Graduate Barometer 2014 - Wie ticken Chemieabsolventen?
Trendence Institut untersucht Karriereziele von Studierenden der Ingenieurwissenschaften
Rund 12.200 Absolventen der Ingenieurwissenschaften von 73 Hochschulen befragte das Forschungsinstitut Trendence für das „Graduate Barometer 2014 – German Engineering Edition“ zu ihren Erwartungen bezüglich Arbeitszeit und Gehalt, Faktoren der Arbeitgeberwahl sowie Einstellungen zu karriererelevanten Themen. Exklusiv für CHEManager analysierte das Institut Wunscharbeitgeber und Karrierepräferenzen von Studierenden des Chemieingenieurwesens, der Verfahrenstechnik und der Biotechnologie.
Deutsche Ingenieure sind Autofans. Dies belegt einmal mehr die aktuelle Umfrage von Trendence: Audi, BMW, Porsche und Volkswagen heißen die vier beliebtesten Arbeitgeber von Absolventen der Ingenieurwissenschaften im Jahr 2014, gefolgt von Siemens, Daimler/Mercedes-Benz, Bosch, EADS, Lufthansa Technik und der Fraunhofer-Gesellschaft (vgl. Tabelle S. 6). Erst auf Rang elf rangiert der weltweit größte Chemiekonzern BASF, den 4,4% der Befragten als ihren Top-Arbeitgeber nannten. Als weitere Vertreter der Branche folgen Bayer (2,5%) und Dräger (2,0%) auf den Positionen 21 und 28 sowie B. Braun und Evonik gleichauf auf Rang 53 mit je 1,0% der Nennungen.
Chemiebranche attraktiv bei Ingenieurinnen
Und dennoch ist das Interesse von Ingenieursstudenten an den Branchen Chemie, Pharma und Gesundheit vergleichsweise hoch: Rund 5,9% aller Befragten wählen mindestens zwei ihrer drei Top-Arbeitgeber aus diesem Bereich. Nur halb so groß (2,9%) ist der Anteil an Wirtschaftsabsolventen mit Affinität zur Chemiebranche. Bei IT-Absolventen liegt er gar knapp unter 1%.
Vergleicht man die Ergebnisse der aktuellen Umfrage mit denen der Vorjahre, so zeigt sich ein positiver Trend: Seit 2010 gewinnt die Branche zwar langsam, aber kontinuierlich an Attraktivität bei den Studierenden der Ingenieurwissenschaften. Dabei interessieren sich fast dreifach so viele Frauen (12,4%) wie Männer (4,4%) für einen Job im Bereich Chemie, Pharma oder Gesundheit.
Hohe Bindungskraft für Chemiestudierende
Für CHEManager wurde exklusiv eine Auswertung für die Studiengänge Chemietechnik/Chemieingenieurwesen, Verfahrenstechnik und Biotechnologie erstellt. Dabei wählten mehr als 750 Chemiestudierende aus einer Liste von 120 Unternehmen ihren bevorzugten Arbeitgeber aus. Die zehn Top-Arbeitgeber der Chemiker sind: BASF, Bayer, Fraunhofer-Gesellschaft, Max-Planck-Gesellschaft, Roche, Evonik Industries, Linde Group, Merck, Wacker Chemie und Boehringer Ingelheim Pharma (vgl. Tabelle).
„Während wir bei Arbeitgeber-Rankings üblicherweise Unternehmen wie Audi, BMW oder Google auf den ersten Plätzen sehen, kann sich hier die Chemie- und Pharmabranche gegenüber der schillernden Konkurrenz behaupten“, kommentiert Jörg Klick, Senior Account Manager bei Trendence, das Ergebnis. Das mag auf den ersten Blick nicht verwundern. Interessant ist jedoch der Vergleich mit anderen Studienfächern: „Hier beobachten wir den Trend, dass sich Studienfach und die Branche des Wunscharbeitgebers zunehmend entkoppeln: Der Banker geht heute lieber zu Porsche als zu einer Bank und der IT-Absolvent lieber zu BMW als zu IBM. Dies ist in der Chemiebranche noch deutlich geringer ausgeprägt und spricht für deren Bindungskraft“, sagt Klick.
Chemiker suchen attraktive Aufgaben und flexible Arbeitszeiten
Chemiestudierende achten bei der Wahl ihres Arbeitgebers vor allem auf attraktive Arbeitsaufgaben und Kollegialität. Aber auch eine gute Work-Life-Balance, ein guter Führungsstil, eine sichere Anstellung und die Wertschätzung der Mitarbeiter sind den Absolventen wichtig (vgl. Tabelle).
Für über 55% der Chemiker spielen ethisch-moralische Gründe eine Rolle bei der Entscheidung für oder gegen einen Arbeitgeber. Das sind zehn Prozentpunkte mehr als bei Ingenieurstudenten insgesamt. Auch die unternehmerische Gesellschaftsverantwortung hat einen überdurchschnittlichen Einfluss bei der Auswahl des Arbeitgebers unter Chemieabsolventen (+5 Prozentpunkte).
Mehr als zwei Drittel der Chemiker (+14 Prozentpunkte) ziehen zudem die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit eigenverantwortlich zu gestalten, Annehmlichkeiten wie einer Firmenkreditkarte oder einem Dienstwagen vor (vgl. Tabelle).
Geringere Gehaltserwartungen unter Chemieingenieuren
Die angehenden Chemiker erwarten ein Einstiegsgehalt von 43.900 EUR pro Jahr und eine Wochenarbeitszeit von 41,7 h. Insbesondere die Gehaltserwartungen liegen deutlich unter denen der Ingenieurstudierenden insgesamt (47.000 EUR). Auch sind sich Chemiestudierende unsicherer, was sie als Einstiegsgehalt verlangen können.
„Die deutlich geringere Gehaltserwartung von Chemietechnikern gegenüber anderen Ingenieuren erklärt sich interessanterweise vor allem aus dem höheren Frauenanteil, weniger aus dem Studienfach. Egal welche Fachgruppe man jeweils vergleicht: Männer haben weiterhin deutlich höhere Gehaltserwartungen als Frauen“, erläutert Klick. Rund die Hälfte (47%) der befragten Chemietechnikstudierenden – und damit ein vergleichbar hoher Anteil wie im klassischen Chemiestudiengang – sind Frauen, während im Schnitt weniger als 20% aller Ingenieurstudierenden weiblich sind.
Ungewissere Zukunft in der Chemie
Fast drei Viertel der Chemiestudierenden glauben, dass sie im Berufsleben flexibel bleiben und sich ggf. mehrmals neu orientieren müssen. Fast die Hälfte macht sich Sorgen um die eigene berufliche Zukunft. Und gar ein knappes Viertel glaubt, dass es 2014 schwer wird, eine geeignete Stelle zu finden. Das sind jeweils mehr als im Vergleich zu allen Ingenieurabsolventen.