteigerungen
Die Chemieindustrie hat sich durch den in der Globalisierung gewachsenen Wettbewerb, die verkürzten Produktlebenszyklen und schnellere Kommoditisierung von Spezialchemikalien stark gewandelt. Steigende Energiekosten führen zu erhöhtem Konsolidierungsdruck seitens der Kosten- und Leistungsstruktur in der Industrie.
Neue Organisationsstrukturen sollen diesen veränderten Rahmen- und Wettbewerbsbedingungen insbesondere im Bereich Operations begegnen. Aufgrund der zahlreichen Schnittstellen von Operations impliziert eine Reorganisation sowohl interne Herausforderungen für das Value Chain Management als auch erhebliche Potentiale für die involvierten Funktionen in der gesamten Wertschöpfung. Hierbei ist durch die Implementierung eines effizienten Reorganisationsprozesses, welcher Erfolgsfaktoren zur Synergierealisierung entlang der Wertschöpfungskette identifiziert und steuert, eine nachhaltig effektivere Struktur zu erreichen.
Organisationsbenchmark von Operations
Ziel der internationalen Studie, welche in Zusammenarbeit von Merck Chemicals (Shanghai) Ltd. und dem Forschungsinstitut für Betriebswirtschaftslehre - Unternehmensführung, Logistik und Produktion an der Technischen Universität München von Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Wildemann durchgeführt wurde, war die Realisierung eines Organisations-Benchmarks der Operations-Strukturen von Chemieunternehmen. Zielgruppe der Studie waren hierbei Senior Manager der chemischen Industrie. Insbesondere standen die Identifikation von informalen und formalen organisatorischen Faktoren sowie die Analyse der veränderten Anforderungen in der Chemieindustrie im Vordergrund. Durch Ableitung eines methodischen Handlungsmodells sollte die Ausgangsbasis für die Entwicklung eines systematischen Steuerungsinstruments für die Betrachtung von Operations-Organisationen geschaffen werden.
Implikationen in der Praxis
Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen, dass eine Neuausrichtung der Operations-Organisation hoch aktuell ist. Operations wird eindeutig als Kernkompetenz identifiziert (Abb. 1). So gaben 74 % der Experten an, in den letzten fünf Jahren eine Restrukturierung im Bereich Operations durchgeführt zu haben. Zusätzlich prognostizieren 29 % der Befragten, eine Restrukturierung von Operations in der Zukunft zu planen. Dies verdeutlicht die Wichtigkeit einer systematischen, methodischen Vorgehensweise hinsichtlich der Reorganisation, um die komplexen Anforderungen seitens des spezifischen Geschäftsbereichs zu erfüllen.
Traditionelle Modelle dominieren
Die Leistungsportfolios von Chemieunternehmen sind höchst heterogen und determinieren maßgeblich die Organisation und Strategie eines Unternehmens. Aus den diversifizierten Anforderungen eines Geschäftsbereichs ergeben sich unterschiedliche Empfehlungen für die Ausgestaltung der jeweiligen Operations-Organisation. Es gilt die Struktur auf die vorhandene unternehmensinterne und externe Situation abzustimmen. Auffällig in der Befragung ist hierbei, dass in der Chemieindustrie traditionelle funktionale und divisionale Strukturen dominieren, wohingegen eine Prozessorientierung nur in einer Minderheit die primäre Organisationsstruktur darstellt (Abb. 2).
Zudem können drei Kernbereiche identifiziert werden, welche mehrheitlich fester Bestandteil von Operations sind: Produktion, Supply Chain Management sowie Operational Excellence. Distribution und Logistik als auch Qualitätsmanagement besitzen dagegen ambivalente organisatorische Lösungen und sind teilweise dezentralisiert von Operations. Einkauf und EHS (Umwelt, Gesundheit, Sicherheit) sind dagegen kein klassisches Element der Operations-Organisation und in der Wertschöpfungsarchitektur von Chemieunternehmen als eigenständiger strategischer Bereich zu betrachten.
Dezentralisierung führt zu steigenden Kapazitäten
Größere Unternehmen entwickeln in der Regel dezentral aufgestellte Operations-Organisationen. Hintergrund ist der gestiegene Komplexitätsgrad einer Operations-Organisation, welcher mit dem Wachstum eines Unternehmens verbunden ist. Einzelne Geschäftsbereiche eines Chemiekonzerns erwarten eine möglichst spezifisch abgestimmte Operations-Funktion, welche den diversifizierten Leistungsanforderungen des jeweiligen Produktportfolios entspricht. Abb. 3 stellt diesen in der Studie beobachteten Zusammenhang illustrativ dar.
Infolge des Wachstums und der damit verbundenen Tendenz zur Dezentralisierung der Operations-Funktion sind Chemiekonzerne oftmals mit der Problematik von ungenutzten Ressourcen konfrontiert. So zeigt die durchgeführte Studie auf, dass über 70 % aller Operations-Organisationen, welche Überkapazitäten besitzen, dezentrale Strukturen aufweisen. Abb. 4 verdeutlicht diese Problematik. Diese freien Kapazitäten gilt es zu adressieren, abzubauen und verstärkt auf Kundenorientierung auszurichten. Ein transparentes Ressourcenmanagement über den gesamten Produktlebenszyklus unterstützt hierbei verfügbare Ressourcen besser zu steuern und an die spezifische Situation anpassen zu können, um effektive Kostenstrukturen zu gewährleisten.
Die durchgeführte Untersuchung verdeutlicht, dass funktional aufgestellte Operations-Organisationen vor allem in Geschäftsbereichen dominieren, welche ein Portfolio in der Wachstumsphase besitzen. Unternehmen, welche sich wiederum mit ihren Produkten in der Reifephase befinden, besitzen dagegen eher dezentralisierte Strukturen und sind oftmals mit der Problematik von ungenutzten Kapazitäten konfrontiert, welche es durch eine umfassende Ressourcenanalyse zu identifizieren und vermindern gilt.
Organisationen, welche hingegen ein Portfolio in der Sättigungsphase eines Produktlebenszyklus besitzen, tendieren wiederum zu zentralisierten Funktionen. Daher gilt es bereits vor Eintritt in diese Phase, möglichst frühzeitig ungenutzte Ressourcen zu prognostizieren und sukzessive abzubauen.
Hohe Potentiale seitens informaler Organisationscharakteristika
Operational Excellence ist eine notwendige Handlungsableitung, um eine Operations-Organisation wettbewerbsfähig und innovativ positionieren zu können. Gleichzeitig gilt es, die hierfür notwendigen strukturellen Voraussetzungen zu schaffen. Insbesondere hinsichtlich des informalen Organisationsdesigns von Operations sind jedoch erhebliche Potentiale in der Chemieindustrie zu erkennen.
So skizziert die Studie, dass Operations-Organisationen, welche einen geringen Fokus hinsichtlich Operational Excellence aufweisen, oft eine Neigung zu Gruppenkonsens, Intransparenz als auch bereichsübergreifenden funktionalen Problemen besitzen. Sowohl die Implementierung von klaren Verantwortlichkeiten als auch eine stärkere Formalisierung der komplexen Prozessstruktur bilden hierbei den ersten Schritt, um leistungsorientierte Operations-Strukturen zu erhalten. Um eine effektive Operations-Organisation zu gewährleisten, gilt es im nächsten Schritt Transparenz hinsichtlich des Organisationsablaufs zu schaffen sowie eine funktionsübergreifende Prozesssichtweise zu adressieren. Begleitet von einer erhöhten Kundenorientierung und dem Aufbau von modular aufgebauten Netzwerkstrukturen können dadurch erheblich Potentiale gehoben werden.
Ergebnis
Durch die Reorganisation der Operations-Struktur kann sowohl ein effizienteres und schlankeres Schnittstellenmanagement erreicht werden als auch eine Konzentration auf Kernkompetenzen stattfinden, um unnötig aufgebaute Kapazitäten abzubauen. Bei der Umsetzung müssen hierbei die Wertschöpfungsprozesse detailliert analysiert und an die volatilen Wettbewerbsbedingungen angepasst werden. Hierbei gilt es insbesondere die unerkannten Potentiale hinsichtlich der informalen Organisation frühestmöglich zu adressieren, messbar zu machen und gezielt zu steuern. Ein nachhaltiges Organisationscontrolling und aktives Life-Cycle Management unterstützen die effektive Umsetzung. Das systematische Vorgehen führt zu einer verbesserten Wettbewerbsfähigkeit und Adaptivität der Wertschöpfungskette und optimiert gleichzeitig die Leistungs- und Kostenstrukturen eines Chemiekonzerns.
Kontakt
Merck Chemicals Co. Ltd.
Shanghai